Eigentlich nichts Neues (Sonett)

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anbas

Mitglied
Eigentlich nichts Neues

Der Geifer tropft aus ihren fahlen Mündern
und in den Augen steht die blanke Gier.
Die Demut vor dem Volk – welch falsche Zier.
Für Macht sieht man sie ihr Gewissen plündern.

Wir glaubten doch schon lang' kaum ihren Worten
- und wählten sie dann trotzdem wieder treu
sobald sie vor der Wahl ganz ohne Scheu
wie schon so oft um uns're Stimmen schnorrten.

So hört doch endlich auf, Euch zu empören!
Das alles wird uns nicht sehr lange stören.
In ein paar Wochen endet alle Qual.
Wir werden uns an das was ist gewöhnen,
und nur vereinzelt noch mal etwas stöhnen.

Wohl an – man liest sich nach der nächsten Wahl.
 
G

Gelöschtes Mitglied 15780

Gast
Tja, so ist es, wenn man eine zurückhaltende Moderatorenrolle spielen muß in Koalitionsverhandlungen. Dann tropft angeblich der Geifer aus fahlen Mündern.

Und wenn trotz der in alle Richtungen auseinanderstrebenden Interessen Kompromisse gefunden werden, die eine stabile Fortführung stabiler Verhältnisse ermöglichen (an die wir uns in der Tat gewöhnt haben), dann ist das wahrscheinlich der Plünderung des Gewissens zu verdanken.

Man liest sich?
Das glaube ich Dir nicht. Du hinterläßt keine Spuren unter meinen Gedichten. Und nach der nächsten Wahl - das genügt nicht für ein Literaturforum. Da sollte man sich mindestens wöchentlich lesen, wenn schon nicht täglich.
 

Walther

Mitglied
Hi Anbas,

formal ein gelungenes sonett. daher auch meine wertung.

inhaltlich wehre ich mich gegen die haltlosen vorhalte aus s1 und s2. da wird weder geplündert noch geschnorrt. das griffe viel zu hoch. die meisten in unserem land, die in die parlamente streben, wollen wirklich etwas gutes tun und unser leben verbessern. die fragen sind andere: können sie es, und lassen wir als wähler mit unseren erwartungen es überhaupt zu?

an beidem gäbe es viel kluges herumzukritteln. ich schlage vor, die tumbe, wenn auch wohlklingende, äußerst unflektiert stereotypen nachplappernde pauschalkritik zu verlassen und da nachzubohren, wo es richtig weh und richtig not täte. und es die geziehenen nicht so einfach haben, das monierte abzutun.

lg W.
 

anbas

Mitglied
Hallo mondnein, hallo Walther,

habt Dank für Eure Rückmeldung. Auch über das "formal gelungene" freue ich mich. Vielen Dank auch für Deine Wertung, Walther.

Mir war klar, dass der Inhalt dieses Sonettes Widerspruch hervorrufen wird. Natürlich gibt es auch die Politiker, die sich redlich darum bemühen, das Beste für ihre Wähler ... nein, für dieses Land zu erreichen. Möglicherweise sind sie auch in der Mehrheit. Doch wenn man sich die Spitzenpolitiker anhört und ansieht, so sind meiner Ansicht nach die wenigsten dort oben, weil sie so gute Menschen sind, sondern weil sie gut die Tastatur des politischen Ränkespiels verstehen. Es gab in der letzten Zeit einige Interviews mit verschiedenen Politikern, in denen es darum ging, wie "Macht" sie verändert. Das waren z.T. sehr offene und spannende Gespräche.

Ja, dieses Sonett ist polemisch, oberflächig und stereotypisch. In ihm ist auf den unterschiedlichste Ebenen "Eigentlich nicht Neues" zu finden:
- Die Kritik an der Sache selbst (polemisch, stereotypisch usw.)
- Die Reaktion mancher Menschen auf die Politik - im Allgemeinen, wie auch im Speziellen (polemisch, stereotypisch usw.)
- Die Reaktion auf diese Art von Gedicht (zur Sachlichkeit aufrufen, Ablehnung von (dumpfer) Verallgemeinerung usw.)

Und, nicht zu vergessen, mein erneuter (und durchaus auch lustvoller) Versuch, mal wieder mit einem politischen Text das Zimmerchen der braven Ausgewogenheit zu verlassen :D. Für mich haben Texte, die an der political correctness vorbeiführen oft auch etwas von "Seelenhygiene" - sowohl beim Schreiben eigener als auch beim Lesen fremder Texte. Ich probiere mich seit etwa zwei Jahren immer mal wieder darin aus und habe schon manch harsche Kritik dafür einstecken müssen. Auch der Umgang damit ist für mich, der eher konfliktscheu ist und die Ausgewogenheit liebt, ein neues Übungsfeld - vor allem, wenn die Kritik von Autoren kommt, die ich schätze.

Ich finde, dass trotz aller - auch berechtigter - Kritik solche Texte hilfreich sein können, eigene Standpunkte zu hinterfragen, zu festigen oder zu verändern.

In diesem Sinne - man liest sich (oder auch nicht mehr ;)).

Liebe Grüße

Andreas
 

Walther

Mitglied
hi anbas,

wenn die verteidigung eines texts ein vielfaches der textlänge benötigt, ist ... ;)

ich werde deine texte weiter lesen, und zwar gerne und meist mit großem vergnügen. gegen politisch unkorrekte gedichte habe ich genau gar nichts. im gegenteil: wir poeten sollten uns wieder mehr einmischen.

immer aber gilt der lehrsatz: ein text muß gut sein. :)

lg W.
 
T

Trainee

Gast
Eigentlich nichts Neues

Der Geifer tropft aus ihren fahlen Mündern
und in den Augen steht die blanke Gier.
Die Demut vor dem Volk – welch falsche Zier.
Für Macht sieht man sie ihr Gewissen plündern.

Wir glaubten doch schon lang' kaum ihren Worten
- und wählten sie dann trotzdem wieder treu
sobald sie vor der Wahl ganz ohne Scheu
wie schon so oft um uns're Stimmen schnorrten.

So hört doch endlich auf, Euch zu empören!
Das alles wird uns nicht sehr lange stören.
In ein paar Wochen endet alle Qual.
Wir werden uns an das was ist gewöhnen,
und nur vereinzelt noch mal etwas stöhnen.

Wohl an – man liest sich nach der nächsten Wahl.
Hallo anbas,

formal ist das Gedicht völlig in Ordnung, wie es bereits angemerkt worden ist. Es bedient sich der Sprache der Expressionisten und erinnert mich an Georg Heym - was ja schon mal kein schlechter Bezug ist.

Nun kann man diese Sprache hier übertrieben finden, beispielsweise als liberaler Mittelständler oder halbwegs gut versorgter Pensionär.
Begebe ich mich aber in die Rolle eines Hartz 4 Leistungsempfängers oder stelle mir die Situation einer alleinerziehenden Mutter vor, sieht die Sache schon ganz anders auch.
Denn die können sich mit Fug und Recht verhöhnt fühlen, verarscht und ausgenutzt.
Auch sind diejenigen, die sog. Blühende Landschaften bevölkern, die, die 40 Jahre lang gearbeitet haben, um sich dann bei der Grundsicherung anzustellen, diejenigen, die mit über 70 noch Jobs annehmen müssen, angesprochen. Die allgemeine Verarmung nimmt bekanntlich drastisch (!) zu. - Fast die komplette Generation der jetzt ca. 40 - 50jährigen bleibt unzureichend versorgt zurück.
Bei der Versorgung von Politikern gibt es indes nix zu meckern. Nicht bei den Diäten und mancherorts auch nicht bei den Millionen an Steuergeldern, die jährlich verpulvert werden. Für nix und wieder nix.

Deshalb mag ich das Gedicht.
Ein politsches Gedicht muss brennen. Und kann nur für die "Erniedrigten und Beleidigten" stehen.

Herznahe Grüße
Trainee
 
T

Trainee

Gast
Hallo Walther,
ich kann in meinem Kommentar keine Beleidigung gegenüber anbas erkennen und auch dir gegenüber nicht.

Wenn du deine Zusammenarbeit mit diesem Verlag nach so geraumer Zeit aufgekündigt hast, finde ich das lobenswert. Allerdings hätte eine öffentliche Entschuldigung bei mir, die dich beizeiten auf die Ausrichtung des Verlages hingewiesen hat, nichts geschadet. Und auch nicht bei all den anderen, die dich darauf aufmerksam gemacht hatten und denen du mit Rechtsmitteln gedroht hast. Oder war alles ganz anders?
Ich denke, du hast dir mit dieser Zusammenarbeit sehr geschadet. - Umso klüger wäre es gewesen reinen Tisch zu machen, dich zu deinen Fehlern zu bekennen und die Gründe zu benennen, die dich überhaupt zu einer solchen Zusammenarbeit bewegen konnten.
Ich fürchte, so wird dir diese Affaire noch lange anhängen. Und das meine ich jetzt durchaus wohlwollend, weil du mir irgendwie auch leid tust. Gerade nach deinem Text mit der "braunen Suppe", die allein ausgelöffelt werden muss.
Kann aber sein, dass ich den Text vollkommen falsch verstanden habe.

Mit nach wie vor freundlichen Grüßen
Trainee
 

Walther

Mitglied
hi Heidrun,
du kannst das besudeln anderer einfach nicht lassen. ich habe mit den leuten dort hart debattiert und die konsequenzen aus ihrer mangelnden einsicht gezogen. du solltest dir einmal überlegen, was du hier erreichen willst, außer mich als menschen zu beschädigen. ich habe die fragestellung auf meine weise gelöst und hätte sie auch ohne dein zutun so erledigt, wie ich sie erledigt habe. allerdings bin ich dir und auch der öffentlichkeit keine rechenschaft darüber schuldig, was ich wann mit wem über was besprochen habe.
man muß den menschen, mit denen man zu tun hat, besonders wenn sie jahre als opfer des SED-regimes in Bautzen gesessen haben, eine chance geben, fehler einzusehen und zu beseitigen. ich habe diese chance wegen der biographie gegeben und trage daran schwer, wie man hier sieht. menschlichkeit hat eben ihren preis.
du hast noch nie unter einer diktatur gelitten, erhebst dich aber zum moralapostel. ich würde mich an deiner stelle in den boden schämen. du hast keine ahnung und wirst nie welche haben, weil dir das wichtigste dafür fehlt: empathie und mitgefühl.
dafür aber willst du anderen menschen schaden, sie beschmutzen, besonders, wenn sie im gegensatz zu dir erfolg haben mit dem, was sie tun und wie sie es tun. darum geht es dir, und nur darum. du mißbrauchst den faden von anbas für diese schmierereien, und das ist absolut unterirdisch.
mehr gibt es dazu nicht zu sagen. ich habe die redaktion bereits informiert.
lg W.


lieber anbas,

ich entschuldige mich in aller form bei dir für diese kreuzsauerei, für die ich nichts kann außer da zu sein, wo sich Heidrun befindet. sorry dafür. angefangen habe ich das nicht, mein teil ist, daß ich mich eben wehre.

lg W.
 
T

Trainee

Gast
Wenn ich dich recht verstehe, Walther, hast du dein Buch bei arnshaugk veröffentlich, weil du den "Opfern des SED-Regimes" eine Chance geben wolltest? Die Chance, deinen Sonettband zu veröffentlichen?
Und bist über eine geraume Zeit dort geblieben? Zusammen mit Autoren, deren Namen ich nicht einmal in den Mund nehmen wollte?

Du hast mir seinerzeit mit Rechtsmitteln gedroht und versuchst es jetzt wieder. Du möchtest mich an anderer Stelle vom Tisch wischen wie ein Schmeißfliege, weil ich es wage, deine Texte zu kritisieren ...

Das passt.

Trainee
 

anbas

Mitglied
Hallo Walther,

das war ja nun nicht nur Verteidigung sondern auch einige allgemeine Hintergrund-Infos ;). Wie dem auch sei - ich freue mich, wenn wir uns weiterhin lesen.



Hallo Trainee,

schön, dass Dir das Gedicht gefällt. Danke auch für die weitergehende Analyse und Deine Wertung.



Liebe Grüße an Euch beide

Andreas
 

anbas

Mitglied
Hallo Anonymus,

danke auch für Deine Wertung. Mir ist bewusst, dass dieses Gedicht nicht jedem gefallen wird.

Liebe Grüße

Andreas



Liebe Heidrun, lieber Walther,

ich wäre Euch dankbar, wenn Ihr Euren Disput an anderer Stelle weiter austragen würdet - soweit es denn überhaupt sein muss.

Danke und liebe Grüße

Andreas
 



 
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