Ein Geschenk

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Stierfrau

Mitglied
Ich habe ein Geschenk bekommen.
Kleine Hände haben mir ein kleberiges Knäuel entgegengestreckt.
Ich nahm es, freute mich und sah es verwundert an.
„Das ist eine Schatzkarte!”, sprach die kleine Schenkerin.
Ich entknüllte das Knäuel, drehte und wendete es, konnte aber keinen Schatz darauf erkennen.
Die Kleine lächelte und sprach weiter:„Man weiß ja vorher nicht, wie der Schatz aussieht. Den erkennt man dann schon. Hauptsache, man hat die Karte.”
Wie wunderbar. Und ich hatte mich jahrelang mit Wegen, Plänen und Zielen herumgeschlagen, um irgendwann vielleicht einmal einen Schatz zu finden.

Voller Freude packte ich die Kleine bei ihren kleberigen Händen und wirbelte sie durch die Luft.
Das Knäuelchen hängte ich mir an einer Kette um den Hals.
Vorbei alles Planen, zielvolle Suchen und Wegweiserlesen.
Ich habe eine Schatzkarte. Wie zauberhaft.
 
A

aligaga

Gast
Das G'schichterl klingt zwar recht rührend, aber der böhse @ali bezweifelt, dass Kindergartenkinder dergestalt sophisticated agierten. Wenn man sie danach fragt, wissen sie eigentlich immer, wie ihr Schatz auszusehen hat.

Aber das nur nebenbei.

Wirklich missglückt ist hier die vorgebliche, neu gewonnene Maxime des lührischen Ichs:
Vorbei alles Planen, zielvolle Suchen und Wegweiserlesen.
Solchen Blödsinn sollte man auch (oder gerade) unseren Jüngsten nicht vorsagen, denn womöglich halten sie sich daran. Dieser Weg führt zielgenau nicht ins Elysium, sondern in den geistigen Analphabetismus, wo der Strom aus der Steckdose kommt und Hendln bei Aldi geboren werden.

Amüsiert

aligaga
 

Stierfrau

Mitglied
Hallo aligaga

ich ess keine Henderln – daher vielleicht......

Ansonsten hat mir der Gedanke, dass die Zeit des Planens durch dies zauberhaften Geschenk vorbei sei, in dem damaligen Moment sehr gefallen. Und ab und an gefällt er mir immer noch.

Manches kann man sich vorstellen – manches eben auch nicht.
Für den Moment - und überhaupt.

Mit Gruß
Stierfau
 
A

aligaga

Gast
ich ess keine Henderln – daher vielleicht......
Dann ist ja alles in Ordnung. Wie schön, wenn man sicher sein kann, dass man auf der Seite der Guhten steht und sich nicht nur politisch korrekt ernährt, sondern für alles, was einem tagtäglich so widerfährt, den anderen die Schuld geben kann.

@Ali wusste bis vor kurzem gar nicht, dass es neben dem veganen Essen und der veganen Musik (kein Witz!) auch noch die vegane Schreibe gibt. Köstlich. Man lernt nie aus ...

Heiter, sehr heiter

aligaga
 

ThomasQu

Mitglied
Hallo Stierfrau,

ich finde diese kleine Geschichte prima. (Deine anderen übrigens auch.)
Du hast einen erfrischenden Schreibstil, der sich ein bisschen von der Masse abhebt und malst in deinen Texten schöne Bilder.
Das gefällt mir.

Viele Grüße,

Thomas
 
G

Gelöschtes Mitglied 14278

Gast
Hallo Stierfrau,

ich muss sagen, mich überzeugt diese kleine Geschichte sprachlich nicht – das liegt zum einen daran, dass Du die Zeiten durcheinanderwirbelst (Du beginnst im Perfekt, wechselst dann zum Imperfekt und kommt zum Schluss wieder zum Präsens), zum anderen an mehreren Wortwiederholungen, die bei der Kürze des Textes natürlich sofort unangenehm auffallen.

Mein Vorschlag:
Ich habe ein Geschenk bekommen.
Kleine Hände haben mir ein kleberiges Knäuel entgegengestreckt.
Ich [red]nahm[/red] [blue]nehme[/blue] es, [red]freute[/red] [blue]freue[/blue] mich und [red]sah[/red] [blue]sehe[/blue] es verwundert an.
„Das ist eine Schatzkarte!”, [red]sprach [/red][blue]sagt[/blue] die [strike]kleine[/strike] Schenkerin.
Ich [red]entknüllte[/red] [blue]entknülle[/blue] das Knäuel, [red]drehte [/red][blue]drehe[/blue] und [red]wendete[/red] [blue]wende[/blue] es, [red]konnte[/red] [blue]kann[/blue] aber keinen Schatz darauf erkennen.
Die Kleine [red]lächelte[/red] [blue]lächelt[/blue] und [red]sprach[/red] [blue]spricht[/blue] weiter: [blue]Leerstelle[/blue] „Man weiß ja vorher nicht, wie der Schatz aussieht. Den erkennt man dann schon. Hauptsache, man hat die Karte.”
Wie wunderbar. Und ich hatte mich jahrelang mit Wegen, Plänen und Zielen herumgeschlagen, um irgendwann vielleicht einmal einen Schatz zu finden.

Voller Freude [red]packte[/red] [blue]packe[/blue] ich [red]die Kleine[/red] [blue]das Mädchen[/blue] bei [red]ihren [/red] [blue]seinen[/blue] kleberigen Händen und [red]wirbelte[/red] [blue]wirbele[/blue] [red]sie[/red] [blue]es[/blue] durch die Luft.
Das Knäuelchen [red]hängte[/red] [blue]hänge[/blue] ich mir an einer Kette um den Hals.
Vorbei alles Planen, zielvolle Suchen und Wegweiserlesen.
Ich habe eine Schatzkarte. Wie zauberhaft.
Ich finde, der Text würde durch den Gebrauch des Präsens gewinnen.

Gruß Ciconia
 

Stierfrau

Mitglied
Ich habe ein Geschenk bekommen.
Kleine Hände haben mir ein kleberiges Knäuel entgegengestreckt.
Ich nehme es, freue mich und sehe es verwundert an.
„Das ist eine Schatzkarte!”, spricht die kleine Schenkerin.
Ich entknülle das Knäuel, drehe und wende es, kann aber keinen Schatz darauf erkennen.
Die Kleine lächelt und spricht weiter: „Man weiß ja vorher nicht, wie der Schatz aussieht. Den erkennt man dann schon. Hauptsache, man hat die Karte.”
Wie wunderbar. Und ich habe mich jahrelang mit Wegen, Plänen und Zielen herumgeschlagen, um irgendwann vielleicht einmal einen Schatz zu finden.

Voller Freude packe ich die fröhliche Kartenmalerin bei ihren kleberigen Händen und wirbele sie durch die Luft.
Das Knäuelchen hänge ich mir an einer Kette um den Hals.
Vorbei alles Planen, zielvolle Suchen und Wegweiserlesen.
Ich habe eine Schatzkarte. Wie zauberhaft.
 

Stierfrau

Mitglied
Hallo Ciconia

danke für Deine Anmerkungen...ich habe den Präsens nun favorisiert. Das verdeutlicht auch die Momentaufnahme.

Schön, dass es unterstützende Vorschläge wie den Deinigen gibt.

"spricht" und "spricht weiter" habe ich -als weiterführende Wiederholung sozusagen- so belassen.

LG Stierfrau
 

Lord Nelson

Mitglied
Hallo Stierfrau,

Hab die kleine, scheinbar belanglose Episode sehr gern gelesen. Herzig die wenig überraschende Erkenntnis: die Schatzkarte ist der Schatz.

Einzige Anmerkung von mir: “kleberig” ohne zweites e

LG Lord Nelson
 

Stierfrau

Mitglied
Hallo Lord Nelson,
es freut mich, dass Dir der Schatz gefallen hat ;-)

Hinsichtlich der Schreibweise des Kleberigen war ich bisher überzeugt, dass noch beides möglich sei...

LG
Stierfrau
 

FrankK

Mitglied
Hallo werte Stierfrau
Zunächst einmal - mit etwas Verspätung - ein herzliches Willkommen von mir auf und unter der Leselupe.

Ein schönes Geschenk hast Du da erhalten.
Eine schöne Erinnerung hast Du bei mir wachgerufen.
Ich erhielt keine Schatzkarte, sondern einen Kieselstein geschenkt. Unter allen Kieselsteinen der Welt ist dieser nichts besonderes, aber dennoch hat er einen unschätzbaren, individuellen Wert für mich. Während eines gemeinsamen Urlaubs hat mir unsere damals 5-jährige Nichte diesen Stein geschenkt. Sie hat ungefähr drei Stunden damit zugebracht, gekleidet in Regenjacke, -Hose und Gummistiefeln, um genau diesen kleinen Kieselstein am Bachlauf ausfindig zu machen.
Ich kann nur vermuten, dass die Erstellung der Schatzkarte ebenfalls einen gewissen Aufwand darstellte und Dir diese Karte dementsprechen ebenso viel Wert ist. Einem Ratgeber für das Herz, das mit Wegweisern, Planungen und Zielvorgaben noch nie viel anfangen konnte.

Danke für das Hervorkramen meiner Erinnerungen.


Zum Text:
Ich empfand Ciconias Vorschlag und Deine Umsetzung, den Text in Präsens zu setzen, als sehr vorteilhaft. Der Text hat dadurch an Intensität deutlich gewonnen.

Darf ich Erbschen zählen?
Ich habe ein Geschenk bekommen.
Vielleicht bin ich pingelig, aber diese Aussage ist im zusammenhang mit dem Titel "redundant", es ist die gleiche Information für den Leser. Ich neige zu der Behauptung, dieser erste Satz wäre hinfällig, zumal die Schenkung aus dem Kontext der nächsten Sätze erneut hervorgeht.
Ein weiterer Vorzug wäre: die wiederholte Verwndung von habe/haben wäre ausgemerzt.
Möchtest Du den ersten Satz beibehalten, solltest Du den ersten oder zweiten Satz entsprechend anpassen.

Die Kleine lächelt[blue] und spricht weiter:[/blue] „Man weiß ja vorher nicht ...
Die „Inquit-Formel“ (lateinisch inquit, „er sagt“ bzw. „er sagte“), hier in abgewandelter Art, ist nicht immer notwendig. Hier zieht es den Text sogar etwas herunter, empfinde ich. Das Markierte einfach weglassen und die Einleitung mit einem Punkt beenden.


Fazit:
Eine schöne, kleine und berührende Anekdote.



Herzliche Grüße und
einen schönen Sonntag wünscht
Frank
 

Stierfrau

Mitglied
Kleine Hände strecken mir ein kleberiges Knäuel entgegen.
Ich nehme es, freue mich und sehe es verwundert an.
„Das ist eine Schatzkarte!”, spricht die kleine Schenkerin.
Ich entknülle das Knäuel, drehe und wende es, kann aber keinen Schatz darauf erkennen.
Die Kleine lächelt. „Man weiß ja vorher nicht, wie der Schatz aussieht. Den erkennt man dann schon. Hauptsache, man hat die Karte.”
Wie wunderbar. Und ich habe mich jahrelang mit Wegen, Plänen und Zielen herumgeschlagen, um irgendwann vielleicht einmal einen Schatz zu finden.

Voller Freude packe ich die fröhliche Kartenmalerin bei ihren kleberigen Händen und wirbele sie durch die Luft.
Das Knäuelchen hänge ich mir an einer Kette um den Hals.
Vorbei alles Planen, zielvolle Suchen und Wegweiserlesen.
Ich habe eine Schatzkarte. Wie zauberhaft.
 

Stierfrau

Mitglied
Hallo Frank,

danke für´s Willkommen und die Aufmerksamkeit, die meine kleine Geschichte erfahren hat.

Obwohl sie optisch kleiner geworden ist, ist die Wirkung größer geworden, finde zumindest ich.
Dank aller Mitarbeiter;-)

Ja, auch so ein Steinchen ist etwas besonderes, wenngleich wir das nicht immer sofort erkennen können. Aber wir können es lernen;-)

Ich lerne hier auch grad dazu, und genau das hatte ich mir gewünscht.
Vielleicht gibt es da ja einen Zusammenhang.

In diesem Sinne - einen sonnigen Sonntag gewünscht.
Viele Grüße
Ulrike
 
G

Gelöschtes Mitglied 14278

Gast
Moin Stierfrau,

das gefällt mir jetzt schon viel besser. Nur mit dem spricht habe ich noch ein Problem - das erscheint mir nicht passend für ein Kind. Aber vielleicht ist das nur Geschmackssache - und es gibt da auch regionale Unterschiede.

Gruß Ciconia
 

FrankK

Mitglied
Hallo Ciconia

„Das ist eine Schatzkarte!”, spricht die kleine Schenkerin.

klingt für mich viel besser als zum Beispiel

„Das ist eine Schatzkarte!”, sagt die kleine Schenkerin.


Ja, dieses "spricht" birgt eine gewisse Erhabenheit, wenn Erwachsene so sprechen.
Hier wird es einem Kind zugeschrieben, und ich finde es sehr passend, unterstreicht es doch die Übergabe des Geschenkes als einen für das Kind wichtigen Moment.

Indirekt kann man herauslesen, glaube ich - wenn ich mir die Szene bildlich vorstelle, mit welch wichtigem Gesichtsausdruck und spielerischer Erhabenheit das Geschenk nicht einfach nur abgegeben sondern regelrecht überreicht wird.


Schönen Sonntag noch
Grüßend
Frank
 

Stierfrau

Mitglied
Hallo Ciconia, hallo Frank,

ja, so dachte ich das.
Sie spricht, weil sie etwas zu sagen hat, sozusagen.

So ein kleines Geschichtchen...ich bin eigentlich ein Mensch epischer Breite;-)
Und nun das....vielleicht verdichte ich mich doch noch.

Habt einen fröhlichen Tag - egal, wie kurz oder lang.
LG Stierfrau
 
G

Gelöschtes Mitglied 14278

Gast
Na gut, wenn Ihr meint - ich lass mich ja auch mal überzeugen. ;)

Gruß Ciconia
 



 
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