Ein Kerl und sein Kaffee

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gox

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Marius mahlte seinen Lieblingskaffee. Selten machte sich jemand noch die Mühe, Kaffee mit der eigenen Mühle zu mahlen. Die seelenlosen Vakuumverpackungen, in denen Kaffeepulver massenweise offeriert wurde, lagen im Trend und leider zuhauf in den Kaufhausregalen.

Auch sein Kaffeegeschäft, stolz auf ausgefallene Spezialitäten, mahlte die teuren Köstlichkeiten für die Kaffeemaschine vor. Marius erschloss sich nie, weshalb Menschen sündhaft teure Kaffeespezialitäten erwerben und diese im Geschäft mahlen lassen, um sie dann im heimischen Kaffeeautomaten mit Brühstopp und Tropfverschluss zu verwursten.
Ganze Bohnen kaufen, selbst frisch mahlen und in einem Porzellanfilter handbrühen. Danach ein heißer Genuss - so machte man das. Gelegentlich gab er eine Messerspitze Salz in die Filtertüte oder, um ein feineres Aroma zu erzeugen, eine kleine Prise Kakao.

Grundsätzlich musste sein Kaffee stark sein, eben ein richtiges Männergetränk. Marius trank ihn immer schwarz, ohne Dosenmilch oder Sahne. Er fand, dass ein echter Kerl Kaffee nicht verdünnen sollte und sprach angewidert von Kaffeepanscherei.
Kaffee mit Sahne war ein Getränk für Frauen, die kurz vor der Schnabeltasse stande. Und Kaffee Latte Macchiato war etwas für Schwule, man nannte es auch schon Latte-Kaffee. Marius schüttelte sich.
Es gibt absonderliche Kreationen, dachte er, Kaffee Hazelnut oder Kaffee mit Bailey's. Eine Gänsehaut lief über seinen Rücken. Dann füllte er kochendes Wasser in den Filter mit der besonders starken Pulvermischung.

Heute musste Marius sein schwarzes Getränk allerdings schlecht behandeln: Er füllte es in eine Thermoskanne. Da er sich für einen Genussmenschen hielt, widerstrebte ihm diese rohe Behandlung. Natürlich sollte Kaffee gleich nach dem Aufbrühen sofort und heiß getrunken werden. Aber besondere Situationen erforderten besondere Lösungen.

Seine Frau Carola lag hochschwanger in der Klinik. Carola und er hatten sich für eine konservative Geburt entschieden. Das bedeutete für Marius, vor der Tür zu warten, bis sich der Nachwuchs eingestellt hatte.

Eigentlich wollte er das anders. Ein Mann wie er hätte die Geburt seines Kindes schon hinbekommen und betrachtete eine Niederkunft als Kinderspiel. Früher hatten Frauen ihre Kinder bei der Kartoffelernte bekommen und danach mit der Ernte weiter gemacht.
Notfalls hätte er sogar die Nabelschnur durchgebissen. Carola aber lehnte seine Anwesenheit bei der Geburt ab und die Idee mit der Nabelschnur erst recht. Daher musste sich ihr Mann auf eine lange Wartezeit einstellen, durchzustehen natürlich nur mit Kaffee.

Er lächelte ein wenig. Heute ist der Tag, an dem ich zum ersten Mal Vater werde. Vielleicht auch erst Morgen, wenn Carola sich viel Zeit lässt. Er erwog, eine weitere Thermoskanne zu füllen.

Marius betrat mit zwei Thermoskannen den Warteraum im Krankenhaus und fühlte sich gut gerüstet. Die Turmuhr schlug 18.00 Uhr. Er saß alleine in dem kalten Zimmer. Offenbar galten Geburten ohne männliche Anwesenheit als unmodern.
Von weit her hörte er das Schreien von Frauen. Entmenschtes, gellendes Schreien. Marius hob eine Augenbraue, öffnete die Thermoskanne und goss das köstliche Nass in den Plastikbecher. Was für ein Frevel - Plastikbecher. Wie eine Überlebensübung in unbekanntem Gelände, dachte er.
Das Schreien der Frauen hörte nicht auf und gelegentlich zuckte er mit seinem Plastikbecher zusammen. Immer, wenn er meinte, der Schrei käme aus Carolas Mund.
Ihm wäre es viel lieber gewesen, wenn Geburten lautlos von statten gingen. Sein strapaziertes Hirn suchte die Wände des Wartezimmers nach einer Möglichkeit ab, diese gegen Schall zu isolieren.
Die Tür hinter ihm wurde ruckartig geöffnet. Vor Schreck verschüttete Marius die Hälfte seines Kaffees. Eine weißbekittelte Krankenschwester trat ein.
"Guten Abend, es kann noch ein wenig dauern mit ihrer Frau" - ein sanft lächelnder, blonder Engel beschrieb den Sachstand. Marius lächelte unbeholfen und kaffeebekleckert.

Carola ließ sich Zeit. Viel Zeit. Kurz vor Mitternacht, Marius hatte bereits ein Loch in die Versiegelung des Linoleumbodens getreten, kam es im Kreissaal zu einem Crescendo. Immer lauter wurden die Schreie und Marius war mit den Nerven am Ende. Er hielt sich die Ohren zu. Die erste Thermoskanne war bereits geleert.
Marius wünschte sich, wie ein richtiger Kerl an einem Lagerfeuer im Wald zu sitzen. Ganz weit weg von hier. In erster Linie an einem stillen Ort, an dem nur das Lagerfeuer ein Recht hatte, leise vor sich hinzuprasseln. Dort, wo man Mann sein durfte und mit anderen Kerlen schweigsame Männergespräche führen konnte.
Carola schrie schon wieder. Marius war am Ende. Wie Frauen es nur aushalten konnten, stundenlang zu schreien.

Plötzlich entsetzliche Stille, nichts tat sich mehr. Marius nahm noch einen großen Schluck Kaffee, dann war die zweite Thermoskanne niedergemacht. Eine Viertelstunde Ruhe. Gespannte Ruhe.
Der blonde Sachstands-Engel kam herein:
"Ich gratuliere! Ein gesunder Junge und ihrer Frau geht es gut."
Er wurde von der Weißbekittelten in den Kreißsaal geführt. Carola lag erschöpft in grünen Laken vor ihm. Sie lächelte ihn glücklich an. Der blonde Engel brachte ihm seinen nackten und krähenden Sohn.

Marius Brust schwoll an vor Stolz. Er bekam das Neugeborene fachkundig in den Arm gelegt. Ungelenk wusste Marius nicht so recht, wie er seinen Sohn halten sollte. Er sah Carola an und gab ihr einen Kuss durch die Luft. Seine Hand streichelte behutsam den leicht behaarten Kinderkopf, allerdings zitterte seine Hand so sehr, dass er befürchtete, seinen Sohn zu grob zu behandeln.
Seine Frau sah das mit gütigen Augen : "Du zitterst ja, Marius." Ihr Lächeln war umrahmt von vielen, kleinen Lachfalten um die Augen.
"Ich habe zu viel vom starken Kaffee getrunken, daher bin ich wohl ein wenig unruhig". Er konnte das Zittern seiner Hand kaum mehr kontrollieren.
"Am Kaffee, mein Herz, wird das wohl nicht liegen", lächelte seine Frau sanftmütig "schon vor einer Woche habe ich Deinen Kaffee auf eine koffeinfreie Sorte umgestellt. Ich wusste ja, dass uns eine Nerven aufreibende Zeit bevorsteht. Dein Sohn braucht einen gesunden Vater".
Marius kam sich in diesem Augenblick eigenartig nackt vor. Genauso nackt wie sein Sohn.
Aber die beiden Männer sahen das gelassen.
 

Rainer

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hallo gox,

also ehrlich gesagt weiß ich nicht so richtig, was du uns mit deiner geschichte sagen willst.
ich werde sie jetzt nicht in aller öffentlichkeit zerpflücken, (das kann ich auf wunsch per mail nachholen), aber wenigstens das wort unstrukturiert möchte ich zur diskussion stellen.
du zerstörst sehr schöne sätze wie
Die seelenlosen Vakuumverpackungen, in denen Kaffeepulver massenweise offeriert wurde, lagen im Trend und leider zuhauf in den Kaufhausregalen.
mit einem solch überbordenden angebot an nebenschauplätzen, dass ich keinen kurzgeschichtenhaften clou ausmachen kann; der koffeinfreie kaffee reißt den text dann auch nicht mehr herum.
ich möchte dir empfehlen, dich mehr auf ein bis zwei wesentliche dinge zu konzentrieren, und diese dem leser als destillat anzubieten; der sumpf bedarf nur der erwähnung nicht aber der ausführlichen beschreibung.

so, jetzt habe ich deinen text genug "madig" gemacht :) - es soll dir aber als ansporn dienen, denn dein handwerkszeug beherrschst du recht gut.

viele grüße
rainer
 

Pali

Mitglied
Ich mach nen guten Latte Macchiato. Heißt das, ich würde nen guten Schwulen abgeben?


So, jetzt mal Spaß beiseite: Mir ergeht es wie Rainer, ich hab leider keine Ahnung, was ich mit der Geschichte anfangen soll. Wenn's ne Lobhymne auf schwarzen Kaffee sein soll, warum dann dieses Gedöhns um Marius' schwangere Frau? Wenn's um Marius' schwangere Frau gehen soll, warum dann die ganzen Absätze über Kaffee (obwohl ja eigentlich erfreulich, da Kaffee = teh fluff!)? Und wenn's um eine kleine Selbsttäuschung seitens Marius zum Thema Echter Kerl ist, warum dann gerade Kaffee? Aber in allen Fällen: Warum zum Geier diese Pointe von wegen koffeeinfrei und so?

Na ja, anyway, mir hat die Abhandlung über Kaffee gefallen, die war gut.
 



 
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