Ein Leben für die Firma
Die Firma hasste Revolutionen.Nicht aus grundsätzlichen Erwägungen, die Geschäftsbeziehungen normalisierten sich gewöhnlich rasch nach einer Phase des Aufruhrs und der sozialen Empörung. Man blieb formal neutral und vertraute der Suggestion des schnellen Geldes. Freilich brauchte die Sondierung des neuen Führungspersonals Zeit, die beharrliche Überzeugungsarbeit im Kleinen entsprach einer mittelfristigen Investition, die mitunter erst nach dem Abtreten der alten Kader Früchte trug. Vorausschauende Planung, Geduld und notfalls Brutalität waren die Basis dieses Geschäftsmodells. Die Firma handelte mit Bananen.
Unmittelbar in Zeiten des Umsturzes jedoch, wenn die Frage: `wer wen?` sich noch nicht eindeutig beantworten ließ, die befreiten Gebiete täglich wechselten und starke Emotionen die Massen polarisierten,:- derart unübersichtliche Situationen verlangten rasches Handeln, sollten die eigenen Interessen gewahrt bleiben, spontane Improvisation, jedenfalls ein Spiel mit mehreren Unbekannten. Spielen entsprach nicht der Firmenphilosophie.
Pohlmann war einer ihrer Gebietsbeauftragten und diese Regel hatte er missachtet. Er hatte auf die falsche Partei gesetzt. Zu seinem Unglück zeigten die neuen Machthaber auch an seinem großzügigen Versöhnungsangebot kein Interesse. Er musste fliehen.--
Der Anruf kam beim bowling und glich einem Befehl. Pohlmann war nicht überrascht, er kannte das Prozedere. Die Firma hatte ein Anbaugebiet verloren und brauchte einen Schuldigen. Man wollte Köpfe rollen sehen und seiner saß nach diesem Verlust besonders locker. Frühere Verdienste zählten da wenig, er blieb eine verzichtbare Figur: eine, an der man Härte demonstrieren konnte. Den glattrasierten Opportunisten des internen Tribunals war es ein Bedürfnis, ihn abzustrafen, Pohlmann machte sich da keine Illusionen. Exekution oder Freispruch, die Frage schien entschieden.
Gleichwohl kam eine neuerliche Flucht nicht in Frage, er hätte nicht gewusst wohin, die Firma war sein Mittelpunkt, sein Leben, zudem war er es gewohnt, Befehlen zu folgen.-
Die lastende Stille nach der Anklageverlesung hatte etwas Körperliches, man hörte das Atmen der Zuschauer, ausschließlich Firmenangehörige. Der Vorsitzende fragte betont langsam:
„Vor der Urteilsverkündung hat der Angeklagte das letzte Wort. Mr. Pohlmann, möchten Sie uns etwas sagen ?“
Pohlmann hob den Kopf, stand auf, räusperte sich und sagte:
„Hohes Gericht, liebe Kolleginnen und Kollegen ! Diese Firma ist mein Mittelpunkt, mein Leben. Was ich bin, bin ich durch sie. Ich habe einen Fehler gemacht, der Organisation geschadet und dafür muss ich bezahlen. Doch bitte ich, bei der Strafzumessung mein Arbeitsleben als Ganzes zu bewerten und Milde walten zu lassen. Ich plädiere auf Bewährung.“
Pohlmann setzte sich und senkte den Kopf. Redundanz oder gar Eloquenz waren seine Sache nicht. Er hielt seine Rede für nicht besonders überzeugend.
Das Gericht zog sich zur Beratung zurück und nach kurzer Zeit, vielleicht einer Zigarettenlänge, kehrte der Vorsitzende zurück in den Saal und bat alle Anwesenden, sich zu erheben. Er sagte:
„Höchststrafe, sofort zu vollstrecken!“, der Rest ging im Jubel der Zuschauer unter.
Zwei Männer vom Sicherheitsdienst sagten zu Pohlmann, er solle jetzt keinen Unsinn machen, sich fügen und ihnen in den Keller folgen. P. tat es.
Die Firma hasste Revolutionen.Nicht aus grundsätzlichen Erwägungen, die Geschäftsbeziehungen normalisierten sich gewöhnlich rasch nach einer Phase des Aufruhrs und der sozialen Empörung. Man blieb formal neutral und vertraute der Suggestion des schnellen Geldes. Freilich brauchte die Sondierung des neuen Führungspersonals Zeit, die beharrliche Überzeugungsarbeit im Kleinen entsprach einer mittelfristigen Investition, die mitunter erst nach dem Abtreten der alten Kader Früchte trug. Vorausschauende Planung, Geduld und notfalls Brutalität waren die Basis dieses Geschäftsmodells. Die Firma handelte mit Bananen.
Unmittelbar in Zeiten des Umsturzes jedoch, wenn die Frage: `wer wen?` sich noch nicht eindeutig beantworten ließ, die befreiten Gebiete täglich wechselten und starke Emotionen die Massen polarisierten,:- derart unübersichtliche Situationen verlangten rasches Handeln, sollten die eigenen Interessen gewahrt bleiben, spontane Improvisation, jedenfalls ein Spiel mit mehreren Unbekannten. Spielen entsprach nicht der Firmenphilosophie.
Pohlmann war einer ihrer Gebietsbeauftragten und diese Regel hatte er missachtet. Er hatte auf die falsche Partei gesetzt. Zu seinem Unglück zeigten die neuen Machthaber auch an seinem großzügigen Versöhnungsangebot kein Interesse. Er musste fliehen.--
Der Anruf kam beim bowling und glich einem Befehl. Pohlmann war nicht überrascht, er kannte das Prozedere. Die Firma hatte ein Anbaugebiet verloren und brauchte einen Schuldigen. Man wollte Köpfe rollen sehen und seiner saß nach diesem Verlust besonders locker. Frühere Verdienste zählten da wenig, er blieb eine verzichtbare Figur: eine, an der man Härte demonstrieren konnte. Den glattrasierten Opportunisten des internen Tribunals war es ein Bedürfnis, ihn abzustrafen, Pohlmann machte sich da keine Illusionen. Exekution oder Freispruch, die Frage schien entschieden.
Gleichwohl kam eine neuerliche Flucht nicht in Frage, er hätte nicht gewusst wohin, die Firma war sein Mittelpunkt, sein Leben, zudem war er es gewohnt, Befehlen zu folgen.-
Die lastende Stille nach der Anklageverlesung hatte etwas Körperliches, man hörte das Atmen der Zuschauer, ausschließlich Firmenangehörige. Der Vorsitzende fragte betont langsam:
„Vor der Urteilsverkündung hat der Angeklagte das letzte Wort. Mr. Pohlmann, möchten Sie uns etwas sagen ?“
Pohlmann hob den Kopf, stand auf, räusperte sich und sagte:
„Hohes Gericht, liebe Kolleginnen und Kollegen ! Diese Firma ist mein Mittelpunkt, mein Leben. Was ich bin, bin ich durch sie. Ich habe einen Fehler gemacht, der Organisation geschadet und dafür muss ich bezahlen. Doch bitte ich, bei der Strafzumessung mein Arbeitsleben als Ganzes zu bewerten und Milde walten zu lassen. Ich plädiere auf Bewährung.“
Pohlmann setzte sich und senkte den Kopf. Redundanz oder gar Eloquenz waren seine Sache nicht. Er hielt seine Rede für nicht besonders überzeugend.
Das Gericht zog sich zur Beratung zurück und nach kurzer Zeit, vielleicht einer Zigarettenlänge, kehrte der Vorsitzende zurück in den Saal und bat alle Anwesenden, sich zu erheben. Er sagte:
„Höchststrafe, sofort zu vollstrecken!“, der Rest ging im Jubel der Zuschauer unter.
Zwei Männer vom Sicherheitsdienst sagten zu Pohlmann, er solle jetzt keinen Unsinn machen, sich fügen und ihnen in den Keller folgen. P. tat es.