Ein Leben fürs Bier

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Resjek

Mitglied
Ich lebe seit drei Jahren im Altersheim. Allein. Es war am Besten so. Eines Tages habe ich zu meiner Frau gesagt:
"Ich gehe in die Mattweid, nimm die Wohnung, oder mach damit, was du willst....!"
Sie wollte nicht glauben, dass es mir ernst war und versuchte mich umzustimmen:
"Das ist doch nicht normal, ins Altersheim geht man doch zusammen nach so vielen gemeinsamen Jahren..."!
Ich blieb aber dabei und meldete mich noch am gleichen Tag an.

Ich war Bierbrauer. Drei Jahre Lehrzeit, später das Meisterdiplom. Mit
fünfundsechzig in Pension, ein Leben fürs Bier. Ich habe Anrecht auf zwei Kisten Starkbier pro Monat:
Geschenk der Brauerei an die Ehemaligen.

Meine Frau hat nie Bier getrunken. Der Hopfengeschmack in den Kleidern, der Mundgeruch, es war ihr zuwider. Aber als ich zuhause war, hat sie damit angefangen.
Ein oder zwei Gläser zu Mittag. Ich habe ihr gleich gesagt, dass man die
Flasche gut verschliessen muss, den Verschluss drehen bis zum Anschlag habe ich ihr mehrmals gesagt und es ihr vorgemacht. Bier ist ein Naturprodukt, geruchs- und lichtempfindlich, habe ich ihr hundertmal gesagt.

Es hat nichts gebracht. Am Abend, als ich die grosse Literflasche aus
dem Kühlschrank genommen habe, sass der Verschluss wieder locker. Bloss aufgesetzt eben. Die Kohlensäure war weg. So bin ich denn auch gegangen.
 
K

Karn Hardt

Gast
Hallo,

ein ziemlich schwammiger Text um´s Bierbrauen. Die unterstellte Beziehung als Mittel zum Zweck les ich hier leider nur als billiges Alibi.
Viel mehr wäre (aus meiner Sicht) von Nöten, einen Konflikt zu schüren, der IMHO aus Bier und der Beziehung besteht.
Warum ist dem Prot. das Bier wichtiger als die jahrzehntelange Ehe?
Immerhin muss es da deftige Ausrutscher der holden Gattin gegeben haben, die ihn zu einem solch folgenschweren Entschluss wie Altersheim bewogen hat.
So ein Spinnefiz wie von dir beschrieben mag in Kurzprosa lustig sein, aber widerspricht (für mich) jeglichen Alltagsempfindungen.
Realitätsverlust ist da die Folge ...

Liebe Grüße
 
A

aligaga

Gast
Lass dich nicht irremachen, @Resjek - da hat halt einer keine Ahnung davon, dass es nicht die großen Pengknallzplatzbumms-Pointen sind, die einen Kurprosatext zu einem guten wie deinen machen, sondern die kleinen, feinen Details, die nur erkennt, wer mit Fantasie gesegnet ist. Dann wird klar, dass die Flasche und ihr schlapper Inhalt nur Sinnbild sind.

Die Ehen, die "plötzlich" am losen Schraubverschluss der Bierflasche, der unaufgerollten Zahnpastatube oder dem immer wieder verbrunzten Klodeckel scheitern, sind die Klassiker.

Wenn Katastrophen so mürbe und trocken rüberkommen wie hier, dann hat der Künstler einen Volltreffer gelandet.

Großes, kleines Kino!

Heiter

aligaga
 
K

Karn Hardt

Gast
Antwort auf Alis Kommentar:
... naja, deine Stimme hat der Autor jedenfalls. Ist ja auch gut, einen Verneiner an Bord zu haben. Wenn alle "dafür" schreien, ist immer einer "dagegen". Die Opposition ist wichtig.
Mir ist schon klar, dass das Bier eine Methapher ist, aber sie ist (für mich) nicht als solche stilistisch genug versteckt worden. Der Text lässt (für mich) nicht genug Fantasiefreiheit, um sich drauf ein zu lassen - und zu hinterfragen.
In der Kürze liegt die Würze - sagt man, aber genau die fehlt mir hier.
Wenn du mehr erlesen konntest, dann herzlichen Glückwunsch. Für mich gibt es leider nichts weiter zu lesen als die Mär vom Bierbrauen - und meinen dementsprechendem Fazit hieraus. Zum Glück sind die Gedanken frei ...

Gruß, Karn
 
A

aligaga

Gast
Ganz offensichtlich fehlt dir die Fantasie, @Karn, dich in die müde Welt eines Handwerksmeisters hineinzuversetzen, der ein eben lang für "sein" Bier da war und bei seiner Frau daheim nie das fand, was er neben seinem Beruf wirklich suchte.

Als er "nach Hause" kam, zerstörte ihm ihre Dummheit und Gleichgültigkeit die Freude am "Haustrunk" und er verließ sie wie die Kohlensäure, die aus der von ihr nie nicht richtig verschlossene Flasche entwich. Was für eine Pointe!

Das ist Kurzprosa pur. Wer darin nichts erkennen kann, dem ist leider nicht zu helfen.

Heiter, sehr heiter

aligaga
 

Resjek

Mitglied
Ja, aligaga, so war die Geschichte eigentlich gedacht, "reduced to the max" ...wer es nicht fühlt,
der kann es nicht erjagen..(Goethe)

Herzlich Resjek
 

DocSchneider

Foren-Redakteur
Teammitglied
Hallo Resjek,

das ist ein sehr bemühtes Klischee für das Scheitern einer Ehe. So wie halt die nicht aufgerollte Zahnpastatube oder die immer falsch herum weggestellte Milch etc.

Ob der Bierbrauer alleine glücklicher ist? DAS wäre jetzt interessant.

VG,
DS
 
A

aligaga

Gast
Wir sind hier in der Rubrik "Kurzprosa", @doc, nicht in der Romanabteilung. Die Bierflasche ist nur das Tüpfelchen auf dem i, der lose Verschluss Symbol für die Geringschätzung.

Wer das nicht erkennt, kann freilich mit dem Text nichts anfangen. Dem rät @ali zu einem Chanson aus den frühen 1960ern - [red]dem da[/red][red]*[/red] zum Beispiel

Viel Vergnügen

aligaga

[red]* Vorsicht! Frauenfeindlich!
[/red]
 



 
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