Ein Riesenarschloch

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rotkehlchen

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Ein Riesenarschloch

Ich steig also in den Zug ein, setz mich, zieh mein Handy raus und fang an, Bilder zu verschieben. Plötzlich wird´s mir schwarz vor den Augen. Ich blick hoch. Stehen zwei dicke Typen vor mir, von der Sorte, wisst ihr, die vor Kraft kaum gehen kann. Bullen, eine Frau und ein Mann, so richtige Adrenalin-Junkies. Ich lass mir nichts anmerken und denk, Sicherheit geht vor Freude. Da schnauzt die Frau: Schalten Sie sofort das Handy aus und legen Sie es auf den Klapptisch. Ich denk, hoppla, was ist das denn fürn Onk, sag: Hey, gehts noch? und mach ungerührt weiter. Da hält mir der Kerl seine Kanone vor die Nase und brüllt: Na wird´s bald, oder müssen wir erst Gewalt anwenden? Ich guck sie an. Der Kerl hat n Gesicht wie n Treteimer, und die Frau sieht aus wie n an die Wand geschissenes Brathähnchen. Oha, denk ich, das sind keine, die ein Kaninchenbaby aus der Dachrinne retten. Ich mach also mein Handy aus und leg es auf den Klapptisch. Bleiben Sie so sitzen, sagt die Frau, und die Hände flach aufs Polster. Und keinen Körperkontakt! Nanu, denk ich, bin ich hier im falschen Film? Wollen Sie meine Fahrkarte sehen, sag ich, denn zufällig hatte ich eine gelöst. Halten Sie den Mund, sagt der Bulle, wenn wir was wissen wollen, fragen wir. Jetzt seh ich auch, dass das Abteil außer uns drei Hübschen völlig leer ist und dass der Zug an keiner Station hält. Im Gegenteil, ich hätte nie geglaubt, dass ne Bimmelbahn so schnell fahren kann. Ich will mein Taschentuch herausziehen, um mir die Stirn zu trocknen. Da schnauzt die Frau: Keine Bewegung, oder es knallt! Ich leg die Hand also wieder aufs Polster und versuch, still zu sitzen. Dabei blick ich den Kerl an und seh, dass er keine Ohrläppchen hat. Ha, denk ich, schon wieder son zu kurz Gekommener! Nu fängt es an, mich überall zu jucken, wie nem Köter, der voller Zecken steckt. Ich dreh und wende mich, da sagt die Frau: Wenn Sie nicht sofort still sitzen, müssen wir Sie erschießen und leiert irgend was von Notwehr und unmittelbar drohender Lebensgefahr runter. Inzwischen fühlt sich mein Hemd an wie ne vollgepisste Windel. Ich denk, na ja, irgendwann ist auch die beschwerlichste Reise zuende und versuch, an was anderes zu denken. Schon seit einiger Zeit beobachte ich, dass mir die Frau ständig auf die Hose schaut. Oha, denk ich, das kann ja heiter werden! Endlich nimmt der Zug Fahrt weg, und wir laufen in den Bahnhof Altona ein. Ich blick aus dem Fenster und was seh ich? Überall Bullen mit der Knarre im Anschlag. Poh, denk ich, Bin Laden hätten sie keinen größeren Bahnhof bereiten können und bin schon fast stolz auf mich. Der Zug hält. Aufstehen! kommandiert die Frau, und die Hände brav vom Körper weghalten! Sie nehmen mich in ihre Mitte, und wir steigen aus. Das Reden haben sie mir verboten, denk ich, aber nicht das Lachen. Also fang ich laut an zu lachen. Die Frau fuchtelt mir mit ihrem Schießeisen wütend vorm Gesicht herum und zischt: Das Lachen wird dir noch vergehen, du Arschloch! Sie bugsieren mich in ein Polizeiauto mit vergitterten Fenstern und ab geht´s. – Loni, wirf mir doch noch mal n Bier rüber!
Ich denk, na, wohin geht die Fahrt. Nach gefühlt ner halben Ewigkeit hält das Auto, und sie führen mich in einen muffigen Kellerraum. Neben der Tür stehen zwei Bullen mit Knarren im Anschlag, ein andere Kerl tastet mich ab. Die Hände bleiben oben! schnauzt er, als ich sie herunternehmen will, denn ich hab n Krampf im rechten Oberarm. Jetzt kommt ne Dame im weißen Kittel herein mit nem Gesicht wie n Frettchen und streift sich nen Gummihandschuh über. Vorbeugen und die Hände flach auf den Tisch, orgelt sie und knöpft mir die Hose auf. Oha, denk ich, die Party beginnt! Kurz darauf fühl ich ihren Gummifinger in meinem Arsch. Ich will schon sagen: Normalerweise kost das n Fuffi, da zieht sie den Finger wieder heraus und ruft: Sauber! Na, denk ich, was hast du denn erwartet, du Schnepfe, ich bin keiner, der sein Arbeitsgerät verdrecken lässt. Doch kaum hab ich zuende gedacht, da kommt schon wieder son Kerl auf mich zu und stellt sich als Hauptkommissar soundso vor. Er bitte vielmals um Entschuldigung, schnirgelt er, das ganze sei ein Missverständnis und habe sich jetzt aufgeklärt. Ich denk, du kannst mich mal, du Eimer, zeig mir, wo der Ausgang ist, da lädt er mich höflich auf einen Kaffee in sein Böro ein. Ich will kein Spielverderber sein und sag: N Bier wär mir lieber! Haben wir auch, flötet er, auch zwei! Irgendwie kommt er mir vor, als hätte er gerade n Samenkoller, so aufgekratzt, wie der ist. Ob ich einen Zwillingsbruder habe, fragt er mich im Fahrstuhl. Nee, sag ich, der ist kurz nach seiner Geburt aus dem Nest gefallen. Oben in seinem Büro setzt er mir n Bier vor und bittet nochmal um Entschuldigung. Langsam geht er mir auf den Keks, und ich frag: Was ist denn überhaupt los, Meister? Wir haben einen Hinweis bekommen, sagt er, dass in den nächsten Tagen ein Bombenanschlag auf den Hamburger Dom geplant ist. Und wie kommen Sie da auf mich, frag ich, seh ich wie ein Bombenleger aus? Wie sieht denn ein Bombenleger aus? fragt er zurück. Ich sag: Wie n Arschloch. Jedenfalls, redet er weiter, sehen Sie einer Zielperson, die wir schon seit Wochen observieren, verteufelt ähnlich. Dummerweise haben wir diese Person vor einiger Zeit aus den Augen verloren. Uns blieb also nichts anderes übrig, als während des Doms alle verdächtigen Personen fest zu nehmen und zu überprüfen. Gebongt, sag ich, aber was sollte dann das Affentheater im Zug? Und was hat ihre Madam in meinem Mokkastübchen gesucht? Doch nicht etwa meine Fahrkarte? Jetzt lacht der Krimscher herzhaft und brüllt: Nee, nicht Ihren Fahrschein, wir sind von der Kripo und nicht von der Bahnpolizei und lacht und lacht. Ich denk, gleich fällt er vom Stuhl. Junger Mann, orgelt er, die Dame hat Plastiksprengstoff gesucht! Ich denk, ich hör nicht recht. Ich sag, in meinem –? Ja, sagt er, in Ihrem. Sie ahnen ja nicht, wie viel von dem verdammten Zeug durch so ein Terroristenarschloch geht! Damit kann so ein Strolch den halben Dom in die Luft sprengen! Ach, sag ich, jetzt geht mir ein Licht auf. Und gezündet wird via Handy. Genau, sagt er, entweder auf Touch oder durch einen Anruf von außen. Okay, sag ich, aber warum musste ich dann die ganze Zeit die Hände vom Körper weg halten? Mein Handy lag doch auf dem Tisch. Der Kerl blickt mich an wie eine Bulldogge mit Stuhlbeschwerden. Junger Mann, sagt er, der kleinste Fehler, den ich mache, kann dazu führen, dass ich dazu verdonnert werde, den Rest meiner Dienstjahre unbeleuchtete Fahrradfahrer aufzuschreiben. Und darauf scheiß ich. Es gibt Hinweise, dass heute nicht mehr via Handy gezündet wird, sondern mittels winziger Chips, die zum Beispiel hinterm Ohr eingepflanzt sind, und die durch Rubbeln aktiviert werden. Ich trink mein Bier aus, lehn mich zurück und frag: Woher wissen Sie eigentlich, dass ich nicht derjenige bin? Vielleicht hab ich den Sprengstoff ja aufgefressen! Er blickt mich ne Weile amüsiert an. Dann sagte er: Junger Mann, wir sind hier auch nicht auf den Kopf gefallen, und vor allen Dingen sind wir nicht blind! Die Zielperson ist nicht nur ein Riesenarschloch, der Kerl hat auf der rechten Arschbacke auch noch ein Riesenmuttermal!
Klingt ziemlich unterirdisch das alles, was? Aber genauso hab ich es erlebt.
 

NJSeifert

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Ich finde den Text durch die fehlenden Absätze sehr schwer zu lesen. An die fehlenden Satzzeichen gewöhnt man sich, wobei ich mir vorstellen kann, dass dies Absicht war. Insgesamt wirkt die Erzählweise sehr authentisch,an manchen Stellen nur etwas zu gewollt. Ansonsten witzig zu lesen und vor allem die Vorstellung, dass man bei der Polizei einfach so Bier als Entschädigung bekommt!
 



 
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