Ein Schriftsteller auf Verlagssuche

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Ein Schriftsteller auf Verlagssuche


Marius schloss die Tür hinter sich, dachte nicht mehr an die Berge beschrifteten Papiers, die in seiner kleinen Wohnung überall verstreut waren, langsam verblassten und ihre Farbe verloren. Dabei vergaß er, seine Katze Balzac zu füttern und auch das Portemonnaie einzustecken.
Er trug stolz er seine neusten Manuskript unterm Arm und machte sich, müde und in Gedanken vertieft, auf den Weg nach Frankfurt. Heute wollte er zum wiederholten Male einen Verlag für sein Werk suchen.

Er bestieg das erste beliebige Taxi, das anhielt, schmiss sich in die bequemen Polster, nuschelte sein Ziel vor sich hin: „Innenstadt, da, wo die Verlage sind“, und machte es sich auf den weichen, bequemen Hintersitzen gemütlich.
Marius schaffte es noch, seine Augen kurz offen zu halten, das gelang ihm aber nur bis zu dem ersten Ampelstopp, dann fielen sie zu und er schlief tief ein.
Er träumte, besser gesagt, er bekam richtig schlimme, böse Albträume:

Neulich in der Innenstadt, auf der Suche nach einem/r Verlagsmanager/in war er sogar auch im Puff gewesen, wo aber mittendrin eine Polizeirazzia alles sprengte, und er in Eile nur in Unterhosen gerade so durch ein Fensterchen erst mal auf das Dach flüchten und sich retten konnte. Was für ein Schreck, dachte er sich so halbnackt und frierend auf dem Dach inmitten all der Schornsteine. Auf dem Weg zu der engen, etwas verrosteten Feuerwendeltreppe rutschte und fiel neben ihm grade eine halbnackte Frau das Dach hinunter. Zwei andere flüchtende Männer stürzten wegen nachgebender, durchgerosteter Treppenstufen in die Tiefe. Es gab zum Glück keine Toten, nur ein paar Verletzte und viele Verhaftete.

Vorsichtig, auf jeden einzelnen seiner Schritte konzentriert, erreichte Marius endlich den Bürgersteig und freute sich, der Polizei entwischt zu sein, er hatte kein Bedürfnis, ihre Bekanntschaft zu machen, auch nicht die einer Zelle oder eines Vernehmungszimmers. Wer weiß überhaupt, wonach sie eigentlich auf der Suche waren. Obrigkeit mochte er generell nicht, also grundsätzlich sich immer erst aus dem Staub machen und abhauen, war sein Motto.

Außer Atem, frierend, aber glücklich, sich endlich in Sicherheit gebracht zu haben, rannte Marius durch die verschlungenen Hinterhöfe und war froh, auch sein Manuskript gerettet zu haben, fest, ganz fest klammerte er es sich unter den Arm.

Mehrmals legte er eine kurze Pause in irgendeinem Innenhof ein, erstens, um etwas Atem zu holen, zweitens, um sich nach der Wäsche umzuschauen, die da überall auf den Leinen zum Trocknen hing. Wo die Luft rein war, nahm er sich im Vorbeigehen vorsichtig von der einen oder anderen Leine einige Kleidungsstücke, er hängte nur solche ab, die er für sich und seinen Kleidungsstil für weit genug erachtete. Gefahr drohte ihm dabei nur einmal, als ein angriffslustiger Hund versuchte, mit dem Gebiss seine Unterhose zu erhaschen. Eine leichte Abwehrbewegung mit dem Fuß und sein Angstschrei reichten aus, um den Hund zu verscheuchen, zum Glück.

Auf seinem Fluchtweg zwischen den Häusern und durch die Hinterhöfe verspürte er einige neugierige auf sich gerichtete Blicke, gelangweilte Hausfrauen lehnten sich aus ihren Fenstern und warteten geduldig, endlich etwas Interessantes zu erspähen. Heute hatte er ihnen mit seinem Unterhosenauftritt unfreiwillig ein schönes Spektakel verschafft. Womöglich hatte sein halbnackter Auftritt ihnen wenigsten etwas zum Träumen geliefert, wünschte er all diesen gelangweilten Frauen da oben von Herzen.
Tatsächlich blieben sie alle belustigt und still beobachtend auf ihrer Späherposition, sie genossen interessiert und amüsiert das Spektakel, das er ihnen bot, ohne Unterhose hätte ihnen das ganze gewiss viel mehr Spaß bereitet. Am Ende seiner Suche und Stibitzerei fühlte er sich endlich wohl in den Klamotten. Er sah jetzt zwar bunt wie ein Papagei aus, hatte womöglich einige Frauensachen an sich, aber das tat nichts zur Sache, das Wetter war kalt und frostig genug, um darüber hinweg zu sehen.

Er ging zwei Straßen weiter, dann stieg er hastig und schwitzend die erste U-Bahntreppe hinunter, um seine Suche nach einem Verlag fortzuführen. Groß war seine Überraschung, als er hörte, dass der Fahrbetrieb im gesamten Stadtgebiet seit Stunden total eingestellt worden war wegen eines Dutzend Fahrradfahrern in einem der Tunnel. Jugendliche hatten sich zu einem Rennen getroffen und kamen und kamen nicht mehr aus dem Tunnel heraus.
Ein Riesenpolizeiaufgebot wartete schon ungeduldig auf sie.

In einem anderen Tunnel waren zwei Großfamilien samt mehrerer Kinder und Haustiere beim Picknicken.

Mit Verwunderung glaubte er, auch gehört zu haben, dass mitten in einem weiteren Tunnel sogar Hunderte von Leuten bei der improvisierten Darbietung eines unternehmungslustige Straßenmusikanten am Toben und Klatschen waren. Extasy und Antidepress machten die Runde, lustigen Zeiten. Um den Verkauf von Speis und Trank auf diesem \"Konzert\" stritten sich jede Menge fliegender Händler mit einer ganzen Armada von Vertretern und Abgesandten von McDonalds & Co., getrieben von ihrer Spürnase für jegliche noch unerschlossene, neue Absatzmärkte. Letzteren lief bei dem Gedanken an die möglichen Einnahmen schon das Wasser im Mund zusammen. Sie kämpften um den Platz, bewarfen sich gegenseitig vehement und ununterbrochen mit fettigen Pommes, verbrannten Chicken Nuggets, heiße Buletten prasselten aus allen Richtungen, Broiler flogen den Tunnel entlang, lauwarme Cheeseburger klatschten an die Decke, scharfer Kebab landeten zwischen den Gleisen, alle Haare waren voller Spaghetti, und Currywürste schossen wie Raketen umher. Die zahlreichen Untergrund-Ratten schauten sich aus ihren Schlupfwinkeln belustigt und dankbar die Szenerie an und freuten sich um so mehr auf das kommende Festmahl.

Na ja, Marius hörte sich das ganze gar nicht weiter an und verließ notgedrungenerweise wieder die U-Bahn in Richtung Mainufer, um so schneller zu Fuß in die Innenstadt zu gelangen. Es dauerte aber nicht lange und er wechselte unfreiwillig sein Fortbewegungsmittel. Vor der Finanzkrise flüchtende Banker samt Köfferchen, Laptop, Schnuller im Mund und Playboy unter Arm verursachten bei ihrer Flucht einen solchen Wirbelwind, dass er direkt und ohne Umschweife brutal in den Main katapultiert wurde. Er landete im kalten Wasser und die gewaltige Strömung nahm ihn in ihre Gewalt. Die Wellen schüttelten und schmissen ihn in alle Richtungen, zogen ihn in die Tiefe und dann wieder in die Höhe. Dabei verlor er ständig die Orientierung, wusste für Augenblicke nicht mehr, in welcher Lage er sich befand, oben, unten, rechts oder links, der Horizont war verschwunden.

Langsam aber sicher musste er jetzt versuchen, seinen Weg schwimmend fortzuführen. Danke!, Schwimmend !, „Ich kann doch gar nicht schwimmen !!!“, dachte er nach der erste Schrecksekunde voller Entsetzen.

Er schrie und schrie um Hilfe. Die Strömung spülte ihn über all hin und war nicht gewillt, seinen Körper so leicht aus ihren Fängen freizulassen. Er schrie und schrie trotzdem weiter, ohne Unterbrechung. Obwohl mehrere Passanten und Spaziergänger am Ufer waren, bemerkte ihn keiner. Er trank dabei einiges an Mainwasser, das wie Politik schmeckte: abgestanden und lebensgefährlich.

Seine immer leiser werdenden Hilfeschreie wurden endlich, letztendlich und tatsächlich von einem gerade über der Stadt fliegenden Piloten eines Airbus A380 gehört, hoch, hoch oben am Himmel, bestimmt 10.000 km weit.
Der gute, aufmerksame und hilfsbereite Pilot flachste nicht lange, stürzte sich mit seiner Riesenmaschine im Blindflug hinab, und mit einem halsbrecherischen Manöver zwischen den Hochhäusern Frankfurts schaffte er es, dass eine junge hübsche Stewardess ihm einen Fallschirm aus dem Flugzeug zuwerfen konnte, eine Probezeitschrift schmiss sie noch hinzu. Diese apokalyptische Szene, die dröhnenden Rolls-Royce Motoren und die laut heulenden und sich drehenden Propeller, verursachte zum Glück eine solche Aufmerksamkeit, so dass ein am Stock langsam auf Ufer vorbeigehender 85-jährige Spaziergänger seinen gesenkte Kopf hochhob. Er riss sich blitzschnell von seiner 93-jährigen Gattin los und sprang in den Main, um den wertvollen Fallschirm zu bergen. Gut, dass der arme Künstler sich fest an den Fallschirm festangeklammert hatte, so wurde er dabei mit gerettet, sehr banal aber erfolgreich. Der völlig aufgelösten, schreienden und weinenden Gattin seines Retters in spe schenkte er als Dankeschön die Bushido CDs, die er aus dem Puff mitgehen lassen hatte. Die arme Frau fiel daraufhin augenblicklich zu Boden und wurde bewusstlos. Gar nicht so falsch, so hatten auch die Sanitäter aus den verschiedenen Rettungswagen Arbeit und Beschäftigung und retteten sie. Marius wollte nicht mehr, konnte nicht mehr und rannte los.

Jetzt hatte er aber die Faxen dicke, wo sind die Verlage, gibt es überhaupt welche? Er hielt erneut ein vorbeifahrendes Taxi an, um sich endlich ins “Zentrum“, wo einige Verlage residierten, fahren zu lassen.
Der nette Fahrer wusste zwar nicht genau, wo sich diese genau befinden sollten, war aber willig und nach besten Kräften bemüht, sein Wunschziel zu finden. Eine gute, flexible und belastbare Arbeitskraft war er, so wie man sie sich eigentlich wünscht, bzw. “die Wirtschaft“ sich wünscht.
Trotzdem, nach mehr als drei Stunden Irrfahrt durch die Stadt gab er schließlich entnervt auf und schmiss ihn einfach abrupt am Rande der Stadt raus, im Niemandsland. Fahrkosten brauchte er nicht zu bezahlen, er würde das schon als “irgendwas“ Steuermilderndes absetzen, schrie er ihm mit erhobenem Arm und zur Faust geballter Hand nach.

Die eingeatmete frische Luft tat Marius zwar gut, aber er spürte schnell, dass er nicht mehr so bequem lag wie kurz zuvor auf dem bequemen Sitzpolster im Taxi. Er war auch noch ein wenig verschlafen, sein Schädel brummte und er befand sich tatsächlich liegend auf dem harten Boden wieder. Einige Steinchen piksten ihn am Hintern, sein Manuskript lag zerfleddert neben ihn am Boden, einige Seiten hatte der Wind schon durch die Luft. Eine dicke Staubwolke zeugte überdies vom Weggang des Taxis, ein Hustenanfall überfiel ihn, er fühlte sich elend und hätte eigentlich liebend gern weitergeschlafen.

Marius musste wohl einen Albtraum gehabt haben, es war ihm rätselhaft, wie und warum er überhaupt hierher kam und wo er sich eigentlich befand. Er fühlte sich wie ein Forscher am Ende der Welt, der gerade einen Abgrund hinuntergefallen war. Aus irgendeinem Grund musste er sich mit dem Taxifahrer angelegt haben: Das undeutliche Fahrziel? Hatte er sich erbrechen müssen? Ging es womöglich um das Fahrgeld? Keine Ahnung, der Typ hatte ihn jetzt hier abgesetzt und sich wortwörtlich aus dem Staub gemacht. Marius hustete noch ein paar Mal, raffte sich zusammen und erhob sich etwas wackelig und benommen, sammelte sein Manuskript zusammen, klopfte den Staub aus seinen Klamotten und betrachtete erst einmal die Umgebung. Zu seiner Linken war die große, laute, verpestete Stadt Frankfurt, zu seiner Rechten der schöne, stille, gesunde und noch eintrittsfreie Stadtwald. Der Tag ging bald zur Neige, er entschied, einstweilen in den dunklen Wald zu gehen, da würde er bestimmt leichter einen Verlagsmanager oder am besten eine Verlagsmanagerin finden, dachte er sich mit etwas Sarkasmus, womöglich sogar eine mit einem roten Käppchen auf dem Kopf. Er würde sie dann heroisch vorm bösen Wolf retten und sie dafür sein Manuskript aus Dankbarkeit annehmen und editieren. Genau darüber dachte Marius nach, während er ins Dickicht des Waldes hineinging, um sich dann prompt zu verirren. Sein Gesicht und seine Händen waren inzwischen völlig verkratzt und blutig wegen des immer dichter werdenden dornigen Gestrüpps.

Immer tiefer drang Marius in den dunklen Wald, und wenn nichts Neues darüber in der Bild Zeitung steht, irrt der Ärmste immer noch zwischen den hohen Bäume umher und hofft, dass ihn wenigstens ein Waldspaziergänger findet und rettet.

Wann waren Sie das letzte Mal im Wald?


******************



Danke für ihre Aufmerksamkeit und Lebet wohl.
Prof. Pinocchio
Alias Künstler Pier Giam
 
Ein Schriftsteller auf Verlagssuche


Marius schloss die Tür hinter sich, dachte nicht mehr an die Berge beschrifteten Papiers, die in seiner kleinen Wohnung überall verstreut waren, langsam verblassten und ihre Farbe verloren. Dabei vergaß er, seine Katze Balzac zu füttern und auch das Portemonnaie einzustecken.
Er trug stolz seine neusten Manuskript unterm Arm und machte sich, müde und in Gedanken vertieft, auf den Weg nach Frankfurt. Heute wollte er zum wiederholten Male einen Verlag für sein Werk suchen.

Er bestieg das erste beliebige Taxi, das anhielt, schmiss sich in die bequemen Polster, nuschelte sein Ziel vor sich hin: „Innenstadt, da, wo die Verlage sind“, und machte es sich auf den weichen, bequemen Hintersitzen gemütlich.
Marius schaffte es noch, seine Augen kurz offen zu halten, das gelang ihm aber nur bis zu dem ersten Ampelstopp, dann fielen sie zu und er schlief tief ein.
Er träumte, besser gesagt, er bekam richtig schlimme, böse Albträume:

Neulich in der Innenstadt, auf der Suche nach einem/r Verlagsmanager/in war er sogar auch im Puff gewesen, wo aber mittendrin eine Polizeirazzia alles sprengte, und er in Eile nur in Unterhosen gerade so durch ein Fensterchen erst mal auf das Dach flüchten und sich retten konnte. Was für ein Schreck, dachte er sich so halbnackt und frierend auf dem Dach inmitten all der Schornsteine. Auf dem Weg zu der engen, etwas verrosteten Feuerwendeltreppe rutschte und fiel neben ihm grade eine halbnackte Frau das Dach hinunter. Zwei andere flüchtende Männer stürzten wegen nachgebender, durchgerosteter Treppenstufen in die Tiefe. Es gab zum Glück keine Toten, nur ein paar Verletzte und viele Verhaftete.

Vorsichtig, auf jeden einzelnen seiner Schritte konzentriert, erreichte Marius endlich den Bürgersteig und freute sich, der Polizei entwischt zu sein, er hatte kein Bedürfnis, ihre Bekanntschaft zu machen, auch nicht die einer Zelle oder eines Vernehmungszimmers. Wer weiß überhaupt, wonach sie eigentlich auf der Suche waren. Obrigkeit mochte er generell nicht, also grundsätzlich sich immer erst aus dem Staub machen und abhauen, war sein Motto.

Außer Atem, frierend, aber glücklich, sich endlich in Sicherheit gebracht zu haben, rannte Marius durch die verschlungenen Hinterhöfe und war froh, auch sein Manuskript gerettet zu haben, fest, ganz fest klammerte er es sich unter den Arm.

Mehrmals legte er eine kurze Pause in irgendeinem Innenhof ein, erstens, um etwas Atem zu holen, zweitens, um sich nach der Wäsche umzuschauen, die da überall auf den Leinen zum Trocknen hing. Wo die Luft rein war, nahm er sich im Vorbeigehen vorsichtig von der einen oder anderen Leine einige Kleidungsstücke, er hängte nur solche ab, die er für sich und seinen Kleidungsstil für weit genug erachtete. Gefahr drohte ihm dabei nur einmal, als ein angriffslustiger Hund versuchte, mit dem Gebiss seine Unterhose zu erhaschen. Eine leichte Abwehrbewegung mit dem Fuß und sein Angstschrei reichten aus, um den Hund zu verscheuchen, zum Glück.

Auf seinem Fluchtweg zwischen den Häusern und durch die Hinterhöfe verspürte er einige neugierige auf sich gerichtete Blicke, gelangweilte Hausfrauen lehnten sich aus ihren Fenstern und warteten geduldig, endlich etwas Interessantes zu erspähen. Heute hatte er ihnen mit seinem Unterhosenauftritt unfreiwillig ein schönes Spektakel verschafft. Womöglich hatte sein halbnackter Auftritt ihnen wenigsten etwas zum Träumen geliefert, wünschte er all diesen gelangweilten Frauen da oben von Herzen.
Tatsächlich blieben sie alle belustigt und still beobachtend auf ihrer Späherposition, sie genossen interessiert und amüsiert das Spektakel, das er ihnen bot, ohne Unterhose hätte ihnen das ganze gewiss viel mehr Spaß bereitet. Am Ende seiner Suche und Stibitzerei fühlte er sich endlich wohl in den Klamotten. Er sah jetzt zwar bunt wie ein Papagei aus, hatte womöglich einige Frauensachen an sich, aber das tat nichts zur Sache, das Wetter war kalt und frostig genug, um darüber hinweg zu sehen.

Er ging zwei Straßen weiter, dann stieg er hastig und schwitzend die erste U-Bahntreppe hinunter, um seine Suche nach einem Verlag fortzuführen. Groß war seine Überraschung, als er hörte, dass der Fahrbetrieb im gesamten Stadtgebiet seit Stunden total eingestellt worden war wegen eines Dutzend Fahrradfahrern in einem der Tunnel. Jugendliche hatten sich zu einem Rennen getroffen und kamen und kamen nicht mehr aus dem Tunnel heraus.
Ein Riesenpolizeiaufgebot wartete schon ungeduldig auf sie.

In einem anderen Tunnel waren zwei Großfamilien samt mehrerer Kinder und Haustiere beim Picknicken.

Mit Verwunderung glaubte er, auch gehört zu haben, dass mitten in einem weiteren Tunnel sogar Hunderte von Leuten bei der improvisierten Darbietung eines unternehmungslustige Straßenmusikanten am Toben und Klatschen waren. Extasy und Antidepress machten die Runde, lustigen Zeiten. Um den Verkauf von Speis und Trank auf diesem \"Konzert\" stritten sich jede Menge fliegender Händler mit einer ganzen Armada von Vertretern und Abgesandten von McDonalds & Co., getrieben von ihrer Spürnase für jegliche noch unerschlossene, neue Absatzmärkte. Letzteren lief bei dem Gedanken an die möglichen Einnahmen schon das Wasser im Mund zusammen. Sie kämpften um den Platz, bewarfen sich gegenseitig vehement und ununterbrochen mit fettigen Pommes, verbrannten Chicken Nuggets, heiße Buletten prasselten aus allen Richtungen, Broiler flogen den Tunnel entlang, lauwarme Cheeseburger klatschten an die Decke, scharfer Kebab landeten zwischen den Gleisen, alle Haare waren voller Spaghetti, und Currywürste schossen wie Raketen umher. Die zahlreichen Untergrund-Ratten schauten sich aus ihren Schlupfwinkeln belustigt und dankbar die Szenerie an und freuten sich um so mehr auf das kommende Festmahl.

Na ja, Marius hörte sich das ganze gar nicht weiter an und verließ notgedrungenerweise wieder die U-Bahn in Richtung Mainufer, um so schneller zu Fuß in die Innenstadt zu gelangen. Es dauerte aber nicht lange und er wechselte unfreiwillig sein Fortbewegungsmittel. Vor der Finanzkrise flüchtende Banker samt Köfferchen, Laptop, Schnuller im Mund und Playboy unter Arm verursachten bei ihrer Flucht einen solchen Wirbelwind, dass er direkt und ohne Umschweife brutal in den Main katapultiert wurde. Er landete im kalten Wasser und die gewaltige Strömung nahm ihn in ihre Gewalt. Die Wellen schüttelten und schmissen ihn in alle Richtungen, zogen ihn in die Tiefe und dann wieder in die Höhe. Dabei verlor er ständig die Orientierung, wusste für Augenblicke nicht mehr, in welcher Lage er sich befand, oben, unten, rechts oder links, der Horizont war verschwunden.

Langsam aber sicher musste er jetzt versuchen, seinen Weg schwimmend fortzuführen. Danke!, Schwimmend !, „Ich kann doch gar nicht schwimmen !!!“, dachte er nach der erste Schrecksekunde voller Entsetzen.

Er schrie und schrie um Hilfe. Die Strömung spülte ihn über all hin und war nicht gewillt, seinen Körper so leicht aus ihren Fängen freizulassen. Er schrie und schrie trotzdem weiter, ohne Unterbrechung. Obwohl mehrere Passanten und Spaziergänger am Ufer waren, bemerkte ihn keiner. Er trank dabei einiges an Mainwasser, das wie Politik schmeckte: abgestanden und lebensgefährlich.

Seine immer leiser werdenden Hilfeschreie wurden endlich, letztendlich und tatsächlich von einem gerade über der Stadt fliegenden Piloten eines Airbus A380 gehört, hoch, hoch oben am Himmel, bestimmt 10.000 km weit.
Der gute, aufmerksame und hilfsbereite Pilot flachste nicht lange, stürzte sich mit seiner Riesenmaschine im Blindflug hinab, und mit einem halsbrecherischen Manöver zwischen den Hochhäusern Frankfurts schaffte er es, dass eine junge hübsche Stewardess ihm einen Fallschirm aus dem Flugzeug zuwerfen konnte, eine Probezeitschrift schmiss sie noch hinzu. Diese apokalyptische Szene, die dröhnenden Rolls-Royce Motoren und die laut heulenden und sich drehenden Propeller, verursachte zum Glück eine solche Aufmerksamkeit, so dass ein am Stock langsam auf Ufer vorbeigehender 85-jährige Spaziergänger seinen gesenkte Kopf hochhob. Er riss sich blitzschnell von seiner 93-jährigen Gattin los und sprang in den Main, um den wertvollen Fallschirm zu bergen. Gut, dass der arme Schriftsteller sich fest an den Fallschirm festangeklammert hatte, so wurde er dabei mit gerettet, sehr banal aber erfolgreich. Der völlig aufgelösten, schreienden und weinenden Gattin seines Retters in spe schenkte er als Dankeschön die Bushido CDs, die er aus dem Puff mitgehen lassen hatte. Die arme Frau fiel daraufhin augenblicklich zu Boden und wurde bewusstlos. Gar nicht so falsch, so hatten auch die Sanitäter aus den verschiedenen Rettungswagen Arbeit und Beschäftigung und retteten sie. Marius wollte nicht mehr, konnte nicht mehr und rannte los.

Jetzt hatte er aber die Faxen dicke, wo sind die Verlage, gibt es überhaupt welche? Er hielt erneut ein vorbeifahrendes Taxi an, um sich endlich ins “Zentrum“, wo einige Verlage residierten, fahren zu lassen.
Der nette Fahrer wusste zwar nicht genau, wo sich diese genau befinden sollten, war aber willig und nach besten Kräften bemüht, sein Wunschziel zu finden. Eine gute, flexible und belastbare Arbeitskraft war er, so wie man sie sich eigentlich wünscht, bzw. “die Wirtschaft“ sich wünscht.
Trotzdem, nach mehr als drei Stunden Irrfahrt durch die Stadt gab er schließlich entnervt auf und schmiss ihn einfach abrupt am Rande der Stadt raus, im Niemandsland. Fahrkosten brauchte er nicht zu bezahlen, er würde das schon als “irgendwas“ Steuermilderndes absetzen, schrie er ihm mit erhobenem Arm und zur Faust geballter Hand nach.

Die eingeatmete frische Luft tat Marius zwar gut, aber er spürte schnell, dass er nicht mehr so bequem lag wie kurz zuvor auf dem bequemen Sitzpolster im Taxi. Er war auch noch ein wenig verschlafen, sein Schädel brummte und er befand sich tatsächlich liegend auf dem harten Boden wieder. Einige Steinchen piksten ihn am Hintern, sein Manuskript lag zerfleddert neben ihn am Boden, einige Seiten hatte der Wind schon durch die Luft gewirbelt . Eine dicke Staubwolke zeugte überdies vom Weggang des Taxis, ein Hustenanfall überfiel ihn, er fühlte sich elend und hätte eigentlich liebend gern weitergeschlafen.

Marius musste wohl einen Albtraum gehabt haben, es war ihm rätselhaft, wie und warum er überhaupt hierher kam und wo er sich eigentlich befand. Er fühlte sich wie ein Forscher am Ende der Welt, der gerade einen Abgrund hinuntergefallen war. Aus irgendeinem Grund musste er sich mit dem Taxifahrer angelegt haben: Das undeutliche Fahrziel? Hatte er sich erbrechen müssen? Ging es womöglich um das Fahrgeld? Keine Ahnung, der Typ hatte ihn jetzt hier abgesetzt und sich wortwörtlich aus dem Staub gemacht. Marius hustete noch ein paar Mal, raffte sich zusammen und erhob sich etwas wackelig und benommen, sammelte sein Manuskript , klopfte den Staub aus seinen Klamotten und betrachtete erst einmal die Umgebung. Zu seiner Linken war die große, laute, verpestete Stadt Frankfurt, zu seiner Rechten der schöne, stille, gesunde und noch eintrittsfreie Stadtwald. Der Tag ging bald zur Neige, er entschied, einstweilen in den dunklen Wald zu gehen, da würde er bestimmt leichter einen Verlagsmanager oder am besten eine Verlagsmanagerin finden, dachte er sich mit etwas Sarkasmus, womöglich sogar eine mit einem roten Käppchen auf dem Kopf. Er würde sie dann heroisch vorm bösen Wolf retten und sie dafür sein Manuskript aus Dankbarkeit annehmen und editieren. Genau darüber dachte Marius nach, während er ins Dickicht des Waldes hineinging, um sich dann prompt zu verirren. Sein Gesicht und seine Händen waren inzwischen völlig verkratzt und blutig wegen des immer dichter werdenden dornigen Gestrüpps.

Immer tiefer drang Marius in den dunklen Wald, und wenn nichts Neues darüber in der Bild Zeitung steht, irrt der Ärmste immer noch zwischen den hohen Bäume umher und hofft, dass ihn wenigstens ein Waldspaziergänger findet und rettet.

Wann waren Sie das letzte Mal im Wald?


******************



Danke für ihre Aufmerksamkeit und Lebet wohl.
Prof. Pinocchio
Alias Künstler Pier Giam
 

Herbstblatt

Mitglied
Hallo und willkommen auf der Leselupe, prof.pinocchio!

Amüsiert habe ich deine phantastische "Sucherei" gelesen. :)
Schade nur, dass du den Schluß so hingeratscht hast - fällt dir da nicht was Originelleres ein? Bestimmt hast du noch irgendwas in petto...

Amüsierte Grüße
vom Herbstblatt
 
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Marius schloss die Tür hinter sich, dachte nicht mehr an die Berge beschrifteten Papiers, die in seiner kleinen Wohnung überall verstreut langsam verblassten. Dabei vergaß er, seine Katze Balzac zu füttern und auch das Portemonnaie einzustecken.
Er trug stolz seine neusten Manuskript unterm Arm und machte sich, müde und in Gedanken vertieft, auf den Weg nach Frankfurt. Heute wollte er zum wiederholten Male einen Verlag für sein Werk suchen.

Er bestieg das erste beliebige Taxi, das anhielt, schmiss sich in die bequemen Polster, nuschelte sein Ziel vor sich hin: „Innenstadt, da, wo die Verlage sind“, und machte es sich auf den weichen, bequemen Hintersitzen gemütlich.
Marius schaffte es noch, seine Augen kurz offen zu halten, das gelang ihm aber nur bis zu dem ersten Ampelstopp, dann fielen sie zu und er schlief tief ein.
Er träumte, besser gesagt, er bekam richtig schlimme, böse Albträume:

Neulich in der Innenstadt, auf der Suche nach einem/r Verlagsmanager/in war er sogar auch im Puff gewesen, wo aber mittendrin eine Polizeirazzia alles sprengte, und er in Eile nur in Unterhosen gerade so durch ein Fensterchen erst mal auf das Dach flüchten und sich retten konnte. Was für ein Schreck, dachte er sich so halbnackt und frierend auf dem Dach inmitten all der Schornsteine. Auf dem Weg zu der engen, etwas verrosteten Feuerwendeltreppe rutschte und fiel neben ihm grade eine halbnackte Frau das Dach hinunter. Zwei andere flüchtende Männer stürzten wegen nachgebender, durchgerosteter Treppenstufen in die Tiefe. Es gab zum Glück keine Toten, nur ein paar Verletzte und viele Verhaftete.

Vorsichtig, auf jeden einzelnen seiner Schritte konzentriert, erreichte Marius endlich den Bürgersteig und freute sich, der Polizei entwischt zu sein, er hatte kein Bedürfnis, ihre Bekanntschaft zu machen, auch nicht die einer Zelle oder eines Vernehmungszimmers. Wer weiß überhaupt, wonach sie eigentlich auf der Suche waren. Obrigkeit mochte er generell nicht, also grundsätzlich sich immer erst aus dem Staub machen und abhauen, war sein Motto.

Außer Atem, frierend, aber glücklich, sich endlich in Sicherheit gebracht zu haben, rannte Marius durch die verschlungenen Hinterhöfe und war froh, auch sein Manuskript gerettet zu haben, fest, ganz fest klammerte er es sich unter den Arm.

Mehrmals legte er eine kurze Pause in irgendeinem Innenhof ein, erstens, um etwas Atem zu holen, zweitens, um sich nach der Wäsche umzuschauen, die da überall auf den Leinen zum Trocknen hing. Wo die Luft rein war, nahm er sich im Vorbeigehen vorsichtig von der einen oder anderen Leine einige Kleidungsstücke, er hängte nur solche ab, die er für sich und seinen Kleidungsstil für weit genug erachtete. Gefahr drohte ihm dabei nur einmal, als ein angriffslustiger Hund versuchte, mit dem Gebiss seine Unterhose zu erhaschen. Eine leichte Abwehrbewegung mit dem Fuß und sein Angstschrei reichten aus, um den Hund zu verscheuchen, zum Glück.

Auf seinem Fluchtweg zwischen den Häusern und durch die Hinterhöfe verspürte er einige neugierige auf sich gerichtete Blicke, gelangweilte Hausfrauen lehnten sich aus ihren Fenstern und warteten geduldig, endlich etwas Interessantes zu erspähen. Heute hatte er ihnen mit seinem Unterhosenauftritt unfreiwillig ein schönes Spektakel verschafft. Womöglich hatte sein halbnackter Auftritt ihnen wenigsten etwas zum Träumen geliefert, wünschte er all diesen gelangweilten Frauen da oben von Herzen.
Tatsächlich blieben sie alle belustigt und still beobachtend auf ihrer Späherposition, sie genossen interessiert und amüsiert das Spektakel, das er ihnen bot, ohne Unterhose hätte ihnen das ganze gewiss viel mehr Spaß bereitet. Am Ende seiner Suche und Stibitzerei fühlte er sich endlich wohl in den Klamotten. Er sah jetzt zwar bunt wie ein Papagei aus, hatte womöglich einige Frauensachen an sich, aber das tat nichts zur Sache, das Wetter war kalt und frostig genug, um darüber hinweg zu sehen.

Er ging zwei Straßen weiter, dann stieg er hastig und schwitzend die erste U-Bahntreppe hinunter, um seine Suche nach einem Verlag fortzuführen. Groß war seine Überraschung, als er hörte, dass der Fahrbetrieb im gesamten Stadtgebiet seit Stunden total eingestellt worden war wegen eines Dutzend Fahrradfahrern in einem der Tunnel. Jugendliche hatten sich zu einem Rennen getroffen und kamen und kamen nicht mehr aus dem Tunnel heraus.
Ein Riesenpolizeiaufgebot wartete schon ungeduldig auf sie.

In einem anderen Tunnel waren zwei Großfamilien samt mehrerer Kinder und Haustiere beim Picknicken.

Mit Verwunderung glaubte er, auch gehört zu haben, dass mitten in einem weiteren Tunnel sogar Hunderte von Leuten bei der improvisierten Darbietung eines unternehmungslustige Straßenmusikanten am Toben und Klatschen waren. Extasy und Antidepress machten die Runde, lustigen Zeiten. Um den Verkauf von Speis und Trank auf diesem \"Konzert\" stritten sich jede Menge fliegender Händler mit einer ganzen Armada von Vertretern und Abgesandten von McDonalds & Co., getrieben von ihrer Spürnase für jegliche noch unerschlossene, neue Absatzmärkte. Letzteren lief bei dem Gedanken an die möglichen Einnahmen schon das Wasser im Mund zusammen. Sie kämpften um den Platz, bewarfen sich gegenseitig vehement und ununterbrochen mit fettigen Pommes, verbrannten Chicken Nuggets, heiße Buletten prasselten aus allen Richtungen, Broiler flogen den Tunnel entlang, lauwarme Cheeseburger klatschten an die Decke, scharfer Kebab landeten zwischen den Gleisen, alle Haare waren voller Spaghetti, und Currywürste schossen wie Raketen umher. Die zahlreichen Untergrund-Ratten schauten sich aus ihren Schlupfwinkeln belustigt und dankbar die Szenerie an und freuten sich um so mehr auf das kommende Festmahl.

Na ja, Marius hörte sich das ganze gar nicht weiter an und verließ notgedrungenerweise wieder die U-Bahn in Richtung Mainufer, um so schneller zu Fuß in die Innenstadt zu gelangen. Es dauerte aber nicht lange und er wechselte unfreiwillig sein Fortbewegungsmittel. Vor der Finanzkrise flüchtende Banker samt Köfferchen, Laptop, Schnuller im Mund und Playboy unter Arm verursachten bei ihrer Flucht einen solchen Wirbelwind, dass er direkt und ohne Umschweife brutal in den Main katapultiert wurde. Er landete im kalten Wasser und die gewaltige Strömung nahm ihn in ihre Gewalt. Die Wellen schüttelten und schmissen ihn in alle Richtungen, zogen ihn in die Tiefe und dann wieder in die Höhe. Dabei verlor er ständig die Orientierung, wusste für Augenblicke nicht mehr, in welcher Lage er sich befand, oben, unten, rechts oder links, der Horizont war verschwunden.

Langsam aber sicher musste er jetzt versuchen, seinen Weg schwimmend fortzuführen. Danke!, Schwimmend !, „Ich kann doch gar nicht schwimmen !!!“, dachte er nach der erste Schrecksekunde voller Entsetzen.

Er schrie und schrie um Hilfe. Die Strömung spülte ihn über all hin und war nicht gewillt, seinen Körper so leicht aus ihren Fängen freizulassen. Er schrie und schrie trotzdem weiter, ohne Unterbrechung. Obwohl mehrere Passanten und Spaziergänger am Ufer waren, bemerkte ihn keiner. Er trank dabei einiges an Mainwasser, das wie Politik schmeckte: abgestanden und lebensgefährlich.

Seine immer leiser werdenden Hilfeschreie wurden endlich, letztendlich und tatsächlich von einem gerade über der Stadt fliegenden Piloten eines Airbus A380 gehört, hoch, hoch oben am Himmel, bestimmt 10.000 km weit.
Der gute, aufmerksame und hilfsbereite Pilot flachste nicht lange, stürzte sich mit seiner Riesenmaschine im Blindflug hinab, und mit einem halsbrecherischen Manöver zwischen den Hochhäusern Frankfurts schaffte er es, dass eine junge hübsche Stewardess ihm einen Fallschirm aus dem Flugzeug zuwerfen konnte, eine Probezeitschrift schmiss sie noch hinzu. Diese apokalyptische Szene, die dröhnenden Rolls-Royce Motoren und die laut heulenden und sich drehenden Propeller, verursachte zum Glück eine solche Aufmerksamkeit, so dass ein am Stock langsam auf Ufer vorbeigehender 85-jährige Spaziergänger seinen gesenkte Kopf hochhob. Er riss sich blitzschnell von seiner 93-jährigen Gattin los und sprang in den Main, um den wertvollen Fallschirm zu bergen. Gut, dass der arme Schriftsteller sich fest an den Fallschirm festangeklammert hatte, so wurde er dabei mit gerettet, sehr banal aber erfolgreich. Der völlig aufgelösten, schreienden und weinenden Gattin seines Retters in spe schenkte er als Dankeschön die Bushido CDs, die er aus dem Puff mitgehen lassen hatte. Die arme Frau fiel daraufhin augenblicklich zu Boden und wurde bewusstlos. Gar nicht so falsch, so hatten auch die Sanitäter aus den verschiedenen Rettungswagen Arbeit und Beschäftigung und retteten sie. Marius wollte nicht mehr, konnte nicht mehr und rannte los.

Jetzt hatte er aber die Faxen dicke, wo sind die Verlage, gibt es überhaupt welche? Er hielt erneut ein vorbeifahrendes Taxi an, um sich endlich ins “Zentrum“, wo einige Verlage residierten, fahren zu lassen.
Der nette Fahrer wusste zwar nicht genau, wo sich diese genau befinden sollten, war aber willig und nach besten Kräften bemüht, sein Wunschziel zu finden. Eine gute, flexible und belastbare Arbeitskraft war er, so wie man sie sich eigentlich wünscht, bzw. “die Wirtschaft“ sich wünscht.
Trotzdem, nach mehr als drei Stunden Irrfahrt durch die Stadt gab er schließlich entnervt auf und schmiss ihn einfach abrupt am Rande der Stadt raus, im Niemandsland. Fahrkosten brauchte er nicht zu bezahlen, er würde das schon als “irgendwas“ Steuermilderndes absetzen, schrie er ihm mit erhobenem Arm und zur Faust geballter Hand nach.

Die eingeatmete frische Luft tat Marius zwar gut, aber er spürte schnell, dass er nicht mehr so bequem lag wie kurz zuvor auf dem bequemen Sitzpolster im Taxi. Er war auch noch ein wenig verschlafen, sein Schädel brummte und er befand sich tatsächlich liegend auf dem harten Boden wieder. Einige Steinchen piksten ihn am Hintern, sein Manuskript lag zerfleddert neben ihn am Boden, einige Seiten hatte der Wind schon durch die Luft gewirbelt . Eine dicke Staubwolke zeugte überdies vom Weggang des Taxis, ein Hustenanfall überfiel ihn, er fühlte sich elend und hätte eigentlich liebend gern weitergeschlafen.

Marius musste wohl einen Albtraum gehabt haben, es war ihm rätselhaft, wie und warum er überhaupt hierher kam und wo er sich eigentlich befand. Er fühlte sich wie ein Forscher am Ende der Welt, der gerade einen Abgrund hinuntergefallen war. Aus irgendeinem Grund musste er sich mit dem Taxifahrer angelegt haben: Das undeutliche Fahrziel? Hatte er sich erbrechen müssen? Ging es womöglich um das Fahrgeld? Keine Ahnung, der Typ hatte ihn jetzt hier abgesetzt und sich wortwörtlich aus dem Staub gemacht. Marius hustete noch ein paar Mal, raffte sich zusammen und erhob sich etwas wackelig und benommen, sammelte sein Manuskript , klopfte den Staub aus seinen Klamotten und betrachtete erst einmal die Umgebung. Zu seiner Linken war die große, laute, verpestete Stadt Frankfurt, zu seiner Rechten der schöne, stille, gesunde und noch eintrittsfreie Stadtwald. Der Tag ging bald zur Neige, er entschied, einstweilen in den dunklen Wald zu gehen, da würde er bestimmt leichter einen Verlagsmanager oder am besten eine Verlagsmanagerin finden, dachte er sich mit etwas Sarkasmus, womöglich sogar eine mit einem roten Käppchen auf dem Kopf. Er würde sie dann heroisch vorm bösen Wolf retten und sie dafür sein Manuskript aus Dankbarkeit annehmen und editieren. Genau darüber dachte Marius nach, während er ins Dickicht des Waldes hineinging, um sich dann prompt zu verirren. Sein Gesicht und seine Händen waren inzwischen völlig verkratzt und blutig wegen des immer dichter werdenden dornigen Gestrüpps.

Immer tiefer drang Marius in den dunklen Wald, und wenn nichts Neues darüber in der Bild Zeitung steht, irrt der Ärmste immer noch zwischen den hohen Bäume umher und hofft, dass ihn wenigstens ein Waldspaziergänger findet und rettet.

Wann waren Sie das letzte Mal im Wald?


******************



Danke für ihre Aufmerksamkeit.
Prof. Pinocchio
Alias Künstler Pier Giam
 
Ein Schriftsteller auf Verlagssuche


Marius schloss die Tür hinter sich, dachte nicht mehr an die Berge beschrifteten Papiers, die in seiner kleinen Wohnung überall verstreut langsam verblassten. Dabei vergaß er, seine Katze Balzac zu füttern und auch das Portemonnaie einzustecken.
Er trug stolz seine neusten Manuskript unterm Arm und machte sich, müde und in Gedanken vertieft, auf den Weg nach Frankfurt. Heute wollte er zum wiederholten Male einen Verlag für sein Werk suchen.

Er bestieg das erste beliebige Taxi, das anhielt, schmiss sich in die bequemen Polster, nuschelte sein Ziel vor sich hin: „Innenstadt, da, wo die Verlage sind“, und machte es sich auf den weichen, bequemen Hintersitzen gemütlich.
Marius schaffte es noch, seine Augen kurz offen zu halten, das gelang ihm aber nur bis zu dem ersten Ampelstopp, dann fielen sie zu und er schlief tief ein.
Er träumte, besser gesagt, er bekam richtig schlimme, böse Albträume:

Neulich in der Innenstadt, auf der Suche nach einem/r Verlagsmanager/in war er sogar auch im Puff gewesen, wo aber mittendrin eine Polizeirazzia alles sprengte, und er Eilig und nur in Unterhosen gerade so durch ein Fensterchen sich auf das Dach retten konnte. Was für ein Schreck, dachte er sich so halbnackt und frierend auf dem Dach inmitten all der Schornsteine. Auf dem Weg zu der engen, etwas verrosteten Feuerwendeltreppe rutschte und fiel neben ihm grade eine halbnackte Frau das Dach hinunter. Zwei andere flüchtende Männer stürzten wegen nachgebender, durchgerosteter Treppenstufen in die Tiefe. Es gab zum Glück keine Toten, nur ein paar Verletzte und viele Verhaftete.

Vorsichtig, auf jeden einzelnen seiner Schritte konzentriert, erreichte Marius endlich den Bürgersteig und freute sich, der Polizei entwischt zu sein, er hatte kein Bedürfnis, ihre Bekanntschaft zu machen, auch nicht die einer Zelle oder eines Vernehmungszimmers. Wer weiß überhaupt, wonach sie eigentlich auf der Suche waren. Obrigkeit mochte er generell nicht, also grundsätzlich sich immer erst aus dem Staub machen und abhauen, war sein Motto.

Außer Atem, frierend, aber glücklich, sich endlich in Sicherheit gebracht zu haben, rannte Marius durch die verschlungenen Hinterhöfe und war froh, auch sein Manuskript gerettet zu haben, fest, ganz fest klammerte er es sich unter den Arm.

Mehrmals legte er eine kurze Pause in irgendeinem Innenhof ein, erstens, um etwas Atem zu holen, zweitens, um sich nach der Wäsche umzuschauen, die da überall auf den Leinen zum Trocknen hing. Wo die Luft rein war, nahm er sich im Vorbeigehen vorsichtig von der einen oder anderen Leine einige Kleidungsstücke, er hängte nur solche ab, die er für sich und seinen Kleidungsstil für weit genug erachtete. Gefahr drohte ihm dabei nur einmal, als ein angriffslustiger Hund versuchte, mit dem Gebiss seine Unterhose zu erhaschen. Eine leichte Abwehrbewegung mit dem Fuß und sein Angstschrei reichten aus, um den Hund zu verscheuchen, zum Glück.

Auf seinem Fluchtweg zwischen den Häusern und durch die Hinterhöfe verspürte er einige neugierige auf sich gerichtete Blicke, gelangweilte Hausfrauen lehnten sich aus ihren Fenstern und warteten geduldig, endlich etwas Interessantes zu erspähen. Heute hatte er ihnen mit seinem Unterhosenauftritt unfreiwillig ein schönes Spektakel verschafft. Womöglich hatte sein halbnackter Auftritt ihnen wenigsten etwas zum Träumen geliefert, wünschte er all diesen gelangweilten Frauen da oben von Herzen.
Tatsächlich blieben sie alle belustigt und still beobachtend auf ihrer Späherposition, sie genossen interessiert und amüsiert das Spektakel, das er ihnen bot, ohne Unterhose hätte ihnen das ganze gewiss viel mehr Spaß bereitet. Am Ende seiner Suche und Stibitzerei fühlte er sich endlich wohl in den Klamotten. Er sah jetzt zwar bunt wie ein Papagei aus, hatte womöglich einige Frauensachen an sich, aber das tat nichts zur Sache, das Wetter war kalt und frostig genug, um darüber hinweg zu sehen.

Er ging zwei Straßen weiter, dann stieg er hastig und schwitzend die erste U-Bahntreppe hinunter, um seine Suche nach einem Verlag fortzuführen. Groß war seine Überraschung, als er hörte, dass der Fahrbetrieb im gesamten Stadtgebiet seit Stunden total eingestellt worden war wegen eines Dutzend Fahrradfahrern in einem der Tunnel. Jugendliche hatten sich zu einem Rennen getroffen und kamen und kamen nicht mehr aus dem Tunnel heraus.
Ein Riesenpolizeiaufgebot wartete schon ungeduldig auf sie.

In einem anderen Tunnel waren zwei Großfamilien samt mehrerer Kinder und Haustiere beim Picknicken.

Mit Verwunderung glaubte er, auch gehört zu haben, dass mitten in einem weiteren Tunnel sogar Hunderte von Leuten bei der improvisierten Darbietung eines unternehmungslustige Straßenmusikanten am Toben und Klatschen waren. Extasy und Antidepress machten die Runde, lustigen Zeiten. Um den Verkauf von Speis und Trank auf diesem \"Konzert\" stritten sich jede Menge fliegender Händler mit einer ganzen Armada von Vertretern und Abgesandten von McDonalds & Co., getrieben von ihrer Spürnase für jegliche noch unerschlossene, neue Absatzmärkte. Letzteren lief bei dem Gedanken an die möglichen Einnahmen schon das Wasser im Mund zusammen. Sie kämpften um den Platz, bewarfen sich gegenseitig vehement und ununterbrochen mit fettigen Pommes, verbrannten Chicken Nuggets, heiße Buletten prasselten aus allen Richtungen, Broiler flogen den Tunnel entlang, lauwarme Cheeseburger klatschten an die Decke, scharfer Kebab landeten zwischen den Gleisen, alle Haare waren voller Spaghetti, und Currywürste schossen wie Raketen umher. Die zahlreichen Untergrund-Ratten schauten sich aus ihren Schlupfwinkeln belustigt und dankbar die Szenerie an und freuten sich um so mehr auf das kommende Festmahl.

Na ja, Marius hörte sich das ganze gar nicht weiter an und verließ notgedrungenerweise wieder die U-Bahn in Richtung Mainufer, um so schneller zu Fuß in die Innenstadt zu gelangen. Es dauerte aber nicht lange und er wechselte unfreiwillig sein Fortbewegungsmittel. Vor der Finanzkrise flüchtende Banker samt Köfferchen, Laptop, Schnuller im Mund und Playboy unter Arm verursachten bei ihrer Flucht einen solchen Wirbelwind, dass er direkt und ohne Umschweife brutal in den Main katapultiert wurde. Er landete im kalten Wasser und die gewaltige Strömung nahm ihn in ihre Gewalt. Die Wellen schüttelten und schmissen ihn in alle Richtungen, zogen ihn in die Tiefe und dann wieder in die Höhe. Dabei verlor er ständig die Orientierung, wusste für Augenblicke nicht mehr, in welcher Lage er sich befand, oben, unten, rechts oder links, der Horizont war verschwunden.

Langsam aber sicher musste er jetzt versuchen, seinen Weg schwimmend fortzuführen. Danke!, Schwimmend !, „Ich kann doch gar nicht schwimmen !!!“, dachte er nach der erste Schrecksekunde voller Entsetzen.

Er schrie und schrie um Hilfe. Die Strömung spülte ihn über all hin und war nicht gewillt, seinen Körper so leicht aus ihren Fängen freizulassen. Er schrie und schrie trotzdem weiter, ohne Unterbrechung. Obwohl mehrere Passanten und Spaziergänger am Ufer waren, bemerkte ihn keiner. Er trank dabei einiges an Mainwasser, das wie Politik schmeckte: abgestanden und lebensgefährlich.

Seine immer leiser werdenden Hilfeschreie wurden endlich, letztendlich und tatsächlich von einem gerade über der Stadt fliegenden Piloten eines Airbus A380 gehört, hoch, hoch oben am Himmel, bestimmt 10.000 km weit.
Der gute, aufmerksame und hilfsbereite Pilot flachste nicht lange, stürzte sich mit seiner Riesenmaschine im Blindflug hinab, und mit einem halsbrecherischen Manöver zwischen den Hochhäusern Frankfurts schaffte er es, dass eine junge hübsche Stewardess ihm einen Fallschirm aus dem Flugzeug zuwerfen konnte, eine Probezeitschrift schmiss sie noch hinzu. Diese apokalyptische Szene, die dröhnenden Rolls-Royce Motoren und die laut heulenden und sich drehenden Propeller, verursachte zum Glück eine solche Aufmerksamkeit, so dass ein am Stock langsam auf Ufer vorbeigehender 85-jährige Spaziergänger seinen gesenkte Kopf hochhob. Er riss sich blitzschnell von seiner 93-jährigen Gattin los und sprang in den Main, um den wertvollen Fallschirm zu bergen. Gut, dass der arme Schriftsteller sich fest an den Fallschirm festangeklammert hatte, so wurde er dabei mit gerettet, sehr banal aber erfolgreich. Der völlig aufgelösten, schreienden und weinenden Gattin seines Retters in spe schenkte er als Dankeschön die Bushido CDs, die er aus dem Puff mitgehen lassen hatte. Die arme Frau fiel daraufhin augenblicklich zu Boden und wurde bewusstlos. Gar nicht so falsch, so hatten auch die Sanitäter aus den verschiedenen Rettungswagen Arbeit und Beschäftigung und retteten sie. Marius wollte nicht mehr, konnte nicht mehr und rannte los.

Jetzt hatte er aber die Faxen dicke, wo sind die Verlage, gibt es überhaupt welche? Er hielt erneut ein vorbeifahrendes Taxi an, um sich endlich ins “Zentrum“, wo einige Verlage residierten, fahren zu lassen.
Der nette Fahrer wusste zwar nicht genau, wo sich diese genau befinden sollten, war aber willig und nach besten Kräften bemüht, sein Wunschziel zu finden. Eine gute, flexible und belastbare Arbeitskraft war er, so wie man sie sich eigentlich wünscht, bzw. “die Wirtschaft“ sich wünscht.
Trotzdem, nach mehr als drei Stunden Irrfahrt durch die Stadt gab er schließlich entnervt auf und schmiss ihn einfach abrupt am Rande der Stadt raus, im Niemandsland. Fahrkosten brauchte er nicht zu bezahlen, er würde das schon als “irgendwas“ Steuermilderndes absetzen, schrie er ihm mit erhobenem Arm und zur Faust geballter Hand nach.

Die eingeatmete frische Luft tat Marius zwar gut, aber er spürte schnell, dass er nicht mehr so bequem lag wie kurz zuvor auf dem bequemen Sitzpolster im Taxi. Er war auch noch ein wenig verschlafen, sein Schädel brummte und er befand sich tatsächlich liegend auf dem harten Boden wieder. Einige Steinchen piksten ihn am Hintern, sein Manuskript lag zerfleddert neben ihn am Boden, einige Seiten hatte der Wind schon durch die Luft gewirbelt . Eine dicke Staubwolke zeugte überdies vom Weggang des Taxis, ein Hustenanfall überfiel ihn, er fühlte sich elend und hätte eigentlich liebend gern weitergeschlafen.

Marius musste wohl einen Albtraum gehabt haben, es war ihm rätselhaft, wie und warum er überhaupt hierher kam und wo er sich eigentlich befand. Er fühlte sich wie ein Forscher am Ende der Welt, der gerade einen Abgrund hinuntergefallen war. Aus irgendeinem Grund musste er sich mit dem Taxifahrer angelegt haben: Das undeutliche Fahrziel? Hatte er sich erbrechen müssen? Ging es womöglich um das Fahrgeld? Keine Ahnung, der Typ hatte ihn jetzt hier abgesetzt und sich wortwörtlich aus dem Staub gemacht. Marius hustete noch ein paar Mal, raffte sich zusammen und erhob sich etwas wackelig und benommen, sammelte sein Manuskript , klopfte den Staub aus seinen Klamotten und betrachtete erst einmal die Umgebung. Zu seiner Linken war die große, laute, verpestete Stadt Frankfurt, zu seiner Rechten der schöne, stille, gesunde und noch eintrittsfreie Stadtwald. Der Tag ging bald zur Neige, er entschied, einstweilen in den dunklen Wald zu gehen, da würde er bestimmt leichter einen Verlagsmanager oder am besten eine Verlagsmanagerin finden, dachte er sich mit etwas Sarkasmus, womöglich sogar eine mit einem roten Käppchen auf dem Kopf. Er würde sie dann heroisch vorm bösen Wolf retten und sie dafür sein Manuskript aus Dankbarkeit annehmen und editieren. Genau darüber dachte Marius nach, während er ins Dickicht des Waldes hineinging, um sich dann prompt zu verirren. Sein Gesicht und seine Händen waren inzwischen völlig verkratzt und blutig wegen des immer dichter werdenden dornigen Gestrüpps.

Immer tiefer drang Marius in den dunklen Wald, und wenn nichts Neues darüber in der Bild Zeitung steht, irrt der Ärmste immer noch zwischen den hohen Bäume umher und hofft, dass ihn wenigstens ein Waldspaziergänger findet und rettet.

Wann waren Sie das letzte Mal im Wald?


******************



Danke für ihre Aufmerksamkeit.
Prof. Pinocchio
Alias Künstler Pier Giam
 
Ein Schriftsteller auf Verlagssuche


Marius schloss die Tür hinter sich, dachte nicht mehr an die Berge beschrifteten Papiers, die in seiner kleinen Wohnung überall verstreut langsam verblassten. Dabei vergaß er, seine Katze Balzac zu füttern und auch das Portemonnaie einzustecken.
Er trug stolz seine neusten Manuskript unterm Arm und machte sich, müde und in Gedanken vertieft, auf den Weg nach Frankfurt. Heute wollte er zum wiederholten Male einen Verlag für sein Werk suchen.

Er bestieg das erste beliebige Taxi, das anhielt, schmiss sich in die bequemen Polster, nuschelte sein Ziel vor sich hin: „Innenstadt, da, wo die Verlage sind“, und machte es sich auf den weichen, bequemen Hintersitzen gemütlich.
Marius schaffte es noch, seine Augen kurz offen zu halten, das gelang ihm aber nur bis zu dem ersten Ampelstopp, dann fielen sie zu und er schlief tief ein.
Er träumte, besser gesagt, er bekam richtig schlimme, böse Albträume:

Neulich in der Innenstadt, auf der Suche nach einem/r Verlagsmanager/in war er sogar auch im Puff gewesen, wo aber mittendrin eine Polizeirazzia alles sprengte, und er Eilig und nur in Unterhosen gerade so durch ein Fensterchen sich auf das Dach retten konnte. Was für ein Schreck, dachte er sich, halbnackt und frierend, so inmitten all der Schornsteine. Auf dem Weg zu der engen, etwas verrosteten Feuerwendeltreppe rutschte und fiel neben ihm grade eine halbnackte Frau das Dach hinunter. Zwei andere flüchtende Männer stürzten wegen nachgebender, durchgerosteter Treppenstufen in die Tiefe. Es gab zum Glück keine Toten, nur ein paar Verletzte und viele Verhaftete.

Vorsichtig, auf jeden einzelnen seiner Schritte konzentriert, erreichte Marius endlich den Bürgersteig und freute sich, der Polizei entwischt zu sein, er hatte kein Bedürfnis, ihre Bekanntschaft zu machen, auch nicht die einer Zelle oder eines Vernehmungszimmers. Wer weiß überhaupt, wonach sie eigentlich auf der Suche waren. Obrigkeit mochte er generell nicht, also grundsätzlich sich immer erst aus dem Staub machen und abhauen, war sein Motto.

Außer Atem, frierend, aber glücklich, sich endlich in Sicherheit gebracht zu haben, rannte Marius durch die verschlungenen Hinterhöfe und war froh, auch sein Manuskript gerettet zu haben, fest, ganz fest klammerte er es sich unter den Arm.

Mehrmals legte er eine kurze Pause in irgendeinem Innenhof ein, erstens, um etwas Atem zu holen, zweitens, um sich nach der Wäsche umzuschauen, die da überall auf den Leinen zum Trocknen hing. Wo die Luft rein war, nahm er sich im Vorbeigehen vorsichtig von der einen oder anderen Leine einige Kleidungsstücke, er hängte nur solche ab, die er für sich und seinen Kleidungsstil für weit genug erachtete. Gefahr drohte ihm dabei nur einmal, als ein angriffslustiger Hund versuchte, mit dem Gebiss seine Unterhose zu erhaschen. Eine leichte Abwehrbewegung mit dem Fuß und sein Angstschrei reichten aus, um den Hund zu verscheuchen, zum Glück.

Auf seinem Fluchtweg zwischen den Häusern und durch die Hinterhöfe verspürte er einige neugierige auf sich gerichtete Blicke, gelangweilte Hausfrauen lehnten sich aus ihren Fenstern und warteten geduldig, endlich etwas Interessantes zu erspähen. Heute hatte er ihnen mit seinem Unterhosenauftritt unfreiwillig ein schönes Spektakel verschafft. Womöglich hatte sein halbnackter Auftritt ihnen wenigsten etwas zum Träumen geliefert, wünschte er all diesen gelangweilten Frauen da oben von Herzen.
Tatsächlich blieben sie alle belustigt und still beobachtend auf ihrer Späherposition, sie genossen interessiert und amüsiert das Spektakel, das er ihnen bot, ohne Unterhose hätte ihnen das ganze gewiss viel mehr Spaß bereitet. Am Ende seiner Suche und Stibitzerei fühlte er sich endlich wohl in den Klamotten. Er sah jetzt zwar bunt wie ein Papagei aus, hatte womöglich einige Frauensachen an sich, aber das tat nichts zur Sache, das Wetter war kalt und frostig genug, um darüber hinweg zu sehen.

Er ging zwei Straßen weiter, dann stieg er hastig und schwitzend die erste U-Bahntreppe hinunter, um seine Suche nach einem Verlag fortzuführen. Groß war seine Überraschung, als er hörte, dass der Fahrbetrieb im gesamten Stadtgebiet seit Stunden total eingestellt worden war wegen eines Dutzend Fahrradfahrern in einem der Tunnel. Jugendliche hatten sich zu einem Rennen getroffen und kamen und kamen nicht mehr aus dem Tunnel heraus.
Ein Riesenpolizeiaufgebot wartete schon ungeduldig auf sie.

In einem anderen Tunnel waren zwei Großfamilien samt mehrerer Kinder und Haustiere beim Picknicken.

Mit Verwunderung glaubte er, auch gehört zu haben, dass mitten in einem weiteren Tunnel sogar Hunderte von Leuten bei der improvisierten Darbietung eines unternehmungslustige Straßenmusikanten am Toben und Klatschen waren. Extasy und Antidepress machten die Runde, lustigen Zeiten. Um den Verkauf von Speis und Trank auf diesem \"Konzert\" stritten sich jede Menge fliegender Händler mit einer ganzen Armada von Vertretern und Abgesandten von McDonalds & Co., getrieben von ihrer Spürnase für jegliche noch unerschlossene, neue Absatzmärkte. Letzteren lief bei dem Gedanken an die möglichen Einnahmen schon das Wasser im Mund zusammen. Sie kämpften um den Platz, bewarfen sich gegenseitig vehement und ununterbrochen mit fettigen Pommes, verbrannten Chicken Nuggets, heiße Buletten prasselten aus allen Richtungen, Broiler flogen den Tunnel entlang, lauwarme Cheeseburger klatschten an die Decke, scharfer Kebab landeten zwischen den Gleisen, alle Haare waren voller Spaghetti, und Currywürste schossen wie Raketen umher. Die zahlreichen Untergrund-Ratten schauten sich aus ihren Schlupfwinkeln belustigt und dankbar die Szenerie an und freuten sich um so mehr auf das kommende Festmahl.

Na ja, Marius hörte sich das ganze gar nicht weiter an und verließ notgedrungenerweise wieder die U-Bahn in Richtung Mainufer, um so schneller zu Fuß in die Innenstadt zu gelangen. Es dauerte aber nicht lange und er wechselte unfreiwillig sein Fortbewegungsmittel. Vor der Finanzkrise flüchtende Banker samt Köfferchen, Laptop, Schnuller im Mund und Playboy unter Arm verursachten bei ihrer Flucht einen solchen Wirbelwind, dass er direkt und ohne Umschweife brutal in den Main katapultiert wurde. Er landete im kalten Wasser und die gewaltige Strömung nahm ihn in ihre Gewalt. Die Wellen schüttelten und schmissen ihn in alle Richtungen, zogen ihn in die Tiefe und dann wieder in die Höhe. Dabei verlor er ständig die Orientierung, wusste für Augenblicke nicht mehr, in welcher Lage er sich befand, oben, unten, rechts oder links, der Horizont war verschwunden.

Langsam aber sicher musste er jetzt versuchen, seinen Weg schwimmend fortzuführen. Danke!, Schwimmend !, „Ich kann doch gar nicht schwimmen !!!“, dachte er nach der erste Schrecksekunde voller Entsetzen.

Er schrie und schrie um Hilfe. Die Strömung spülte ihn über all hin und war nicht gewillt, seinen Körper so leicht aus ihren Fängen freizulassen. Er schrie und schrie trotzdem weiter, ohne Unterbrechung. Obwohl mehrere Passanten und Spaziergänger am Ufer waren, bemerkte ihn keiner. Er trank dabei einiges an Mainwasser, das wie Politik schmeckte: abgestanden und lebensgefährlich.

Seine immer leiser werdenden Hilfeschreie wurden endlich, letztendlich und tatsächlich von einem gerade über der Stadt fliegenden Piloten eines Airbus A380 gehört, hoch, hoch oben am Himmel, bestimmt 10.000 km weit.
Der gute, aufmerksame und hilfsbereite Pilot flachste nicht lange, stürzte sich mit seiner Riesenmaschine im Blindflug hinab, und mit einem halsbrecherischen Manöver zwischen den Hochhäusern Frankfurts schaffte er es, dass eine junge hübsche Stewardess ihm einen Fallschirm aus dem Flugzeug zuwerfen konnte, eine Probezeitschrift schmiss sie noch hinzu. Diese apokalyptische Szene, die dröhnenden Rolls-Royce Motoren und die laut heulenden und sich drehenden Propeller, verursachte zum Glück eine solche Aufmerksamkeit, so dass ein am Stock langsam auf Ufer vorbeigehender 85-jährige Spaziergänger seinen gesenkte Kopf hochhob. Er riss sich blitzschnell von seiner 93-jährigen Gattin los und sprang in den Main, um den wertvollen Fallschirm zu bergen. Gut, dass der arme Schriftsteller sich fest an den Fallschirm festangeklammert hatte, so wurde er dabei mit gerettet, sehr banal aber erfolgreich. Der völlig aufgelösten, schreienden und weinenden Gattin seines Retters in spe schenkte er als Dankeschön die Bushido CDs, die er aus dem Puff mitgehen lassen hatte. Die arme Frau fiel daraufhin augenblicklich zu Boden und wurde bewusstlos. Gar nicht so falsch, so hatten auch die Sanitäter aus den verschiedenen Rettungswagen Arbeit und Beschäftigung und retteten sie. Marius wollte nicht mehr, konnte nicht mehr und rannte los.

Jetzt hatte er aber die Faxen dicke, wo sind die Verlage, gibt es überhaupt welche? Er hielt erneut ein vorbeifahrendes Taxi an, um sich endlich ins “Zentrum“, wo einige Verlage residierten, fahren zu lassen.
Der nette Fahrer wusste zwar nicht genau, wo sich diese genau befinden sollten, war aber willig und nach besten Kräften bemüht, sein Wunschziel zu finden. Eine gute, flexible und belastbare Arbeitskraft war er, so wie man sie sich eigentlich wünscht, bzw. “die Wirtschaft“ sich wünscht.
Trotzdem, nach mehr als drei Stunden Irrfahrt durch die Stadt gab er schließlich entnervt auf und schmiss ihn einfach abrupt am Rande der Stadt raus, im Niemandsland. Fahrkosten brauchte er nicht zu bezahlen, er würde das schon als “irgendwas“ Steuermilderndes absetzen, schrie er ihm mit erhobenem Arm und zur Faust geballter Hand nach.

Die eingeatmete frische Luft tat Marius zwar gut, aber er spürte schnell, dass er nicht mehr so bequem lag wie kurz zuvor auf dem bequemen Sitzpolster im Taxi. Er war auch noch ein wenig verschlafen, sein Schädel brummte und er befand sich tatsächlich liegend auf dem harten Boden wieder. Einige Steinchen piksten ihn am Hintern, sein Manuskript lag zerfleddert neben ihn am Boden, einige Seiten hatte der Wind schon durch die Luft gewirbelt . Eine dicke Staubwolke zeugte überdies vom Weggang des Taxis, ein Hustenanfall überfiel ihn, er fühlte sich elend und hätte eigentlich liebend gern weitergeschlafen.

Marius musste wohl einen Albtraum gehabt haben, es war ihm rätselhaft, wie und warum er überhaupt hierher kam und wo er sich eigentlich befand. Er fühlte sich wie ein Forscher am Ende der Welt, der gerade einen Abgrund hinuntergefallen war. Aus irgendeinem Grund musste er sich mit dem Taxifahrer angelegt haben: Das undeutliche Fahrziel? Hatte er sich erbrechen müssen? Ging es womöglich um das Fahrgeld? Keine Ahnung, der Typ hatte ihn jetzt hier abgesetzt und sich wortwörtlich aus dem Staub gemacht. Marius hustete noch ein paar Mal, raffte sich zusammen und erhob sich etwas wackelig und benommen, sammelte sein Manuskript , klopfte den Staub aus seinen Klamotten und betrachtete erst einmal die Umgebung. Zu seiner Linken war die große, laute, verpestete Stadt Frankfurt, zu seiner Rechten der schöne, stille, gesunde und noch eintrittsfreie Stadtwald. Der Tag ging bald zur Neige, er entschied, einstweilen in den dunklen Wald zu gehen, da würde er bestimmt leichter einen Verlagsmanager oder am besten eine Verlagsmanagerin finden, dachte er sich mit etwas Sarkasmus, womöglich sogar eine mit einem roten Käppchen auf dem Kopf. Er würde sie dann heroisch vorm bösen Wolf retten und sie dafür sein Manuskript aus Dankbarkeit annehmen und editieren. Genau darüber dachte Marius nach, während er ins Dickicht des Waldes hineinging, um sich dann prompt zu verirren. Sein Gesicht und seine Händen waren inzwischen völlig verkratzt und blutig wegen des immer dichter werdenden dornigen Gestrüpps.

Immer tiefer drang Marius in den dunklen Wald, und wenn nichts Neues darüber in der Bild Zeitung steht, irrt der Ärmste immer noch zwischen den hohen Bäume umher und hofft, dass ihn wenigstens ein Waldspaziergänger findet und rettet.

Wann waren Sie das letzte Mal im Wald?


******************



Danke für ihre Aufmerksamkeit.
Prof. Pinocchio
Alias Künstler Pier Giam
 
Liebe Herbstblatt,

Liebe Herbstblatt,
danke für deine nette Worten.

Na ja, der Schluss etwas zu abrupt?

Stimmt, Bravo und richtig erkannt.
Danach kommen eigentlich noch ca. 450 Seiten.
Schau auf meine HP unter NEWS da steht
das Exposé vom Buch den ich gerade schreibe.

Ciao und Danke
Prof. Pinocchio
 
Ein Schriftsteller auf Verlagssuche


Marius schloss die Tür hinter sich, dachte nicht mehr an die Berge beschrifteten Papiers, die in seiner kleinen Wohnung überall verstreut langsam verblassten. Dabei vergaß er, seine Katze Balzac zu füttern und auch das Portemonnaie einzustecken.
Er trug stolz seine neusten Manuskript unterm Arm und machte sich, müde und in Gedanken vertieft, auf den Weg nach Frankfurt. Heute wollte er zum wiederholten Male einen Verlag für sein Werk suchen.

Er bestieg das erste beliebige Taxi, das anhielt, schmiss sich in die bequemen Polster, nuschelte sein Ziel vor sich hin: „Innenstadt, da, wo die Verlage sind“, und machte es sich auf den weichen, bequemen Hintersitzen gemütlich.
Marius schaffte es noch, seine Augen kurz offen zu halten, das gelang ihm aber nur bis zu dem ersten Ampelstopp, dann fielen sie zu und er schlief tief ein.
Er träumte, besser gesagt, er bekam richtig schlimme, böse Albträume:

Neulich in der Innenstadt, auf der Suche nach einem/r Verlagsmanager/in war er sogar auch im Puff gewesen, wo aber mittendrin eine Polizeirazzia alles sprengte, und er Eilig und nur in Unterhosen gerade so durch ein Fensterchen sich auf das Dach retten konnte. Was für ein Schreck, dachte er sich, halbnackt und frierend, so inmitten all der Schornsteine. Auf dem Weg zu der engen, etwas verrosteten Feuerwendeltreppe rutschte und fiel neben ihm grade eine halbnackte Frau das Dach hinunter. Zwei andere flüchtende nackte Männer stürzten wegen nachgebender, durchgerosteter Treppenstufen in die Tiefe. Es gab zum Glück keine Toten, nur ein paar Verletzte und viele Verhaftete.

Vorsichtig, auf jeden einzelnen seiner Schritte konzentriert, erreichte Marius endlich den Bürgersteig und freute sich, der Polizei entwischt zu sein, er hatte kein Bedürfnis, ihre Bekanntschaft zu machen, auch nicht die einer Zelle oder eines Vernehmungszimmers. Wer weiß überhaupt, wonach sie eigentlich auf der Suche waren. Obrigkeit mochte er generell nicht, also grundsätzlich sich immer erst aus dem Staub machen und abhauen, war sein Motto.

Außer Atem, frierend, aber glücklich, sich endlich in Sicherheit gebracht zu haben, rannte Marius durch die verschlungenen Hinterhöfe und war froh, auch sein Manuskript gerettet zu haben, fest, ganz fest klammerte er es sich unter den Arm.

Mehrmals legte er eine kurze Pause in irgendeinem Innenhof ein, erstens, um etwas Atem zu holen, zweitens, um sich nach der Wäsche umzuschauen, die da überall auf den Leinen zum Trocknen hingen. Wo die Luft rein war, nahm er sich im Vorbeigehen vorsichtig von der einen oder anderen Leine einige Kleidungsstücke, er hängte nur solche ab, die er für sich und seinen Kleidungsstil für weit genug erachtete. Gefahr drohte ihm dabei nur einmal, als ein angriffslustiger Hund versuchte, mit dem Gebiss seine Unterhose zu erhaschen. Eine leichte Abwehrbewegung mit dem Fuß und sein Angstschrei reichten aus, um den Hund zu verscheuchen, zum Glück.

Auf seinem Fluchtweg zwischen den Häusern und durch die Hinterhöfe verspürte er einige neugierige auf sich gerichtete Blicke, gelangweilte Hausfrauen lehnten sich aus ihren Fenstern und warteten geduldig, endlich etwas Interessantes zu erspähen. Heute hatte er ihnen mit seinem Unterhosenauftritt unfreiwillig ein schönes Spektakel verschafft. Womöglich hatte sein halbnackter Auftritt ihnen wenigsten etwas zum Träumen geliefert, wünschte er all diesen gelangweilten Frauen da oben von Herzen.
Tatsächlich blieben sie alle belustigt und still beobachtend auf ihrer Späherposition, sie genossen interessiert und amüsiert das Spektakel, das er ihnen bot, ohne Unterhose hätte ihnen das ganze gewiss viel mehr Spaß bereitet. Am Ende seiner Suche und Stibitzerei fühlte er sich endlich wohl in den Klamotten. Er sah jetzt zwar bunt wie ein Papagei aus, hatte womöglich einige Frauensachen an sich, aber das tat nichts zur Sache, das Wetter war kalt und frostig genug, um darüber hinweg zu sehen.

Er ging zwei Straßen weiter, dann stieg er hastig und schwitzend die erste U-Bahntreppe hinunter, um seine Suche nach einem Verlag fortzuführen. Groß war seine Überraschung, als er hörte, dass der Fahrbetrieb im gesamten Stadtgebiet seit Stunden total eingestellt worden war wegen eines Dutzend Fahrradfahrern in einem der Tunnel. Jugendliche hatten sich zu einem Rennen getroffen und kamen und kamen nicht mehr aus dem Tunnel heraus.
Ein Riesenpolizeiaufgebot wartete schon ungeduldig auf sie.

In einem anderen Tunnel waren zwei Großfamilien samt mehrerer Kinder und Haustiere beim Picknicken.

Mit Verwunderung glaubte er, auch gehört zu haben, dass mitten in einem weiteren Tunnel sogar Hunderte von Leuten bei der improvisierten Darbietung eines unternehmungslustige Straßenmusikanten am Toben und Klatschen waren. Extasy und Antidepress machten die Runde, lustigen Zeiten. Um den Verkauf von Speis und Trank auf diesem \"Konzert\" stritten sich jede Menge fliegender Händler mit einer ganzen Armada von Vertretern und Abgesandten von McDonalds & Co., getrieben von ihrer Spürnase für jegliche noch unerschlossene, neue Absatzmärkte. Letzteren lief bei dem Gedanken an die möglichen Einnahmen schon das Wasser im Mund zusammen. Sie kämpften um den Platz, bewarfen sich gegenseitig vehement und ununterbrochen mit fettigen Pommes, verbrannten Chicken Nuggets, heiße Buletten prasselten aus allen Richtungen, Broiler flogen den Tunnel entlang, lauwarme Cheeseburger klatschten an die Decke, scharfer Kebab landeten zwischen den Gleisen, alle Haare waren voller Spaghetti, und Currywürste schossen wie Raketen umher. Die zahlreichen Untergrund-Ratten schauten sich aus ihren Schlupfwinkeln belustigt und dankbar die Szenerie an und freuten sich um so mehr auf das kommende Festmahl.

Na ja, Marius hörte sich das ganze gar nicht weiter an und verließ notgedrungenerweise wieder die U-Bahn in Richtung Mainufer, um so schneller zu Fuß in die Innenstadt zu gelangen. Es dauerte aber nicht lange und er wechselte unfreiwillig sein Fortbewegungsmittel. Vor der Finanzkrise flüchtende Banker samt Köfferchen, Laptop, Schnuller im Mund und Playboy unter Arm verursachten bei ihrer Flucht einen solchen Wirbelwind, dass er direkt und ohne Umschweife brutal in den Main katapultiert wurde. Er landete im kalten Wasser und die gewaltige Strömung nahm ihn in ihre Gewalt. Die Wellen schüttelten und schmissen ihn in alle Richtungen, zogen ihn in die Tiefe und dann wieder in die Höhe. Dabei verlor er ständig die Orientierung, wusste für Augenblicke nicht mehr, in welcher Lage er sich befand, oben, unten, rechts oder links, der Horizont war verschwunden.

Langsam aber sicher musste er jetzt versuchen, seinen Weg schwimmend fortzuführen. Danke!, Schwimmend !, „Ich kann doch gar nicht schwimmen !!!“, dachte er nach der erste Schrecksekunde voller Entsetzen.

Er schrie und schrie um Hilfe. Die Strömung spülte ihn über all hin und war nicht gewillt, seinen Körper so leicht aus ihren Fängen freizulassen. Er schrie und schrie trotzdem weiter, ohne Unterbrechung.
Obwohl mehrere Passanten und Spaziergänger am Ufer waren, bemerkte ihn keiner. Er trank dabei einiges an Mainwasser, das wie Politik schmeckte: abgestanden und lebensgefährlich.

Seine immer leiser werdenden Hilfeschreie wurden endlich, letztendlich und tatsächlich von einem gerade über der Stadt fliegenden Piloten eines Airbus A380 gehört, hoch, hoch oben am Himmel, bestimmt 10.000 km weit.
Der gute, aufmerksame und hilfsbereite Pilot flachste nicht lange, stürzte sich mit seiner Riesenmaschine im Blindflug hinab, und mit einem halsbrecherischen Manöver zwischen den Hochhäusern Frankfurts schaffte er es, dass eine junge hübsche Stewardess ihm einen Fallschirm aus dem Flugzeug zuwerfen konnte, eine Probezeitschrift schmiss sie noch hinzu. Diese apokalyptische Szene, die dröhnenden Rolls-Royce Motoren und die laut heulenden und sich drehenden Propeller, verursachte zum Glück eine solche Aufmerksamkeit, so dass ein am Stock langsam auf Ufer vorbeigehender 85-jährige Spaziergänger seinen gesenkte Kopf hochhob. Er riss sich blitzschnell von seiner 93-jährigen Gattin los und sprang in den Main, um den wertvollen Fallschirm zu bergen. Gut, dass der arme Schriftsteller sich fest an den Fallschirm festangeklammert hatte, so wurde er dabei mit gerettet, sehr banal aber erfolgreich. Der völlig aufgelösten, schreienden und weinenden Gattin seines Retters in spe schenkte er als Dankeschön die Bushido CDs, die er aus dem Puff mitgehen lassen hatte. Die arme Frau fiel daraufhin augenblicklich zu Boden und wurde bewusstlos. Gar nicht so falsch, so hatten auch die Sanitäter aus den verschiedenen Rettungswagen Arbeit und Beschäftigung und retteten sie.
Marius wollte nicht mehr, konnte nicht mehr und rannte los.

Jetzt hatte er aber die Faxen dicke, wo sind die Verlage, gibt es überhaupt welche? Er hielt erneut ein vorbeifahrendes Taxi an, um sich endlich ins “Zentrum“, wo einige Verlage residierten, fahren zu lassen.
Der nette Fahrer wusste zwar nicht genau, wo sich diese genau befinden sollten, war aber willig und nach besten Kräften bemüht, sein Wunschziel zu finden. Eine gute, flexible und belastbare Arbeitskraft war er, so wie man sie sich eigentlich wünscht, bzw. “die Wirtschaft“ sich wünscht.
Trotzdem, nach mehr als drei Stunden Irrfahrt durch die Stadt gab er schließlich entnervt auf und schmiss ihn einfach abrupt am Rande der Stadt raus, im Niemandsland. Fahrkosten brauchte er nicht zu bezahlen, er würde das schon als “irgendwas“ Steuermilderndes absetzen, schrie er ihm mit erhobenem Arm und zur Faust geballter Hand nach.

Die eingeatmete frische Luft tat Marius zwar gut, aber er spürte schnell, dass er nicht mehr so bequem lag wie kurz zuvor auf dem bequemen Sitzpolster im Taxi. Er war auch noch ein wenig verschlafen, sein Schädel brummte und er befand sich tatsächlich liegend auf dem harten Boden wieder. Einige Steinchen piksten ihn am Hintern, sein Manuskript lag zerfleddert neben ihn am Boden, einige Seiten hatte der Wind schon durch die Luft gewirbelt . Eine dicke Staubwolke zeugte überdies vom Weggang des Taxis, ein Hustenanfall überfiel ihn, er fühlte sich elend und hätte eigentlich liebend gern weitergeschlafen.

Marius musste wohl einen Albtraum gehabt haben, es war ihm rätselhaft, wie und warum er überhaupt hierher kam und wo er sich eigentlich befand. Er fühlte sich wie ein Forscher am Ende der Welt, der gerade einen Abgrund hinuntergefallen war. Aus irgendeinem Grund musste er sich mit dem Taxifahrer angelegt haben: Das undeutliche Fahrziel? Hatte er sich erbrechen müssen? Ging es womöglich um das Fahrgeld? Keine Ahnung, der Typ hatte ihn jetzt hier abgesetzt und sich wortwörtlich aus dem Staub gemacht. Marius hustete noch ein paar Mal, raffte sich zusammen und erhob sich etwas wackelig und benommen, sammelte sein Manuskript , klopfte den Staub aus seinen Klamotten und betrachtete erst einmal die Umgebung. Zu seiner Linken war die große, laute, verpestete Stadt Frankfurt, zu seiner Rechten der schöne, stille, gesunde und noch eintrittsfreie Stadtwald. Der Tag ging bald zur Neige, er entschied, einstweilen in den dunklen Wald zu gehen, da würde er bestimmt leichter einen Verlagsmanager oder am besten eine Verlagsmanagerin finden, dachte er sich mit etwas Sarkasmus, womöglich sogar eine mit einem roten Käppchen auf dem Kopf. Er würde sie dann heroisch vorm bösen Wolf retten und sie dafür sein Manuskript aus Dankbarkeit annehmen und editieren. Genau darüber dachte Marius nach, während er ins Dickicht des Waldes hineinging, um sich dann prompt zu verirren. Sein Gesicht und seine Händen waren inzwischen völlig verkratzt und blutig wegen des immer dichter werdenden dornigen Gestrüpps.

Immer tiefer drang Marius in den dunklen Wald, und wenn nichts Neues darüber in der Bild Zeitung steht, irrt der Ärmste immer noch zwischen den hohen Bäume umher und hofft, dass ihn wenigstens ein Waldspaziergänger findet und rettet.

Wann waren Sie das letzte Mal im Wald?


******************



Danke für ihre Aufmerksamkeit.
Prof. Pinocchio
Alias Künstler Pier Giam
 
Ein Schriftsteller auf Verlagssuche


Marius schloss die Tür hinter sich, dachte nicht mehr an die Berge beschrifteten Papiers, die in seiner kleinen Wohnung überall verstreut langsam verblassten. Dabei vergaß er, seine Katze Balzac zu füttern und auch das Portemonnaie einzustecken.
Er trug stolz seine neusten Manuskript unterm Arm und machte sich, müde und in Gedanken vertieft, auf den Weg nach Frankfurt. Heute wollte er zum wiederholten Male einen Verlag für sein Werk suchen.

Er bestieg das erste beliebige Taxi, das anhielt, schmiss sich in die bequemen Polster, nuschelte sein Ziel vor sich hin: „Innenstadt, da, wo die Verlage sind“, und machte es sich auf den weichen, bequemen Hintersitzen gemütlich.
Marius schaffte es noch, seine Augen kurz offen zu halten, das gelang ihm aber nur bis zu dem ersten Ampelstopp, dann fielen sie zu und er schlief tief ein.
Er träumte, besser gesagt, er bekam richtig schlimme, böse Albträume:

Neulich in der Innenstadt, auf der Suche nach einem/r Verlagsmanager/in war er sogar auch im Puff gewesen, wo aber mittendrin eine Polizeirazzia alles sprengte, und er Eilig und nur in Unterhosen gerade so durch ein Fensterchen sich auf das Dach retten konnte. Was für ein Schreck, dachte er sich, halbnackt und frierend, so inmitten all der Schornsteine. Auf dem Weg zu der engen, etwas verrosteten Feuerwendeltreppe rutschte und fiel neben ihm grade eine halbnackte Frau das Dach hinunter. Zwei andere flüchtende nackte Männer stürzten wegen nachgebender, durchgerosteter Treppenstufen in die Tiefe. Es gab zum Glück keine Toten, nur ein paar Verletzte und viele Verhaftete.

Vorsichtig, auf jeden einzelnen seiner Schritte konzentriert, erreichte Marius endlich den Bürgersteig und freute sich, der Polizei entwischt zu sein, er hatte kein Bedürfnis, ihre Bekanntschaft zu machen, auch nicht die einer Zelle oder eines Vernehmungszimmers. Wer weiß überhaupt, wonach sie eigentlich auf der Suche waren. Obrigkeit mochte er generell nicht, also grundsätzlich sich immer erst aus dem Staub machen und abhauen, war sein Motto.

Außer Atem, frierend, aber glücklich, sich endlich in Sicherheit gebracht zu haben, rannte Marius durch die verschlungenen Hinterhöfe und war froh, auch sein Manuskript gerettet zu haben, fest, ganz fest klammerte er es sich unter den Arm.

Mehrmals legte er eine kurze Pause in irgendeinem Innenhof ein, erstens, um etwas Atem zu holen, zweitens, um sich nach der Wäsche umzuschauen, die da überall auf den Leinen zum Trocknen hingen. Wo die Luft rein war, nahm er sich im Vorbeigehen vorsichtig von der einen oder anderen Leine einige Kleidungsstücke, er hängte nur solche ab, die er für sich und seinen Kleidungsstil für weit genug erachtete. Gefahr drohte ihm dabei nur einmal, als ein angriffslustiger Hund versuchte, mit dem Gebiss seine Unterhose zu erhaschen. Eine leichte Abwehrbewegung mit dem Fuß und sein Angstschrei reichten aus, um den Hund zu verscheuchen, zum Glück.

Auf seinem Fluchtweg zwischen den Häusern und durch die Hinterhöfe verspürte er einige neugierige auf sich gerichtete Blicke, gelangweilte Hausfrauen lehnten sich aus ihren Fenstern und warteten geduldig, endlich etwas Interessantes zu erspähen. Heute hatte er ihnen mit seinem Unterhosenauftritt unfreiwillig ein schönes Spektakel verschafft. Womöglich hatte sein halbnackter Auftritt ihnen wenigsten etwas zum Träumen geliefert, wünschte er all diesen gelangweilten Frauen da oben von Herzen.
Tatsächlich blieben sie alle belustigt und still beobachtend auf ihrer Späherposition, sie genossen interessiert und amüsiert das Spektakel, das er ihnen bot, ohne Unterhose hätte ihnen das ganze gewiss viel mehr Spaß bereitet. Am Ende seiner Suche und Stibitzerei fühlte er sich endlich wohl in den Klamotten. Er sah jetzt zwar bunt wie ein Papagei aus, hatte womöglich einige Frauensachen an sich, aber das tat nichts zur Sache, das Wetter war kalt und frostig genug, um darüber hinweg zu sehen.

Er ging zwei Straßen weiter, dann stieg er hastig und schwitzend die erste U-Bahntreppe hinunter, um seine Suche nach einem Verlag fortzuführen. Groß war seine Überraschung, als er hörte, dass der Fahrbetrieb im gesamten Stadtgebiet seit Stunden total eingestellt worden war wegen eines Dutzend Fahrradfahrern in einem der Tunnel. Jugendliche hatten sich zu einem Rennen getroffen und kamen und kamen nicht mehr aus dem Tunnel heraus.
Ein Riesenpolizeiaufgebot wartete schon ungeduldig auf sie.

In einem anderen Tunnel waren zwei Großfamilien samt mehrerer Kinder und Haustiere beim Picknicken.

Mit Verwunderung glaubte er, auch gehört zu haben, dass mitten in einem weiteren Tunnel sogar Hunderte von Leuten bei der improvisierten Darbietung eines unternehmungslustige Straßenmusikanten am Toben und Klatschen waren. Extasy und Antidepress machten die Runde, lustigen Zeiten. Um den Verkauf von Speis und Trank auf diesem \"Konzert\" stritten sich jede Menge fliegender Händler mit einer ganzen Armada von Vertretern und Abgesandten von McDonalds & Co., getrieben von ihrer Spürnase für jegliche noch unerschlossene, neue Absatzmärkte. Letzteren lief bei dem Gedanken an die möglichen Einnahmen schon das Wasser im Mund zusammen. Sie kämpften um den Platz, bewarfen sich gegenseitig vehement und ununterbrochen mit fettigen Pommes, verbrannten Chicken Nuggets, heiße Buletten prasselten aus allen Richtungen, Broiler flogen den Tunnel entlang, lauwarme Cheeseburger klatschten an die Decke, scharfer Kebab landeten zwischen den Gleisen, alle Haare waren voller Spaghetti, und Currywürste schossen wie Raketen umher. Die zahlreichen Untergrund-Ratten schauten sich aus ihren Schlupfwinkeln belustigt und dankbar die Szenerie an und freuten sich um so mehr auf das kommende Festmahl.

Na ja, Marius hörte sich das ganze gar nicht weiter an und verließ notgedrungenerweise wieder die U-Bahn in Richtung Mainufer, um so schneller zu Fuß in die Innenstadt zu gelangen. Es dauerte aber nicht lange und er wechselte unfreiwillig sein Fortbewegungsmittel. Vor der Finanzkrise flüchtende Banker samt Köfferchen, Laptop, Schnuller im Mund und Playboy unter Arm verursachten bei ihrer Flucht einen solchen Wirbelwind, dass er direkt und ohne Umschweife brutal in den Main katapultiert wurde. Er landete im kalten Wasser und die gewaltige Strömung nahm ihn in ihre Gewalt. Die Wellen schüttelten und schmissen ihn in alle Richtungen, zogen ihn in die Tiefe und dann wieder in die Höhe. Dabei verlor er ständig die Orientierung, wusste für Augenblicke nicht mehr, in welcher Lage er sich befand, oben, unten, rechts oder links, der Horizont war verschwunden.

Langsam aber sicher musste er jetzt versuchen, seinen Weg schwimmend fortzuführen. Danke!, Schwimmend !, „Ich kann doch gar nicht schwimmen !!!“, dachte er nach der erste Schrecksekunde voller Entsetzen.

Er schrie und schrie um Hilfe. Die Strömung spülte ihn über all hin und war nicht gewillt, seinen Körper so leicht aus ihren Fängen freizulassen. Er schrie und schrie trotzdem weiter, ohne Unterbrechung.
Obwohl mehrere Passanten und Spaziergänger am Ufer waren, bemerkte ihn keiner. Er trank dabei einiges an Mainwasser, das wie Politik schmeckte: abgestanden und lebensgefährlich.

Seine immer leiser werdenden Hilfeschreie wurden endlich, letztendlich und tatsächlich von einem gerade über der Stadt fliegenden Piloten eines Airbus A380 gehört, hoch, hoch oben am Himmel, bestimmt 10.000 km weit.
Der gute, aufmerksame und hilfsbereite Pilot flachste nicht lange, stürzte sich mit seiner Riesenmaschine im Blindflug hinab, und mit einem halsbrecherischen Manöver zwischen den Hochhäusern Frankfurts schaffte er es, dass eine junge hübsche Stewardess ihm einen Fallschirm aus dem Flugzeug zuwerfen konnte, eine Probezeitschrift schmiss sie noch hinzu. Diese apokalyptische Szene, die dröhnenden Rolls-Royce Motoren und die laut heulenden und sich drehenden Propeller, verursachte zum Glück eine solche Aufmerksamkeit, so dass ein am Stock langsam auf Ufer vorbeigehender 85-jährige Spaziergänger seinen gesenkte Kopf hochhob. Er riss sich blitzschnell von seiner 93-jährigen Gattin los und sprang in den Main, um den wertvollen Fallschirm zu bergen. Gut, dass der arme Schriftsteller sich fest an den Fallschirm festangeklammert hatte, so wurde er dabei mit gerettet, sehr banal aber erfolgreich. Der völlig aufgelösten, schreienden und weinenden Gattin seines Retters in spe schenkte er als Dankeschön die Bushido CDs, die er aus dem Puff mitgehen lassen hatte. Die arme Frau fiel daraufhin augenblicklich zu Boden und wurde bewusstlos. Gar nicht so falsch, so hatten auch die Sanitäter aus den verschiedenen Rettungswagen Arbeit und Beschäftigung und retteten sie.

Marius wollte nicht mehr, konnte nicht mehr und rannte los.

Jetzt hatte er aber die Faxen dicke, wo sind die Verlage, gibt es überhaupt welche? Er hielt erneut ein vorbeifahrendes Taxi an, um sich endlich ins “Zentrum“, wo einige von denen residierten, fahren zu lassen.
Der nette Fahrer wusste zwar nicht genau, wo sich diese genau befinden sollten, war aber willig und nach besten Kräften bemüht, sein Wunschziel zu finden. Eine gute, flexible und belastbare Arbeitskraft war er, so wie man sie sich eigentlich wünscht, bzw. “die Wirtschaft“ sich wünscht.
Trotzdem, nach mehr als drei Stunden Irrfahrt durch die Stadt gab er schließlich entnervt auf und schmiss ihn einfach abrupt am Rande der Stadt raus, im Niemandsland. Fahrkosten brauchte er nicht zu bezahlen, er würde das schon als “irgendwas“ Steuermilderndes absetzen, schrie er ihm mit erhobenem Arm und zur Faust geballter Hand nach.

Die eingeatmete frische Luft tat Marius zwar gut, aber er spürte schnell, dass er nicht mehr so bequem lag wie kurz zuvor auf dem bequemen Sitzpolster im Taxi. Er war auch noch ein wenig verschlafen, sein Schädel brummte und er befand sich tatsächlich liegend auf dem harten Boden wieder. Einige Steinchen piksten ihn am Hintern, sein Manuskript lag zerfleddert neben ihn am Boden, einige Seiten hatte der Wind schon durch die Luft gewirbelt . Eine dicke Staubwolke zeugte überdies vom Weggang des Taxis, ein Hustenanfall überfiel ihn, er fühlte sich elend und hätte eigentlich liebend gern weitergeschlafen.

Marius musste wohl einen Albtraum gehabt haben, es war ihm rätselhaft, wie und warum er überhaupt hierher kam und wo er sich eigentlich befand. Er fühlte sich wie ein Forscher am Ende der Welt, der gerade einen Abgrund hinuntergefallen war. Aus irgendeinem Grund musste er sich mit dem Taxifahrer angelegt haben: Das undeutliche Fahrziel? Hatte er sich erbrechen müssen? Ging es womöglich um das Fahrgeld? Keine Ahnung, der Typ hatte ihn jetzt hier abgesetzt und sich wortwörtlich aus dem Staub gemacht. Marius hustete noch ein paar Mal, raffte sich zusammen und erhob sich etwas wackelig und benommen, sammelte sein Manuskript , klopfte den Staub aus seinen Klamotten und betrachtete erst einmal die Umgebung. Zu seiner Linken war die große, laute, verpestete Stadt Frankfurt, zu seiner Rechten der schöne, stille, gesunde und noch eintrittsfreie Stadtwald. Der Tag ging bald zur Neige, er entschied, einstweilen in den dunklen Wald zu gehen, da würde er bestimmt leichter einen Verlagsmanager oder am besten eine Verlagsmanagerin finden, dachte er sich mit etwas Sarkasmus, womöglich sogar eine mit einem roten Käppchen auf dem Kopf. Er würde sie dann heroisch vorm bösen Wolf retten und sie dafür sein Manuskript aus Dankbarkeit annehmen und editieren. Genau darüber dachte Marius nach, während er ins Dickicht des Waldes hineinging, um sich dann prompt zu verirren. Sein Gesicht und seine Händen waren inzwischen völlig verkratzt und blutig wegen des immer dichter werdenden dornigen Gestrüpps.

Immer tiefer drang Marius in den dunklen Wald, und wenn nichts Neues darüber in der Bild Zeitung steht, irrt der Ärmste immer noch zwischen den hohen Bäume umher und hofft, dass ihn wenigstens ein Waldspaziergänger findet und rettet.

Wann waren Sie das letzte Mal im Wald?


******************



Danke für ihre Aufmerksamkeit.
Prof. Pinocchio
Alias Künstler Pier Giam
 
Z

zugast

Gast
Was einem aber auch alles auf dem Weg zu einem Verlag passieren kann, haha. Da steht mir ja noch einiges bevor.
Gruß.
 
Ein Schriftsteller auf Verlagssuche


Marius schloss die Tür hinter sich, dachte nicht mehr an die Berge beschrifteten Papiers, die in seiner kleinen Wohnung überall verstreut langsam verblassten. Dabei vergaß er, seine Katze Balzac zu füttern und auch das Portemonnaie einzustecken.
Er trug stolz seine neusten Manuskript unterm Arm und machte sich, müde und in Gedanken vertieft, auf den Weg nach Frankfurt. Heute wollte er zum wiederholten Male einen Verlag für sein Werk suchen.

Er bestieg das erste beliebige Taxi, das anhielt, schmiss sich in die bequemen Polster, nuschelte sein Ziel vor sich hin: „Innenstadt, da, wo die Verlage sind“, und machte es sich auf den weichen, bequemen Hintersitzen gemütlich.
Marius schaffte es noch, seine Augen kurz offen zu halten, das gelang ihm aber nur bis zu dem ersten Ampelstopp, dann fielen sie zu und er schlief tief ein.
Er träumte, besser gesagt, er bekam richtig schlimme, böse Albträume:

Neulich in der Innenstadt, auf der Suche nach einem/r Verlagsmanager/in war er sogar auch im Puff gewesen, wo aber mittendrin eine Polizeirazzia alles sprengte, und er Eilig und nur in Unterhosen gerade so durch ein Fensterchen sich auf das Dach retten konnte. Was für ein Schreck, dachte er sich, halbnackt und frierend, so inmitten all der Schornsteine. Auf dem Weg zu der engen, etwas verrosteten Feuerwendeltreppe rutschte und fiel neben ihm grade eine halbnackte Frau das Dach hinunter. Zwei andere flüchtende nackte Männer stürzten wegen nachgebender, durchgerosteter Treppenstufen in die Tiefe. Es gab zum Glück keine Toten, nur ein paar Verletzte und viele Verhaftete.

Vorsichtig, auf jeden einzelnen seiner Schritte konzentriert, erreichte Marius endlich den Bürgersteig und freute sich, der Polizei entwischt zu sein, er hatte kein Bedürfnis, ihre Bekanntschaft zu machen, auch nicht die einer Zelle oder eines Vernehmungszimmers. Wer weiß überhaupt, wonach sie eigentlich auf der Suche waren. Obrigkeit mochte er generell nicht, also grundsätzlich sich immer erst aus dem Staub machen und abhauen, war sein Motto.

Außer Atem, frierend, aber glücklich, sich endlich in Sicherheit gebracht zu haben, rannte Marius durch die verschlungenen Hinterhöfe und war froh, auch sein Manuskript gerettet zu haben, fest, ganz fest klammerte er es sich unter den Arm.

Mehrmals legte er eine kurze Pause in irgendeinem Innenhof ein, erstens, um etwas Atem zu holen, zweitens, um sich nach der Wäsche umzuschauen, die da überall auf den Leinen zum Trocknen hingen. Wo die Luft rein war, nahm er sich im Vorbeigehen vorsichtig von der einen oder anderen Leine einige Kleidungsstücke, er hängte nur solche ab, die er für sich und seinen Kleidungsstil für weit genug erachtete. Gefahr drohte ihm dabei nur einmal, als ein angriffslustiger Hund versuchte, mit dem Gebiss seine Unterhose zu erhaschen. Eine leichte Abwehrbewegung mit dem Fuß und sein Angstschrei reichten aus, um den Hund zu verscheuchen, zum Glück.

Auf seinem Fluchtweg zwischen den Häusern und durch die Hinterhöfe verspürte er einige neugierige auf sich gerichtete Blicke, gelangweilte Hausfrauen lehnten sich aus ihren Fenstern und warteten geduldig, endlich etwas Interessantes zu erspähen. Heute hatte er ihnen mit seinem Unterhosenauftritt unfreiwillig ein schönes Spektakel verschafft. Womöglich hatte sein halbnackter Auftritt ihnen wenigsten etwas zum Träumen geliefert, wünschte er all diesen gelangweilten Frauen da oben von Herzen.
Tatsächlich blieben sie alle belustigt und still beobachtend auf ihrer Späherposition, sie genossen interessiert und amüsiert das Spektakel, das er ihnen bot, ohne Unterhose hätte ihnen das ganze gewiss viel mehr Spaß bereitet. Am Ende seiner Suche und Stibitzerei fühlte er sich endlich wohl in den Klamotten. Er sah jetzt zwar bunt wie ein Papagei aus, hatte womöglich einige Frauensachen an sich, aber das tat nichts zur Sache, das Wetter war kalt und frostig genug, um darüber hinweg zu sehen.

Er ging zwei Straßen weiter, dann stieg er hastig und schwitzend die erste U-Bahntreppe hinunter, um seine Suche nach einem Verlag fortzuführen. Groß war seine Überraschung, als er hörte, dass der Fahrbetrieb im gesamten Stadtgebiet seit Stunden total eingestellt worden war wegen eines Dutzend Fahrradfahrern in einem der Tunnel. Jugendliche hatten sich zu einem Rennen getroffen und kamen und kamen nicht mehr aus dem Tunnel heraus.
Ein Riesenpolizeiaufgebot wartete schon ungeduldig auf sie.

In einem anderen Tunnel waren zwei Großfamilien samt mehrerer Kinder und Haustiere beim Picknicken.

Mit Verwunderung glaubte er, auch gehört zu haben, dass mitten in einem weiteren Tunnel sogar Hunderte von Leuten bei der improvisierten Darbietung eines unternehmungslustige Straßenmusikanten am Toben und Klatschen waren. Extasy und Antidepress machten die Runde, lustigen Zeiten. Um den Verkauf von Speis und Trank auf diesem \"Konzert\" stritten sich jede Menge fliegender Händler mit einer ganzen Armada von Vertretern und Abgesandten von McDonalds & Co., getrieben von ihrer Spürnase für jegliche noch unerschlossene, neue Absatzmärkte. Letzteren lief bei dem Gedanken an die möglichen Einnahmen schon das Wasser im Mund zusammen. Sie kämpften um den Platz, bewarfen sich gegenseitig vehement und ununterbrochen mit fettigen Pommes, verbrannten Chicken Nuggets, heiße Buletten prasselten aus allen Richtungen, Broiler flogen den Tunnel entlang, lauwarme Cheeseburger klatschten an die Decke, scharfer Kebab landeten zwischen den Gleisen, alle Haare waren voller Spaghetti, und Currywürste schossen wie Raketen umher. Die zahlreichen Untergrund-Ratten schauten sich aus ihren Schlupfwinkeln belustigt und dankbar die Szenerie an und freuten sich um so mehr auf das kommende Festmahl.

Na ja, Marius hörte sich das ganze gar nicht weiter an und verließ notgedrungenerweise wieder die U-Bahn in Richtung Mainufer, um so schneller zu Fuß in die Innenstadt zu gelangen. Es dauerte aber nicht lange und er wechselte unfreiwillig sein Fortbewegungsmittel. Vor der Finanzkrise flüchtende Banker samt Köfferchen, Laptop, Schnuller im Mund und Playboy unter Arm verursachten bei ihrer Flucht einen solchen Wirbelwind, dass er direkt und ohne Umschweife brutal in den Main katapultiert wurde. Er landete im kalten Wasser und die gewaltige Strömung nahm ihn in ihre Gewalt. Die Wellen schüttelten und schmissen ihn in alle Richtungen, zogen ihn in die Tiefe und dann wieder in die Höhe. Dabei verlor er ständig die Orientierung, wusste für Augenblicke nicht mehr, in welcher Lage er sich befand, oben, unten, rechts oder links, der Horizont war verschwunden.

Langsam aber sicher musste er jetzt versuchen, seinen Weg schwimmend fortzuführen. Danke!, Schwimmend !, „Ich kann doch gar nicht schwimmen !!!“, dachte er nach der erste Schrecksekunde voller Entsetzen.

Er schrie und schrie um Hilfe. Die Strömung spülte ihn über all hin und war nicht gewillt, seinen Körper so leicht aus ihren Fängen freizulassen. Er schrie und schrie trotzdem weiter, ohne Unterbrechung.
Obwohl mehrere Passanten und Spaziergänger am Ufer waren, bemerkte ihn keiner. Er trank dabei einiges an Mainwasser, das wie Politik schmeckte: abgestanden und lebensgefährlich.

Seine immer leiser werdenden Hilfeschreie wurden endlich, letztendlich und tatsächlich von einem gerade über der Stadt fliegenden Piloten eines Airbus A380 gehört, hoch, hoch oben am Himmel, bestimmt 10.000 km weit.
Der gute, aufmerksame und hilfsbereite Pilot flachste nicht lange, stürzte sich mit seiner Riesenmaschine im Blindflug hinab, und mit einem halsbrecherischen Manöver zwischen den Hochhäusern Frankfurts schaffte er es, dass eine junge hübsche Stewardess ihm einen Fallschirm aus dem Flugzeug zuwerfen konnte, eine Probezeitschrift schmiss sie noch hinzu. Diese apokalyptische Szene, die dröhnenden Rolls-Royce Motoren und die laut heulenden und sich drehenden Propeller, verursachte zum Glück eine solche Aufmerksamkeit, so dass ein am Stock langsam auf Ufer vorbeigehender 85-jährige Spaziergänger seinen gesenkte Kopf hochhob. Er riss sich blitzschnell von seiner 93-jährigen Gattin los und sprang in den Main, um den wertvollen Fallschirm zu bergen. Gut, dass der arme Schriftsteller sich fest an den Fallschirm festangeklammert hatte, so wurde er dabei mit gerettet, sehr banal aber erfolgreich. Der völlig aufgelösten, schreienden und weinenden Gattin seines Retters in spe schenkte er als Dankeschön die Bushido CDs, die er aus dem Puff mitgehen lassen hatte. Die arme Frau fiel daraufhin augenblicklich zu Boden und wurde bewusstlos. Gar nicht so falsch, so hatten auch die Sanitäter aus den verschiedenen Rettungswagen Arbeit und Beschäftigung und retteten sie.

Marius wollte nicht mehr, konnte nicht mehr und rannte los.

Jetzt hatte er aber die Faxen dicke, wo sind die Verlage, gibt es überhaupt welche? Er hielt erneut ein vorbeifahrendes Taxi an, um sich endlich ins “Zentrum“, wo einige von denen residierten, fahren zu lassen.
Der nette Fahrer wusste zwar nicht genau, wo sich diese genau befinden sollten, war aber willig und nach besten Kräften bemüht, sein Wunschziel zu finden. Eine gute, flexible und belastbare Arbeitskraft war er, so wie man sie sich eigentlich wünscht, bzw. “die Wirtschaft“ sich wünscht.
Trotzdem, nach mehr als drei Stunden Irrfahrt durch die Stadt gab er schließlich entnervt auf und schmiss ihn einfach abrupt am Rande der Stadt raus, im Niemandsland. Fahrkosten brauchte er nicht zu bezahlen, er würde das schon als “irgendwas“ Steuermilderndes absetzen, schrie er ihm mit erhobenem Arm und zur Faust geballter Hand nach.

Die eingeatmete frische Luft tat Marius zwar gut, aber er spürte schnell, dass er nicht mehr so bequem lag wie kurz zuvor auf dem bequemen Sitzpolster im Taxi. Er war auch noch ein wenig verschlafen, sein Schädel brummte und er befand sich tatsächlich liegend auf dem harten Boden wieder. Einige Steinchen piksten ihn am Hintern, sein Manuskript lag zerfleddert neben ihn am Boden, einige Seiten hatte der Wind schon durch die Luft gewirbelt . Eine dicke Staubwolke zeugte überdies vom Weggang des Taxis, ein Hustenanfall überfiel ihn, er fühlte sich elend und hätte eigentlich liebend gern weitergeschlafen.

Marius musste wohl einen Albtraum gehabt haben, es war ihm rätselhaft, wie und warum er überhaupt hierher kam und wo er sich eigentlich befand. Er fühlte sich wie ein Forscher am Ende der Welt, der gerade einen Abgrund hinuntergefallen war. Aus irgendeinem Grund musste er sich mit dem Taxifahrer angelegt haben: Das undeutliche Fahrziel? Hatte er sich erbrechen müssen? Ging es womöglich um das Fahrgeld? Keine Ahnung, der Typ hatte ihn jetzt hier abgesetzt und sich wortwörtlich aus dem Staub gemacht. Marius hustete noch ein paar Mal, raffte sich zusammen und erhob sich etwas wackelig und benommen, sammelte sein Manuskript , klopfte den Staub aus seinen Klamotten und betrachtete erst einmal die Umgebung. Zu seiner Linken war die große, laute, verpestete Stadt Frankfurt, zu seiner Rechten der schöne, stille, gesunde und noch eintrittsfreie Stadtwald. Der Tag ging bald zur Neige, er entschied, einstweilen in den dunklen Wald zu gehen, da würde er bestimmt leichter einen Verlagsmanager oder am besten eine Verlagsmanagerin finden, dachte er sich mit etwas Sarkasmus, womöglich sogar eine mit einem roten Käppchen auf dem Kopf. Er würde sie dann heroisch vorm bösen Wolf retten und sie dafür sein Manuskript aus Dankbarkeit annehmen und editieren. Genau darüber dachte Marius nach, während er ins Dickicht des Waldes hineinging, um sich dann prompt zu verirren. Sein Gesicht und seine Händen waren inzwischen völlig verkratzt und blutig wegen des immer dichter werdenden dornigen Gestrüpps.

Immer tiefer drang Marius in den dunklen Wald, und wenn nichts Neues darüber in der Bild Zeitung steht, irrt der Ärmste immer noch zwischen den hohen Bäume umher und hofft, dass ihn wenigstens ein Waldspaziergänger findet und rettet.

Wann waren Sie das letzte Mal im Wald?


******************



Danke für ihre Aufmerksamkeit.
Prof. Pinocchio
Alias Künstler Pier Giam
 
Ein Schriftsteller auf Verlagssuche


Marius schloss die Tür hinter sich, dachte nicht mehr an die Berge beschrifteten Papiers, die in seiner kleinen Wohnung überall verstreut langsam verblassten. Dabei vergaß er, seine Katze Balzac zu füttern und auch das Portemonnaie einzustecken.
Er trug stolz sein neuestes Manuskript unterm Arm und machte sich, müde und in Gedanken vertieft, auf den Weg nach Frankfurt. Heute wollte er zum wiederholten Male einen Verlag für sein Werk suchen.

Er bestieg das erste beliebige Taxi, das anhielt, schmiss sich in die bequemenen Polster, nuschelte sein Ziel vor sich hin: „Innenstadt, da, wo die Verlage sind“, und machte es sich auf den weichen, bequemen Hintersitzen gemütlich.
Marius schaffte es noch, seine Augen kurz offen zu halten, das gelang ihm aber nur bis zu dem ersten Ampelstopp, dann fielen sie zu und er schlief tief ein.
Er träumte, besser gesagt, er bekam richtig schlimme, böse Albträume:

Neulich in der Innenstadt, auf der Suche nach einem/r Verlagsmanager/in war er sogar auch im Puff gewesen, wo aber mittendrin eine Polizeirazzia alles sprengte, und er eilig und nur in Unterhosen sich gerade so durch ein Fensterchen auf das Dach retten konnte. Was für ein Schreck, dachte er sich, halbnackt und frierend, so inmitten all der Schornsteine. Auf dem Weg zu der engen, etwas verrosteten Feuerwendeltreppe rutschte und fiel neben ihm grade eine halbnackte Frau das Dach hinunter. Zwei andere flüchtenden nackten Männer stürzten wegen nachgebender, durchgerosteter Treppenstufen in die Tiefe. Es gab zum Glück keine Toten, nur ein paar Verletzte und viele Verhaftete.

Vorsichtig, auf jeden einzelnen seiner Schritte konzentriert, erreichte Marius endlich den Bürgersteig und freute sich, der Polizei entwischt zu sein, er hatte kein Bedürfnis, ihre Bekanntschaft zu machen, auch nicht die einer Zelle oder eines Vernehmungszimmers. Wer weiß überhaupt, wonach sie eigentlich auf der Suche waren. Obrigkeit mochte er generell nicht, also grundsätzlich sich immer erst aus dem Staub machen und abhauen, war sein Motto.

Außer Atem, frierend, aber glücklich, sich endlich in Sicherheit gebracht zu haben, rannte Marius durch die verschlungenen Hinterhöfe und war froh, auch sein Manuskript gerettet zu haben, fest, ganz fest klammerte er es sich unter den Arm.

Mehrmals legte er eine kurze Pause in irgendeinem Innenhof ein, erstens, um etwas Atem zu holen, zweitens, um sich nach der Wäsche umzuschauen, die da überall auf den Leinen zum Trocknen hingen. Wo die Luft rein war, nahm er sich im Vorbeigehen vorsichtig von der einen oder anderen Leine einige Kleidungsstücke, er hängte nur solche ab, die er für sich und seinen Kleidungsstil für weit genug erachtete. Gefahr drohte ihm dabei nur einmal, als ein angriffslustiger Hund versuchte, mit dem Gebiss seine Unterhose zu erhaschen. Eine leichte Abwehrbewegung mit dem Fuß und sein Angstschrei reichten aus, um den Hund zu verscheuchen, zum Glück.

Auf seinem Fluchtweg zwischen den Häusern und durch die Hinterhöfe verspürte er einige neugierige auf sich gerichtete Blicke, gelangweilte Hausfrauen lehnten sich aus ihren Fenstern und warteten geduldig, endlich etwas Interessantes zu erspähen. Heute hatte er ihnen mit seinem Unterhosenauftritt unfreiwillig ein schönes Spektakel verschafft. Womöglich hatte sein halbnackter Auftritt ihnen wenigsten etwas zum Träumen geliefert, wünschte er all diesen gelangweilten Frauen da oben von Herzen.
Tatsächlich blieben sie alle belustigt und still beobachtend auf ihrer Späherposition, sie genossen interessiert und amüsiert das Spektakel, das er ihnen bot, ohne Unterhose hätte ihnen das ganze gewiss viel mehr Spaß bereitet. Am Ende seiner Suche und Stibitzerei fühlte er sich endlich wohl in den Klamotten. Er sah jetzt zwar bunt wie ein Papagei aus, hatte womöglich einige Frauensachen an sich, aber das tat nichts zur Sache, das Wetter war kalt und frostig genug, um darüber hinweg zu sehen.

Er ging zwei Straßen weiter, dann stieg er hastig und schwitzend die erste U-Bahntreppe hinunter, um seine Suche nach einem Verlag fortzuführen. Groß war seine Überraschung, als er hörte, dass der Fahrbetrieb im gesamten Stadtgebiet seit Stunden total eingestellt worden war wegen eines Dutzend Fahrradfahrern in einem der Tunnel. Jugendliche hatten sich zu einem Rennen getroffen und kamen und kamen nicht mehr aus dem Tunnel heraus.
Ein Riesenpolizeiaufgebot wartete schon ungeduldig auf sie.

In einem anderen Tunnel waren zwei Großfamilien samt mehrerer Kinder und Haustiere beim Picknicken.

Mit Verwunderung glaubte er, auch gehört zu haben, dass mitten in einem weiteren Tunnel sogar Hunderte von Leuten bei der improvisierten Darbietung eines unternehmungslustige Straßenmusikanten am Toben und Klatschen waren. Extasy und Antidepress machten die Runde, lustigen Zeiten. Um den Verkauf von Speis und Trank auf diesem \"Konzert\" stritten sich jede Menge fliegender Händler mit einer ganzen Armada von Vertretern und Abgesandten von McDonalds & Co., getrieben von ihrer Spürnase für jegliche noch unerschlossene, neue Absatzmärkte. Letzteren lief bei dem Gedanken an die möglichen Einnahmen schon das Wasser im Mund zusammen. Sie kämpften um den Platz, bewarfen sich gegenseitig vehement und ununterbrochen mit fettigen Pommes, verbrannten Chicken Nuggets, heiße Buletten prasselten aus allen Richtungen, Broiler flogen den Tunnel entlang, lauwarme Cheeseburger klatschten an die Decke, scharfer Kebab landeten zwischen den Gleisen, alle Haare waren voller Spaghetti, und Currywürste schossen wie Raketen umher. Die zahlreichen Untergrund-Ratten schauten sich aus ihren Schlupfwinkeln belustigt und dankbar die Szenerie an und freuten sich um so mehr auf das kommende Festmahl.

Na ja, Marius hörte sich das ganze gar nicht weiter an und verließ notgedrungenerweise wieder die U-Bahn in Richtung Mainufer, um so schneller zu Fuß in die Innenstadt zu gelangen. Es dauerte aber nicht lange und er wechselte unfreiwillig sein Fortbewegungsmittel. Vor der Finanzkrise flüchtende Banker samt Köfferchen, Laptop, Schnuller im Mund und Playboy unter Arm verursachten bei ihrer Flucht einen solchen Wirbelwind, dass er direkt und ohne Umschweife brutal in den Main katapultiert wurde. Er landete im kalten Wasser und die gewaltige Strömung nahm ihn in ihre Gewalt. Die Wellen schüttelten und schmissen ihn in alle Richtungen, zogen ihn in die Tiefe und dann wieder in die Höhe. Dabei verlor er ständig die Orientierung, wusste für Augenblicke nicht mehr, in welcher Lage er sich befand, oben, unten, rechts oder links, der Horizont war verschwunden.

Langsam aber sicher musste er jetzt versuchen, seinen Weg schwimmend fortzuführen. Danke!, Schwimmend !, „Ich kann doch gar nicht schwimmen !!!“, dachte er nach der erste Schrecksekunde voller Entsetzen.

Er schrie und schrie um Hilfe. Die Strömung spülte ihn über all hin und war nicht gewillt, seinen Körper so leicht aus ihren Fängen freizulassen. Er schrie und schrie trotzdem weiter, ohne Unterbrechung.
Obwohl mehrere Passanten und Spaziergänger am Ufer waren, bemerkte ihn keiner. Er trank dabei einiges an Mainwasser, das wie Politik schmeckte: abgestanden und lebensgefährlich.

Seine immer leiser werdenden Hilfeschreie wurden endlich, letztendlich und tatsächlich von einem gerade über der Stadt fliegenden Piloten eines Airbus A380 gehört, hoch, hoch oben am Himmel, bestimmt 10.000 km weit.
Der gute, aufmerksame und hilfsbereite Pilot flachste nicht lange, stürzte sich mit seiner Riesenmaschine im Blindflug hinab, und mit einem halsbrecherischen Manöver zwischen den Hochhäusern Frankfurts schaffte er es, dass eine junge hübsche Stewardess ihm einen Fallschirm aus dem Flugzeug zuwerfen konnte, eine Probezeitschrift schmiss sie noch hinzu. Diese apokalyptische Szene, die dröhnenden Rolls-Royce Motoren und die laut heulenden und sich drehenden Propeller, verursachte zum Glück eine solche Aufmerksamkeit, so dass ein am Stock langsam auf Ufer vorbeigehender 85-jährige Spaziergänger seinen gesenkte Kopf hochhob. Er riss sich blitzschnell von seiner 93-jährigen Gattin los und sprang in den Main, um den wertvollen Fallschirm zu bergen. Gut, dass der arme Schriftsteller sich fest an den Fallschirm festangeklammert hatte, so wurde er dabei mit gerettet, sehr banal aber erfolgreich. Der völlig aufgelösten, schreienden und weinenden Gattin seines Retters in spe schenkte er als Dankeschön die Bushido CDs, die er aus dem Puff mitgehen lassen hatte. Die arme Frau fiel daraufhin augenblicklich zu Boden und wurde bewusstlos. Gar nicht so falsch, so hatten auch die Sanitäter aus den verschiedenen Rettungswagen Arbeit und Beschäftigung und retteten sie.

Marius wollte nicht mehr, konnte nicht mehr und rannte los.

Jetzt hatte er aber die Faxen dicke, wo sind die Verlage, gibt es überhaupt welche? Er hielt erneut ein vorbeifahrendes Taxi an, um sich endlich ins “Zentrum“, wo einige von denen residierten, fahren zu lassen.
Der nette Fahrer wusste zwar nicht genau, wo sich diese genau befinden sollten, war aber willig und nach besten Kräften bemüht, sein Wunschziel zu finden. Eine gute, flexible und belastbare Arbeitskraft war er, so wie man sie sich eigentlich wünscht, bzw. “die Wirtschaft“ sich wünscht.
Trotzdem, nach mehr als drei Stunden Irrfahrt durch die Stadt gab er schließlich entnervt auf und schmiss ihn einfach abrupt am Rande der Stadt raus, im Niemandsland. Fahrkosten brauchte er nicht zu bezahlen, er würde das schon als “irgendwas“ Steuermilderndes absetzen, schrie er ihm mit erhobenem Arm und zur Faust geballter Hand nach.

Die eingeatmete frische Luft tat Marius zwar gut, aber er spürte schnell, dass er nicht mehr so bequem lag wie kurz zuvor auf dem bequemen Sitzpolster im Taxi. Er war auch noch ein wenig verschlafen, sein Schädel brummte und er befand sich tatsächlich liegend auf dem harten Boden wieder. Einige Steinchen piksten ihn am Hintern, sein Manuskript lag zerfleddert neben ihn am Boden, einige Seiten hatte der Wind schon durch die Luft gewirbelt . Eine dicke Staubwolke zeugte überdies vom Weggang des Taxis, ein Hustenanfall überfiel ihn, er fühlte sich elend und hätte eigentlich liebend gern weitergeschlafen.

Marius musste wohl einen Albtraum gehabt haben, es war ihm rätselhaft, wie und warum er überhaupt hierher kam und wo er sich eigentlich befand. Er fühlte sich wie ein Forscher am Ende der Welt, der gerade einen Abgrund hinuntergefallen war. Aus irgendeinem Grund musste er sich mit dem Taxifahrer angelegt haben: Das undeutliche Fahrziel? Hatte er sich erbrechen müssen? Ging es womöglich um das Fahrgeld? Keine Ahnung, der Typ hatte ihn jetzt hier abgesetzt und sich wortwörtlich aus dem Staub gemacht. Marius hustete noch ein paar Mal, raffte sich zusammen und erhob sich etwas wackelig und benommen, sammelte sein Manuskript , klopfte den Staub aus seinen Klamotten und betrachtete erst einmal die Umgebung. Zu seiner Linken war die große, laute, verpestete Stadt Frankfurt, zu seiner Rechten der schöne, stille, gesunde und noch eintrittsfreie Stadtwald. Der Tag ging bald zur Neige, er entschied, einstweilen in den dunklen Wald zu gehen, da würde er bestimmt leichter einen Verlagsmanager oder am besten eine Verlagsmanagerin finden, dachte er sich mit etwas Sarkasmus, womöglich sogar eine mit einem roten Käppchen auf dem Kopf. Er würde sie dann heroisch vorm bösen Wolf retten und sie dafür sein Manuskript aus Dankbarkeit annehmen und editieren. Genau darüber dachte Marius nach, während er ins Dickicht des Waldes hineinging, um sich dann prompt zu verirren. Sein Gesicht und seine Händen waren inzwischen völlig verkratzt und blutig wegen des immer dichter werdenden dornigen Gestrüpps.

Immer tiefer drang Marius in den dunklen Wald, und wenn nichts Neues darüber in der Bild Zeitung steht, irrt der Ärmste immer noch zwischen den hohen Bäume umher und hofft, dass ihn wenigstens ein Waldspaziergänger findet und rettet.

Wann waren Sie das letzte Mal im Wald?


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Danke für ihre Aufmerksamkeit.
Prof. Pinocchio
Alias Künstler Pier Giam
 
K

KaGeb

Gast
Hallo Prof.,

leider hat mich Dein Text nicht überzeugt, ich schreibe Dir auch gern (aus meiner Sicht!!!), warum :

Marius schloss die Tür hinter sich, dachte nicht mehr an die Berge beschrifteten Papiers, die in seiner kleinen Wohnung überall verstreut langsam verblassten. Dabei vergaß er, seine Katze Balzac zu füttern und auch das Portemonnaie einzustecken.
Er trug stolz sein neuestes Manuskript unterm Arm und machte sich, müde und in Gedanken vertieft, auf den Weg nach Frankfurt. Heute wollte er zum wiederholten Male einen Verlag für sein Werk suchen.
Kürzer wäre vielleicht (als Beispiel):

Stolz klemmte Marius sein neuestes Manuskript unter den Arm, schloss die Tür seiner kleinen Wohnung mit dem Teppich aus Papier hinter sich, vergaß Kater Balzac und sein Portmonee und bestieg das erste Taxi, das auf sein Zeichen hin anhielt. Auf dem weichen Rücksitz siegte die Erschöpfung: er schlief ein ...

So zieht es sich (aus meiner Sicht) immer weiter durch dein Script. Du benutzt zu viele Worte, um wenig Inhalt zu produzieren. Weniger wäre IMHO mehr.
Es ist m.M.n. auch wenig glaubhaft, das Dein Prot. mit riesigen Hoffnungen und seinem Manuskript siegessicher in ein (teures) Taxi steigt, nur um sofort einzuschlafen.
Lass ihn doch vielmehr in einem (hoffnungsvollen) Verlag warten, weckknicken - und von der Karriere träumen -und letztlendlich bei Book-on-Demand erwachen (lach) Nur so ein Beispiel ...


LG, KaGeb
 



 
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