Ein Wintermärchen

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Das Land versinkt in Schnee und Eis,
wohin man schaut, ist alles weiß,
ein Schnee- und Wintermärchen pur,
und ringsherum nichts als Natur!
In einem sehr bekannten Ort,
da treffen sich zum Wintersport
und manchem anderen Plässiere,
illustre, prominente Tiere,
mit allerlei mondänen Pflänzchen
zum Dinner und intimen Tänzchen.

Man kleidet sich, je nach Saison,
der Farbe nach und nach dem Ton;
in Modefragen, Form und Schnitt,
kennt man sich aus und redet mit.
Auf dass nichts das Ambiente stört,
weiß jeder hier, was sich gehört:
Man geht in diesem Winter weiß,
und ganz egal, zu welchem Preis!

Nachts stand, in einem Villengarten,
als würde es auf etwas warten,
ein weißberocktes Schneeglöcklein
im Schnee, doch blieb´s nicht lang allein,
sogleich in strahlend Weiß erschien
Frau Schneegans und das Hermelin.
Herr Hermelin, ihr Kavalier,
zeigt sich sehr interessiert an ihr,
denn heimlich hat er größte Lust,
auf Blut und junge Gänsebrust.

Ein kleines Veilchen, das noch tief
in seinem Wurzelbettchen schlief,
von lila Deckchen zugedeckt,
wurd plötzlich unsanft aufgeweckt.
Es wohnt im Hause, im Parterre,
ein nicht gerade feiner Herr,
der, weil er wenig kultiviert,
ein ungeregelt Leben führt.
Ein Maulwurf ist´s, der für die Braut
bei Nacht auf Wiesen Hügel baut,
und morgens seine Nachbarn stört,
weil er im Hause unerhört
falsch singend sich bemerkbar macht.

Woran das Veilchen aufgewacht.
Es glaubt, sein Wecker hat versagt,
und draußen hätt´ es längst getagt.
Weshalb es aus dem Bettchen hüpft,
in seinen lila Schlüpfer schlüpft,
und meinend , es sei höchste Zeit,
schlüpft es auch in sein lila Kleid,
reibt sich kurz ein mit Veilchenduft
und eilt hinauf zu Licht und Luft.
Dort war ihm zwar, für sein Gefühl.
wie es bald merkte, äußerst kühl.
Das Hermelin, das hämisch lacht,
denn es war kurz vor Mitternacht,
rief laut: "Willkommen, schönes Kind!"

Da blies ein eisigkalter Wind
dem Veilchen um die blauen Ohren,
die ihm auch alsogleich erfroren;
noch während es dieselben rieb,
geschah es, dass es still verschied!
Das Schneeglöcklein, des Veilchens Base,
rieb seine weiße, kalte Nase:
"Zum Glück", gab es sogleich bekannt,
sind wir nur ganz entfernt verwandt!
Wie konnt´ das junge Gör es wagen,
im Winter solch ein Kleid zu tragen,
nicht richtig rot und auch nicht blau?
Die glaubte wohl, sie wär ein Pfau!"

Das Hermelinchen äußert sich:
Es fände Lila fürchterlich;
von seinem Standpunkt aus gesehn,
sei diesem Veilchen recht geschehn.
Die Schneegans zischte dazu bös,
sie fänd´ vor allem skandalös,
des Veilchens ordinärer Duft
beraube sie der Atemluft.
Nur mühsam wahrt die weiße Gans
dabei die feine Kontenance:
"Nicht eine Gans wäre bereit",
sagt sie: "in einem lila Kleid,
als lila Flittchen, sozusagen,
sich aus dem Gänsestall zu wagen."

So schimpften sie noch lange weiter!
Jedoch da ritt, lebendig heiter,
auf einem blütenweißen Schimmel,
das Veilchen in den Blütenhimmel.
Geblendet von der Pracht, sprach die
nun fromme Gans, und beugt die Knie:
"Dem Himmel sei Lob Ehr und Preis,
hier sind sogar die Schimmel weiß."
Da biss das Hermelin sie tot!
Das Schneeglöcklein stand leuchtend rot
von Blut im Schnee, nun ganz im Ton
der neuen Frühjahrskollektion.
 

Ikarus

Mitglied
Sehr schön!

Hallo Bernhard,

gut, das ich dein Gedicht eben noch entdeckte, bevor mein
PC für die Nachtruhe runterfährt.

Hübsche Idee, mit orginellen Methapern und fürwahr ein (modernes) Märchen!
Dank der lockeren Paarreime hervorragend zu lesen.
Ich liebe Gedichte verknüpft mit Geschichten aus der Flora und Faunawelt und solche mit Veilchen & Co. ganz besonders.
Frühling, trau dich!!!

Alles Gute!

wünscht Ikarus
 

Vera-Lena

Mitglied
Veilchen

Hallo Bernhard,

nach dem anmutigen Anfang war ich auf ein Drama gar nicht vorbereitet, obgleich ich Dich ja schon besser kennen müßte. Sehr schön doppelbödig das Ganze, und die Mode auf den Pisten auch gut aufs Korn genommen. Ich wußte nicht, daß Maulwürfe singen können.

Liebe Grüße Vera-Lena
 



 
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