Ein besonderer Duft

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Traum

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Ottilie war nervös, sehr nervös sogar. Seit einiger Zeit kam ihr Mann Harald nach Hause, umgeben von einer leichten Duftwolke Parfüm. Immer wieder duftete er anders. Ergo hatte Harald mit mehreren Frauen zu tun, wenn er unterwegs war.
Er hatte sich verändert! Da gab es keine Zweifel. Wann hatte er früher schon ein Liedchen gepfiffen? Aber jetzt?! Pfeifend hörte sie ihn schon das Treppenhaus hinaufgehen, bevor er duftumschwängert in die Wohnung zurück kam.
So hatte sie sich das nicht vorgestellt, wen Harald Rentner würde. Wie herrlich bunt hatten sie sich diese Zeit ausgemalt! Wieviel Pläne für die Zukunft geschmiedet! Alles, was sie vorher immer aufgeschoben hatten, wollten sie dann tun.
Aber da waren auch ihre Kinder, gut verheiratet, und die Enkel. Es hatte sich eingebürgert, daß die Oma zur Stelle war, wenn ein Babysitter gebraucht wurde. Wenn die Blumen versorgt werden mußten,- wenn, wenn, wenn...
Aus Ottilie war eine "Reihum-Oma" geworden. Und sie konnte schlecht nein sagen. Den Bitten ihrer Kinder und Enkel gegenüber war sie hilflos.
Harald hatte eine Zeit lang dem Treiben zugesehen. Er ließ dann kleine Bemerkungen fallen, wie: "Meinst Du nicht, daß Du vor lauter Hilfsbereitschaft aufgefressen wirst?!" oder: "Ottilie, denk' doch mal zurück, was wir alles unternehmen wollten, wenn ich in Rente bin!"
Ja, und dann begann er allein fortzugehen. Gerade zu dem Zeitpunkt, als das neue Cafe in der Stadt aufgemacht hatte, das nachmittags immer zum Tanztee einlud. Sie selbst war noch nie dort gewesen, aber Harald lobte es in den höchsten Tönen, verschwieg auch nicht und schwärmte davon, daß es dort nette Frauen gäbe, die gerne mit ihm tanzten.
Ottilie beschloß nun, der Sache auf den Grund zu gehen. Nein- diesmal würde sie nicht Babysitter machen für ihre Enkel. Aber das brauchte Harald nicht zu wissen. Sie wollte ihm heimlich nachlaufen und sich vergewissern, was er an diesem Nachmittag so alles trieb. Mit welchen Frauen er verkehrte- und zwar so intim, daß der Parfümduft ihn bis zur Wohnung begleitete.
Harald ging ein gutes Stück vor ihr. Herausgeputzt wie der Graf von Luxenburg persönlich. Aber er schlug nicht die Richtung zum Tanzcafe ein. Komisch, dachte Ottilie: Nein, er ging schnurstracks Richtung Stammkneipe, trat dort ein, dann sah sie ihn durch das Fenster am Tresen sitzen.
Ottilie hatte alle Zeit der Welt mitgebracht. Sie nahm auf der Bank im Park gegenüber Platz und wartete darauf, wann er die Kneipe verlassen würde. Es dauerte über eine Stunde; dann sah sie ihn Richtung Supermarkt gehen. Dort wurde sie neugierig und verfolgte ihn zwischen den Regalen. Wunderte sich, als er die Kosmetikabteilung betrat und sich an den Testflaschen diverser Parfüms zu schaffen machte. Schließlich entschied er sich für eine Duft ud sprühte sich gehörig damit ein. Dann verließ er pfeiffend den Supermarkt
ohne etwas zu kaufen.
Ottilie schmunzeln, und ein großer Stein fiel ihr vom Herzen. Insgeheim hatte sie ihren treuen Ehemann in Verdacht gehabt, daß aus ihm ein Spätcasanova geworden sei. Man hört ja immer wieder, daß Männer in einem gewissen Alter den "Johannistrieb" spüren.
Sie hatte begriffen. Harald wollte sie eifersüchtig machen. Was ihm fast gelungen war. Aber eben nur fast!- Und sie hatte auch verstanden, warum er diese Show durchzug. Sie würde daraus lernen. Sie war nicht nur Mutter ud Oma. Sie ist immer noch Ehefrau. Seine Frau!
Und das würde sie auch ihren Kindern klar machen. Daß sie und Harald ein Anrecht auf ein Leben voller Glück haben, denn ihre Zeit war zu kostbar, zum Verlieren zu schade.
 

Traveller

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Die Geschichte beginnt gut, macht neugierig, flacht dann immer mehr ab und verkommt dann fast zur Belehrung. Schade drum, denn da liesse sich mehr daraus machen.

Gerade der Schluss könnte sehr erotisch geschrieben sein, indem sie sich einlässt aus seine Phantasien.
 

Traum

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Anderer Schluß

Hallo Traveller,
vielleicht artet meine Geschichte in Belehrung aus, ganz sicher sogar! In meinem Umkreis gibt es einfach zuviele "Reihum-Omis", und deshalb meine Hoffnung, daß sie etwas umdenken.Aber ich finde es toll, Deine Anregung für den Schluß der Geschichte.
Sollte "Sie" nun immer in eine andere Rolle schlüpfen, oder wie war das gedacht?!
Wir haben im Rahmen der "Frauenkulturwochen" dieses Jahr eine Lesung gehabt , mit Thema: "...zeitlos erotisch, Frauen schreiben...", die Älteste war 82 Jahre, es gibt keine Altersgrenze, auch in der Erotik.
Viele Grüße vom Bodenseeufer
Traum
 

Traveller

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Mein Ende !

Insgeheim hatte sie ihren treuen Ehemann in Verdacht gehabt, daß aus ihm ein Spätcasanova geworden sei. Sie hatte ja schon öfter gehört, daß viele Männer in einem gewissen Alter den "Johannistrieb" spüren.
Nun begriff sie. Harald wollte sie eifersüchtig machen und das war ihm fast gelungen. Sie verstand nun, warum er diese duftende Show durchzog.
Na ja, sie würde es Harald schon zeigen, dass sie nicht nur Mutter ud Oma war. Sie ist immer Frau und seine Frau! In ihr wuchs der alte Reiz der Begehrlichkeit und überlegte sich, mit was sie ihren Harald überraschen konnte. So eilte sie ebenso zu den Parfümen und nebelte sich ein. Als er nachhause kam, war sie in ihrem hübschesten Kleid gerade dabei ausser Haus zu gehen. Mit Freude sah sie den Schrecken von Harald und liess sich gerne von ihm begleiten.

Der Abend war wunderschön und sie versprach Harald, dass sie nun auch den Kindern klar machen würde, daß sie mit Harald ein Anrecht auf ein Leben voller Glück habe. Für beide müsse Platz sein und das Altersglück den Familieninteressen nicht nachstehen dürfe.
Harald war über die Wandlung überrascht und freute sich seiner lieben Frau. Was war da wohl geschenen?

Hi Traum,

hab mal Dein Ende etwas umgeschrieben. Ist noch nicht optimal, aber in etwa so, würde ich es verändern.

Schöne Grüsse an das andere Bodenseeende !
Denn ich geh gleich bei Sipplingen schwimmen im See.
 

blaustrumpf

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Hallo, Traum

Eine nette Geschichte, die du uns da zeigst. Zuerst dachte ich, Moment, das kenne ich doch, er lernt heimlich tanzen, für sie, die Kinder werden misstrauisch..., alles schon dagewesen.

Dann findest du eine neue Variante, die mir recht gut gefällt. Allerdings ist auch mir die "Moral von der Geschicht" ein bisschen dicke, da muss ich Traveller beipflichten. Nur hätte ich angesichts beider Varianten eine Frage: Wo ist der grundsätzliche Unterschied? Ob Ottilie ihre Zeit den Kindern und Kindeskindern widmet, oder ob sie sich wieder mehr um ihren Mann und seine Wünsche kümmert - Wo bleibt Ottilie? Wann tut sie all das, was sie im Geheimen immer tun wollte. Notabene: Das sie tun wollte, nicht was sie und ihr Mann sich gemeinsam vorgenommen haben: Gab es da nichts? Gar nichts? Arme Ottilie. Was für ein Leben...

Ich muss unbedingt anmerken, dass mir die Szene sehr gut gefällt: Er lässt sich beduften und verduftet sofort wieder. Was für ein wunderschönes Bild findest du dafür, dass Harald seine Ottilie lieb hat!

Schöne Grüße von blaustrumpf
 

Traum

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Hallo Blaustrumpf

...spinnen wir doch den Faden weiter. Ottilie ist nicht so dumm, sonst wäre sie ihrem Harald nicht nachgelufen. Aber vielleicht dreht sie den Spieß jetzt um? Setzt von Ihrer Seite aus Signale: was ihr gefällt. Und Harald setzt sich auf ihre Fährte, vor lauter Liebe. Hmmm?!
Vielen Dank für Deine Beitrag.
Wünsche eine schönen Abend
Traum
 

Traum

Mitglied
Hallo Traveller

bin schon erschrocken über den Titel:Mein Ende. Das klingt so dramatisch. Gut daß ich es erst jetzt gelesen habe und weiß, daß der See ruhig ist. Für Schwimmer keine Gefahr. Komme gerade vom Pfänder zurück. Sonnenuntergang, die Sicht leider nur bis Konstanz. Finde "Dein Ende" gut und erfrischend, nicht so trocken wie bei mir. Vielleicht sollte ich auch öfters schimmen gehen!?
Vielen Dank und gute Nacht
von der Insel LIndau
Traum
 

Traveller

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lach

Ich meinte natürlich "Mein Ende Deiner Geschichte".

Aber ich denke, das könnte noch pfiffiger geschrieben sein, wenn Du etwas von der Erotik des Abends ausmalst, bei der dann Ottilie die Führung übernimmt und Harald überrascht mitspielt.
Eine "heisse Alte", die das Spiel umdreht und ihren Harald auf neue Wege führt. Das würde der Geschichte noch Pfiff geben und für die Leser einen Witz zum Schmunzeln.

Mit Belehrung lässt sich wenig verändern, aber wohl mit doppelbödigem Humor.

Als Lindauerin würde ich den Schauplatz auf die Lindauer Insel verlegen und das in die Zeit des letzten Hochwassers, als damals die Behelfsstrasse drohte in den See zu rutschen. Schleunigst wurde diese mit Steinen befestigt und dabei waren auch alte Grabsteine. Als das Wasser langsam zurückging, konnte man plötzlich lesen "Ruhe sanft". So ein makabres Erlebnis ist für zwei lebenslustige Alte doch ein Adrenalinschub, dem Leben noch etwas anderes abzugewinnen.

Da Du ja für Lindauer Leser schreibst, würde so ein lustiger Lokalkolorit Deinen Alten sicher Spass machen und damit käme Deine Botschaft sicher an.
 

Traum

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...ob heiß oder kalt

wir werden alle alt.
Ich weiß um die Geschichte der Grabsteine und "ruhe sanft"
diese Inschrift hat für Wellen im Bauausschuss gesorgt. MIt Lokalkolorit bin ich trotzdem etwas vorsichtig, will ja, daß man irgendwann wieder ein Kreuzchen für mich macht, dann schon eher nebulös.
Auch ich wünsche eine schönen Tag
Traum
 
Hallo Traum,

ich stimme meinen Vorrednern zu. Die Geschichte fängt wirklich gut an, aber hinten raus geht dir die Luft aus.

Das Problem der Dame ist doch folgendes : Sie lebt für andere, für Kinder und Enkel, selbst ihr Mann wird vernachlässigt.

Vielleicht sollte sie sich zum Ende der Geschichte selbst bewusst werden, ihre eigenen Interessen erkennen, die sie bisher für andere unterdrückt hat. Das sie sich ein Herz fasst und macht, was sie will.
Und davon würde dann auch ihr Mann profitieren, oder?

Bis bald,
Michael
 

Traum

Mitglied
Danke, Michael Schmidt

Ja, Du hast recht. Aber hier geht es zum Teil um Frauen (die ich in Ottilie gepackt habe), die nicht gelernt haben, ihre eigenen Wünsche zu respektieren. Die neue Generation tut sich da leichter.
Viele Grüße
Traum
 
Genau daher wäre dies ja ein positives Ende!
Wenn du es realistischer darstellen willst, müsste sie ja resignieren oder die Wichtigkeit ihrer Leihfunktion erkennen.

Einfach nur, sie hat die Absicht ihres Mannes erkannt und jetzt ist wieder alles in Ordnung, ist ein wenig dünn, oder?
 

Traum

Mitglied
Ottilie hängt irgendwie in der Luft

ich weiß, ich werde sie auf den Boden holen. Vielen Dank
Nochmals schöne Grüße
Traum
 

Traveller

Mitglied
Was für ein Kreuzchen ?

daß man irgendwann wieder ein Kreuzchen für mich macht, dann schon eher nebulös.


Was für ein Kreuzchen ?


Also, die Grabsteingeschichte erzählte mir ein Freund aus Lindau und er hatte einen heiden Spass daran. Ich habe mich darüber auch köstlich amüsiert! Ein wirklich makabrer Spass aus dem Leben.
 

Traum

Mitglied
für jeden Spaß zu haben

Lindau ist immer "gspassig", und manchmal gibt halt auch gspassige Leut, die sich da reinwählen lassen, oder schon drin sind.
Viele Grüße
Traum
 

Traum

Mitglied
Lokalkolorit und Kreuzchen

Hallo Traveller,

wollte es eigentlich nicht so deutlich machen. Natürlich könnte ich viele Anektoden von hier mit einbauen, Geschichten hier spielen lassen, aber als u.A. Stadt- und Kreisrätin , Kunst und Kulturumtriebig,und intern. in Seniorenabreit tätig bin ich bekannt wie ein buter Hund.
So ist das eben.
Gruß
Traum
 

Traveller

Mitglied
Ach so !

Als Grosskopfete musst Du den Querköpfen ausweichen !
Ich verstehe. Lächel

Weist Du übrigens, dass auf Eurem Marktplatz die Stelle im Kopfsteinpflaster gekennzeichnet ist, wo früher die Köpfe in die Grube rollten ?

Ich habe dorthin schon mehrfach Sensitive mitgenommen, ohne dass ich denen vorher was sagte. Alle flüchtete vor dem Grauen, das dort immer noch spürbar ist.
 

Traum

Mitglied
Köpferollen!!!

...die Grube war ein Brunnen, die Köpfe sind noch drin. Handelt sich um die Anführer vom "Rinoltaufstand", danach wurde der Brunnen zugeschüttet, ein neuer Brunnen am Marktplatz errichtet, seitdem haben wir dort den "schönsten Mann" von Lindau, hoch oben..., auch ich mache bei meinen Detailführungen auf den runden, kleiner gepflasterten Teil aufmerksam. Nächste Woche mache ich eine Führung: Von der Schule ins Gefängnis. Heute war auch ein Kulturprogramm von mir am Laufen.
Viele Grüße
Traum
Ps. ....aber unser "Kopfsteinpflaster" hat nichts mit den Köpfen da unten im Brunnen zu tun,oder mit den "Großkopferten". Dies nur zur Ergänzung. Hi-hi-hi
 

Rainer

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auch bei uns gibt es auf dem marktplatz einen zugeschütteten brunnen, da liegen komplette leute drin.
die dachten immer, alles wäre für alle so unendlich interessant, dass sie sich öffentlich über solch abstruse dinge wie kuchenbacken, hexenpfählen und wahlbenachrichtigungskartenfälschen unterhielten.
bis eines sonnigen tages der intergalaktische labervolksvertreterundkulturbundvernichter gwargoran auftauchte, die plaudertaschen mit stählerner hand beim schlawittchen packte, und mit ihnen bis auf den kühlen grund des brunnens fuhr. da sich die schallwellen aus dem wasser kommend auf die luft übertrugen und sich so nur unwesentlich weniger intensiv ausbreiteten, wurden steine, erde und ton genommen, und der brunnen damit zugeschüttet.
noch heute hören des nachts stark betrunkene fußgänger auf dem marktplatz gern den interessanten erzählungen und schnärzchen aus der tiefe zu, und schwanken dabei bedeutungsschwer mit ihren körpern.
 



 
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