Ein ganz normaler Tag

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Ein ganz normaler Tag

Sabine beeilte sich das Büro zu verlassen. Es war zwölf Uhr, ihr Halbtagsjob beendet und sie musste sich beeilen, ihren Sohn Lars aus dem Kindergarten zu holen.
Na toll! Die Ampel an der Baustelle war rot. Also warten!
Sabine ließ den bisherigen Tag Revue passieren.
Aufgestanden um halb sechs, geduscht, angezogen, Make-up aufgelegt, Zeitung reingeholt, Frühstück und Pausenbrote für ihren Mann und die beiden Kinder zubereitet. Küsschen für den Mann und Clarissa, ihre Tochter, die mit dem Bus zur Schule fahren würde. Tisch abgedeckt, Spülmaschine eingeräumt, Müll in die Mülltonne gebracht und Betten gemacht. Dann Lars angezogen, ihn frühstücken lassen, ins Auto gestürmt und ihn im Kindergarten abgeliefert. Gerade noch pünktlich im Büro erschienen.

Die Ampel schaltete auf grün. Also weiter!
Natürlich war vor dem Kindergarten kein Parkplatz frei und sie musste in einer der Nebenstraßen ihr Auto abstellen.
Im Kindergarten wurde sie von der Kindergärtnerin mit bösen Blicken empfangen. Die anderen Kinder hätten schon längst Mittagsschlaf halten sollen, aber sie musste ja auf Lars aufpassen.
Also eine Entschuldigung für die Verspätung gerufen, Lars geschnappt und wieder ab ins Auto.
Die Ampel stand wieder auf rot, also wieder warten und den quengelnden Lars beruhigen. Er mochte nicht still sitzen.
Die Ampel schaltete auf grün und weiter ging’s in den Supermarkt.
Lars in den Einkaufswagen gehoben, durch die Gänge gestürmt, Waren eingepackt, an der Kasse angestellt.
Mein Gott, warum war es um diese Zeit so voll? Warum können Rentner nicht vormittags einkaufen gehen? Nur sehr langsam ging es weiter. Die Dame vor ihr – 250 Gramm Brot und ein winziges Tütchen Wurst – kramte nach Kleingeld in ihrer Geldbörse, stellte fest, dass das Münzgeld nicht reichte und übergab der Kassiererin einen Zehneuroschein.
Endlich war Sabine an der Reihe.
Ware aufs Transportband gelegt, Lars den Lolly wieder abgenommen, den er aus dem Süßwarenregal neben der Kasse genommen hat, sein Brüllen und die verständnislosen Blicke der Rentner ignoriert, Ware bezahlt, Ware in den Einkaufswagen geräumt und ab zum Auto. Ware in Tüten verstaut und im Kofferraum deponiert.
Lars hatte sich noch nicht beruhigt und wurde, trotz lautstarkem Protest, auf den Kindersitz gesetzt und angeschnallt.
Weiter ging’s nach Hause.
Einkaufstaschen ausgeladen, zusammen mit Lars ins Haus gebracht, Post aus dem Postkasten genommen, Griesbrei gekocht, zusammen mit Lars gegessen und ihren Sohn zum Mittagsschlaf hingelegt.
Zurück in die Küche, Spülmaschine eingeräumt und angestellt.
Wäsche sortiert, Waschmaschine gestartet, Wasser in Eimer gefüllt, Fenster in Küche, Bad, Wohnzimmer, Schlafzimmer und Clarissas Zimmer geputzt. Das Fenster in Lars Zimmer muss bis nach dem Mittagsschlaf warten.
Wasser in Wischeimer gefüllt, Flur, Küche und Bad geputzt. Im Badezimmer alles gereinigt, zurück in die Küche und hier Schränke und Arbeitsfläche abgewischt.
Lars ist wach.
Also in seinem Zimmer Fenster geputzt, Staubsauger aus der Kammer geholt, Wohnzimmer und beide Kinderzimmer gesaugt.
Halb vier! Sabine fluchte.
Gewaschene Wäsche in Trockner gepackt.
Ab in die Küche, Gemüse in kleine Stücke geschnitten, Hackfleisch angebraten, Gemüse, klein geschnittene Zwiebeln, Knoblauch und Tomatenpüree dazu, köcheln lassen.
Auflaufform aus Schrank geholt, abwechselnd Lasagneblätter und Bolognesesoße hinein, Bechamelsoße und Käse darüber.
Post durchgesehen, am PC Rechnungen bezahlt.
Clarissa ist wieder da. Getränk hingestellt, Hausaufgabenheft durchgesehen, Clarissa in ihr Zimmer bugsiert, damit sie ihre Hausaufgaben machen kann, zurück zu Lars, mit ihm gemalt, in die Küche, um den Backofen einzuschalten, Bügelbrett herausgeholt und Wäsche aus dem Trockner gebügelt und in die Schränke geräumt.
Clarissas Hausaufgaben kontrolliert, Lasagne in den Backofen geschoben, Lars die Tränchen getrocknet, als er hingefallen war, wieder in die Küche, Abendbrottisch gedeckt, Mann an Haustür empfangen, Küsschen gegeben, Bier eingeschüttet.
Abendbrot gegessen, Tisch ab- und Spülmaschine eingeräumt, Tisch abgewaschen, Lars gebadet, Schlafanzug angezogen, ins Bett gelegt und noch eine Gute-Nacht-Geschichte vorgelesen.
Zu Mann ins Wohnzimmer gegangen.
„Wie war dein Tag?“, fragte sie ihren Mann.
„Der reine Stress. Du kannst froh sein, dass du nur einen halben Tag arbeiten gehst und den Rest des Tages frei hast“, antwortete er. „Holst du mir noch ein Bier?“
Sabine seufzte, erhob sich und ging in die Küche.


Ende
 
U

USch

Gast
Hallo Schreibzwergin,
das ist sehr gut nachvollziehbar und alltäglich. Kennt doch jeder/jede, der/die Familie zu versorgen hat. Ist mir als Mann nicht fremd. Aber Literatur?
LG USch
 

raineru

Mitglied
hallo Schreibzwergin

sorry
dein Text wirkt auf mich wie das Abhaken einer Liste von Dingen, die von vielen automatisch täglich erledigt werden.
(Tür aufmachen und schließen)
Ich bilde mir ein, zu einer Geschichte gehört eine Gliederung

1. Jemand will etwas was (so ist es)
2. Der Weg mit Hindernissen und Überraschungen (Dramaturgische Handlung - Spannungsbogen)
3. kurz vor dem Schluss wird das Ziel mit "pointe" erreicht.

Ich war lange Zeit im Ausland und vielleicht hat sich da in der Zwischenzeit etwas in diesem Land geändert. Aber so hat man es mir beigebracht.

nichts für ungut

raineru
 
E

eisblume

Gast
Hallo Schreibzwergin,

tut mir leid, aber mich spricht dieser Text jetzt auch nicht an. Diese bloße Aufzählung der verschiedenen Tätigkeiten kann ich zwar nachvollziehen, aber mir fehlt die Geschichte dahinter. So eine Geschichte könnte jetzt ja unterschiedlich aufgemacht sein (humorvoll, tragisch, ...), aber von der Stimmung her kommt da kaum etwas rüber - zumindest für mich nicht.

Nichts für Ungut,
lieben Gruß
eisblume
 



 
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