Ein höherer Intellekt

WerSchreibt

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"Hm, ein höherer Intellekt...", mit seinen eleganten, langen Fingern schwenkt Exorkay nachdenklich die blumige Flüssigkeit in dem verspielt geschwungenen Glas. Die Zwillingssonnen sind nun hinter den geschwungenen Berglandschaften verschwunden. Nur ihr lilablauer Schein glimmt noch in einem strahlend geschwungenen Bogen majestätisch über dem Horizont, bald bereit den Blick auf die Sterne freizugeben.
Nicht wenig aufgeregt blickt Manfred freudig auf seinen Gegenüber in dem großen Lehnsessel. Seine eigene Weißweinschorle hat er bisher nicht angerührt, an dem kühlen Longdrink Glas hat ein Tropfen die Gelegenheit sprunghaft eine blitzförmige Bahn in dem Beschlag zu hinterlassen. Zu groß ist die Ehre, hier in der Lounge und während der Abendstunde, mit seinem Großmeister sitzen zu dürfen.
"Du möchtest also von mir wissen wie ein höherer Intellekt die Welt wahrnimmt, Herr Manfred?" Wiederholt Exorkay bedächtig mit seiner sonoren Stimme. Wie immer könnte man glauben eine gewisse Süffisanz in dieser angehängten Anrede wahrzunehmen. Für einen Moment hält er inne. Nach einem kurzen, aber genussvollen Schluck setzt er an: "Weißt du wie es ist sich einer Sache nicht sicher zu sein?", Manfred blinzelt irritiert und lehnt sich an die Stuhllehne. "Ja, sicher...", erwidert er unsicher, nachdem die Frage schien, dass sie beantwortet werden sollte um fortzufahren. "Weißt du, verstehe mich nicht falsch, mein Freund, ich nämlich nicht.", mein Freund, hat er gesagt, Manfred freut sich. Der Weise fährt fort: "Durch Logik ist mir immer die am besten geeignete Lösung für eine Problemstellung klar. Ich muss nicht mal abwägen zwischen der effizientesten oder am der mit dem größten Risiko am meisten Gewinn bringenden Lösung. Es macht für eine Situation immer nur eine Sache einfach Sinn. Kannst du mir folgen?". Manfred versucht das Gesagte nachzuvollziehen.
"Ein weiteres Beispiel: Musst du manchmal rechnen? Mir zum Beispiel, ist einfach klar, dass das Quadrat von 27 gleich 729 ist. Natürlich ohne es vorher auswendig gelernt zu haben, einfach weil es in der Natur so ist. Es lässt sich natürlich nicht vermeiden, wenn man einmal nahezu alle Zahlen durchgerechnet hat, dass man das dann auch aus dem Gedächtnis abrufen kann. Das heißt, jedenfalls in meiner Spezies.", darauf ein weiterer genussvoller Schluck der roten Flüssigkeit, ein seliges Lächeln breitet sich auf den bleichen Lippen aus.
"Das ist auch das nächste, ich muss nicht alles immer wiederholen um es zu lernen. Es bleibt alles bei mir was ich lerne. Ich muss es nicht notieren, warum auch, wenn es schon in meinem Kopf ist. Wir benutzen keine Speicher um unser Wissen bereit zu halten, keine Bücher, keine Enzyklopädien. Eigentlich reicht nur die pure Vorstellungskraft, so wie eine Simulation. Der Input der an frischen Informationen nötig ist sinkt mit dem Alter. Die Ältesten von uns wissen buchstäblich alles. Das ist der vollkommene Zustand, den wir anstreben."
Manfred nimmt nun ebenfalls einen Schluck aus seinem Glas. Eine herrlich erfrischende Kälte läuft ihm die Kehle hinunter. Er wirft den Kopf zurück und schließt die Augen in Gedanken kreisend. Nach einem Moment des Nachdenkens öffnet er die Augen wieder, ohne den Kopf zu bewegen. "Aber das ist wahr", sagt er schließlich. "Immer wenn es ein Problem mit einer der Handelsrouten gibt, brauche ich nur zu dir hinzuschauen und du sagst gleich was zu tun ist." Exorkay nickt gütig, der gewaltige Hinterkopf schwenkt mit.
Noch viele Beispiele folgen. Manfred brummt bald der Kopf. So viel hatte er fast gar nicht wissen wollen. Es war nur die Neugier, die Welt wie sein Meister zu sehen. Es scheint echt eine Last zu sein, so viel zu denken. Oder wie es Exorkay am Ende immer wieder darlegt, anscheinend eben nicht. Alles geht mit Leichtigkeit, es ist einfach da. Vielleicht für ihn. Logik bestimmt das Handeln, wie auf Schienen. Ach, es wäre schön so klug zu sein. Und immer wieder ein neues Beispiel. Was? Bowlingpins?
"Manfred!", Exorkay lacht, "Du kannst mir ja nicht mehr zuhören." Er beugt sich herüber und legt seinem Menschen gütig die Hand auf die Schulter. Er kann sehr freundlich sein. Beide stoßen an.
Nach einem kurzen, aber kräftigen Schluck wendet sich Exorkay wieder Manfred zu. "Meiner Berechnungen nach ist unsere Helium-3-Route in diesem Moment an der Epsilon Station eingetroffen. Ich weiß du hast schon den Tag beendet und dich auf dieses Beisammensein gefreut, aber kannst du bitte von der Zentrale aus den Frachter wieder hierher beordern. In den nächsten Tagen sollen laut Vorhersage die Sonnenwinde günstig für die Route sein. Hier hast du als Ausgleich noch ein wenig zusätzliches-", er holt behände eine grünlich schimmernde Chipkarte mit einer leuchtenden digitalen Nummer aus der Brusttasche seines Gewands, "-Geld."
"Ach, danke, danke, Meister! Ehrlich gesagt bin ich etwas erleichtert wieder etwas zu tun, von dem ich mal so richtig etwas verstehe." Manfred nimmt den Chip mit beiden Händen entgegen, steckt ihn in eine seiner Taschen ein und verschwindet schon mit einem verschüchterten Nicken durch die automatische Schiebetür. Exorkay lehnt sich entspannt lächelnd zurück und lässt den Blick über die dunkle Berglandschaft schweifen, das Glas gelegentlich an den Lippen.
Plötzlich piepst ein kurzer Warnton auf und ein kleines rotes Licht kündigt pulsierend ein Update auf dem Interface an. Beiläufig aktiviert er das Display an seiner Seite mit einer Geste und schaut fast nur aus den Augenwinkeln kurz darauf. "Immerhin Chance kann mich noch überrumpeln", etwas ernster stellt er das nun leere Gefäß auf den perfekt getaktet angerollten Butler-bot. "Wie konnte Werder in dieser Phase der Sternliga denn schon wieder verlieren..."
 

petrasmiles

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Liebe(r) WerSchreibt,

mhm, in der Geschichte ist jede Menge drin, manchmal zuviel, am Ende aber auch zu wenig.
Ich präzisiere meinen Eindruck: Du reißt mit wenigen Sätzen eine futuristische Welt an, in der Menschen Diener von extraterrestischen Lebewesen sind, und das gelingt Dir sehr gut. Auch die besonderen Fähigkeiten dieser fremden Spezies geben jede Menge Stoff zum Nachdenken. Aber dabei lässt Du kaum ein Adjektiv aus; nicht immer dienen sie der Verdeutlichung, manchmal sind sie schlichtweg überflüssig und hemmen den Lesefluss; hier wäre weniger mehr. Und als Drittes: Der ganze Zauber für diese Pointe? Das ist zu wenig, quasi ein Verschleudern der Möglichkeiten.
Du hast hier eine spannende Fragestellung angelegt: Es kann eine Spezies geben, die sich Wissen mühelos aneignen kann. Offensichtlich nutzt sie diese Allwissenheit dazu, erfolgreich Geschäfte abzuwickeln; sie setzen ihr Wissen für die Erweiterung eines Nutzens ein, der dann aber ziemlich 'menschlich' klingt. Eigentlich drängt sich an dieser Stelle nicht nur die Frage des Wissens auf, sondern die nach seiner Moral. Eigentlich verdeutlicht Deine Geschichte in ihren Stärken und Schwächen, wie wichtig eine Moral ist, um die innere Zielsetzung auch einer Spezies - nicht nur die einzelner Menschen - bestimmen und verstehen zu können. Diese Möglichkeit lässt Du komplett aus und gibst Dich damit mit weniger zufrieden als in Deiner Geschichte angelegt ist. Vielleicht würde es keine so einfache Pointe werden wie Dir mit den Fußballergebnissen gelingt, die auch die schlaueste Spezies nicht vorhersagen kann, aber sie könnte mehr Gehalt haben als dieser 'Witz', dass auch Wesen, die unserer naiven Vorstellung nach 'über Wasser' gehen können, profane Dinge tun.

Natürlich schreibe ich an dieser Stelle nur für mich und andere Leser mögen sich an dieser Gegenüberstellung ergötzen. Ich denke nur, da ist mehr drin!

Liebe Grüße
Petra
 



 
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