Ein kurzer Augenblick der Liebe--- überarbeitet

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Südsee

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Ein kurzer Augenblick der Liebe

Viola stieg aus einem grünen Jeep und verabschiedete sich von ihrem Vater. Als er außer Reichweite war, nahm sie ihre Schultasche unter die Arme und ging mit einem lauten Seufzer die steinernen Stufen zum Schulportal hinauf. Noch einmal sprach sie sich Mut zu, dann öffnete sie die schwere Eisentür und verschwand im Inneren..
Viola bemühte sich, nicht auf das dumme Geschwätz der albernen Gänse aus ihrer Klasse, die sie bei jeder sich bietenden Gelegenheit hänselten und aufs Äußerste beleidigten, zu hören. Aber das fiel ihr schwer. „Wie läufst du denn wieder rum - Sind die Sachen vom Flohmarkt?“ Amy war die Schlimmste von allen. Was bildete sich diese Diva bloß ein? Soll jeder so aufgestylt wie sie rum laufen?
Viola sah nicht ein, dass sie sich deshalb ändern sollte. Doch manchmal fühlte sie sich sehr einsam. Sie hatte keine Freunde auf dieser Schule. Alle verachteten sie und behandelten sie wie eine Außenseiterin. Im Unterricht wollte niemand mit ihr in eine Gruppe. Obwohl sie die Intelligenteste auf der Schule war, unterhielt sich niemand mit ihr. Vielleicht gerade deshalb. Mit ihren Kommentaren auf die dummen Anmachen hätte sie alle dumm dastehen lassen können. Doch darüber lachten die anderen nur, weil sie es nicht verstanden. Die einzigen, die auf Violas Seite standen waren die Lehrer. Aber die hielt sie sich auf Abstand. Das würde den anderen noch mehr Anlass für ihre Beleidigungen geben. Also versuchte Viola, sich mit Intelligenz wenigstens im Unterricht durchzusetzen. „Wozu braucht man denn Freunde? Auf solche Freunde kann ich gut und gern verzichten. Solche, die bis morgens um vier in Discos und auf Parties rumhängen, die immer die angesagtesten Klamotten tragen müssen und aufgebrezelt wie für eine Party in die Schule kommen! Was soll ich denn mit denen?“
Doch oft sah sie den anderen traurig hinterher, wenn diese in ihrer Freistunde Eisessen gingen und sie sich mit einem Buch in die hintersten Ecken verkroch. Shakespeare und Lessing! Das las sie am liebsten. Mit ihren Büchern hatte sie sich eine richtig kleiner Welt aufgebaut, in die sie sich jedesmal verkroch, wenn sie die Traurigkeit überkam. Dann wischte sie sich ihre Tränen weg und lachte über die idiotischen Antworten, die ihre Mitschüler im Unterricht gaben: Shakespeare-ein Franzose! Lessing ein Pole! Brecht ein Tscheche! Kleist?- Hat der nicht „Mutter Courage“ geschrieben?
Auch über Violas Aussehen wurden oft Gemeinheiten abgelassen. Dabei verschaffte ihr ihr natürliches Aussehen einen besonderen Reiz. Ihre glänzenden braunen Haare, ihre ozeanblauen Augen, wovon das linke einen kleinen Leberfleck an den unteren Wimpern aufwies, ihre sportliche Figur, ihre starken Knöchel und ihr Lächeln, dass sie jedoch immer seltener zeigte, waren so geschaffen, dass es keinem Styling bedarf. Doch dass sie immer ungeschminkt, in weißen Turnschuhen, Jeans und „einfachem“ T-Shirt herumlief, wollten die anderen einfach nicht akzeptieren. Es blieb ja auch nicht immer nur bei Beleidigungen. Im Sportunterricht versteckten sie ihre Turnschuhe; in der Pause schrieben sie Drohungen an die Tafel; auf ihrem Nachhauseweg terrorisierten ihre Mitschüler sie; auf dem Schulhof bespuckten sie sie; zu Hause nervten sie Viola mit unverschämten Telefonanrufen; im Internet veröffentlichten sie Namen und Telefonnummer für Anzeigen als „Flittchen“. In solchen Momenten half kein Buch! Viola wehrte sich. Doch kluge Worte halfen ihr meist nicht. Also ließ sie alles über sich ergehen und dachte daran, dass sie es in zwei Jahren geschafft hatte. Sie war jetzt siebzehn. Mit neunzehn würde sie ihr Abitur in der Tasche haben und danach an einer Universität studieren. Dann konnten ihr die anderen gestohlen bleiben. Sie hoffte nur, diese zwei Jahre würden schnell vorbeigehen.

Viola nahm sich vor, die anderen in Zukunft einfach zu ignorieren. Über ihre Sprüche lachten sie sowieso nur- da konnte sie das auch lassen. Doch ihr Stillschweigen würde niemals eine Unterwerfung bedeuten. Niemals!
Am nächsten Tag fühlte sie sich viel leichter und befreiter, als sie sich in die „Höhle des Löwen“ wagte. Den dummen Spruch von Amy hatte sie schon vergessen. Sie drehte sich einfach um und ging hocherhobenen Hauptes weiter. Auch Sascha, den gemeinsten Schuft an der Schule, ignorierte sie. Manchmal gefiel er ihr schon. Mit seinen dunkelblonden Haaren, den blauen Augen und seinem muskulösem Körper sah er wirklich zum Verlieben aus! Doch niemals würde sich Viola mit so einem einlassen. Das verbot ihr ihr Stolz. Doch das Herz hört leider nicht immer auf das, was der Kopf will.
In der Pause stand Sascha wieder mal bei seinen Kumpels, die ihn regelrecht vergötterten. Er war der angesagteste Typ der ganzen Schule. Deshalb dachte er auch, dass er jede habe kann. Die Mädchen würden ihn förmlich anbetteln, damit er mit ihnen ausginge. Als Sascha das seinen Kumpels mal wieder unter die Nase rieb, hatte Simon eine Idee. „Jede Wette, bei Viola kannst du nicht landen. Die lässt sich nämlich nicht auf Typen ein. Da kannst du machen was du willst.“ Doch mit einem selbstsicheren Lächeln um den Mundwinkel antwortete Sascha „Die Wette gilt“. Er hatte nun zwei Wochen Zeit, Viola dazu zu bringen, mit ihm zu schlafen. Und das würde er. Er war sich seines Sieges schon sicher!

„Hey Viola, was machst du denn so heute nach der Schule?“ Doch Viola gab Sascha keine Antwort. Sie drehte sich um und stellte sich woanders hin. Aber Sascha ließ nicht locker und lief ihr hinterher. „Viola, ich will doch nur mit dir Eis essen gehen. Sag doch ja. - Es tut mir wirklich leid, dass ich so gemein zu dir war.“ Viola hatte ihm gar nicht erst zugehört. Sie ließ den jetzt völlig sprachlosen Sascha zurück, der im Gesicht seiner Freunde die Schadenfreude erblickte. „Na, wird wohl doch nichts?“ „Ihr werdet schon noch sehen“, gab er ihnen mit einem siegessicheren Lächeln zurück.

Nach der Schule ging Viola in der Stadt einkaufen. Als sie gerade aus einem Geschäft rauskam, blickt sie genervt in das Gesicht von Sascha. „Was willst du denn schon wieder hier? Hab ich mich nicht deutlich genug ausgedrückt?“ „Viola bitte. Hör mir zu- nur eine Minute.“ „OK, eine Minute.“ „Es ist nämlich so, dass ich wirklich gerne mit dir ausgehen würde- so ganz unverbindlich. Na, was ist?“ „Danke. Kein Interesse.“ Sie wand sich von ihm ab und wollte gerade gehen, als er sie zärtlich festhielt und ihr tief in die Augen blickte. “Bitte Viola“. Diese Bitte kann sie natürlich nicht abschlagen und da sie auch nur ein Mensch ist, der Gefühle hat, gab sie nach. Was sollte denn schon dabei sein, mit Sascha ein Eis essen zu gehen. Vielleicht tat es ihm ja wirklich leid und er wollte das, was er getan hatte, wieder gut machen?
Im Café hatten die Beiden viel Spaß zusammen. Sie vergaßen vollkommen die Zeit. Viola entdeckte, dass Sascha gar nicht so abgebrüht ist, wie er immer tut. Hinter seiner harten Schale verbirgt sich ein weicher Kern mit einem sensiblem Herzen. „Sascha. Darf ich dich mal was fragen?“ Und nach einem Nicken „Warum bist du eigentlich so?“ „Wie meinst du das denn?“ „Na so, so verletzend- beleidigend- angeberisch- unsentimental und hart zu dir selbst?“ „Zu mir selbst? So bin ich doch nur zu anderen.“ „Du verstehst nicht, dass du dich selbst zerstörst. Was sind das für Freunde, die du hast? Es sind Würmer, die dir nur hinterher kriechen.“ „Ich muss jetzt gehen, Viola. Hier, das ist für das Eis. Wir sehen uns Morgen.“ Nachdem er ein paar Münzen aus seiner Hosentasche gezogen hatte um es ihr in die Hand zu drücken, sprang er vom Stuhl auf und wand sich abrupt von ihr ab.
Auf dem Heimweg dachte Sascha über das nach, was Viola gesagt hat. „Eigentlich ist sie ja total nett. Wieso ist mir das früher nie aufgefallen? Sie hat Witz, ist klug und charmant. Ganz anders als die anderen dummen Hühner in der Schule. Irgendwie hat sie Klasse. - Aber ich muss an meine Wette denken...“
Am nächsten Morgen rannte Simon aufgeregt auf seine Kumpels zu. Als er sah, dass Sascha noch nicht da war, teilte er seinen Freunden seinen Plan mit. Sie wollten die Treffen zwischen Viola und Sascha filmen. So könnten sie der ganzen Schule zeigen, auf was für einen Typen die ach so intelligente Viola reingefallen ist.

Die Beiden verbrachten zwei wunderschöne Wochen miteinander. Mit der Zeit hatte Sascha seine Viola richtig ins Herz geschlossen. Und jetzt war im unbegreiflich, wie er jemals so gemein zu diesem wundervollen Menschen hatte sein können. Als die Zwei sich erneut bei Sascha zu Hause trafen, gab Viola ihm zu verstehen, dass diese Nacht ihnen gehören sollte und sie mit ihm schlafen möchte. Doch Sascha blockt im letzten Moment ab. Er hat erkannt, dass er sie wirklich liebt- so wie er noch nie einen Menschen zuvor in seinem ganzen bisherigen Leben geliebt hat- und hat nun kein Interesse mehr an der Wette. Doch bevor er mit Viola schlafen kann, muss er das noch regeln.
Sofort begibt er sich zu seinen Freunden und lässt die völlig verdutzte Viola allein im Bett zurück.
„Hört mal zu, mein Standpunkt hat sich geändert. Ich wette nicht mehr. Denn ich habe mich in Viola verliebt.“ Aber seine Kumpels, besonders Simon, sind gegen diese Beziehung. Sie hecken einen teuflischen Plan aus, der die Zwei für immer trennen soll...
Heute findet eine Party bei Amy statt. Zuerst wollte Viola dort nicht hin, doch sie ließ sich von Sascha dazu überreden. Die Stimmung auf der Party war gut. Alle tanzten ausgelassen. Bis jetzt ist Viola noch von keinem blöd angemacht worden. Das lag wahrscheinlich daran, dass sie mit Sascha da war. Eng umschlungen tanzten die beiden frisch verliebten miteinander. Sie amüsierten sich, bis Amy Sascha zu sich bat. Er versprach Viola, dass er sofort zurückkommen werde; sagte es und verschwand. Überraschend tauchten plötzlich Saschas Freunde vor Viola auf. Sie sagten ihr, dass es etwas gäbe, dass sie ihr unbedingt zeigen müssten. Viola begab sich mit ihnen in ein Zimmer. Dort holte Simon seine Videokamera heraus. Mit einem breiten Grinsen zeigte er ihr die Aufnahmen, auf denen sie mit Sascha zu sehen war- bei ihrer ersten gemeinsamen Nacht!!! Das war also der teuflische Plan gewesen, mit dem sie Sascha und Viola auseinanderbringen wollten. Völlig aufgelöst und den Tränen nahe sah Viola in Simons Gesicht. Plötzlich rannen Tränen über ihr Gesicht. Sie wand sich von der breit grinsenden Meute ab und ging. Völlig in ihre Gedanken vertieft rann sie los. Tausend Dinge schossen ihr durch den Kopf. „Er hat mich also nur benutzt. Und ich dachte, es wäre wahre Liebe“.
Sascha hatte beobachtet, wie Viola fort gerannt war. Total ahnungslos und besorgt lief er zu seinen Freunden. Er brauchte sie gar nicht erst zu fragen, was los war, als er diese vor der laufenden Videokamera sitzen sah und sie sich freudig in die Hände klatschten. „Seid ihr verrückt geworden? Was soll das? Oh- ich könnte euch...“ Wutentbrannt und besorgt lief er Viola hinterher. Als er sie vor sich den Bürgersteig entlang rennen sah, rief er ihren Namen. Viola drehte sich um, und als sie sah, dass Sascha immer näher kam, lief sie schneller. Immer wieder warf sie einen Blick zurück auf den rufenden Sascha, der schon fast bei ihr war. In Panik lief sie über die Straße- direkt in ein Auto rein, dass sie circa 5 Meter weiter schleuderte, bis sie mitten auf der Straße landete. Der völlig bestürzte Sascha rannte zu ihr und kniete sich neben sie. Er fasste nach ihrer Hand, streichelte ihr liebevoll übers Gesicht. Ihm liefen Tränen über die Wangen. Völlig aufgelöst schrie er den Autofahrer an, er solle einen Krankenwagen rufen. „Viola, es tut mir leid. Es tut mir leid, dass ich nicht wusste, was sie vorhatten. Und es tut mir leid, dass ich es nicht verhindern konnte. Doch du musst mir glauben, dass mir das mit uns nicht leid tut. Ich liebe dich und das wird bis an mein Lebensende so bleiben. Aber verlass mich jetzt bitte nicht!“ Doch es war schon zu spät. Viola schloss angestrengt ihre zitternden Augen. Mit einem lauten „Nein“ nahm Sascha ihren leblosen Körper und drückte ihn fest an seine Brust. Er strich ihr übers Haar, küsste ein letztes Mal zärtlich ihre Wangen und ihren Mund.



„......sollen alle wissen, dass ich Viola liebe. Und ich werde sie ewig lieben. Sie war der tollste Mensch auf Erden und die, die sie beschimpft und gehänselt haben, sind nicht länger meine Freunde.“ Den Tränen nahe brach Sascha am Grab seiner Liebsten zusammen. Simon kniete sich neben ihn, um ihn aufzuheben. Doch mit einem lauten „Nein!“ riss Sascha sich sogleich los. „Verschwinde! Verschwindet alle. Und wagt es ja nie wieder, mir unter die Augen zu kommen. Ihr versteht nichts von wahrer Liebe. Für euch war sie nur ein Spiel- eine Wette. Aber dieses Spiel ging zu weit. Es hat zwei Leben gekostet. Das von Viola und meines.“ Ohne irgend jemanden noch eines Blickes zu würdigen, drehte Sascha sich um und verließ den Friedhof. Seine Freunde sahen ihm traurig hinterher...

ENDE
 

Nordlicht

Mitglied
sehr schön

Der Text gefällt mir recht gut. Allerdings solltest du die von dir benutzten Zeitformen kontrollieren. Es gibt dort einige Unstimmigkeiten, die den ansonsten schönen Text holprig werden lassen.
Lieben Gruß
 



 
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