Ein seltsamer Urlaub im Sommer 1977, Gruselgeschichte

Der letzte Urlaubstag war angebrochen. Irene stand im Sonnenlicht vor der Pension und wartete auf Michael. Ihm war, als sie beide schon fix und fertig mit den Rucksäcken draußen standen und gerade zu ihrer letzten Wanderung aufbrechen wollten, etwas angeblich furchtbar Wichtiges eingefallen, was er im Zimmer vergessen hatte und er war noch einmal zurückgelaufen, um es zu holen. Jetzt schien er sich Zeit zu lassen. Während Irene geduldig auf ihn wartete, ließ sie die letzten Monate noch einmal Revue passieren: Vor erst drei Monaten hatten sie sich in einer Bar kennengelernt und Michael hatte sie sofort in seinen Bann gezogen. Er war äußerst charmant, verstand es zu flirten und ihr Komplimente zu machen. Dazu kam ein ansprechendes Äußeres. Michael war groß, etwa 1,85 m und schlank. Seine Augen leuchteten katzengrün, seine Haare waren dunkel, fast schwarz sund Irene, die selbst eher Typ graues Mäuschen war, hatte sich auf den ersten Blick in ihn verliebt. Da es ihr selbst ganz unwahrscheinlich erschien, dass so ein toller Mann sich ausgerechnet sie ausgesucht hatte, stellte sie ihm kaum Fragen und war mit dem zufrieden, was er ihr von selbst von sich und seiner Vergangenheit erzählt hatte. Jetzt fiel ihr zum ersten Mal auf, dass sie kaum etwas über ihn wusste. Auch über seinen Beruf wusste sie nicht wirklich Bescheid. Er hatte nur erzählt, dass er vor kurzem seinen Job als Redakteur bei einer Zeitung in seiner Heimatstadt aufgegeben hatte und dann in die kleine Stadt in der Nähe ihres Wohnortes gezogen war, um sich dort ganz ungestört der Schriftstellerei widmen zu können. Das sei sein Lebenstraum, und warum sollte er bis zur Rente warten, um sich einen solchen Traum erfüllen zu können? So hatte er es Irene erzählt und Irene hatte ihn für diesen Mut und diese Zuversicht bewundert. Ganz spontan hatten sie dann beschlossen, so schnell wie möglich gemeinsam in den Urlaub zu fahren. Auch das war eigentlich Michaels Idee gewesen. Irene hatte ein wenig gezögert, aber als er ihr dann erklärte, dass man das Leben genießen sollte – man wisse ja nie, wann es vorbei sei – hatte sie zustimmend genickt und es hatte keiner weiteren Überredung bedurft. Dass sie einiges von ihren bescheidenen Ersparnissen für die Reise opfern musste – was machte das schon aus? So teuer war die Pension schließlich gar nicht gewesen und Michael dankte es ihr auch überschwänglich. „Wenn ich erst einmal bekannt und berühmt bin“, hatte er einmal gesagt, „und es soweit ist, dass wir von meiner Schriftstellerei leben können, dann bekommst du alles mit Zins und Zinseszins zurück.“
Irene hatte lachend abgewehrt. „Mach dich nicht lächerlich! Die paar Kröten für den Urlaub kann ich verkraften.“ Und als Michael sie daraufhin liebevoll in die Arme nahm und sie zärtlich küsste, dachte sie, dass sie auf das Geld sowieso pfeifen würde. Wenn Michael nur für immer bei ihr bliebe ...

„So, erledigt!“ Michael tauchte lachend neben ihr auf. „Tut mir leid, dass es solange gedauert hat. Eigentlich wollte ich nur meine Sonnenmilch einpacken, dann ist mir eingefallen, dass ich noch beim Verlag anrufen wollte. Vorm Haustelefon musste ich warten, da wollten noch andere telefonieren. Aber dann ging es schnell. Der Verlag will, dass ich mein Manuskript spätestens nächste Woche einsende.“
„Ist es denn schon fertig?“ Irene war erstaunt, denn in dem dreiwöchigen Urlaub hatte Michael, soweit sie es mitbekommen hatte, keine einzige Zeile geschrieben.
„Fast.“ Michael gab ihr einen Kuss auf die Nasenspitze. „Aber jetzt komm, wir wollen endlich los, sonst ist der letzte Urlaubstag rum, ehe wir losgegangen sind.“
„Da hast du recht.“ Irene schulterte ihren Rucksack und dachte flüchtig darüber nach, ob sie alles Wichtige eingepackt hatte – was zu trinken, was zu essen, die Landkarten, die Taschenlampe? - entschied das mit Ja und fing an, sich auf den Tag und die Wanderung zu freuen.

Nachdem sie den ganzen Tag über gewandert waren, über Wiesen, durch Wälder und auch manchmal einer befestigten Straße gefolgt waren, wobei sie sich streng an den von ihnen schon am Tag zuvor festgelegten Weg gehalten hatten, kamen sie spätnachmittags endlich an das angepeilte Ziel: einen See, der bei Touristen berühmt-berüchtigt war. Angeblich waren hier schon mehrere Leute einfach verschwunden. Von den Einheimischen wurde er „Der Verwunschene“ genannt. Irene und Michael standen am Ufer und sahen auf den See, der im Sonnenlicht des Spätnachmittags silbern glitzerte.
„Das ist doch einfach wunderschön.“ Irene lehnte sich an Michaels Schulter, und er drückte sie fest an sich.
„Ja, wirklich! Und der See sieht kein bisschen furchtbar aus. Eigentlich kaum zu glauben, dass hier Leute verschwunden sein sollten.“
„Ich glaube es auch nicht. Ach, jetzt weiß ich auch, was ich noch hätte einpacken sollen: meinen Badeanzug. Ich hätte jetzt gute Lust, schwimmen zu gehen.“
Michael lachte. „Da bin ich froh, dass du ihn nicht dabei hast! Auch wenn das wahrscheinlich alles Humbug ist, ich hätte keine ruhige Minute, wenn du da hineingehen würdest! Ich könnte ja auch nicht mitkommen – bin ja Nichtschwimmer.“
„Ich weiß. Nee, schon gut, ich geh ja nicht rein.“ Irene schmiegte sich enger an ihn.
„Hm, ich müsste mal ….“
„Dann mach doch.“
„Hier, vor dir und du guckst zu? Das mache ich nicht. Und der nächste Baum, hinter den ich mich stellen könnte, steht ganz weit dahinten.“
„Ist doch egal, ich dreh mich um.“
„Nee, nee, ich verschwinde hinter dem Baum.“ Michael nahm seinen Rucksack und lief los.
„Lass deinen Rucksack doch hier!“ rief Irene hinter ihm her, aber Michael hatte sie entweder nicht gehört oder ihm lag aus irgendeinem Grund etwas daran, den Rucksack keinesfalls zurück zu lassen. Jedenfalls sprintete er mitsamt Rucksack in Richtung des nächsten Baumes davon.
„Manchmal ist er wirklich albern“; dachte Irene und beschloss, wenigstens ihre Füße bis zu seiner Rückkehr im See zu baden. Sie bückte sich, um Schuhe und Strümpfe auszuziehen und bemerkte, als sie barfuß war, dass ein Schatten auf sie fiel. Sie blickte hoch, in der Erwartung, Michael zu sehen, doch der Schatten gehörte zu einem völlig Fremden. Irritiert sah Irene ihn an. Wo kam er auf einmal her? Er war rothaarig, nicht sehr groß und hatte einen Vollbart in der gleichen Farbe. Sein Alter war schwer zu schätzen. Er trug einen dicken Parka – bei diesen sommerlichen Temperaturen! - und blickte sie nicht gerade freundlich an.
„Hi“, sagte er.
„Oh Mann“, dachte Irene. Was wurde das denn? Sie legte zum jetzigen Zeitpunkt keinen Wert auf irgendwelche Bekanntschaften, schon gar nicht, wann derjenige, der offenbar ihre Bekanntschaft machen wollte, keineswegs vertrauenerweckend aussah.
„Hi“, antwortete sie lahm.
„Sie sollten gehen“, sagte der Rothaarige.
„Wie bitte?“
„Sie sollten gehen. Der See ist gefährlich. Bloß nicht reingehen.“
„Ich wollte nur meine Füße reinstecken.“ Kaum hatte Irene die Worte ausgesprochen, ärgerte sie sich schon über sich selbst. Was ging es den Fremden denn an, warum sie ihre Füße wo auch immer hineinstecken wollte? Sie war ihm keine Erklärung schuldig. Und wo blieb eigentlich Michael? Sie sah sich nach der anderen Seite um. Von Michael war keine Spur zu sehen, der Baum, hinter den er sich hatte stellen wollen, sah verlassen aus, auch wenn das auf die Entfernung nicht genau zu beurteilen war.
„Ihr Freund ist verschwunden“, sagte der Rothaarige lapidar.
„Unsinn!“ Irene stand auf und nahm eine entschlossene Körperhaltung ein, die demonstrieren sollte, dass ihr keine Angst einzujagen war. „Er musste nur mal kurz. Wenn Sie verstehen, was ich meine.“
„Das hat er Ihnen erzählt, ja. Die Leute erzählen immer viel, ehe sie verschwinden.“
„Er ist nicht verschwunden“ , sagte Irene entschlossen. „Hören Sie zu, ich weiß überhaupt nicht, warum ich mit Ihnen über ihn rede.“ Und, plötzlich wütend geworden, fügte sie noch hinzu: „Würden Sie mich bitte einfach in Ruhe lassen!“
„Wie Sie wollen. Aber ich habe Sie gewarnt.“ Dem Rothaarigen war keine Gefühlsregung anzumerken. Er drehte sich um und stapfte davon.
„Gottseidank“, dachte Irene, als er nicht mehr zu sehen war. Aber als Michael auch in der darauffolgenden halben Stunde nicht auftauchte, wurde ihr doch unheimlich. Sie lief in die Richtung, in der sie ihn hatte verschwinden sehen, fand jedoch keine Spur von ihm, auch sein Rucksack war nirgendwo zu sehen.
„Michael, wo bist du? Michael, komm her! Bitte! Lass mich doch hier nicht allein! Wenn das ein Spiel sein soll, ist es ein verdammt blödes!“ Doch egal, wie sehr sie auch flehte, rief und schrie, Michael gab keine Antwort. Er blieb verschwunden. Erst als es dämmerte, ging Irene auf, dass sie sich alleine auf den Rückweg machen musste, wenn sie nicht an dem Ufer des ihr mittlerweile doch unheimlichen Sees ganz allein übernachten wollte.
Wenigstens hatte sie die Taschenlampe in dem Rucksack, den sie immer auf Wanderungen mitnahm. Sie nahm den Rucksack, kramte einige Minuten darin herum, bis sie die Taschenlampe gefunden hatte, seufzte auf, als sie sie fühlte, nahm sie heraus, knipste sie an – und erschrak fast zu Tode, als sie den Strahl nach oben richtete und dieser genau Michaels Gesicht traf. Sie hatte ihn weder kommen gehört noch gesehen.

„Oh mein Gott, Michael! Wie hab ich mich jetzt erschreckt! Aber Gottseidank bist du wieder da!“ Sie wollte ihn umarmen, hielt aber mitten in der Bewegung inne, weil ihr etwas an ihm völlig anders und seltsam vorkam. Sein Blick war starr, seine Miene alles andere als freundlich, und er schien sich nicht im Geringsten zu freuen, sie zu sehen.
„Michael? Was ist mit dir?“ fragte sie, „alles in Ordnung?“
Doch Michael antwortete nicht, sah sie nur weiter mit diesem seltsam starren Blick an. Dann wandte er sich plötzlich um, schien etwas sagen zu wollen, tat es aber nicht und rannte urplötzlich in schnellem Lauf davon.
„Michael!“ rief Irene hinter ihm her. „Komm zurück! Was soll das denn?“ Fassungslos blickte sie in die Richtung, in der Michael verschwunden war. Was war denn mit ihm los? Und wo war sein Rucksack geblieben, den er doch unbedingt hatte mitnehmen wollen?

Es blieb ihr nichts anderes übrig, als sich alleine auf den Weg zu machen. Sie wusste zwar nicht, wohin, aber hier, an dem unheimlichen See, wollte sie auf keinen Fall die Nacht verbringen. Es war besser, einfach zurück zu laufen, auf dem gleichen Weg, auf dem sie am Nachmittag hier angekommen waren, die Taschenlampe geradeaus zu richten, die Schultern zu straffen, und so zu tun, als sei sie einfach mutig und das alles würde ihr nichts ausmachen. Ihr fiel eine alberne Geistergeschichte ein, mit der ihre ältere Schwester sie mal hatte erschrecken wollen, als sie Kinder waren. „Wenn die Geister merken, dass du Angst hast, dann kommen sie“, hatte Elke anschließend gesagt, „deine Angst zieht sie magisch an und du bist ihr perfektes Opfer. Und du kannst nichts dagegen machen. Du darfst den Geistern einfach keine Angst zeigen, dann lassen sie dich in Ruhe.“ Und Irene hatte damals genickt und sich vorgenommen, niemals Angst vor Geistern zu haben. Aber damals war sie acht Jahre alt gewesen. Nun war sie 28 und sich eigentlich sicher, dass es keine Geister gab. Allerdings war es schon unheimlich – trotz Taschenlampe – auf diesem menschenleeren, verlassenen Weg im Dunklen zu marschieren, ohne eine Ahnung, wo er eigentlich hinführte. Irene hatte nicht den geringsten Orientierungssinn und sich immer darauf verlassen, dass Michael den Weg zurück schon finden würde. Aber stehenbleiben war die noch schlechtere Variante, also schritt sie tapfer aus, summte ein Liedchen vor sich hin, um sich Mut zu machen und atmete auf, als sie in der Ferne Scheinwerfer von vorbeifahrenden Autos zu sehen glaubte. Sie wusste nicht, ob es die gleiche Strecke war, auf der sie am Nachmittag gewesen waren, aber wenn sie Scheinwerfer sah, musste ja eine befahrbare Strecke in der Nähe sein, und sicher würde sie jemand in seinem Auto mitnehmen. Erleichtert ging, ja, rannte sie fast weiter, und tatsächlich erreichte sie bald eine richtige Landstraße. Gottseidank! Irene blieb stehen und sah sich um. Auf dieser Straße hatte sie eine knappe halbe Stunde vorher von ferne wohl ein oder zwei Autos fahren sehen, aber jetzt war die Straße völlig leer. Sie beschloss, trotzdem hier zu rasten und dann eben auf ein Auto zu warten. Das erschien ihr ratsamer, als einfach weiterzulaufen.

Sie musste nicht sehr lange warten. Keine 10 Minuten später hielt ein Wagen ein. Aufseufzend riss Irene die Wagentür auf – und erstarrte. Im Auto saß der Rothaarige, der ihr heute am Seeufer begegnet war. „Steigen Sie ein“, sagte der Mann, und als Irene nicht darauf reagierte, ihn nur schweigend anstarrte, fuhr er sie schließlich an: „Steigen Sie ein! Ihr Freund wartet auf Sie!“

Irene wollte sagen, dass gerade er ihr doch gesagt hatte, dass Michael verschwunden war. Sie wollte diesem unheimlichen Mann sagen, dass er zum Teufel gehen sollte. Sie wollte sagen, dass sie ganz bestimmt nicht in sein Auto einsteigen würde. Sie wollte sagen, dass sie nicht auf ihn hereinfallen würde … aber etwas zwang sie statt dessen dazu, einzusteigen.

Als sie im Auto saß, bewegte sich etwas auf dem Rücksitz. Irene drehte sich um und sah geradewegs in Michaels Gesicht. Die kurze Freude, ihn zu sehen, wich jedoch jäher Ernüchterung, als sie erkannte, dass er sie wieder mit dem starren Blick fixierte und gar nicht der Michael zu sein schien, denn sie zu kennen glaubte.

„Sind Sie bereit?“ fragte der unheimliche Mann, der das Auto steuerte, da.

„Was haben Sie mit meinem Freund gemacht? Sie haben ihn verhext!“

Der Rothaarige lachte auf.

„Sind Sie bereit?“ fragte er nochmal.

Irene sah geradeaus und wusste, dass sie verloren war.

„Ja“, sagte sie nur.

Aus dem Polizeibericht, August 1997

Wieder fordert der verwunschene See Tote
Aus dem See, der auch „Der Verwunschene“ genannt wird, wurden gestern zwei Leichen geborgen, eine männliche und eine weibliche, beide ca. Anfang 30. Die beiden Leichen waren vollständig bekleidet, offenbar sind sie aus Übermut in den See gesprungen und dann dort ertrunken. Die beiden waren offenbar ein Liebespaar und hatten sich in einer Pension in der Nähe ein Zimmer genommen. Es war der letzte Urlaubstag. Da ein Abschiedsbrief des Mannes im Pensionzimmer gefunden wurde, aus dem suizidale Absichten hervorgehen, ist nicht auszuschließen, dass das Paar absichtlich gemeinsam in den Tod ging.


Die Polizei warnt eindringlich davor, in dem See zu baden oder zu angeln! So harmlos er auch auf den ersten Blick erscheinen mag, er fordert immer wieder Opfer.
 

ThomasQu

Mitglied
Hallo SilberneDelfine,

Sätze bilden, das kannst du wirklich gut und man merkt, wieviel Spaß dir das macht.
Allerdings ist dir alles, wie schon in der ersten Version, viel zu ausführlich geraten. Lass doch unwichtige Sachen einfach weg.
Ich habe mir jetzt mal erlaubt, den ersten Teil deiner Geschichte etwas zu kürzen. Übrig geblieben ist eine halbe Seite, wobei das noch immer sehr ausführlich ist.

Über die Handlung deiner Geschichte möchte ich nur sagen, dass es auch da noch großen Überarbeitungsbedarf gibt.


Irene stand im Sonnenlicht vor der Pension und wartete. Michael war schnell noch einmal ins Zimmer hochgelaufen, um etwas zu holen.
„So, erledigt!“ Lachend tauchte er neben ihr auf. „Tut mir leid, dass es so lange gedauert hat. Eigentlich wollte ich nur meine Sonnenmilch einpacken, dann ist mir eingefallen, dass ich noch meinen Lektor anrufen wollte. Der Verlag will, dass ich mein Manuskript spätestens nächste Woche einsende.“
„Ist es denn schon fertig?“ Irene war erstaunt. In dem dreiwöchigen Urlaub hatte Michael, soweit sie es mitbekommen hatte, keine einzige Zeile geschrieben.
„Fast.“ Michael gab ihr einen Kuss auf die Nasenspitze. „Aber jetzt komm, wir wollen endlich los, sonst ist der letzte Urlaubstag rum, ehe wir losgegangen sind.“
„Da hast du Recht.“ Irene schulterte ihren Rucksack und dachte flüchtig darüber nach, ob sie alles Wichtige eingepackt hatte, entschied das mit Ja und fing an, sich auf den Tag und die Wanderung zu freuen.

Nachdem sie über Wiesen und durch Wälder gewandert waren, kamen sie spätnachmittags endlich an das angepeilte Ziel: ein See, der bei Touristen berühmt-berüchtigt war. Angeblich waren hier schon mehrere Leute spurlos verschwunden, von den Einheimischen wurde er “Der Verwunschene“ genannt.
„Das ist doch einfach wunderschön.“ Irene lehnte sich an Michaels Schulter und die Wellen glitzerten im Sonnenlicht.
„Ja, wirklich! Und der See sieht kein bisschen furchtbar aus. Eigentlich kaum zu glauben, dass hier Leute verschwunden sein sollen.“
„Ich glaube es auch nicht. Ach, jetzt weiß ich, was ich noch hätte einpacken sollen: meinen Badeanzug. Ich hätte jetzt gute Lust, schwimmen zu gehen.“
Michael lachte. „Da bin ich froh, dass du ihn nicht dabei hast! Auch wenn das wahrscheinlich Humbug ist, ich hätte keine ruhige Minute, wenn du da hineingehen würdest! Ich könnte ja auch nicht mitkommen – bin ja Nichtschwimmer.“
„Ich weiß. Nee, schon gut, ich geh ja nicht rein.“ Irene schmiegte sich enger an ihn.

Grüße,

Thomas
 
Hallo ThomasQu,

vielen Dank für dein Lob und deine Kritik! Diesmal stimme ich aber nicht vorbehaltlos zu :), auch wenn ich selber mit dem Schlussteil nicht hundertprozentig zufrieden bin.
Der Anfang ist recht ausführlich geraten, weil ich eine bestimmte Atmosphäre erzeugen wollte - nämlich dem Leser zu vermitteln, dass Irene über Michael kaum etwas weiß, um seinen Abschiedsbrief begreiflicher zu machen.

Wäre die Geschichte so gekürzt wie du es in deiner Antwort geschrieben hast, würde der Leser überhaupt keine Beziehung zu den Figuren aufbauen können, zumindest sehe ich das so. Einfach nur zwei Namen und man weiß gar nichts weiter wäre mir für die Geschichte zu wenig gewesen, da im weiteren Verlauf der Geschichte ja auch nichts Persönliches über die Figuren vorkommt. In deiner Version könnten es genauso gut 2 Teenager sein oder ein schon lange verheiratetes Ehepaar. Außerdem sollte die Geschichte aus Irenes Sicht und nicht neutral erzählt werden und der Leser ruhig etwas zum Nachdenken haben. Es ist aber schon interessant, dass du den ersten Teil kritisierst, der mir meiner Meinung nach am besten gelungen ist. D.h. eigentlich hast du die Satzbildung ja gelobt :), er ist dir nur zu lang. Dafür bin ich mit dem Schluss immer noch unzufrieden (den hatte ich aber auch schon wesentlich früher einmal geschrieben, in einer damals schon überarbeiteten Fassung).

Es freut mich übrigens sehr, dass du dich auch mit der zweiten Fassung beschäftigt hast.

LG SilberneDelfine
 



 
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