Ein ungebetener Gast

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LUPESIWA

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Aus meiner Reihe "Geschichten über Senioren für Senioren

Ein ungebetener Gast

„Sie sollten nicht ohne Mütze rausgehen“, ruft Schwester Hilde kopfschüttelnd einem Bewohner hinterher, „und ihre Tabletten haben sie…“weiter kommt sie nicht.
Gustav Häberlein ist längst hinter seiner Zimmertür verschwunden. Vorsichtig zieht er eine graue Wollmütze unter seiner Regenjacke vor und schaut hinein. Da klopft es kurz und Schwester Hilde steht in der Tür „…auch noch nicht genommen!“, vollendet sie den Satz ziemlich energisch.
„Ja, ja, ist in Ordnung, komme, ich komme“, stottert ihr Gegenüber und versteckt seinen linken Arm ruckartig hinter dem Rücken. Dabei fällt ihm die Mütze aus der Hand. Die Schwester lässt ihn nicht aus den Augen und so muss er wohl oder übel den Raum mit ihr verlassen.
„Was ist los mit ihnen? Sie benehmen sich wie ein zerstreuter Professor?“, versucht sie zu scherzen und drückt ihm ein Gläschen mit Pillen und eins mit Wasser in die Hand. Ohne zu antworten eilt Häberlein besorgt zurück, er hatte doch die Tür weit offen gelassen.

Sturmböen fegen um das Haus und große Regentropfen klatschen unaufhörlich gegen die Fensterscheiben. Isolde Gruber läuft mit gesenktem Blick den langen Gang rauf und runter.
„Das gibt’s doch nicht“, sehe ich vielleicht schon Gespenster? Das gibt’s doch nicht“, murmelt sie halblaut vor sich hin und stößt fast mit einem Rollator zusammen.
„Was gibt es nicht, Frau Gruber? Sie schauen drein, als hätten sie einen Geist gesehen.“
„So ungefähr, Frau… äh, “Frau Eberlein. Ich meinte nur, das gibt’s doch nicht, dieses Schitwetter.“
„Da haben sie mal Recht, Frau Gruber“ erwidert die und schiebt etwas pikiert weiter.
„Das war knapp“, denkt Isolde. „Ich kann doch der Eberlein nicht erzählen, dass eine graue Wollmütze über den Flur tippelt. Schon heute Abend würde im ganzen Haus die Runde machen, dass ich wohl ein bisschen verrückt geworden bin. Aber ich hab gesehen, was ich gesehen habe, verflixt noch mal!“
Etwas ratlos läuft sie abermals zur Sitzecke und schaut unter jeden Stuhl und lauscht angestrengt auf jedes Geräusch. Doch außer dem Klatschen der Regentropfen an den Fenstern ist es sehr still. Alle Hausinsassen haben es sich wohl vor dem Fernseher gemütlich gemacht.

Nicht alle. Gustav Häberlein eilt ebenfalls völlig aufgelöst den Gang entlang, schaut in jede Ecke und kommt gerade aus dem Geräteraum für Rollatoren usw. Da entdeckt er Frau Gruber. Sie duzen sich schon lange, da sie festgestellt haben, dass sie die gleiche Liebe und Leidenschaft für die Natur teilen.
„Suchst du was, Isolde, kann ich dir helfen?“
Etwas erschrocken richtet sie sich auf. „Ah, du bist es Gustav, Gott sei Dank, dir kann ich es ja erzählen.“
„Was erzählen, Isolde, du hast doch nicht etwa meinen Igel gesehen?“
„Deinen Igel? Du hast einen Igel mit hoch gebracht?“, prustet sie lauthals los und kann sich kaum beruhigen. „Gustav, Gustav, wenn das Schwester Hilde mitkriegt. Du weißt, dass das nicht geht und ich weiß, dass ich nicht verrückt bin.“
Den Zusammenhang versteht Häberlein überhaupt nicht und bedrängt sie weiter. „Was ist nun, hast du ihn gesehen?“
„Hab ich nicht, ich hab nur eine graue Wollmütze gesehen, die nach hinten getippelt ist!“
„Oh nein“, entfährt es Gustav Häberlein und gemeinsam rücken sie alle Stühle leise zur Seite. In der allerletzten Ecke entdecken sie etwas Graues. Vorsichtig hebt Häberlein es hoch und flüstert verschwörerisch Isolde hinterher, „bis gleich.“
Der Wind hat sich etwas gelegt und Beide machen noch einen kleinen Spaziergang in den Park.
 

Maribu

Mitglied
Hallo LUPESIWA!

Geschichten über Senioren in Heimen sind meistens tragikomisch.
Das sind deine Miniaturen auch.
Immerhin sind sie noch nicht so dement, dass sie einander erkennen und sich bei Namen nennen!
Ich würde dir empfehlen, mehr Spannung hineinzubringen; vielleicht sogar etwas Spektakuläres schildern, ohne die alten Menschen zu verletzen oder zu diskriminieren.

Was mich wieder ärgert, ist die 2-Punkte-Wertung von "anonym"!
Es sind immer dieselben, die nichts zustande bringen, andere Autoren entmutigen wollen und sich daran aufgeilen!

Freundliche Grüße
Maribu
 

LUPESIWA

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Hallo Maribu,
Danke fürs Reinlesen und Deine Meinung dazu. Natürlich hast Du Recht, es sind keine aufregenden und spannenden Geschichten. Aber gerade die kleinen lustigen, traurigen, banalen, mißverständlichen und freudigen Begebenheiten bestimmen den Alltag vieler Menschen die auf Hilfe angewiesen sind und in einer Gemeinschaft betreut leben.
Ich habe noch viele Ideen im Kopf und vielleicht klappt es auch noch mit mehr spannenden Momenten.
Etwas verspätet setzte ich mal mein Vorwort rein. Vielleicht verdeutlicht es die Inspiration zu dieser Reihe Geschichten etwas.
Ein gutes Jahr wünscht Lupesiwa
 



 
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