Eindruck

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Vera-Lena

Mitglied
Eindruck

Mir
kommt es nicht zu,
die Rose in Wörter
zu zwängen.

Mir schenkt sie ihren Duft
und wenn ich es hin und her
erwäge,
schenkt sie mir ein Lächeln.

Unter den Tautropfen
glitzert sie gelb
zu mir empor.

Du Schöne, flüstere ich.
Das lässt sie nicht erröten
und bringt sie nicht
aus der Fassung.

Ein Schatten werfendes Etwas
bin ich für sie,
das bald wieder
gegangen sein wird.

Mir aber
bleibt sie auf der Netzhaut
und jeder Bogen weißen Papieres
sagt mir: Ich bin gelb,
schau:
gelb bin ich.
 

HerbertH

Mitglied
Liebe Vera-Lena,

meinst Du hier ein gelbes Nachbild oder ist die Rose sowieso schon gelb?

Liebe Grüße

Herbert
 

Vera-Lena

Mitglied
Ihr Lieben, Marie-Luise und Herbert,

die Rose ist gelb.

"Unter den Tautropfen glitzert sie gelb zu mir empor."

Ich vermute mal, dass der Titel zum Verstehen beitragen könnte.

Mir ging es darum, dass auch die Seele eine Aufnahmefläche darstellt, in welche sich Eindrücke abzeichen, nicht unbedingt in Form von Sprache oder von Bildern, sondern von Erlebnissen.

Ist der EinDRUCK sehr intensiv, dann braucht der Mensch einige Zeit, bis er das Erlebnis, wenigstens zum Teil, verarbeitet hat und die jetzige Realität um sich herum wieder wahrnehmen kann. Das können traurige aber auch (wie in diesem Fall) sehr schöne Erlebnisse sein.

Hier bei der gelben Rose ist es so, dass die Farbe gelb vorerst noch alles überstrahlt, was das Lyri um sich herum wahrnehmen könnte.

So habe ich das gemeint.

Ganz lieben Dank für Euer Lesen und Nachfragen! :)

Auch Dir, anbas, danke für Deine Bewertung! :)

Euch Allen liebe Grüße
Vera-Lena
 
Liebe Vera Lena,
wenn ich das jetzt richtig verstehe, hat alles, was du nach dem Betrachten der Rose siehst, eine gelbe Farbe hat, da sie einen tiefen Eindruck hinterließ.

Ich verstehe nur nicht, dass du ausgerechnet den weißen Bogen Papier erwähnst.
Nochmals grüßt
Marie-Luise
 

Vera-Lena

Mitglied
Liebe Marie-Luise,

den Bogen Papier habe ich genommen, weil man Papier ja auch beDRUCKT. Es ist eine Art Parallele zwischen dem Aufnehmen der Seele und dem Aufnehmen des physischen Auges.

Vielleicht wollte das Lyri ja auch etwas schreiben gleich im Anschluss an das Erlebnis mit der Rose,aber das hat einfach nicht funktioniert. Das Gelb der Rose stand immer noch vor seinem inneren Auge.

So habe ich das gemeint.

Danke, für Dein nochmaliges Nachfragen!

Liebe Grüße
Vera-Lena
 

Label

Mitglied
Liebe Vera-Lena

Dieses Gedicht gefällt mir ausnehmend gut

ich glaube genau zu verstehn was du meinst. Ein Eindruck der so stark ist, dass, würde man befragt was gerade war, man nur(im Falle dieser Rose) gelb, gelb sagen könnte.
Weil dieser Eindruck alle anderen die man gleichzeitig auch wahrgenommen hat, überstrahlt.

Dieser Text ist von einem tiefen Respekt und Sensibilität für alles nicht-Ich getragen.
Wenn ein Mensch seine Sinne und Aufmerksamkeit so weit für Anderes öffnet - kann es schon geschehen, dass er überwältigt wird.
Viele Menschen verbarrikadieren ihre Sensibilität hinter Erwartungen und werden nicht so leicht beeindruckt.

Ein Paradoxon.
Menschen sehnen sich nach Eindrücken und brauchen sie auch - gleichzeitig fürchten und vermeiden sie sie, darum wird die Jagd nach Erlebnissen immer skurriler.

Da hast du mir ein schönes Thema geschenkt über das ich gerne noch weiter nachdenken werde. Danke

Label
 

Walther

Mitglied
Hallo Vera-Lena,

wunderschön, Dein Rosengeranke. :) Einzig hier
Mir schenkt sie ihren Duft
und wenn ich es hin und her
[blue]wäge[/blue],
schenkt sie mir ein Lächeln.
muß das Erwägen durch Wägen ersetzt werden. Hin und her Erwägen geht grammatisch und sprachgebräuchlich nicht ganz zusammen.

Gerne gelesen und kommentiert!

LG W.
 

Vera-Lena

Mitglied
Lieber Walther,

ja, Du hast Recht in dem "erwägen" ist das "hin und her" ja schon mit enthalten.

Jetzt muss man beim Lesen, weil die unbetonte Silbe "er" fehlt, eine kleine Pause machen. Aber diese Pause unterstreicht den Textinhalt, denn das "Wägen" braucht ja einige Zeit.

Herzlichen Dank für Dein genaues Lesen. Gerne nehme ich Deine gute Kenntnis der deutschen Sprache zu Hilfe und werde den Text an dieser Stelle Deinem Vorschlag gemäß ändern.

Es freut mich, dass Dir der Text zusagt. :)

Danke für Deinen Kommentar und die Bewertung!

Liebe Grüße
Vera-Lena
 

Vera-Lena

Mitglied
Eindruck

Mir
kommt es nicht zu,
die Rose in Wörter
zu zwängen.

Mir schenkt sie ihren Duft
und wenn ich es hin und her
wäge,
schenkt sie mir ein Lächeln.

Unter den Tautropfen
glitzert sie gelb
zu mir empor.

Du Schöne, flüstere ich.
Das lässt sie nicht erröten
und bringt sie nicht
aus der Fassung.

Ein Schatten werfendes Etwas
bin ich für sie,
das bald wieder
gegangen sein wird.

Mir aber
bleibt sie auf der Netzhaut
und jeder Bogen weißen Papieres
sagt mir: Ich bin gelb,
schau:
gelb bin ich.
 

Vera-Lena

Mitglied
Liebe Label,

danke für Deinen ausführlichen Kommentar! :)

Ja, das Überwältigtwerden hat viel mit Konzentration zu tun, denke ich. Nur wenn man sich auf etwas wirklich konzentrieren kann, öffnet man ihm die Tür, so dass es einen im Innersten berührt.

In der heutigen Hektik der Arbeitswelt, aber auch der ständigen Erreichbarkeit(so dass man eigentlich andauernd gestört werden könnte) fällt es schwer, sich zu konzentrieren. Auch die Zerstreuungsmöglichkeiten sind heute so umfangreich, wie das in meiner Kindheit noch undenkbar war.

Das Lyri aber lebt noch in einer gewissen Abgeschiedenheit, ohne den Blick auf die jetzige Wirklichkeit verloren zu haben und so ist das Leben für das Lyri immer noch voller Wunder.

Dass die Menschen auf der Suche nach Eindrücken immer skurrilere Wege beschreiten wird für mich deutlich, wenn ich mir einen Krimi anschaue. Bei manchen von diesen geht es immer schauerlicher zu. Ich kann mir nicht vorstellen, dass das wirklich nötig ist. Die Fernsehanstalten gehen davon aus, dass der Zuschauer dergleichen wünscht, aber haben sie wirklich Recht damit?

Andereseits gibt es Filme mit leisen Tönen, die es schaffen, den Zuschauer in ihren Bann zu ziehen und eine Wahrheit zu vermitteln. Empfehlen möchte ich den Film: "Wie im Himmel". Der Schluss ist überwältigend und man müsste eigentlich verstanden haben, was Kunst ist; nun ja nicht mit Worten, wie sollte man das auch formulieren, aber die Seele könnte es begreifen.

Ich freue mich sehr darüber,liebe Label, wie tief Du in diesen Text hineinlauschen konntest. Danke! (auch für die Bewertung)

Liebe Grüße
Vera-Lena
 
F

Fettauge

Gast
Hallo Vera-Lena, das Thema Rose, ein beliebtes, oft gewähltes Thema der Lyrik, da ist es gar nicht so einfach, etwas Neues sagen zu können. Du bewunderst sie und bezweifelst, dass du sie "in Wörter zwängen", das heißt, überhaupt über sie schreiben darfst.

Für V2 würde ich eine kleine Umformulierung vorschlagen wegen des zweimal im gleichen Sinne gebrauchten "schenken".

Ihren Duft schenkt sie mir,
ein Lächeln.

Das "wägen" bringt nicht allzuviel. Wozu eigentlich wägen, dann bezweifelt das LI den Duft, das Lächeln der Rose, es muss abwägen. Wogegen eigentlich? Wägen setzt immer zwei Dinge voraus, das "hin und her" ersetzt sie nicht.

Dann schlage ich dir einen harten Schnitt vor, nämlich Schluss zu machen bei:

Du Schöne, flüstere ich.

Was folgt, scheint mir nicht sehr von Belang. Mein Vorschlag sähe dann folgendermaßen aus:

Mir
kommt es nicht zu,
die Rose in Wörter
zu zwängen.

Duft schenkt sie mir,
ihr Lächeln.
Unter (den) Tautropfen
glitzert sie gelb
(zu mir empor).

Du Schöne, flüstere ich.

Du könntest sogar noch weiter kürzen, indem du nur V1 und die letzte Verszeile nimmst, was für mich logischer wäre:

Mir kommt es nicht zu,
die Rose in Wörter
zu zwängen.
Du Schöne, flüstere ich.

lg Fettauge
 

Vera-Lena

Mitglied
Hallo Fettauge,

so wie Du es liest, kann ich diese Verse nicht lesen.

Die Rose und der Mensch sind zwei Lebewesen und in diesem Text stehen sie einander gegenüber. Der Mensch durchaus mit dem Wissen, dass die Rose ihn nicht in der gleichen Weise betrachten kann, wie er das mit ihr tut,

dennoch....er taucht ein in einen Moment, da er die Rose als ein ebenbürtiges Wesen betrachtet, sagen wir mal, es ist eine Art Meditation in der ihm das Wesen der Rose deutlich wird.

Und während dieser Meditation muss er ja erst einmal zu ihr hinfinden. Während dieser Suche "wägt" er dann auch, ob sie ihm zulächelt oder nicht. Die Alternative vom Zulächeln kann ja nur sein, dass sie ihm nicht zulächelt.

Der zweite Teil, den Du gerne gestrichen sähest ist mir aber ebenso wichtig. Nachdem das Lyri mit dem Wesen der Rose "verschmolzen" ist, kommt ihm narurgemäß der Gedanke, was es als der Mensch, der es ist, der Rose bedeuten kann. Und das Lyri sieht glasklar, dass die Rose ein anderes Wahrnehmungsvermögen besitzt als der Mensch und so lässt er ganz unbekümmert die Rose sie selbst sein.

Er aber ist ergriffen von ihr für länger als ein paar Minuten.

So kann man es aus dem Text herauslesen. Man könnte es aber auch noch übertragen auf die Beziehung zweier Menschen, in der jedenfalls einer von ihnen darum bemüht ist, mit aller Redlichkeit und Wahrhaftigkeit, den anderen "er selbst" sein zu lassen. Das ist natürlich ein bisschen weit hergeholt, wäre aber denkbar.

So sehe ich diesen Text.

Ich danke Dir sehr, dass Du ihn so aufmerksam gelesen hast und Dir bis hin zu Vorschlägen darüber Gedanken gemacht hast.

Mich selbst stört noch nicht einmal das doppelte "Schenken" so nahe beieinander, was ich sonst auch zu vermeiden suche. Hier aber passt es genau hin. Das Lyri "sammelt die Geschenke ein, eines nach dem anderen, wie eine Kette von Geschenken, wobei das Lyri zunächst gar nicht glauben kann, dass die Rose ihm ein Lächeln schenkt.

Noch einmal meinen herzlichen Dank! :)

Dein letzter Vorschlag ist ein ganz und gar neues Gedicht, das mir gut gefällt.

Liebe Grüße
Vera-Lena
 

Ralf Langer

Mitglied
Hallo vera-lena,

mir gefallen ein paar gedanken sehr
in diesem stück:

Mir kommt es nicht zu
die Rose in Worte zu kleiden
ist sie sich selbst
doch Kleid genug.

Ich bin nur ein Schatten,
der über ihrer Blüte steht
und leise Liebesworte flüsternd
an ihrem Sein vorübergeht.

soweit meine gedanken zu deinen Bildern.
Ich bin bei einer einfachen Betrachtung geblieben

freundliche Grüße
Ralf
 

Vera-Lena

Mitglied
Hallo Ralf,

wie schön, dass Dir diese Dinge in den Sinn gekommen sind beim Lesen dieses Textes. :)

Ich freue mich auch, dass der Text Dir etwas sagt und Dir gefällt.

Liebe Grüße
Vera-Lena
 



 
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