Eine Hundegeschichte

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Tasha

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Eine Hundegeschichte

Sie war jung, schön, blond und roch wahnsinnig gut. Paul hatte seine beiden Augen auf Matuscheks Golden Retriever Hündin geworfen. Hingebungsvoll bewachte er ihre Eingangspforte, immer bereit seine großen Pfoten auf die Klinke zu drücken, um seine Angebetete zu einem Spaziergang zu entführen. Sehr zum Missfallen meines Nachbarn Klaus Matuschek, der seine Luna, die das Glück hatte den momentan beliebtesten aller Hündinennamen zu tragen, ungern von einem Straßenhund hofiert sah. Einen ehemaligen Straßenhund, wie ich gerne richtig stellte, der allerdings immer noch sehr mit seiner Vergangenheit verbunden war. Für unser Zusammenleben bedeutete das, dass Paul der aufmerksamste, zugewandteste und freundlichste tierische Begleiter war, den man sich vorstellen konnte, so lange seinem Freiheitsdrang keine Grenzen gesetzt wurden. Ich fand Matuscheks häufige Telefonanrufe absolut überflüssig, da Luna zwar über ein seidenweiches Fell verfügte, aber nicht über den Grips Pauls Aufforderung nachzukommen. Zudem war für Verhütung gesorgt, Paul hatte die Türkei nur kastriert verlassen dürfen. Immerhin hatte er sie verlassen dürfen, was heutzutage nicht für jeden eine Selbstverständlichkeit darstellt.
Ich schlage mich als freie Illustratorin durch. Wenn sie irgendwann ein Kinderbuch in den Händen halten, auf dem sehr kleingedruckt der Name Marie Genoveva Ritter zu lesen ist, bitte sofort kaufen. Wobei der Anteil, der mir zu steht, so klein ist, dass es einem die Tränen in die Augen treibt. Wegen meines Namens müssen sie mich nicht bemitleiden, so ein Vorname härtet ab für’s Leben. Auch wenn das meiner Mutter nie bewusst war, die eine Vorliebe für historische Romane besitzt und ansonsten völlig weltfremd ist. Als ich vor vierzig Jahren als letztes von vier Kindern auf die Welt gekommen bin, hatte sie das zum Anlass genommen mit Hilfe der Bücher dem Alltag sooft wie möglich zu entfliehen. Dadurch wurde ich früh selbständig und lernte mit wenig zufrieden zu sein. Was mir heute zu Gute kommt. Denn was braucht es den schnöden Mammon, wenn man günstig im Grünen wohnen kann und unter dem Schreibtisch plüschigstes Fell liegt. Ein Collie im Genpool ist eine gute Investition für kuscheliges Kraulen. Oft fehlt allerdings die Quelle meiner Inspiration um seinen vielfältigen Aufgaben nachzukommen. Dazu gehört regelmäßige Dorfkontrolle, zwischentierische Kontakte und das Apportieren von Fundsachen.
Eines Tages im Juni, Paul machte gerade Pause und lag sichtlich entspannt zu meinen Füßen, war wieder einmal Matuschek am Telefon. Völlig aufgelöst. Seine Luna war weg. Paul spitzte sofort die Ohren, soweit das bei Schlappohren ging, als er den Namen seiner Favoritin hörte. Deren Besitzer versuchte ihn als Schuldigen anzuprangern. Doch zum Glück konnte ich ihm ein hundertprozentiges Alibi geben. Nun klang Matuschek so verzweifelt, dass ich Mitleid bekam und ihm unsere Hilfe bei der Suche anbot. Insgeheim dachte ich noch, welche gute Gelegenheit die Erfahrungen aus unserem Man Trailing Kurs im wahren Leben anzuwenden. Paul kam an seine Schleppleine, mit der wir auch durch den Wald zogen, denn unter seinen Vorfahren waren nicht nur Collie und Schäferhund, sondern auch ein fähiger Jagdhund. Auf meine Aufforderung hin holte der sichtlich dankbare Matuschek Lunas Kuscheldecke, die ich Paul am Gartentor unter die Nase hielt, und auf mein Zeichen sauste er los. Quer über die große Dorfwiese mit den alten Eichen, um die die Höfe wie Tortenstücke angelegt waren, ging es die schmale Straße, die aus dem Rundling führte, entlang. Kettenraucher Matuschek hatte Mühe das Tempo zu halten. Unbeirrt folgte Paul der Spur auf dem Seitenstreifen, und als wir an die Kreuzung kamen, suchte er sorgsam jeden Weg ab, um dann den Pfad Richtung Wald zu wählen. Am Waldrand mussten wir eine Zwangspause einlegen, als Matuschek uns eingeholt hatte, war Paul kaum noch zu halten. Die Nase dicht auf dem Boden ging es kreuz und quer durch das Unterholz. Seine Ausdauer wurde belohnt. Auf einer kleinen Lichtung an einer dicken Buche mit einem Drahtseil festgebunden, saß Luna und fiepte vor Freude. Voller Stolz streichelte und herzte ich Paul, der wiederum freudig Luna beschnüffelte. Der alte Matuschek sank vor seinem Hund auf die Knie und ich meinte sogar Tränen in seinen Augen zu sehen. ,,Wer macht denn so was“, stieß er hervor, während er Luna befreite. Ich schaute mich um. Hier hin verirrte sich normalerweise niemand, das wäre Lunas Ende gewesen.
Zurück an meinem Schreibtisch war an Arbeiten nicht mehr zu denken. Ich kaute auf meinem Stift herum. Ja, welcher Hundehasser macht denn so etwas. Oder war diese Tat gar nicht geben Hunde gerichtet gewesen, sondern ein persönlicher Racheakt gegen Matuschek. Der hatte recht ahnungslos gewirkt. Meine Phantasie ging mit mir durch. Die nächsten Tage vergingen wie im Fluge und es geschah weiter nichts. Ich versuchte Paul im Auge zu behalten, was sich als nicht so leicht herausstellte. Den einen Moment lag er noch auf der Wiese, um im anderen verschwunden zu sein. Um dann seelenruhig seine, hier sind meine alten Knochen vergraben, Verstecke zu kontrollieren, und dabei so zu tun, als ob er nie weggewesen wäre. Ich musste auf unser Glück und seine Intelligenz vertrauen.
Von Matuschek und seiner Luna sahen und hörten wir nichts, und ich begann den Vorfall langsam zu vergessen. Bis zu der Nacht vom 21. Juni, Sommersonnenwende und damit der längste Tag des Jahres. Ich war lange draußen gewesen und dann auf dem Sofa eingeschlafen. Als Paul anfing zu bellen und wie verrückt an dem Fenster hochsprang, das zu Matuscheks Hof zeigte, fuhr ich vor Schreck in die Höhe und da war mir auf einmal alles klar, Luna war entführt worden um sie aus dem Weg zu räumen. Jemand wollte sich ungehindert Zugang zum Haus verschaffen. Matuschek sollte bestohlen werden. Waren er und Blondie überhaupt zuhause? Ich musste ihn warnen. Meine Freundin Sinja sagte später, jeder normale Mensch wäre zum Telefon gegangen und hätte die Polizei angerufen. Ich stand auf, ging zur Hintertür und öffnete sie. Paul hatte nicht aufgehört zu bellen, er stand mit beiden Pfoten auf der Fensterbank und benahm sich wie ein Berserker. Als er mitbekam, dass die Tür offen stand, stürzte er hinaus und raste zu der Buchsbaumhecke, die die Grundstücke trennte. Ich schnappte mir die Taschenlampe aus der Schublade der Flurkommode und rannte hinterher. Wir zwängten uns durch die lichte Stelle in der Hecke, besser gesagt, Paul setzte mit einem elegantem Sprung hindurch, während ich mich mühsam durchkämpfte. Matuscheks Auto war weg und seine Hintertür stand offen. Pauls Gebelle war verstummt. Jetzt wäre genau der richtige Zeitpunkt gewesen, angesichts dieser Beweislage, die Polizei zu rufen. Ich entschloss mich zuerst nach Paul zu sehen.
In Matuscheks Haus war ich noch nie gewesen. Er war ein Eigenbrötler und ich hatte eine gesunde Aversion gegen Nachbarn. Zuerst sind sie alle nett und verständnisvoll, kurze Zeit später wollen sie über die Höhe deiner Hecke bestimmen und mischen sich in dein Leben ein. Im Haus leuchtete ich mit meiner Taschenlampe vorsichtig die Zimmer aus. Das Mobiliar war überschaubar und pedantisch gepflegt. Kein Staubkorn und kein Hundehaar waren zu sehen. Wie gut, dass ich Matuschek nie mein trautes Heim zugemutet hatte. Allerdings waren die Schubladen aufgerissen und sahen durchwühlt aus. Ich hörte das vertraute Klacken von Pauls Krallen auf dem Holzfußboden, im Flur kam er mir entgegen, in der Schnauze ein Stück Stoff. Durch die offene Haustür drang das Geräusch eines sich sehr schnell entfernenden Fahrzeuges. Während ich Paul für seine Beute lobte, fiel mein Blick auf den weißlackierten Holzrahmen der Küchentür. Dort steckte ein mit einem Messer aufgespießter Zettel, auf dem stand in krakeliger Schrift:
Wir kommen wieder. Rück das Geld raus.
Oh Mann, dachte ich, Matuschek worin bist du verwickelt. Mein Gefühl sagte mir, dass es nicht in seinem Interesse liegen würde, wenn ich heute noch einen gutaussehenden Polizisten in seinem Heim treffen würde. Und wie groß war diese Chance überhaupt. Also ging zu dem altmodischem Telefon und blätterte in Matuscheks Telefonbuch nach seiner Handynummer. Er ging sofort dran und nachdem ich ihm die Zustände in seinem Haus geschildert hatte, herrschte erst einmal Funkstille. Ein ,,soll ich die Polizei anrufen“, brachte seine Stimme zurück. Er räusperte sich und die erwartete Antwort kam prompt. ,,Oh, danke Frau Ritter, nein das mache ich schon, danke für ihr beherztes Eingreifen. Schließen sie einfach die Türen und gehen sie wieder nach Hause. Paul hat die Diebe für heute bestimmt verjagt.“ Ich tat, was mir gesagt wurde. Als ich dann putzmunter auf meinem Sofa saß, nachdem ich mir einen Baileys auf Eis und Paul einen Hundekeks gegönnt hatte, fing ich an nachzudenken. Was war mit diesem unscheinbaren Sechzigjährigen los? Was wusste ich über ihn? Wovon bestritt er seinen Lebensunterhalt? Als ich vor drei Jahren nach Püggen gezogen war, wohnte Matuschek schon hier. Hatte ich mich durch sein spießiges Äußeres täuschen lassen? Ich beschloss am nächsten Morgen eine Internetrecherche zu starten. Meine Neugierde war geweckt. Paul schnarchte zufrieden vor sich hin und ich löschte beruhigt das Licht.
Anstatt am nächsten Tag an meinem Auftrag weiter zu arbeiten, durchforschte ich das Netz und fand so gut wie keine Informationen über Matuschek. Da blieb wohl nur die direkte Konfrontation. Wieder war es Paul, der mich nach Kräften unterstützte. Durch den nächtlichen Einsatz hatte sich in seinem Weltbild einiges verschoben. Die Grenze zum Nachbargrundstück existierte nicht mehr. Paul hatte dieses sozusagen eingemeindet und zu seinem Hoheitsgebiet erklärt. Aus diesem Grund hatte er die komplette Überwachung übernommen und dazu gehörten regelmäßige Kontrollgänge. Nun kann man seinen Hund nicht völlig unkontrolliert kontrollieren lassen und zur Mittagszeit kam ich meiner Aufsichtspflicht nach und zwängte mich nach Paul wieder durch diese Hecke. Vor seiner Hintertür saß Matuschek und schaute aus, als ob er auf uns gewartet hätte. Er verlor kein Wort über seinen neuen Wachhund und während dieser sich mit seiner Hündin auf dem Rasen austobte, bot er mir sogar einen Kaffee an. ,,War die Spurensicherung schon da“, eröffnete ich ziemlich direkt das Gespräch. Matuschek wand sich ein wenig, die Frage war ihm sichtlich unangenehm. ,,Also, hm, ich habe die Polizei erst gar nicht angerufen. Es ist ja nichts passiert und ich wollte nicht so einen Wirbel machen wegen einem dummen Jungenstreich.“ ,,Wegen einem dummen Jungenstreich“, echotete ich und schaute ihn fassungslos an. Die Hobbydetektivin in mir machte Überstunden. ,,So viele schöne Indizien. Der Zettel an der Tür, das Stück Stoff, das Paul gebracht hat. Außer…“ Ich machte eine Pause. Ich liebe diese kleinen, dramatischen Höhepunkte. ,,…du hängst voll mit drin und kannst gar nicht die Polizei rufen.“ Ups auf einmal duzte ich ihn, aber immerhin waren wir jetzt so etwas wie Komplizen. Matuschek rauchte ungerührt weiter, trank seinen Kaffee und ließ sich Zeit mit der Antwort. ,,Und du“, übernahm er die neue Beziehungsebene, ,,warum willst du mit drin hängen?“ Gute Frage. Weil ich wahnsinnig neugierig war, mein Job mich momentan langweilte, ich Stoff sammelte für den neuen Bestseller: Die unglaublichsten Geschichten aus dem Wendland, illustriert und verfasst von Marie Genoveva Ritter. Wie wäre das. Laut sagte ich: ,,Ich mag keine ungelösten Vorfälle und irgendwie, schließlich sind wir doch Nachbarn, da kümmert man sich.“ Was faselte ich da, ich hasse Nachbarschaftsklüngel. Aber Klaus schien sich damit zufrieden zu geben. Er schaute mich an und nuschelte: ,,Ich habe da wirklich eine Kleinigkeit zu regeln, dafür müsste ich ein paar Tage weg. Wenn du solange Luna nehmen würdest?“ Instinktsicher wie er war, setzte sich Paul neben mich mit Luna im Schlepptau und beide wedelten um die Wette. ,,Kein Problem, ich nehme sie gerne.“ Wie hätte ich Paul ein paar schöne Tage mit seiner Freundin nicht gönnen können. Matuschek drückte mir gleich ihre Leine und Futter in die Hand und ehe wir uns versahen, verließen wir sein Grundstück, diesmal durch die Pforte. ,,Ach, und wenn ihr etwas hört,“ rief er mir hinterher, ,,kümmert euch einfach nicht darum, bleibt einfach schön zuhause.“ Kurze Zeit später saß ich wieder an meinem Schreibtisch, leider mit der gleichen ungestillten Neugierde, aber dafür um eine Blondine reicher.
Die nächsten zwei Tage gestalteten sich unproblematischer als ich gedacht hatte. Luna erwies sich als ausgesprochen pflegeleicht und die beiden Hunde waren sich selbst genug. Ich fühlte mich fast ein wenig überflüssig, und das brachte mich auf die Idee, ganz spontan und kurzentschlossen meine Freundin Sinja in Hamburg für ein paar Stündchen zu besuchen. So startete ich am Morgen des dritten Tages als Hundesitter mit einem langen Spaziergang bei bestem Nieselwetter, was zur Folge hatte, dass ich die beiden Hunde hinterher ordentlich trockenrubbeln musste. Pauls Halsband hängte ich wie immer zum Trocknen auf, doch Lunas musterte ich verwundert und drehte es hin und her. Es war ein two in one Produkt. Ein Stoffschlauch war von innen an das Synthetikhalsband genäht worden. Recht dilettantisch wie ich fand. Und vor allem wozu war diese extra dicke Polsterung notwendig. Diese Stoffwurst fühlte sich auch gar nicht weich an, eher wie eines dieser Dinkel-Kirschkern-Körnerkissen, die man erwärmt und dann auf einen entzündeten Ischiasnerv legt. Aber zum einen machte das keinen Sinn und zum anderen war die Füllung zu unterschiedlich. Ohne mich lange mit weiteren Hypothesen herumzuquälen, nahm ich meine Nagelschere zur Hand und trennte die zusammengestückelte Naht auf. Auf meinen guten, alten Weichholzküchentisch rieselte ein ganzer Haufen transparenter Steinchen. Deren Form erinnerte an Würfel oder ähnlichen geometrischen Gebilden. Glas war das nicht, und welcher Stein war der Mühe wert ihn einzunähen? Ich stellte meinen Laptop an und googelte. Gedankt sei Wikipedia und seinem anschaulichem Bildmaterial. Der ansehnliche Haufen auf meinem Tisch war ein Haufen Rohdiamanten. Matuschek, du alter Gauner, da hätten die Diebe dein Haus lange absuchen können. Ganz schön clever. Der Ausflug nach Hamburg hatte seinen Reiz verloren. Nachdem ich Lunas Halsband wieder in seinen ursprünglichen Zustand versetzt hatte, tigerte ich durch das Haus. Den Tag verbrachte ich mit halbherzigen Putzaktionen und weiteren ausgedehnten Runden mit den Hunden. An kreativer Arbeit war nicht zu denken. Am Abend sank ich ermattet und ein wenig wirr von all den Thesen und Antithesen, die ich in meinem Kopf aufgestellt hatte, auf meinen Liegestuhl. Zum Ende des Tages hatte der Himmel ein Einsehen gehabt, der Wind hatte die Regenwolken vertrieben und die Sonne lugte hervor.
Als ich mein Gartentor klicken hörte und Paul und Luna um’s Haus stürmten, war es soweit. Der Herr der Steine war zurück gekehrt. Bereitwillig nahm Matuschek auf meiner Terrasse Platz , streichelte seine Luna, die vor Freude ganz aus dem Häuschen war, und schien aus Dankbarkeit geneigt mit mir Konversation zu treiben. Diese Chance wollte ich mir nicht entgehen lassen. ,,Die Zeit der Sparkonten ist ja vorbei“, begann ich unvermittelt, ,,die Leute legen ihr Geld in allen möglichen Anlagen an, Gold zum Beispiel.“ Matuschek nickte. ,,Was gibt es noch für Werte?“ Matuschek zuckte mit den Schultern. Das Gespräch war doch etwas einseitig. ,,Ich habe gelesen“, fuhr ich ungerührt fort, ,,Antwerpen ist die erste Adresse im Diamantenhandel.“ Ich schaute ihn scharf an. ,,Du warst doch schon in Antwerpen.“ Ein amüsiertes Lächeln zog sich über sein Gesicht und er nickte. Ich verlor die Geduld. ,,Komm Matuschek, lass mich nicht dumm sterben. Ich habe die Rohdiamanten in Lunas Halsband gefunden.“ ,,Durch Zufall“, fügte ich hinzu, ,,und ich habe natürlich alle wieder ordentlich reingepackt, aber….“ ,,Aber du willst wissen, wie ich an so eine Menge Diamanten gekommen bin.“ Ich nickte so heftig, dass Paul, der sich an meine Knie gelehnt hatte, damit ich ihm die Brust kraulen konnte, aus seinem Entspannungsmodus gerissen wurde. ,,Na gut Mädchen, du hast recht, ich habe mal in Antwerpen gearbeitet für eine Sicherheitsfirma. Und eines Tages, die Geschichte ist ganz einfach, gab es einen Überfall. Er war ziemlich schlecht ausgeführt worden, es wurde herumgeballert und jeder versuchte seine Haut zu retten. Am Ende gelang es mir ein Säckchen Rohdiamanten in diesem Durcheinander beiseite zu schaffen. Ich wartete eine gewisse Zeit ab, dann kündigte ich, verschaffte mir neue Papiere und setzte mich hier zur Ruhe. Alle halbe Jahr fahre ich nach Berlin und verkaufe ein paar Steinchen. Durch einen dummen Zufall wurde ich beim letzten Mal durch einen ehemaligen Kollegen aus Antwerpen dabei beobachtet.“ ,,Miese Typen“, unterbrach ich ihn, ,,Luna einfach zu entführen.“ ,,Genau, wenn die gewusst hätten, wie nahe sie den Diamanten waren. Aber damit ist Schluss. Ich habe sie mit einigen Tatsachen konfrontiert, von denen sie nicht möchten, dass sie in falsche Hände geraten. Sie haben zugestimmt sich ein anderes Betätigungsfeld zu suchen, als mich zu erpressen.“ ,,Nun, dann ist ja alles gut“, entfuhr es mir. ,,Auch wenn du nach gängigen Moralvorstellungen nicht völlig korrekt gehandelt hast. Doch wie sagte schon Dostojewski: Geld ist gedruckte Freiheit. Und wer kann da schon wiederstehen.“
 



 
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