Eine Unbekannte

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Ralf Langer

Mitglied
Eine Unbekannte

Der Vorführraum war wie ich ihn mochte.
Dunkel.
Nur das gleißende Licht der Bogenlampe, verborgen im Stahlmantel des 35mm –Filmapparats, spendete Licht. Warf Schatten, wie durch Blitze, an die engen Wände des Raums. Ich justierte automatisch das Okular nach, kontrollierte die Lautstärke, und biss dabei langsam auf mein Käsebrötchen. Durch die kleine Glasscheibe neben dem Vorführapparat warf ich einen Blick in den Kinosaal. Jetzt am Nachmittag hatten sich nur eine handvoll Personen im weiten Rund des großen Hauses verloren. Im Dämmerschein der Notbeleuchtung schienen die holzvertäfelten Wände zu leben. Die weiß gekalkte Decke schimmerte wie ein wolkenverhangener Nachthimmel. Ich hatte gerade die zweite Spule eingelegt und den Film gewechselt.
Alles war wie es sein sollte:
Ich war allein mit meinem Käsebrötchen, thronte über dem Kino.
Die Welt war dunkel und gut.
Ich warf einen Blick auf die digitale Uhr an der Wand und mein Lächeln verschwand. Wie oft hatte ich mir schon vorgenommen die Uhr auszutauschen. Ich mochte keine digitalen Uhren. Sie vermitteln das die Zeit Sprünge macht. Als würde sie zwischen zwei Zahlen verharren und dazwischen wäre keine Zeit.
Nachdenklich visierte ich die Anzeige. Und wartete darauf, dass die Minutenanzeige zur nächsten Zahl sprang.
Wer hatte noch gesagt alles ist Zahl?
Ich konnte mich nicht erinnern. Wahrscheinlich ein alter Grieche!
Die Griechen konnten mich mal.
Das Haustelefon klingelte.
„ Was gibt es?“
Ich war genervt. Während einer Vorführung wollte ich nicht gestört werden. Mia, die Kartenverkäuferin, war am anderen Ende. Ich sah sie vor mir; gelangweilt, mit ihrer rechten Hand immer wieder durch ihr Haar gehend, und irgendwie darauf wartend, dass nach dieser Schicht oder am Ende der Woche ihr Leben beginnt.
„ Also“, begann sie. „ da ist eine Frau hier bei mir. Ihren Namen verrät sie mir nicht. Sie will unbedingt zu dir und….“
„ Nein“, unterbrach ich Sie.“ Kommt nicht in Frage!“
„ Tja, mein Lieber“, entgegnete sie ruhig.“ Dafür ist es wohl schon zu spät. Ich hab sie hoch geschickt. War echt hartnäckig.“
„ Du hast was?“
Mia hatte aufgelegt.
Ich weiß nicht mehr wie lange ich jetzt schon in der altehrwürdigen Lichtburg als Filmvorführer arbeitete. Ich hatte während meines Studiums angefangen, das Studium abgebrochen und war dann dabei geblieben. Vorübergehend, wie ich mir eine Zeit lang einzureden versucht hatte. Das war Jahre her. Und nur einmal, als mein alter Herr plötzlich ins Krankenhaus kam, und beinahe diese Welt gegen eine Andere eingetauscht hätte, war mein Bruder hier nach oben gestürzt und hatte mich ins Krankenhaus gezerrt.
Auch das solange her, als wäre es nicht mir sondern jemand anderem geschehen.
Ohne zu denken schloss ich die Tür von innen ab und versteckte mich in einer Nische zwischen zwei Metallspinden.
Draußen hörte ich Schritte. Sie waren laut. Also trug die Frau hochhackige Schuhe.
Vorsichtig legte ich das Brötchen auf eine leere Filmspule und hielt den Atem an.
Ich hörte eine Tür schlagen und dann eine Stimme
„Kann ich ihnen helfen?“
Das war Kolecki, der Geschäftsführer. Er hatte wohl die Schritte von seinem Büro aus gehört. Und Kolecki war neugierig.
„Ich möchte zum Filmvorführer.“
Ich konnte die Stimme kaum verstehen. Die Frau sprach leise. Ich presste mein Ohr an die gepolsterte Tür.
„Und wieso, wenn ich fragen darf?“
„Sie dürfen Fragen. Aber es ist privat.“
Vor meinem geistigen Auge sah ich Kolecki mit dem Kopf schütteln.
„Und zu wem möchten Sie?“
Die Stimmen waren kaum noch zu hören. So sehr ich mich auch anstrengte. Die Stimmen verwandelten sich zunehmend in Geräusche, die im Ton des Films untergingen. So verharrte ich gebannt mit dem Ohr an der Tür und wartete.
Niemand klopfte an meine Tür. Nicht nach Sekunden, nicht nach Minuten. Ich blieb allein.

Es dauerte einen Moment, bis ich eine Person im Spiegel gegenüber sah, die vor einer gepolsterten Tür kauerte, ein Ohr gegen sie gepresst, mit der anderen nach einem Käsebrötchen greifend, reglos verharrend. Ein jämmerliches Bild.
Ich sprang auf, öffnete die Tür und lief den langen schmalen Gang zu Kolecki`s Büro.
„Wer war das?“, rief ich in seine offene Tür hinein.
Kolecki sah mich entgeistert an.
„Was machst du hier?“
Genervt schüttelte ich den Kopf.
“Ich arbeite hier!“
Immer noch kopfschüttelnd zeigte er mit seiner rechten Hand auf den riesigen Dienstplan an der Wand.
„Aber doch nicht heute!“
„Mann, ich hab die Schicht getauscht!“
Kolecki wurde zornig.
„So, so. Einfach getauscht. Und warum werde ich nicht informiert.“
Er deutete nochmals lange auf den Dienstplan; bunt bemalt, Namen in verschiedenen Farben mit geheimnisvollen Sternchen und Kreisen über unter und neben ihnen. Der Plan verbarg auf diese Weise den eigentlichen Grund seiner Existenz.
“Was glaubt ihr eigentlich, warum ich diese Pläne mache?“
Herausfordernd schaute er mich an.
Ich hob beschwichtigend die Hände
„Das ist kein Plan. Das ist ein Kandinski!“, erwiderte ich. „Jetzt atme mal kräftig durch. Wer war diese Frau?“
„Die Frau?“
Langsam wandte er seinen Blick vom Dienstplan ab und musterte mich von oben bis unten. Dann schüttelte er nachdenklich den Kopf
„Hast du mir was verschwiegen. So ein Typ wie du…“
„Vorsichtig, Kolecki, pass auf was du sagst!“
„Ich meine ja nur…“ Er stockte. „Mensch war das ein Feger.“
„Und weiter!? Los erzähl schon.
Kolecki hob die Schultern.
„Wie und weiter. Nichts weiter. Die hat mir nichts erzählt.“
Er zeigte ein letztes Mal auf den Dienstplan.
„Bist ja schließlich heute nicht hier. Steht da schwarz auf weiß! Heute ist Stephan hier.“
Genervt schaute er mich an.
„Hab sie weggeschickt.“
„Du bist ein Idiot, Kolecki, “ sagte ich leise.“ Hättest ja nur einmal in den Vorführraum kommen müssen.“
Ich winkte ab, drehte mich um, und lief den Gang entlang zur Treppe. Feuerschutztüren schlugen. Dann die schmale Treppe hinab und an Mia vorbei, Richtung Ausgang. Außer Atem blieb ich draußen stehen und beobachtete die Straße. Nach einer Weile sah ich einen Idioten draußen stehen. Diesmal ganz ohne Spiegel.
Was tust du hier, dachte ich. Nach wem hältst du Ausschau? Nach einer Frau. von der du nicht weißt wie sie aussieht!
Langsam ging ich zurück.
„Und?“, fragte Mia.
Mir war nicht nach plaudern zumute.
„Dein Haar sitzt nicht richtig“, sagte ich.
„Wirklich?“
Ich lachte im vorbeigehen.
„Weißt du was du bist“, schrie sie hinter mir her. „Du bist ein Idiot. Ein Irrer, der sich in seinen Vorführraum verkriecht!“
Ohne mich umzudrehen zeigte ich ihr den Mittelfinger meiner rechten Hand. Du hast nicht ganz Unrecht Mia, dachte ich. Aber das soll ein unausgesprochenes Geheimnis zwischen uns bleiben.

Kolecki stand in seiner offenen Bürotür.
„…und hast du sie noch gesehen?“
„Ich dachte immer ich wäre der Trottel hier“, sagte ich sauer. „ Wen gesehen. Wie soll ich etwas sehen von dem ich nicht weiß was es ist!“
„Na ja, so wie du die Treppe runter bist, dachte ich, du wüsstest wer es sein könnte.“
Ich wollte einfach weitergehen. Aber ich war zu neugierig geworden. Wer um Himmels Willen wollte mit mir reden.
„Also, “ sagte ich, „dann beschreib doch mal ihr Aussehen.“
Kolecki rieb sich die Hände.
„Ja, das war ein Feger!“
„Das sagtest du schon!“
„Sie war mittelgroß und hatte blonde Haare…“ Er stockte, „oder waren sie nicht eher dunkel. Nein, ich glaube sie waren dunkel.“ Er nickte kräftig. „ Ja dunkel!“
In seinem Gesicht stand ein Fragezeichen.
„Was hatte sie an?“
„Ja eine Hose glaube ich. Könnte aber auch ein Hosenanzug gewesen sein. Bin mir nicht sicher.“
Das Fragezeichen in seinem Gesicht wurde größer.
„Weißt du überhaupt irgendetwas genaues, Kolecki. Mensch, denk nach!“
Er schüttelte den Kopf.
„Du weißt doch, ich hab`s nicht so mit den Augen. Und dann dieser dunkle Gang. Ging ja auch alles so schnell. Kaum war sie hier, war sie auch schon wieder weg.“
Was soll`s, sagte ich mir, unten arbeitet jemand auf der Suche nach einem Leben, oben einer ohne Gedächtnis und eine Tür weiter einer ohne…

„Stopp. Jetzt fällt mir etwas wieder ein“, unterbrach mich Kolecki in meinen Grübeleien. „Sie hatte grüne Augen!“ Er nickte eifrig. „ Ja ich bin mir sicher!“
Er schaute mich an.
„ Grüne Augen. Das ist doch etwas!“
Ich drehte mich um und ging in den Vorführraum zurück. Der Film war zu Ende. Die aufgewickelte Spule mit dem losen Ende drehte sich auf dem Teller.
 

Ralf Langer

Mitglied
Liebe leser

Hallo Leute,

dies ist gedacht als ein weiterer Teil einer Kurzgeschichte,
die ich schrieb und hier gepostet habe.
( Tränen in den Augen)

Ich stelle fest, dass mir neue Ideen gekommen sind, so das sich
die Geschichte ausdehnt und womöglich zu einer größeren Erzählung wächst.

Diese Geschichte ist zeitlich vor den Ereignissen von "Tränen in den Augen" angesetzt.

lg
Ralf
 

flammarion

Foren-Redakteur
Teammitglied
hm,

liest sich gut.
möchtest du nicht, wie es in der lupe üblich ist, einen klappentext verfassen, unter dem sich die einzelnen teile zusammenfassen lassen, damit man nicht mühselig danach suchen muss? das wäre sehr nett.
lg
 

Ralf Langer

Mitglied
hallo flammarion,
die drei teile von tränen in den augen habe ich schon zusammengefasst und als erzählung eingestellt.
es ist halt so, das manchmal die geschichten wachsen, und so wie jetzt weiß ich noch nicht genau wohin.
ich habe ein paar lose fäden und ein paar ideen. die müssen noch geschüttelt werden.
bin mir noch nicht sicher wie alles zum ende hin zusammenpasst.
daher wählte ich ersteinmal diese lose form mit hinweisen.

Hm...
ich denke weiter darüber nach.
lg
und danke fürs lesen
ralf
 

Elaria

Mitglied
Lieber Ralf,

ich habe diesen kurzen Ausschnitt flüssig gelesen und er macht Lust auf mehr!Deine Art Situationen zu beschreiben gefällt mir gut. Da wird so eine Käsebrot echt wichtig ;)
Ich bekomme richtige Bilder dazu in den Kopf, das ist schön.
ein kleines noch, bei
„Ich dachte immer[red],[/red] ich wäre der Trottel hier“,
Gerne gelsen!
Liebe Grüße,
Elaria
 

Ralf Langer

Mitglied
hallo elaria,
mit dem kaesebroetchen gebe ich dir recht. es vervollkommt die szene wo derprot zwischem den metallspinden hockt.
ich arbeite gerade an einer alltagsdzene des prot und konzentriere mich auf die besntwortung der frage wen die unbekannte gesucht hat. immerhin hatte der prot ja seine schicht getauscht.
danke fuer deine aufmerksamkeit
lg
ralf
 

Ralf Langer

Mitglied
Eine Unbekannte

Der Vorführraum war wie ich ihn mochte.
Dunkel.
Nur das gleißende Licht der Bogenlampe, verborgen im Stahlmantel des 35mm –Filmapparats, spendete Licht. Warf Schatten, wie durch Blitze, an die engen Wände des Raums. Ich justierte automatisch das Okular nach, kontrollierte die Lautstärke, und biss dabei langsam auf mein Käsebrötchen. Durch die kleine Glasscheibe neben dem Vorführapparat warf ich einen Blick in den Kinosaal. Jetzt am Nachmittag hatten sich nur eine handvoll Personen im weiten Rund des großen Hauses verloren. Im Dämmerschein der Notbeleuchtung schienen die holzvertäfelten Wände zu leben. Die weiß gekalkte Decke schimmerte wie ein wolkenverhangener Nachthimmel. Ich hatte gerade die zweite Spule eingelegt und den Film gewechselt.
Alles war wie es sein sollte:
Ich war allein mit meinem Käsebrötchen, thronte über dem Kino.
Die Welt war dunkel und gut.
Ich warf einen Blick auf die digitale Uhr an der Wand und mein Lächeln verschwand. Wie oft hatte ich mir schon vorgenommen die Uhr auszutauschen. Ich mochte keine digitalen Uhren. Sie vermitteln das die Zeit Sprünge macht. Als würde sie zwischen zwei Zahlen verharren und dazwischen wäre keine Zeit.
Nachdenklich visierte ich die Anzeige. Und wartete darauf, dass die Minutenanzeige zur nächsten Zahl sprang.
Wer hatte noch gesagt alles ist Zahl?
Ich konnte mich nicht erinnern. Wahrscheinlich ein alter Grieche!
Die Griechen konnten mich mal.
Das Haustelefon klingelte.
„ Was gibt es?“
Ich war genervt. Während einer Vorführung wollte ich nicht gestört werden. Mia, die Kartenverkäuferin, war am anderen Ende. Ich sah sie vor mir; gelangweilt, mit ihrer rechten Hand immer wieder durch ihr Haar gehend, und irgendwie darauf wartend, dass nach dieser Schicht oder am Ende der Woche ihr Leben beginnt.
„ Also“, begann sie. „ da ist eine Frau hier bei mir. Ihren Namen verrät sie mir nicht. Sie will unbedingt zu dir und….“
„ Nein“, unterbrach ich Sie.“ Kommt nicht in Frage!“
„ Tja, mein Lieber“, entgegnete sie ruhig.“ Dafür ist es wohl schon zu spät. Ich hab sie hoch geschickt. War echt hartnäckig.“
„ Du hast was?“
Mia hatte aufgelegt.
Ich weiß nicht mehr wie lange ich jetzt schon in der altehrwürdigen Lichtburg als Filmvorführer arbeitete. Ich hatte während meines Studiums angefangen, das Studium abgebrochen und war dann dabei geblieben. Vorübergehend, wie ich mir eine Zeit lang einzureden versucht hatte. Das war Jahre her. Und nur einmal, als mein alter Herr plötzlich ins Krankenhaus kam, und beinahe diese Welt gegen eine Andere eingetauscht hätte, war mein Bruder hier nach oben gestürzt und hatte mich ins Krankenhaus gezerrt.
Auch das solange her, als wäre es nicht mir sondern jemand anderem geschehen.
Ohne zu denken schloss ich die Tür von innen ab und versteckte mich in einer Nische zwischen zwei Metallspinden.
Draußen hörte ich Schritte. Sie waren laut. Also trug die Frau hochhackige Schuhe.
Vorsichtig legte ich das Brötchen auf eine leere Filmspule und hielt den Atem an.
Ich hörte eine Tür schlagen und dann eine Stimme
„Kann ich ihnen helfen?“
Das war Kolecki, der Geschäftsführer. Er hatte wohl die Schritte von seinem Büro aus gehört. Und Kolecki war neugierig.
„Ich möchte zum Filmvorführer.“
Ich konnte die Stimme kaum verstehen. Die Frau sprach leise. Ich presste mein Ohr an die gepolsterte Tür.
„Und wieso, wenn ich fragen darf?“
„Sie dürfen Fragen. Aber es ist privat.“
Vor meinem geistigen Auge sah ich Kolecki mit dem Kopf schütteln.
„Und zu wem möchten Sie?“
Die Stimmen waren kaum noch zu hören. So sehr ich mich auch anstrengte. Die Stimmen verwandelten sich zunehmend in Geräusche, die im Ton des Films untergingen. So verharrte ich gebannt mit dem Ohr an der Tür und wartete.
Niemand klopfte an meine Tür. Nicht nach Sekunden, nicht nach Minuten. Ich blieb allein.

Es dauerte einen Moment, bis ich eine Person im Spiegel gegenüber sah, die vor einer gepolsterten Tür kauerte, ein Ohr gegen sie gepresst, mit der anderen nach einem Käsebrötchen greifend, reglos verharrend. Ein jämmerliches Bild.
Ich sprang auf, öffnete die Tür und lief den langen schmalen Gang zu Kolecki`s Büro.
„Wer war das?“, rief ich in seine offene Tür hinein.
Kolecki sah mich entgeistert an.
„Was machst du hier?“
Genervt schüttelte ich den Kopf.
“Ich arbeite hier!“
Immer noch kopfschüttelnd zeigte er mit seiner rechten Hand auf den riesigen Dienstplan an der Wand.
„Aber doch nicht heute!“
„Mann, ich hab die Schicht getauscht!“
Kolecki wurde zornig.
„So, so. Einfach getauscht. Und warum werde ich nicht informiert.“
Er deutete nochmals lange auf den Dienstplan; bunt bemalt, Namen in verschiedenen Farben mit geheimnisvollen Sternchen und Kreisen über unter und neben ihnen. Der Plan verbarg auf diese Weise den eigentlichen Grund seiner Existenz.
“Was glaubt ihr eigentlich, warum ich diese Pläne mache?“
Herausfordernd schaute er mich an.
Ich hob beschwichtigend die Hände
„Das ist kein Plan. Das ist ein Kandinski!“, erwiderte ich. „Jetzt atme mal kräftig durch. Wer war diese Frau?“
„Die Frau?“
Langsam wandte er seinen Blick vom Dienstplan ab und musterte mich von oben bis unten. Dann schüttelte er nachdenklich den Kopf
„Hast du mir was verschwiegen. So ein Typ wie du…“
„Vorsichtig, Kolecki, pass auf was du sagst!“
„Ich meine ja nur…“ Er stockte. „Mensch war das ein Feger.“
„Und weiter!? Los erzähl schon.
Kolecki hob die Schultern.
„Wie und weiter. Nichts weiter. Die hat mir nichts erzählt.“
Er zeigte ein letztes Mal auf den Dienstplan.
„Bist ja schließlich heute nicht hier. Steht da schwarz auf weiß! Heute ist Stephan hier.“
Genervt schaute er mich an.
„Hab sie weggeschickt.“
„Du bist ein Idiot, Kolecki, “ sagte ich leise.“ Hättest ja nur einmal in den Vorführraum kommen müssen.“
Ich winkte ab, drehte mich um, und lief den Gang entlang zur Treppe. Feuerschutztüren schlugen. Dann die schmale Treppe hinab und an Mia vorbei, Richtung Ausgang. Außer Atem blieb ich draußen stehen und beobachtete die Straße. Nach einer Weile sah ich einen Idioten draußen stehen. Diesmal ganz ohne Spiegel.
Was tust du hier, dachte ich. Nach wem hältst du Ausschau? Nach einer Frau. von der du nicht weißt wie sie aussieht!
Langsam ging ich zurück.
„Und?“, fragte Mia.
Mir war nicht nach plaudern zumute.
„Dein Haar sitzt nicht richtig“, sagte ich.
„Wirklich?“
Ich lachte im vorbeigehen.
„Weißt du was du bist“, schrie sie hinter mir her. „Du bist ein Idiot. Ein Irrer, der sich in seinen Vorführraum verkriecht!“
Ohne mich umzudrehen zeigte ich ihr den Mittelfinger meiner rechten Hand. Du hast nicht ganz Unrecht Mia, dachte ich. Aber das soll ein unausgesprochenes Geheimnis zwischen uns bleiben.

Kolecki stand in seiner offenen Bürotür.
„…und hast du sie noch gesehen?“
„Ich dachte immer, ich wäre der Trottel hier“, sagte ich sauer. „ Wen gesehen. Wie soll ich etwas sehen von dem ich nicht weiß was es ist!“
„Na ja, so wie du die Treppe runter bist, dachte ich, du wüsstest wer es sein könnte.“
Ich wollte einfach weitergehen. Aber ich war zu neugierig geworden. Wer um Himmels Willen wollte mit mir reden.
„Also, “ sagte ich, „dann beschreib doch mal ihr Aussehen.“
Kolecki rieb sich die Hände.
„Ja, das war ein Feger!“
„Das sagtest du schon!“
„Sie war mittelgroß und hatte blonde Haare…“ Er stockte, „oder waren sie nicht eher dunkel. Nein, ich glaube sie waren dunkel.“ Er nickte kräftig. „ Ja dunkel!“
In seinem Gesicht stand ein Fragezeichen.
„Was hatte sie an?“
„Ja eine Hose glaube ich. Könnte aber auch ein Hosenanzug gewesen sein. Bin mir nicht sicher.“
Das Fragezeichen in seinem Gesicht wurde größer.
„Weißt du überhaupt irgendetwas genaues, Kolecki. Mensch, denk nach!“
Er schüttelte den Kopf.
„Du weißt doch, ich hab`s nicht so mit den Augen. Und dann dieser dunkle Gang. Ging ja auch alles so schnell. Kaum war sie hier, war sie auch schon wieder weg.“
Was soll`s, sagte ich mir, unten arbeitet jemand auf der Suche nach einem Leben, oben einer ohne Gedächtnis und eine Tür weiter einer ohne…

„Stopp. Jetzt fällt mir etwas wieder ein“, unterbrach mich Kolecki in meinen Grübeleien. „Sie hatte grüne Augen!“ Er nickte eifrig. „ Ja ich bin mir sicher!“
Er schaute mich an.
„ Grüne Augen. Das ist doch etwas!“
Ich drehte mich um und ging in den Vorführraum zurück. Der Film war zu Ende. Die aufgewickelte Spule mit dem losen Ende drehte sich auf dem Teller.
 



 
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