Eine höllische Alternative

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Roman

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Eine höllische Alternative​


„Der Herr sei mit Dir und deiner Seele. Er möge deine Sünden vergeben am Tag der Gerechtigkeit. Aus Staub bist du geboren und zu Staub wirst du wieder werden.“
Das Grab war tief, deshalb verstand Roman den Geistlichen nicht so richtig. Denn er lag im Sarg und der Sarg war im Grab und das Grab war im Friedhof und der Friedhof war in dem Ort wo er wohnte. Oder gewohnt hatte. Seltsam, er nahm an seinem eignen Begräbnis teil. Er war aber doch nicht tot, oder? Er wollte schreien aber kein Laut kam über seine Lippen, er wollte klopfen, aber er konnte sich nicht bewegen. Panik kam auf, als er die Erde auf den Sarg rieseln hörte, die seine Freunde da oben auf ihn runter warfen.

Roman erwachte schweißgebadet aus seinem Traum und suchte seine vertraute Umgebung. Er spürte, wie sein Herz klopfte. Das Fenster, die Stehlampe und der Fernseher, alles was ihm vertraut war, existierte noch und so wurde die Vision der Nacht wieder zum Traum. Seltsames hatte er geträumt und seltsames stand noch immer in seinem Kopf, fest und robust wie eine Mauer. Doch sie löste sich auf, wurde zu Nebel und der Nebel zu Dunst und der Dunst zur klaren Luft, und dann war er befreit von der Verwirrung. Schließlich schlug sein Herz wieder normal. Er stand von seinem Bett auf und begab sich in die Küche, um ein Glas Wasser zu trinken.

In der Ferne ging bereits die Sonne auf und die Vögel zwitscherten die Ankündigung des Tages. Aufgeschreckt von einem Wiehern, ging er in den Stall, um für Ordnung zu sorgen. Ordnung ging es gut, sie schlief noch ein wenig und träumte von Unordnung. Er gab ihr etwas Futter und drehte sich um. Er sah seine Freunde vor der Gartentür am Zaun stehen. Sie alle waren vollzählig und standen vor der geschlossenen Tür als würden sie auf ein Zeichen warten. Roman freute sich über den Besuch, es war zwar ein wenig früh, aber notfalls konnte man schon ein Frühstück herbeizaubern.

Als er gerade zauberte, fiel ihm ein, dass er vergessen hatte zu fragen, ob er Tee oder Kaffee servieren sollte. Er winkte ihnen zu, aber seltsam, sie schienen ihn nicht zu sehen. Also ging er zu ihnen hin, aber noch seltsamer war es, dass sie ihn gar nicht beachteten.

„Träume ich schon wieder oder bin ich noch wach“, dachte Roman, „und wenn ich nicht träume, lebe ich dann noch?“ Er holte sich aus seinem Bücherregal das Buch mit dem Titel: “Auskunft in allen Fragen über das Leben und das Leben hinaus bis in den Tod.“ und schlug nach: „Wenn sie nicht wissen, ob sie tot oder lebendig oder ob sie wach sind oder träumen, wenden sie sich zuerst an Gott."

Plötzlich flogen zwei Raben auf den Birnbaum im Garten und krähten und lachten. Rabe Nummer eins sagte zu Roman: "So ist es wenn man tot ist, man meint, das man nicht mehr lebt." Rabe Nummer zwei, sagte zu dem anderen: "Lass ihm doch Zeit, er hat es noch nicht ganz begriffen."
Ach so”, stammelte Roman, „ich wusste nicht, dass ihr mich versteht! Wisst ihr was ich jetzt machen soll?” Rabe Nummer eins und Rabe Nummer zwei lachten wieder. Rabe Nummer zwei sagte: "Du träumst, das du tot bist, am besten ist, du wachst erst mal auf, dann ist alles wieder normal." "Wie soll ich das machen?", sagte Roman, “ich bin doch schon einmal aufgewacht. Träume ich schon wieder oder bin ich noch wach?"

"Erzähl uns doch von deinem Problem, reden befreit die Seele.", sagt Rabe Nummer eins. Roman erzählte ihnen von dem Traum. "Hm“, sagten Rabe Nummer eins, das können wir nicht entscheiden, frag doch Gott, der weiß doch immer alles und ich wette um meine schwarzen Federn, dass er dir helfen kann."
Rabe Nummer zwei und Rabe Nummer eins flogen wieder weg. "Wo finde ich ihn?", rief Roman ihnen nach. Einer der beiden Raben, zeigte mit dem Flügel in eine Richtung, wobei er ins Schleudern geriet.

Roman verließ sein Haus vorsorglich durch den Vordereingang, damit seine Freunde ihn nicht sahen, was er aber bezweifelte und machte sich auf den Weg in die Richtung, die ihm einer der Raben gezeigt hatte.

Er kam an eine große Eiche und daraus ertönte ein Tusch und darin befanden sich Gäste, deren Augen und Ohren verloren gegangen waren, aber sie lachten und jubelten.

Roman ging hinein und setzte sich an ein Astloch wo Licht und Finsternis war. Er bestellt bei einem bunten Kellner mit langen blonden Augen etwas Flüssiges.

Dieser nickte mit den Ohren und verschwand im Gefrierschrank auf dem drei der Herzen, die dort aufgezeichnet waren, eigentlich keine Herzen, sondern eher sieben waren.

Bald darauf kam er mit einem randvoll gefüllten Glas zurück. "Hier bitteschön ihr überflüssiger Drink, geht auf Rechnung dieses Mannes dort drüben, der sich Gott nennt.", und deutete hinüber zur Karaoke Bühne.

Auf ihr stand ein Mann, der gerade „Hell Yeah“ sang. Als er fertig war, setzte er sich wieder auf seinen Platz neben einen Engel.

Roman stellte sich an den Tisch und fragte: „Entschuldigen Sie, sind Sie Gott?“. „Sehe ich so aus?“, fragte der Mann und der Engel neben ihm lachte und sagte. „Er ist einer der größten bescheidenen Blasphemisten aller Zeiten, finden Sie nicht auch?“

„Ein Mann steht auf einer Wiese und wird von einer Raupe gefressen, die gerade schläft. Doch halt! Wer schmilzt denn da den Himmel von der Plastikkarte? Es ist Visa, Gott Mammon persönlich!“, sagte Gott und schaute Roman erwartungsvoll an.

„Ohhhh, wow!“, bewunderte ihn der Engel, schlug begeistert mit seinen großen Flügeln Beifall und rief: „Ist er nicht einer der größten Surrealisten aller Zeiten. Leider hat er nur ein Werk herausgebracht, dafür ist es aber ein zeitloser Bestseller geworden. Hast du es gelesen?“
„Tut mir leid, ich esse kein Fleisch und die wunderbare Brotvermehrung ist auch nicht so richtig gelungen, über 5 Millionen Menschen hungern und die Meere sind auch überfischt.“, sagte Roman und setzte sich neben Gott. „Könntest du mir bitte eine Frage beantworten?“
„Eine Frage, eine Antwort, kein Problem.“, sagte Gott .
„Kannst du mir sagen, ob ich tot oder lebendig bin?“
„Ja, das bist du und ich hoffe dein Problem ist gelöst und wünsche dir noch einen schönen Abend.“
„Wow!“, staunte der Engel, „Ist er nicht einer der größten...“

Roman wartete nicht länger, stieg von dem Baum herab und war ehrlich froh, aus dieser unterirdischen Höhle raus zu sein.

Zum Teufel, was soll ich denn jetzt machen?“, fragte Roman verzweifelt.
„Mach dir nichts draus, sagt der Teufel, der Chef war schon immer etwas sonderbar. Hat dich denn schon jemand als vermisst gemeldet?“. „Niemand, glaub ich.“, antwortetet Roman.
„Das ist doch großartig.“, sagte der Teufel begeistert, „Niemand vermisst dich hier weit und breit. Wir müssen dich nur noch finden!“
„Du hast Recht! Dann lasst uns suchen!“ Roman seufzte erleichtert. So einfach war das. Die Antwort war die ganze Zeit da gewesen, doch niemand hatte sie gesehen. Sie hatte sich perfekt versteckt und hatte gewonnen. Nun war Roman an der Reihe, sich zu verstecken.

Und das tat er auch. Er versteckte sich im Bett in der Waschküche. Er hoffte, dass er sein Versteck nicht verraten würde. Rabe Nummer eins, der ohne Federn, rief: „Wach endlich auf! Es ist schon acht Uhr morgens!“

Und so kam es, dass vergessen blieb, was Roman einst gewusst; versteckt blieb was er einst entdeckt und taub blieb, was Roman einst sehen konnte. Geglaubt wurde der Unfug, der einst geleugnet wurde und die Realität zerstörte wieder jeden Funken an Wahrheit.
 



 
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