Eine kleine Weihnachtsgeschichte

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catsoul

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Eine kleine Weihnachtsgeschichte

cat / 17.11.2005

Saskia saß am Fenster und schaute dem Flockenwirbel zu. Es war der 23. Dezember und pünktlich zu Weihnachten hatte sich Schnee eingestellt. Die Flocken wurden immer dichter und bald war alles mit Schnee bedeckt. Plötzlich entdeckte Saskia einen kleinen Vogel, der sich auf dem Ast einer Tanne vor ihrem Fenster immer tiefer in seine Federn kuschelte. Ganz rund war er und schaute mit traurigen Augen in die Welt. Anfangs schüttelte er die Schneeflocken, welche sein Gefieder trafen, noch ab, aber bald sah das Vöglein ganz nass und unglücklich aus.
Saskia bemerkte, daß der Schnee auf dem Vogel liegen blieb. Jetzt war er einer Schneekugel zum verwechseln ähnlich.
Sie sprang auf und verließ ihren Fensterplatz.

„Papa, Papa, komm, du musst mir helfen. Da draußen das Vögelchen, es erfriert!“
„Saskia, ich habe jetzt keine Zeit für dich. Ich muss den Bericht noch fertig schreiben.“, antwortete Saskias Vater.
„Aber Papa, der Vogel, er erfriert!“, wütend stampfte sie mit dem Fuß auf und zupfte ihren Vater am Ärmel.
„Saskia, in einer Stunde habe ich Zeit für dich, dann können wir spielen, aber jetzt geh wieder in dein Zimmer.“

Saskia überlegte, in einer Stunde, da würde das Vögelchen erfroren sein!
Ganz leise schlüpfte sie in ihre warmen Winterstiefel und zog ihren Mantel an. Dann öffnete sie die Haustür und schob sich hindurch.

Kalter Wind blies ihr entgegen und sie musste sich richtig dagegen stemmen um nicht umgeweht zu werden. Die großen Flocken behinderten ihre Sicht, aber als Saskia erst einmal um die Hausecke herum war, ließ der Wind nach.
Ganz langsam schlich sie an die Tanne heran, und wirklich, da saß noch immer das Vögelchen, fast konnte man es nicht mehr erkennen, vor lauter Schnee.
Behutsam streckte Saskia ihre Hand aus, blieb aber mitten in der Bewegung wie erstarrt stecken als hinter ihr eine tiefe drohende Bassstimme sagte:
„Hohoho! Was machst du denn hier draußen bei dem Schneegestöber mein Kind?“

Saskia drehte sich ganz langsam um und schaute zuerst einmal auf einen dicken Bauch, über den sich ein roter Wintermantel spannte.
Schüchtern hob sie ihren Kopf und blickte kurze Zeit später in ein bärtiges Gesicht mit freundlichen, lachenden Augen.
Das gab ihr Mut und so antwortete sie:
„Ich muss das Vögelchen retten, es erfriert sonst!“
„Welches Vögelchen?“, fragte die Stimme und die Augen des Mannes vor ihr schauten sie fragend an.
„Na das da!“, Saskia drehte sich um und ihr Arm blieb abermals mitten in der ausholenden Bewegung stecken, „Wo ist es denn hin? Eben saß es doch hier auf dem Ast!“ Saskias Augen füllten sich mit Tränen. „Siehst du, weil du gekommen bist, kann ich es nicht retten, jetzt ist es weg und erfriert bestimmt!“, flüsterte sie fast unhörbar als sie sich wieder zu dem großen Mann umdrehte.

Dieser ging in die Knie und war jetzt genau so groß wie Saskia, er schaute ihr ins Gesicht und fragte:
„Weißt du wer ich bin?“
Saskia schüttelte den Kopf und dabei flogen ein paar ihrer Tränen zur Seite. Irgendwie kam ihr der Mann schon bekannt vor, aber, hmmm, sie blinzelte um wieder etwas besser sehen zu können.
Der Mann hob seinen Zeigefinger an seinen Mund und sagte ganz leise:
„Psssst! Ich bin der Weihnachtsmann. Aber das darfst du nicht verraten! Versprichst du es mir?“
Saskia nickte.

„Ich bin gerade hier vorbei gekommen um zu sehen ob die Kinder in diesem Haus auch alle brav sind und Geschenke verdient haben. Dabei sah ich dich ganz alleine aus dem Haus laufen. Und weil ich gesehen habe wem du helfen wolltest, habe ich das kleine Vöglein einfach ins Weihnachtswunderland geschickt, denn sein Herz wollte gerade aufhören zu schlagen. Du brauchst dir also keine Sorgen mehr zu machen, geh ins Haus, deine Hände sind ja schon ganz blau gefroren! Und denk dran, morgen ist Weihnachten!“, der Weihnachtsmann blinzelte Saskia zu und sofort wurde sie wieder fröhlich.

Geschwind lief sie an ihm vorbei und um die Ecke. Als sie aber noch einmal ein paar Meter zurück lief um „Auf Wiedersehen“ zu sagen, war niemand mehr im Garten zu sehen.

Am liebsten hätte sie ihrem Papa und ihrer Mama erzählt, daß sie den Weihnachtsmann getroffen hatte, aber sie behielt es für sich. Erwachsene glaubten nicht an den Weihnachtsmann, wie sie vor ein paar Tagen bei einem Gespräch mitbekommen hatte ...

Aber, daß Saskia den Weihnachtsmann wirklich getroffen hatte, bewies sich, als Saskia am Heiligabend ihre Geschenke auspackte. Darunter fand sie eine kleine Flöte aus Holz mit einem kleinen weißen Porzellanvögelchen obendrauf. Es sah genau so aus wie die kleine Vogelschneekugel am Vortag.

Saskia stand auf und lief ans Fenster. Sie musste sich auf ihre Zehenspitzen stellen, um die Stelle, an der sie mit dem Weihnachtsmann zusammen gestanden hatte, zu sehen. Ganz leise flüstert sie:
„Danke, lieber Weihnachtsmann!“
Dann hob sie die Flöte an ihre Lippen und fing an zu spielen ...
 



 
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