Einkauf

Gegen 18 Uhr hatte ich mich entschlossen wieder einmal etwas für meinen unterforderten Verdauungstrakt zu tun. Ich hatte dieses starke Bedürfnis, ihm erneut das Gefühl der Befriedigung zu vermitteln, das man im Allgemeinen durch die Herausforderung zielstrebiger und sinnvoller Arbeit erreichen konnte. Nach reichlich nüchternem, fast schon analytischem Nachdenken - so eine Tat sollte gut überlegt sein - stand ich auf und schaute zuerst aus dem Fenster um im Voraus herauszufinden, ob meine Umwelt mich auch meinen Plan verwirklichen lassen würde. Die ausgiebige Betrachtung der Situation vor meinem Haus durch das leicht beschlagene Doppelfenster meines Zimmers zeigte allerdings keinen sonderlich aufregenden Anblick. Die Strasse war, wie jeden Tag dicht gefüllt von unterschiedlichsten Autos - von kleinen Roten bis hin zu schwarzen glänzenden Riesen die für mich den Anschein erweckten, als hätten sie ihre Besitzer fest im Griff, was in diesem Fall der Bezeichnung Fahrzeughalter eigentlich widerspricht. Man kann sich schliesslich auch ein Haustier halten - zum Beispiel ein Katze, jedoch stellt sich dort die Frage wer nun wen fest im Griff hat. Aber trotz der grossen unterschiedlichen Äusserlichkeiten dieser nicht enden wollenden, fast schon schlangenhaft wirkenden Blechlawine hatten jedoch alle Bausteine dieses bunten Gesamtwerkes etwas gemeinsam. Ihre Besitzer eher gesagt deren \"Halter\" hatten alle den gleichen Gesichtsausdruck. Eine bunte Mischung aus Verzweiflung und Wut gepaart mit einer Brise Neid auf den Vordermann, denn der würde es bei der nächsten Grünphase bestimmt als letzter über die Kreuzung schaffen. Der hinzukommende Stress rundet das ganze dann noch ab, wie das letzte Körnchen Salz in einem Festmahl, das vor dem Nachwürzen noch fehlte.

Wie lange sie hier und an den Ampeln davor wohl schon stehen mochten? Ihnen mag es bestimmt vorkommen wie eine kleine Ewigkeit, denn an Ampeln scheint ja im Allgemeinen die Zeit still zu stehen. Wahrscheinlich standen sie an dieser Ampelkreuzung noch nicht so lange wie die vielen Menschen an der Strassenbahnhaltestelle, die an der sich kerzengerade durch die zwei grossen, doppelspurigen Strassen schneidenden Schienentrasse lag. Allein das Gras, das um ihr Schienenbett wuchs lies mir dieses Transportmittel von hier oben sympathischer und angenehmer Erscheinen, ermöglichte es immerhin ein kleines Stück beruhigendes Grün inmitten der grauen, dunklen Asphaltlandschaft gedeihen zu lassen. Bei genauerer Betrachtung der wartenden Gestalten zwischen den Automassen fiel mir auf, das sich deren Gesichtsausdruck eigentlich kaum von dem der Autofahrer die sie umgaben unterscheiden ließ. Manche sassen auf den Sitzen unter dem geschwungenen Glasdach der Haltestelle. Andere wiederum standen, die Augen erwartungsvoll auf den Fluchtpunkt der Schienen gerichtet, um dort in der Ferne erkennen zu können, ob die Bahn schon zu ihnen unterwegs war damit sie sich rechtzeitig bereit machen konnten um im richtigen Moment sofort in die Bahn zu gelangen und somit dieser endlosen Warterei ohne weiteren Zeitverlust ein Ende bereiten konnten - wenn sie denn mal endlich kommen würde. Viele von ihnen, hauptsächlich die Jüngeren, versuchten sich mit ihren Mobiltelefonen zu beschäftigen, in der Hoffnung, das die Zeit etwas schneller an ihnen vorübergeht. Andere wiederum machten den Anschein als könnten sie sich nicht so recht entscheiden, was sie nun mit ihren Augen anfangen sollten. Einige Blicke wechselten vom Boden, über die Strasse hinauf zur elektronische Anzeigetafel, die ihnen signalisierte, wie lange sie dort theoretisch noch zu warten hatten. Jedoch nachdem sie ihren Blick dort hinauf fokussiert und ihr Gehirn realisiert hatte, das es noch eine kleine Ewigkeit dauern sollte bis sie an der Reihe waren, verschwand der kleine Ansatz der erwartungsvollen Hoffnung auf Erlösung die sich während der Aufwärtsbewegung in ihren Augen- und Mundwinkeln abzuzeichnen versuchte schlagartig und der Kopf sank wieder nach unten in Richtung Pflastersteine. Ich glaube, das niemandem dort unten das Grün aufgefallen war. 

Ich lies mich so sehr von dem Geschehen dort unten ablenken, das ich fast vergass, auf die Hauptsache zu achten, die in der entgegengesetzten Richtung lag, nämlich über mir. Der Himmel war, wie schon die Tage zuvor, gefüllt von dicken grauen, schnell vorüberziehenden Regenwolken soweit meine Augen reichten. Es hatte den Anschein als warteten sie einzig und allein auf die Gelegenheit ihre feuchte Fracht auf so vielen ungeschützten Köpfen  wie möglich abzuladen die sich unter ihnen befanden. Allerdings schienen diese Wolken sehr ehrgeizig zu sein, denn unter ihnen liessen sich jetzt schon sehr viele Frisuren ruinieren, aber anscheinend waren es ihnen heute noch nicht genug. Ich sollte die Gelegenheit und die Geduld der Wolken ausnutzen, obwohl sich bei mir keine Frisur ruinieren liess, allerdings wollte ich auch nicht unbedingt in eine Wolkenbruch geraten, welcher an und für sich ja etwas angenehmes hatte. Ich beschloss daraufhin meine Observation zu beenden um mich auf den Weg zu machen.

Aber bevor ich dies konnte musste ich mir zuerst einmal etwas Passendes anziehen. Ich lief zum anderen Ende meines Zimmers, dann den Gang entlang. Ich öffnete die Tür zur kleinen Abstellkammer, die meinen Kleiderschrank beherbergte. Nachdem ich die Tür geöffnet hatte blies mir ein frischer, angenehmer Wind entgegen, denn dies war der einzige Raum in dem nicht geraucht wurde und dessen Fenster immer geöffnet war. Durch ihn bemerkte ich auch, das es draussen ja eigentlich gar nicht so kalt war wie die Tage zuvor, denn auch die Heizung war in diesem Raum niemals an. Ich schnappte mir einige Kleidungsstücke und verliess das Zimmer. Dieses mal liess ich die Tür aber bewusst geöffnet in der Hoffnung, das etwas dieses frischen, angenehmen Windes sich dazu entschloss auch in andere Teile meiner Wohnung vorzudringen. Ich schlüpfte aus der einen Hose in die andere, zog mir meinen Lieblingspulli über und lief auf Socken ins Bad um einen letzten Blick in den Spielgel zu werfen. Nach der obligatorischen Selbstbetrachtung schlung ich mir meinen Schal um den Hals und zog meine Jacke an. Dieser Ablauf hatte sich schon seit Jahren zum Automatismus entwickelt, obwohl ich mir schon des Öfteren vorgenommen hatte, die Jacke erst anzuziehen wenn ich die Wohnung in spätestens 10 Sekunden verlassen würde. Nun hatte ich sie schon an und es war mir wieder einmal egal, beim nächstem Mal würde ich ja bestimmt daran denken. Gut eingepackt in Stoff und Leder musste ich nun erst einmal alle für mein Vorhaben notwendigen Utensilien zusammen suchen. Das wichtigste war natürlich mein Geldbeutel - ohne den ging ich eigentlich nie aus dem Haus. Ich hatte ihn am Abend zuvor natürlich mal wieder irgendwo hingelegt - nur wo? Ich machte mich auf den Weg in die Küche, denn selbst wenn er dort nicht sein sollte könnte ich auf jeden Fall die Stofftasche mitnehmen, die dort immer an der gleichen Stelle lag. Der Geldbeutel lag selbstverständlich nicht in der Küche - wie hätte es auch anders sein können - also griff ich mir wenigstens schonmal die Tasche. Auf dem erneuten Gang in mein Zimmer lief ich noch meinem Rucksack über den Weg, auch ein Gegenstand, den ich mitnehmen wollte. Ich öffnete ihn und stopfte die Stofftasche lieblos hinein schliesslich waren beide ja nur Mittel zum Zweck. Wieder in meinem Zimmer angekommen sah ich auch schon meinen Geldbeutel auf dem Nachttisch liegen - was für ein Glück, hatte ihn immerhin schon nach dem zweiten Anlauf gefunden. Ich schnappte mir meinen Schlüssel und zwängte mich in meine Schuhe bei denen ich es noch nie für Notwendig gehalten hatte die Schnürsenkel zu öffnen um sie an- oder auszuziehen. Mittlerweile waren sie das auch schon gewohnt, genauso wie ich. Ich tastete mich selbst nochmals von oben nach unten ab, um sicherzustellen, das meine Taschen nun auch wirklich mit den nötigen Gegenständen gefüllt waren. Schlüssel, Geldbeutel, Rucksack - alles schien vorhanden zu sein. Ich lief zur Haustür, öffnete sie, machte einen Schritt hinaus und zog sie schliesslich hinter mir zu.

Ohne nachzudenken griff ich nach meinem Schlüsselbund in der Jackentasche um die Tür mindestens einmal zu verschliessen aber eigentlich nur weil es alle machten denn bei mir war selbst für die anspruchslosesten Diebe nicht viel zu holen. Ich ging die Holztreppe hinunter die unter meinem, nicht allzu grossem Gewicht knirschte und ächzte. Man konnte ihr Alter schon allein an ihren Geräuschen erahnen. Was diese Treppe wohl schon alles erlebt hatte? Die vier Stockwerke die ich nach unten gehen musste erschienen mir wie ein endloser Weg, obwohl ich sie schon so oft benutzt hatte und genau wusste, was mich erwartete. Erneut fiel mir auf, das es mir auf dieser Treppe jedes mal so erging, obwohl ich mittlerweile jeden Quadratzentimeter ihres Belages kannte und auch schon genau wusste, welche stöhnende Töne sie beim nächsten Schritt von sich geben würde. Ich wusste auch auf Anhieb aufgrund der unterschiedlich bunten Fussmatten die, wie es sich anscheinend gehörte, vor jedem Wohnungseingang lagen in welchem Stockwerk ich mich befand. Ich glaube meine Wohnungstür war die Einzige im Haus, die sich nicht mit einer Fussmatte schmücken konnte, was mich aber nicht weiter störte, denn meine Fussmatte lag hinter der Tür in der Wohnung. Auf was für Gedanken ich so kam während ich diese Treppe herunterlief. Im Erdgeschoss angekommen und erleichtert abermals dieses endlose Treppenherabsteigen endlich hinter mich gebracht zu haben griff ich erneut in meine linke Jackentasche um den Schlüsselbund herauszuholen. Dieses mal sollte mir der kleinste Schlüssel am Bunde von Nutzen sein, der Briefkastenschlüssel. Mit ihm öffnete ich meinen Briefkasten, was in mir jedes mal das Gefühl erweckte das man verspürt, wenn man ein Geschenkpaket öffnete, da man ja nie wusste, was einen im Inneren wirklich erwarten würde. Und was erwartete mich dieses mal? Das gleiche wie immer. Berge von buntem Papier, teils in Plastik zusammengefasst, teils lose hineingestopft für mich alles nur belanglose Werbung, denn ich war nicht der Typ, der sich in solchen Werbeprospekten darüber informierte, wo das Pfund Hackfleisch beispielsweise um zwei Cent billiger war als in anderen Geschäften. Ich warf es, ohne ihm jegliche Beachtung zu schenken direkt in den grünen Plastikkorb, der einzig und allein zu diesem Zweck von einem engagierten Nachbarn dort platziert wurde. Wieder nichts dabei. Ich konnte mich nicht so richtig entscheiden, ob das nun gut war das ich keine Post bekommen hatte oder nicht, schliesslich hätte es ja auch ein netter Brief sein können, den mir jemand geschickt hat, weil er an mich dachte. Es hätte allerdings zum Beispiel auch eine Rechnung sein können, was natürlich nicht heissen würde, dass in diesem Falle niemand an mich dachte, ganz im Gegenteil.

Ich ging zur Haustür, drückte den Griff herunter und lehnte mich mit meinem vollen Gewicht nach hinten, denn die Tür war gross und schwer, ausserdem hätten sich ihre Scharniere bestimmt mehr über etwas Öl gefreut, als ihre Aussenseite über einen neuen Anstrich. Zugegeben, sie hätte beides sehr gut vertragen können. Aber wenn sich schon mal jemand dazu überwinden würde dieser Tür etwas Gutes zu tun, dann doch bitte mit etwas Eigennutz, denn durch einen neuen Anstrich würde sie sich bestimmt nicht leichter öffnen lassen. Durch einen beherzten Schritt stand ich nun auf dem Türabsatz im Freien. Es regnete immer noch nicht. Ich überlegte kurz, in welchen Laden ich denn jetzt letztendlich gehen soll. Dies hatte ich zwar schon die ganze Zeit im Hinterkopf, allerdings konnte ich mich nicht wirklich entscheiden. Da ich jetzt aber keine andere Möglichkeit mehr hatte als mich damit auseinanderzusetzen, weil von dieser Entscheidung nun alles abhing, musste ich eine Wahl treffen. Links zum einen, rechts zum anderen. Ich entschloss mich rechts entlang zu gehen, da ich so an der grossen Strasse entlang laufen konnte, wo immer etwas los war. Hätte ich mich für den anderen Weg entschieden müsste ich nun durch kleine, triste Strassen gehen, in denen in der Regel überhaupt nichts los war, was in manchen Stimmungslagen bestimmt angenehmer gewesen wäre - heute allerdings nicht. Ich lief los und schon nach wenigen Schritten erreichte ich die Hausecke. Als ich um diese herumging blies mir ein unglaublich starker und frischer Wind ins Gesicht. Er wehte so stark, das ich fast meinem Schal hätte hinterher rennen müssen, denn die Jacke hatte ich nicht zu gemacht und der Schal hatte sich mittlerweile unbemerkt soweit gelockert, das er mir nur noch über die Schulter hing. Mit einer schnellen, reflexartigen Bewegung fing ich ihn ein und wickelte ihn erneut um meinen Hals und machte anschliessend die Jacke bis zum Kinn hinauf am Reissverschluss zu. Das war knapp.

So lief ich nun, nach vorn gebeugt damit es dieser herrliche Wind nicht schaffen würde, mich aus dem Gleichgewicht zu bringen. Gleichzeitig zog ich meine Schultern nach oben, damit er nicht durch eine Lücke zwischen Kragen und Schal unter die Jacke kriechen konnte. Zu meiner Linken lag nun ein kleiner Fahrradweg, gefolgt von der immer noch von Autos überbesiedelte Strasse die durch den kleinen, zarten Grünstreifen unterbrochen wurde. Als ich den Gehweg entlang ging wurde ich ab und zu von schnaufenden Fahrradfahren überholt, die mit all ihren Kräften versuchten gegen diesen Wind anzukommen, was einigen recht gut gelang, anderen wiederum nicht. Der Strasse schenkte ich allerdings keinerlei Beachtung. Was für ein Wind! Nach circa 300 Metern hatte ich mein Ziel auch schon fast erreicht. Der Laden den ich mir ausgesucht hatte lag auf der anderen Strassenseite, zu meinem Glück fuhren die Autos an dieser Stelle aber immer nur in Intervallen an mir vorbei und zwar immer wenn die Ampel an der sie alle zuvor warteten wiedermal auf Grün geschaltet hatte. Nachdem ich gewartet hatte, bis das letzte Auto begleitet von einer tosenden, zischenden Geräuschkulisse an mir vorbeigezogen war, überquerte ich leichten Fusses die erste Hälfte der Strasse und auch gleich dazu noch den Grünstreifen der Strassenbahn, denn diese kam sowieso nur ganz selten. Vor der Überquerung der zweiten Hälfte der Strasse musste ich wieder warten. Wieder zogen die Automassen an mir vorbei. Ich hatte das Gefühl sie beschleunigten allesamt nur damit ihre Bremsen nach 500 Metern wieder etwas zu tun hatten, dort war nämlich die nächste Ampel, die vor meinem Haus - natürlich schon wieder auf Rot.

Ich hatte es fast geschafft. Nun musste ich nur noch über einen Fahrradweg und einen Gehweg hinüber und schon stand ich in der Eingangstür des Supermarktes. Es war nicht so ein kalter, lieblos hingebauter, nagelneu steriler Supermarkt, wie es die meisten mittlerweile waren, nein es war ein kleiner gemütlicher Supermarkt, ein Familienbetrieb sozusagen, der nur soviel unterschiedliche Artikel im Sortiment hatte, weil sein Besitzer ganz einfach die Gänge etwas enger gestaltet hatte. Ich mochte diesen Laden, denn hier überkam mich, aus was für Gründen auch immer, das angenehme Gefühl der Geborgenheit. In ihm war es immer ruhig und ganz und gar nicht hektisch, auch wurde er noch von echten Glühbirnen ausgeleuchtet welche im Vergleich zu den neuen grossen Märkten ein sehr warmes Licht abstrahlten, nicht dieses bläulich, kalte Neonlicht, das wirklich nur das kostengünstigste Mittel war um den Kunden den Raum zu beleuchten. Wahrscheinlich wurden diese auch nur installiert, damit der Betreiber keine Anzeigen bekam, weil sich ein Kunde im dunkeln verletzt hatte. Ich nahm mir einen Einkaufswagen, hier musste man keinen Pfand dafür hineinstecken, und begann meine kleine Tour durch die engen Gänge. Am Gemüse blieb ich zuerst stehen. Was sollte ich denn nun mitnehmen? Über alles hatte ich mir Gedanken gemacht, nur über das Wichtigste überhaupt natürlich nicht. Ich entschloss mich beim Anblick der roten, reifen Tomaten, einfach mal das einzupacken auf das ich Lust hatte. Daraus würde sich bestimmt etwas leckeres zaubern lassen. Nachdem ich vier Tomaten in eines dieser keinen Plastiktütchen gesteckt hatte sah ich noch eine leckere grüne Paprika, sie nahm ich auch mit. Am Brotregal das folgte hielt ich mich nicht auf, denn dieses abgepackte Brot ist nicht so nach meinem Geschmack, obwohl es ja schon praktisch ist, das man es hier bekommt auch nachdem schon alle Bäckereien geschlossen hatten. Ich folgte dem Gang, der zugleich eine sehr enge Kurve machte - Nudeln. Davon hatte ich in den letzten Tagen nun wirklich schon genug, allerdings blieb mein Blick an einer Packung Lasagneplatten hängen. Ohne auch nur eine Sekunde zu zögern hatte ich mich entschieden - heute würde es Lasagne geben!  Diese Entscheidung lies sich natürlich nun nicht mehr mit meinen Plan, einfach alles einzupacken, auf das ich Lust hatte vereinbaren. Die Tomaten und die Paprika konnte ich dafür ja gut gebrauchen, zum Glück stehen die Nudel ganz am Anfang. Nun konnte ich zielstrebiger vorgehen. Ich zwängte mich durch den engen Gang an zwei entgegenkommenden Einkaufswägen und einer Grossfamilie vorbei zurück zum Gemüse, denn ich brauchte nun noch Karotten und auf jeden Fall ein Körbchen frischer Champignons. Durch Zufall sah ich auch noch ein Netz Knoblauch, das ich mir auch noch einpackte. So, jetzt brauchte ich eigentlich nur noch etwas Käse, passierte Tomaten und eine Dose Mais, dies würde mir reichen. Die passierten Tomaten und den Käse fand ich auf Anhieb, nur der Mais bereitete mir Probleme. Doch nach konzentriertem Studium des Dosenregals fand ich ihn schliesslich ganz unten neben den Erbsen. Sollte ich nun wirklich schon alles in meinem Einkaufswagen haben? Mit einem kritischen Blick schaute ich hinein und stellte mir den Herstellungsprozess, der später in der Küche auf mich zukommen würde schon einmal bildlich vor. Schritt für Schritt nahm ich die Zutaten und stellte sie, der Reihenfolge nach wie ich sie verwenden würde in die andere Ecke des Wagens. Es waren tatsächlich alle Zutaten. Auf dem Weg zur Kasse musste ich noch an den Süssigkeiten vorbei und konnte mich deren Anziehungskraft wieder einmal nicht entziehen also packte ich noch eine Tafel Zartbitterschokolade obendrauf.

Zufrieden kämpfte ich mich durch die engen Gänge des Supermarktes bis an die Kasse vor, an der zu meinem Glück gerade niemand stand und somit konnte ich direkt meine Sachen auf das kleine, schwarze Förderband legen. Die Verkäuferin hatte anscheinend schon längere Zeit niemanden mehr abkassiert, denn sie legte, als sie mich bemerkte, ihre Zeitschrift beiseite und begann damit meine Waren über den Scanner zu ziehen. Ihre Handbewegungen sahen dabei sehr routiniert und sicher aus. Nach dem sie damit fertig war drückte sie mit einer gefühlvollen Handbewegung den Knopf an der Kasse, der alles zusammenrechnete. Diese Bewegung sah aus wie bei einer Pianistin die den allerletzten, allein stehenden Ton einer Partitur  auf der Klaviatur spielte. \"Vierundzwangsechsunddreissig\" sagte sie mit einem freundlichen Lächeln im Gesicht und riss den Kassenzettel ab. Man konnte ihr ansehen, das dies nicht nur ein aufgesetztes lächeln war weil ihr Chef es so wollte, sondern sie schien ganz und gar zufrieden zu sein. Ich griff in meine Tasche, holte den Geldbeutel hinaus und reichte ihr fünfundzwanzig Euro, worauf sie bereits das passende Wechselgeld in der Hand hielt und mit zurückgab. \"Vielen Dank und einen schönen Abend wünsche ich ihnen\" sagte sie und griff wieder zu ihrer Zeitschrift. Sie hatte mir aber zu keinem Zeitpunkt den Eindruck vermittelt, das ich sie ja nur vom lesen abhalte. Ich wünschte ihr daraufhin auch noch einen schönen Abend und schob meinen Wagen an das Fenster, vor dem sich ein kleiner Tisch befand auf dem man seine Sachen umpacken konnte. Heute ging alles in den Rucksack hinein, die Stofftasche hätte ich auch zuhause lassen können, aber sie wog ja nicht viel und in der Küche war ich ja sowieso, wegen des Geldbeutels. Ich schob den Einkaufswagen wieder zurück zu all den anderen und öffnete die Tür zur Strasse hinaus. Nachdem ich es endlich wieder geschafft hatte die Strasse zu überqueren lief ich mit angenehmem Rückenwind, fast wie auf Wolken nach hause. Das Gewicht des Rucksacks bemerkte ich gar nicht.

An der Haustür angekommen schloss ich diese auf und stemmte mich wieder dagegen, dieses mal in die andere Richtung. Am Briefkasten vorbei kam ich zu dem Schluss, das keine Post auch gute Post war und ich begann den Treppenaufstieg, der trotz des zusätzlichen Gewichtes des Einkaufes meinem Gefühl nach nur ein Zehntel der Zeit und Kraft benötigte, die der Abstieg in Anspruch nahm. Im vierten Stock angekommen schloss ich die Wohnungstür auf, rieb meine Schuhe an der Fussmatte ab, die ja bereits in der Wohnung lag und schloss die Tür hinter mir. Noch bevor ich einen weiteren Schritt machte zog ich mir die Schuhe aus, natürlich ohne die Schnürsenkel zu öffnen. Ich ging den Gang entlang an dessen Ende direkt die Küche folgte. Ich stellte den Rucksack auf dem Küchentisch ab und schaltete direkt auch den Elektroherd ein, den ich auf 200 Grad vorheizen musste. Ich spülte die Tomaten und die Paprika unter dem Wasserhahn ab, legte sie auf das Brett und begann alles in kleine Streifen zu schneiden, was bei Tomaten ja gar nicht so einfach aber auch nicht unmöglich ist. Danach kamen die Möhren an die Reihe. Abspülen, schälen und in auch in Streifen schneiden. Als ich fertig war warf ich alles in den Topf, den ich zuvor schon vom Regal heruntergenommen hatte. Ich zerlegte den Knoblauch, schälte eine Zehe und schnitt diese dann in hauchdünne Scheiben, ich finde nur so schmeckt er wirklich gut und man brauchte ihn nicht einmal leicht anzubraten. Danach wanderten auch die Scheiben in den Topf. Ich schüttete die passierten Tomaten obendrauf und spülte danach noch den Mais ab, den ich zuvor aus seinem dunklen Blechverlies befreit hatte. Zum Schluss musste ich nur noch die Champignons putzen und schneiden. Alles im Topf vereint verfeinerte ich das Gemisch noch mit etwas Salz und Pfeffer. Ich schnappte mit die Lasagneplatten und brach sie vorsichtig auf die richtig Grösse, damit sie so gut wie möglich in die Form passten. Nun kamen die Schichten dran. Erst eine Lage Nudelplatten, gefolgt von einem Teil der Mischung aus dem Topf. Das ganze bedeckte ich wiederum mit einem Teil des bereits gerieben Käses. Diesen Vorgang wiederholte ich mehrmals, bis der Topf der das Gemisch enthielt, seinen nackten, glänzenden Boden zeigte. Nachdem ich den Rest Käse über alles darüber gestreut hatte wanderte die gefüllte Form in den bereits heissen Ofen. Nun hiess es nur noch, die Geduld zu haben, das ganze mindestens 40 Minuten lang nicht anzurühren.

Ich setzte mich an den Küchentisch und begann zu lesen. Die Zeit verging dadurch wie im Schlaf, das wäre bestimmt auch ein gutes Mittel, um die Zeit an der Staßenbahnhaltestelle zu überbrücken. Mittlerweile waren schon gute 45 Minuten vergangen und ich konnte nun endlich die Früchte meiner Arbeit ernten. Ich nahm einen Teller und Besteck aus dem Schrank, legte alles in Reih und Glied auf den Küchentisch und faltete sorgfältig ein Geschirrhandtuch zusammen, mit dem ich die heisse Form aus dem Ofen holen wollte. Ich öffnete die Ofentür, zog das Gitter auf dem die Form stand vorsichtig ein Stückchen heraus und Griff mit dem Handtuch in den Händen hinein. Ich erwischte die Form beim ersten Versuch und stellte sie auf die Herdplatten oberhalb des Ofens. Mit bestimmt glänzenden Augen nahm ich das grosse Messer und schnitt ein gutes Stück aus der Form heraus. Nachdem ich das dieses erfolgreich auch vom Rand der Form getrennt hatte hebelte ich es mit einer präzisen Handbewegung auf den Teller, den ich schon vom Küchentisch herbei geholt hatte, damit mir bloss nichts herunterfallen konnte. Nach vollbrachtem Werk nahm ich den Teller und stellte ihn wieder zwischen Messer und Gabel auf den Tisch. Ich schob den Stuhl etwas beiseite und setze mich darauf. Während der ausgiebigen Betrachtung dieses Meisterwerkes genoss ich den süsslichen Geruch der mir in die Nase stieg. Ich nahm das Besteck in die Hände, schnitt mir das erste Stückchen ab und schob es mir langsam und genüsslich in den Mund. Heiss!!! Es war unglaublich heiss. Es kam mir vor als hätte ich ein Stück Hölle in den Mund genommen. Tränen schossen mir aus den Augen und ich versuchte mit tiefem Ein- und Ausatmen durch den Mund das ganze etwas abzukühlen, was mir aber erst nach einer Ewigkeit gelang. Beim zweiten Stück pustete ich zuerst ausgiebig bevor ich es mir abermals unter den Gaumen schob um es dann genüsslich und mit allen Sinnen gründlich durchzukauen. Nachdem ich den Teller leer hatte überkam mich das unglaublich angenehme, wohlige Gefühl der Sättigung. Ich hatte mein Ziel erreicht und schaute noch der Sonne zu, wie sie unterging - hoffentlich weckt sie mich morgen vor meinem Magen.
 

DocSchneider

Foren-Redakteur
Teammitglied
Hallo Hannes Bender, herzlich Willkommen in der Leselupe!

Schön, dass Du den Weg zu uns gefunden hast. Wir sind gespannt auf Deine weiteren Werke und freuen uns auf einen konstruktiven Austausch mit Dir.

Um Dir den Einstieg zu erleichtern, haben wir im 'Forum Lupanum' (unsere Plauderecke) einen Beitrag eingestellt, der sich in besonderem Maße an neue Mitglieder richtet. http://www.leselupe.de/lw/titel-Leitfaden-fuer-neue-Mitglieder-119339.htm

Ganz besonders wollen wir Dir auch die Seite mit den häufig gestellten Fragen ans Herz legen. http://www.leselupe.de/lw/service.php?action=faq

Deine Geschichte liest sich zwar flüssig, hat aber wenig Spannung. Was Du nun genau aussagen willst, ist mir nicht ganz klar geworden. Überprüfe nochmal den Gebrauch von das/dass und die Kommata.


Viele Grüße von DocSchneider
Viele Grüße von DocSchneider

Redakteur in diesem Forum
 
Gegen 18 Uhr hatte ich mich entschlossen wieder einmal etwas für meinen unterforderten Verdauungstrakt zu tun. Ich hatte dieses starke Bedürfnis ihm erneut das Gefühl der Befriedigung zu vermitteln, das man im Allgemeinen durch die Herausforderung zielstrebiger und sinnvoller Arbeit erreichen konnte. Nach reichlich nüchternem, fast schon analytischem Nachdenken - so eine Tat sollte gut überlegt sein - stand ich auf und schaute zuerst aus dem Fenster um im Voraus herauszufinden ob meine Umwelt mich auch meinen Plan verwirklichen lassen würde. Die ausgiebige Betrachtung der Situation vor meinem Haus durch das leicht beschlagene Doppelfenster meines Zimmers zeigte allerdings keinen sonderlich aufregenden Anblick. Die Strasse war, wie jeden Tag dicht gefüllt von unterschiedlichsten Autos - von kleinen Roten bis hin zu schwarzen glänzenden Riesen die für mich den Anschein erweckten als hätten sie ihre Besitzer fest im Griff, was in diesem Fall der Bezeichnung Fahrzeughalter eigentlich widerspricht. Man kann sich schliesslich auch ein Haustier halten - zum Beispiel ein Katze, jedoch stellt sich dort die Frage wer nun wen fest im Griff hat. Aber trotz der grossen unterschiedlichen Äusserlichkeiten dieser nicht enden wollenden, fast schon schlangenhaft wirkenden Blechlawine hatten jedoch alle Bausteine dieses bunten Gesamtwerkes etwas gemeinsam. Ihre Besitzer eher gesagt deren "Halter" hatten alle den gleichen Gesichtsausdruck. Eine bunte Mischung aus Verzweiflung und Wut gepaart mit einer Brise Neid auf den Vordermann, denn der würde es bei der nächsten Grünphase bestimmt als letzter über die Kreuzung schaffen. Der hinzukommende Stress rundet das ganze dann noch ab, wie das letzte Körnchen Salz in einem Festmahl, das vor dem Nachwürzen noch fehlte.

Wie lange sie hier und an den Ampeln davor wohl schon stehen mochten? Ihnen mag es bestimmt vorkommen wie eine kleine Ewigkeit, denn an Ampeln scheint ja im Allgemeinen die Zeit still zu stehen. Wahrscheinlich standen sie an dieser Ampelkreuzung noch nicht so lange wie die vielen Menschen an der Strassenbahnhaltestelle, die an der sich kerzengerade durch die zwei grossen, doppelspurigen Strassen schneidenden Schienentrasse lag. Allein das Gras, das um ihr Schienenbett wuchs lies mir dieses Transportmittel von hier oben sympathischer und angenehmer Erscheinen ermöglichte es immerhin ein kleines Stück beruhigendes Grün inmitten der grauen, dunklen Asphaltlandschaft gedeihen zu lassen. Bei genauerer Betrachtung der wartenden Gestalten zwischen den Automassen fiel mir auf, dass sich deren Gesichtsausdruck eigentlich kaum von dem der Autofahrer die sie umgaben unterscheiden ließ. Manche sassen auf den Sitzen unter dem geschwungenen Glasdach der Haltestelle. Andere wiederum standen, die Augen erwartungsvoll auf den Fluchtpunkt der Schienen gerichtet, um dort in der Ferne erkennen zu können ob die Bahn schon zu ihnen unterwegs war damit sie sich rechtzeitig bereit machen konnten um im richtigen Moment sofort in die Bahn zu gelangen und somit dieser endlosen Warterei ohne weiteren Zeitverlust ein Ende bereiten konnten - wenn sie denn mal endlich kommen würde. Viele von ihnen, hauptsächlich die Jüngeren, versuchten sich mit ihren Mobiltelefonen zu beschäftigen in der Hoffnung, dass die Zeit etwas schneller an ihnen vorübergeht. Andere wiederum machten den Anschein als könnten sie sich nicht so recht entscheiden was sie nun mit ihren Augen anfangen sollten. Einige Blicke wechselten vom Boden über die Strasse hinauf zur elektronische Anzeigetafel, die ihnen signalisierte wie lange sie dort theoretisch noch zu warten hatten. Jedoch nachdem sie ihren Blick dort hinauf fokussiert und ihr Gehirn realisiert hatte, dass es noch eine kleine Ewigkeit dauern sollte bis sie an der Reihe waren, verschwand der kleine Ansatz der erwartungsvollen Hoffnung auf Erlösung die sich während der Aufwärtsbewegung in ihren Augen- und Mundwinkeln abzuzeichnen versuchte schlagartig und der Kopf sank wieder nach unten in Richtung Pflastersteine. Ich glaube, dass niemandem dort unten das Grün aufgefallen war. 

Ich lies mich so sehr von dem Geschehen dort unten ablenken, dass ich fast vergass auf die Hauptsache zu achten die in der entgegengesetzten Richtung lag, nämlich über mir. Der Himmel war, wie schon die Tage zuvor, gefüllt von dicken grauen, schnell vorüberziehenden Regenwolken soweit meine Augen reichten. Es hatte den Anschein als warteten sie einzig und allein auf die Gelegenheit ihre feuchte Fracht auf so vielen ungeschützten Köpfen wie möglich abzuladen die sich unter ihnen befanden. Allerdings schienen diese Wolken sehr ehrgeizig zu sein - denn unter ihnen liessen sich jetzt schon sehr viele Frisuren ruinieren - aber anscheinend waren es ihnen heute noch nicht genug. Ich sollte die Gelegenheit und die Geduld der Wolken ausnutzen, obwohl sich bei mir keine Frisur ruinieren liess, allerdings wollte ich auch nicht unbedingt in eine Wolkenbruch geraten, welcher an und für sich ja etwas angenehmes hatte. Ich beschloss daraufhin meine Observation zu beenden um mich auf den Weg zu machen.

Aber bevor ich dies konnte musste ich mir zuerst einmal etwas Passendes anziehen. Ich lief zum anderen Ende meines Zimmers, dann den Gang entlang. Ich öffnete die Tür zur kleinen Abstellkammer, die meinen Kleiderschrank beherbergte. Nachdem ich die Tür geöffnet hatte blies mir ein frischer, angenehmer Wind entgegen, denn dies war der einzige Raum in dem nicht geraucht wurde und dessen Fenster immer geöffnet war. Durch ihn bemerkte ich auch, dass es draussen ja eigentlich gar nicht so kalt war wie die Tage zuvor denn auch die Heizung war in diesem Raum niemals an. Ich schnappte mir einige Kleidungsstücke und verliess das Zimmer. Dieses mal liess ich die Tür aber bewusst geöffnet in der Hoffnung, dass etwas dieses frischen, angenehmen Windes sich dazu entschloss auch in andere Teile meiner Wohnung vorzudringen. Ich schlüpfte aus der einen Hose in die andere, zog mir meinen Lieblingspulli über und lief auf Socken ins Bad um einen letzten Blick in den Spielgel zu werfen. Nach der obligatorischen Selbstbetrachtung schlung ich mir meinen Schal um den Hals und zog meine Jacke an. Dieser Ablauf hatte sich schon seit Jahren zum Automatismus entwickelt, obwohl ich mir schon des Öfteren vorgenommen hatte die Jacke erst anzuziehen wenn ich die Wohnung in spätestens 10 Sekunden verlassen würde. Nun hatte ich sie schon an und es war mir wieder einmal egal - beim nächstem Mal würde ich ja bestimmt daran denken. Gut eingepackt in Stoff und Leder musste ich nun erst einmal alle für mein Vorhaben notwendigen Utensilien zusammen suchen. Das wichtigste war natürlich mein Geldbeutel, ohne den ging ich eigentlich nie aus dem Haus. Ich hatte ihn am Abend zuvor natürlich mal wieder irgendwo hingelegt - nur wo? Ich machte mich auf den Weg in die Küche, denn selbst wenn er dort nicht sein sollte könnte ich auf jeden Fall die Stofftasche mitnehmen die dort immer an der gleichen Stelle lag. Der Geldbeutel lag selbstverständlich nicht in der Küche - wie hätte es auch anders sein können - also griff ich mir wenigstens schonmal die Tasche. Auf dem erneuten Gang in mein Zimmer lief ich noch meinem Rucksack über den Weg, auch ein Gegenstand den ich mitnehmen wollte. Ich öffnete ihn und stopfte die Stofftasche lieblos hinein schliesslich waren beide ja nur Mittel zum Zweck. Wieder in meinem Zimmer angekommen sah ich auch schon meinen Geldbeutel auf dem Nachttisch liegen - was für ein Glück, hatte ihn immerhin schon nach dem zweiten Anlauf gefunden. Ich schnappte mir meinen Schlüssel und zwängte mich in meine Schuhe bei denen ich es noch nie für Notwendig gehalten hatte die Schnürsenkel zu öffnen um sie an- oder auszuziehen. Mittlerweile waren sie das auch schon gewohnt, genauso wie ich. Ich tastete mich selbst nochmals von oben nach unten ab um sicherzustellen, dass meine Taschen nun auch wirklich mit den nötigen Gegenständen gefüllt waren. Schlüssel, Geldbeutel, Rucksack - alles schien vorhanden zu sein. Ich lief zur Haustür, öffnete sie, machte einen Schritt hinaus und zog sie schliesslich hinter mir zu.

Ohne nachzudenken griff ich nach meinem Schlüsselbund in der Jackentasche um die Tür mindestens einmal zu verschliessen aber eigentlich nur weil es alle machten denn bei mir war selbst für die anspruchslosesten Diebe nicht viel zu holen. Ich ging die Holztreppe hinunter die unter meinem nicht allzu grossem Gewicht knirschte und ächzte. Man konnte ihr Alter schon allein an ihren Geräuschen erahnen. Was diese Treppe wohl schon alles erlebt hatte? Die vier Stockwerke die ich nach unten gehen musste erschienen mir wie ein endloser Weg obwohl ich sie schon so oft benutzt hatte und genau wusste was mich erwartete. Erneut fiel mir auf, dass es mir auf dieser Treppe jedes mal so erging, obwohl ich mittlerweile jeden Quadratzentimeter ihres Belages kannte und auch schon genau wusste welche stöhnende Töne sie beim nächsten Schritt von sich geben würde. Ich wusste auch auf Anhieb aufgrund der unterschiedlich bunten Fussmatten die, wie es sich anscheinend gehörte, vor jedem Wohnungseingang lagen in welchem Stockwerk ich mich befand. Ich glaube meine Wohnungstür war die Einzige im Haus, die sich nicht mit einer Fussmatte schmücken konnte, was mich aber nicht weiter störte denn meine Fussmatte lag hinter der Tür in der Wohnung. Auf was für Gedanken ich so kam während ich diese Treppe herunterlief. Im Erdgeschoss angekommen und erleichtert abermals dieses endlose Treppenherabsteigen endlich hinter mich gebracht zu haben griff ich erneut in meine linke Jackentasche um den Schlüsselbund herauszuholen. Dieses mal sollte mir der kleinste Schlüssel am Bunde von Nutzen sein, der Briefkastenschlüssel. Mit ihm öffnete ich meinen Briefkasten, was in mir jedes mal das Gefühl erweckte das man verspürt wenn man ein Geschenkpaket öffnete, da man ja nie wusste was einen im Inneren wirklich erwarten würde. Und was erwartete mich dieses mal? Das gleiche wie immer. Berge von buntem Papier, teils in Plastik zusammengefasst, teils lose hineingestopft für mich alles nur belanglose Werbung denn ich war nicht der Typ, der sich in solchen Werbeprospekten darüber informierte wo das Pfund Hackfleisch beispielsweise um zwei Cent billiger war als in anderen Geschäften. Ich warf es, ohne ihm jegliche Beachtung zu schenken direkt in den grünen Plastikkorb, der einzig und allein zu diesem Zweck von einem engagierten Nachbarn dort platziert wurde. Wieder nichts dabei. Ich konnte mich nicht so richtig entscheiden ob das nun gut war das ich keine Post bekommen hatte oder nicht, schliesslich hätte es ja auch ein netter Brief sein können den mir jemand schickte weil er an mich dachte. Es hätte allerdings zum Beispiel auch eine Rechnung sein können, was natürlich nicht heissen würde das in diesem Falle niemand an mich dachte - ganz im Gegenteil.

Ich ging zur Haustür, drückte den Griff herunter und lehnte mich mit meinem vollen Gewicht nach hinten, denn die Tür war gross und schwer, ausserdem hätten sich ihre Scharniere bestimmt mehr über etwas Öl gefreut, als ihre Aussenseite über einen neuen Anstrich. Zugegeben, sie hätte beides sehr gut vertragen können. Aber wenn sich schon mal jemand dazu überwinden würde dieser Tür etwas Gutes zu tun, dann doch bitte mit etwas Eigennutz denn durch einen neuen Anstrich würde sie sich bestimmt nicht leichter öffnen lassen. Durch einen beherzten Schritt stand ich nun auf dem Türabsatz im Freien. Es regnete immer noch nicht. Ich überlegte kurz in welchen Laden ich denn jetzt letztendlich gehen soll. Dies hatte ich zwar schon die ganze Zeit im Hinterkopf, allerdings konnte ich mich nicht wirklich entscheiden. Da ich jetzt aber keine andere Möglichkeit mehr hatte als mich damit auseinanderzusetzen, weil von dieser Entscheidung nun alles abhing, musste ich eine Wahl treffen. Links zum einen, rechts zum anderen. Ich entschloss mich rechts entlang zu gehen, da ich so an der grossen Strasse entlang laufen konnte wo immer etwas los war. Hätte ich mich für den anderen Weg entschieden müsste ich nun durch kleine, triste Strassen gehen, in denen in der Regel überhaupt nichts los war, was in manchen Stimmungslagen bestimmt angenehmer gewesen wäre - heute allerdings nicht. Ich lief los und schon nach wenigen Schritten erreichte ich die Hausecke. Als ich um diese herumging blies mir ein unglaublich starker und frischer Wind ins Gesicht. Er wehte so stark, das ich fast meinem Schal hätte hinterher rennen müssen, denn die Jacke hatte ich nicht zu gemacht und der Schal hatte sich mittlerweile unbemerkt soweit gelockert, das er mir nur noch über die Schulter hing. Mit einer schnellen, reflexartigen Bewegung fing ich ihn ein und wickelte ihn erneut um meinen Hals und machte anschliessend die Jacke bis zum Kinn hinauf am Reissverschluss zu. Das war knapp.

So lief ich nun, nach vorn gebeugt damit es dieser herrliche Wind nicht schaffen würde mich aus dem Gleichgewicht zu bringen. Gleichzeitig zog ich meine Schultern nach oben, damit er nicht durch eine Lücke zwischen Kragen und Schal unter die Jacke kriechen konnte. Zu meiner Linken lag nun ein kleiner Fahrradweg, gefolgt von der immer noch von Autos überbesiedelte Strasse die durch den kleinen, zarten Grünstreifen unterbrochen wurde. Als ich den Gehweg entlang ging wurde ich ab und zu von schnaufenden Fahrradfahren überholt die mit all ihren Kräften versuchten gegen diesen Wind anzukommen, was einigen recht gut gelang, anderen wiederum nicht. Der Strasse schenkte ich allerdings keinerlei Beachtung. Was für ein Wind! Nach circa 300 Metern hatte ich mein Ziel auch schon fast erreicht. Der Laden den ich mir ausgesucht hatte lag auf der anderen Strassenseite, zu meinem Glück fuhren die Autos an dieser Stelle aber immer nur in Intervallen an mir vorbei und zwar immer wenn die Ampel an der sie alle zuvor warteten wiedermal auf Grün geschaltet hatte. Nachdem ich gewartet hatte bis das letzte Auto begleitet von einer tosenden, zischenden Geräuschkulisse an mir vorbeigezogen war überquerte ich leichten Fusses die erste Hälfte der Strasse und auch gleich dazu noch den Grünstreifen der Strassenbahn denn diese kam sowieso nur ganz selten. Vor der Überquerung der zweiten Hälfte der Strasse musste ich wieder warten. Wieder zogen die Automassen an mir vorbei. Ich hatte das Gefühl sie beschleunigten allesamt nur damit ihre Bremsen nach 500 Metern wieder etwas zu tun hatten, dort war nämlich die nächste Ampel, die vor meinem Haus - natürlich schon wieder auf Rot.

Ich hatte es fast geschafft. Nun musste ich nur noch über einen Fahrradweg und einen Gehweg hinüber und schon stand ich in der Eingangstür des Supermarktes. Es war nicht so ein kalter, lieblos hingebauter, nagelneu steriler Supermarkt, wie es die meisten mittlerweile waren, nein es war ein kleiner gemütlicher Supermarkt, ein Familienbetrieb sozusagen der nur soviel unterschiedliche Artikel im Sortiment hatte weil sein Besitzer ganz einfach die Gänge etwas enger gestaltet hatte. Ich mochte diesen Laden denn hier überkam mich, aus was für Gründen auch immer, das angenehme Gefühl der Geborgenheit. In ihm war es immer ruhig und ganz und gar nicht hektisch, auch wurde er noch von echten Glühbirnen ausgeleuchtet welche im Vergleich zu den neuen grossen Märkten ein sehr warmes Licht abstrahlten, nicht dieses bläulich, kalte Neonlicht, das wirklich nur das kostengünstigste Mittel war um den Kunden den Raum zu beleuchten. Wahrscheinlich wurden diese auch nur installiert, damit der Betreiber keine Anzeigen bekam weil sich ein Kunde im dunkeln verletzt hatte. Ich nahm mir einen Einkaufswagen, hier musste man keinen Pfand dafür hineinstecken, und begann meine kleine Tour durch die engen Gänge. Am Gemüse blieb ich zuerst stehen. Was sollte ich denn nun mitnehmen? Über alles hatte ich mir Gedanken gemacht nur über das Wichtigste überhaupt natürlich nicht. Ich entschloss mich beim Anblick der roten, reifen Tomaten, einfach mal das einzupacken auf das ich Lust hatte. Daraus würde sich bestimmt etwas leckeres zaubern lassen. Nachdem ich vier Tomaten in eines dieser keinen Plastiktütchen gesteckt hatte sah ich noch eine leckere grüne Paprika, sie nahm ich auch mit. Am Brotregal das folgte hielt ich mich nicht auf denn dieses abgepackte Brot ist nicht so nach meinem Geschmack, obwohl es ja schon praktisch ist das man es hier bekommt, auch nachdem schon alle Bäckereien geschlossen hatten. Ich folgte dem Gang, der zugleich eine sehr enge Kurve machte - Nudeln. Davon hatte ich in den letzten Tagen nun wirklich schon genug, allerdings blieb mein Blick an einer Packung Lasagneplatten hängen. Ohne auch nur eine Sekunde zu zögern hatte ich mich entschieden - heute würde es Lasagne geben!  Diese Entscheidung lies sich natürlich nun nicht mehr mit meinen Plan, einfach alles einzupacken auf das ich Lust hatte, vereinbaren. Die Tomaten und die Paprika konnte ich dafür ja gut gebrauchen, zum Glück stehen die Nudel ganz am Anfang. Nun konnte ich zielstrebiger vorgehen. Ich zwängte mich durch den engen Gang an zwei entgegenkommenden Einkaufswagen und einer Grossfamilie vorbei zurück zum Gemüse, denn ich brauchte nun noch Karotten und auf jeden Fall ein Körbchen frischer Champignons. Durch Zufall sah ich auch noch ein Netz Knoblauch, das ich mir auch noch einpackte. So - jetzt brauchte ich eigentlich nur noch etwas Käse, passierte Tomaten und eine Dose Mais, dies würde mir reichen. Die passierten Tomaten und den Käse fand ich auf Anhieb, nur der Mais bereitete mir Probleme. Doch nach konzentriertem Studium des Dosenregals fand ich ihn schliesslich ganz unten neben den Erbsen. Sollte ich nun wirklich schon alles in meinem Einkaufswagen haben? Mit einem kritischen Blick schaute ich hinein und stellte mir den Herstellungsprozess, der später in der Küche auf mich zukommen würde, schon einmal bildlich vor. Schritt für Schritt nahm ich die Zutaten und stellte sie, der Reihenfolge nach wie ich sie verwenden würde, in die andere Ecke des Wagens. Es waren tatsächlich alle Zutaten. Auf dem Weg zur Kasse musste ich noch an den Süssigkeiten vorbei und konnte mich deren Anziehungskraft wieder einmal nicht entziehen also packte ich noch eine Tafel Zartbitterschokolade obendrauf.

Zufrieden kämpfte ich mich durch die engen Gänge des Supermarktes bis an die Kasse vor, an der zu meinem Glück gerade niemand stand und somit konnte ich direkt meine Sachen auf das kleine, schwarze Förderband legen. Die Verkäuferin hatte anscheinend schon längere Zeit niemanden mehr abkassiert denn sie legte, als sie mich bemerkte, ihre Zeitschrift beiseite und begann damit meine Waren über den Scanner zu ziehen. Ihre Handbewegungen sahen dabei sehr routiniert und sicher aus. Nach dem sie damit fertig war drückte sie mit einer gefühlvollen Handbewegung den Knopf an der Kasse der alles zusammenrechnete. Diese Bewegung sah aus wie bei einer Pianistin die den allerletzten, allein stehenden Ton einer Partitur  auf der Klaviatur spielte. "Vierundzwangsechsunddreissig" sagte sie mit einem freundlichen Lächeln im Gesicht und riss den Kassenzettel ab. Man konnte ihr ansehen, dass dies nicht nur ein aufgesetztes Lächeln war weil ihr Chef es so wollte, sondern sie schien ganz und gar zufrieden zu sein. Ich griff in meine Tasche, holte den Geldbeutel hinaus und reichte ihr fünfundzwanzig Euro worauf sie bereits das passende Wechselgeld in der Hand hielt und mit zurückgab. "Vielen Dank und einen schönen Abend wünsche ich Ihnen" sagte sie und griff wieder zu ihrer Zeitschrift. Sie hatte mir aber zu keinem Zeitpunkt den Eindruck vermittelt das ich sie ja nur vom lesen abhalte. Ich wünschte ihr daraufhin auch noch einen schönen Abend und schob meinen Wagen an das Fenster vor dem sich ein kleiner Tisch befand auf dem man seine Sachen umpacken konnte. Heute ging alles in den Rucksack hinein, die Stofftasche hätte ich auch zuhause lassen können aber sie wog ja nicht viel und in der Küche war ich ja sowieso wegen des Geldbeutels. Ich schob den Einkaufswagen wieder zurück zu all den anderen und öffnete die Tür zur Strasse hinaus. Nachdem ich es endlich wieder geschafft hatte die Strasse zu überqueren lief ich mit angenehmem Rückenwind, fast wie auf Wolken nach hause. Das Gewicht des Rucksacks bemerkte ich gar nicht.

An der Haustür angekommen schloss ich diese auf und stemmte mich wieder dagegen, dieses mal in die andere Richtung. Am Briefkasten vorbei kam ich zu dem Schluss, das keine Post auch gute Post war und ich begann den Treppenaufstieg, der trotz des zusätzlichen Gewichtes des Einkaufes meinem Gefühl nach nur ein Zehntel der Zeit und Kraft benötigte die der Abstieg in Anspruch nahm. Im vierten Stock angekommen schloss ich die Wohnungstür auf, rieb meine Schuhe an der Fussmatte ab die ja bereits in der Wohnung lag und schloss die Tür hinter mir. Noch bevor ich einen weiteren Schritt machte zog ich mir die Schuhe aus, natürlich ohne die Schnürsenkel zu öffnen. Ich ging den Gang entlang an dessen Ende direkt die Küche folgte. Ich stellte den Rucksack auf dem Küchentisch ab und schaltete direkt auch den Elektroherd ein, den ich auf 200 Grad vorheizen musste. Ich spülte die Tomaten und die Paprika unter dem Wasserhahn ab, legte sie auf das Brett und begann alles in kleine Streifen zu schneiden, was bei Tomaten ja gar nicht so einfach aber auch nicht unmöglich ist. Danach kamen die Möhren an die Reihe. Abspülen, schälen und in auch in Streifen schneiden. Als ich fertig war warf ich alles in den Topf den ich zuvor schon vom Regal heruntergenommen hatte. Ich zerlegte den Knoblauch, schälte eine Zehe und schnitt diese dann in hauchdünne Scheiben - ich finde nur so schmeckt er wirklich gut und man brauchte ihn nicht einmal leicht anzubraten. Danach wanderten auch die Scheiben in den Topf. Ich schüttete die passierten Tomaten obendrauf und spülte danach noch den Mais ab den ich zuvor aus seinem dunklen Blechverlies befreit hatte. Zum Schluss musste ich nur noch die Champignons putzen und schneiden. Alles im Topf vereint verfeinerte ich das Gemisch noch mit etwas Salz und Pfeffer. Ich schnappte mir die Lasagneplatten und brach sie vorsichtig auf die richtig Grösse damit sie so gut wie möglich in die Form passten. Nun kamen die Schichten dran. Erst eine Lage Nudelplatten gefolgt von einem Teil der Mischung aus dem Topf. Das ganze bedeckte ich wiederum mit einem Teil des bereits gerieben Käses. Diesen Vorgang wiederholte ich mehrmals, bis der Topf der das Gemisch enthielt seinen nackten, glänzenden Boden zeigte. Nachdem ich den Rest Käse über alles darüber gestreut hatte wanderte die gefüllte Form in den bereits heissen Ofen. Nun hiess es nur noch die Geduld zu haben, das ganze mindestens 40 Minuten lang nicht anzurühren.

Ich setzte mich an den Küchentisch und begann zu lesen. Die Zeit verging dadurch wie im Schlaf, dies wäre bestimmt auch ein gutes Mittel um die Zeit an der Straßenbahnhaltestelle zu überbrücken. Mittlerweile waren schon gute 45 Minuten vergangen und ich konnte nun endlich die Früchte meiner Arbeit ernten. Ich nahm einen Teller und Besteck aus dem Schrank, legte alles in Reih und Glied auf den Küchentisch und faltete sorgfältig ein Geschirrhandtuch zusammen mit dem ich die heisse Form aus dem Ofen holen wollte. Ich öffnete die Ofentür, zog das Gitter auf dem die Form stand vorsichtig ein Stückchen heraus und Griff mit dem Handtuch in den Händen hinein. Ich erwischte die Form beim ersten Versuch und stellte sie auf die Herdplatten oberhalb des Ofens. Mit bestimmt glänzenden Augen nahm ich das grosse Messer und schnitt ein gutes Stück aus der Form heraus. Nachdem ich dieses erfolgreich auch vom Rand der Form getrennt hatte hebelte ich es mit einer präzisen Handbewegung auf den Teller, den ich schon vom Küchentisch herbei geholt hatte damit mir bloss nichts herunterfallen konnte. Nach vollbrachtem Werk nahm ich den Teller und stellte ihn wieder zwischen Messer und Gabel auf den Tisch. Ich schob den Stuhl etwas beiseite und setze mich darauf. Während der ausgiebigen Betrachtung dieses Meisterwerkes genoss ich den süsslichen Geruch der mir in die Nase stieg. Ich nahm das Besteck in die Hände, schnitt mir das erste Stückchen ab und schob es mir langsam und genüsslich in den Mund. Heiss! Es war unglaublich heiss. Es kam mir vor als hätte ich ein Stück Hölle in den Mund genommen. Tränen schossen mir aus den Augen und ich versuchte mit tiefem Ein- und Ausatmen durch den Mund das ganze etwas abzukühlen, was mir aber erst nach einer Ewigkeit gelang. Beim zweiten Stück pustete ich zuerst ausgiebig bevor ich es mir abermals unter den Gaumen schob um es dann genüsslich und mit allen Sinnen gründlich durchzukauen. Nachdem ich den Teller leer hatte überkam mich das unglaublich angenehme, wohlige Gefühl der Sättigung. Ich hatte mein Ziel erreicht und schaute noch der Sonne zu, wie sie unterging - hoffentlich weckt sie mich morgen vor meinem Magen.
 
Gegen 18 Uhr hatte ich mich entschlossen wieder einmal etwas für meinen unterforderten Verdauungstrakt zu tun. Ich hatte dieses starke Bedürfnis ihm erneut das Gefühl der Befriedigung zu vermitteln, das man im Allgemeinen durch die Herausforderung zielstrebiger und sinnvoller Arbeit erreichen konnte. Nach reichlich nüchternem, fast schon analytischem Nachdenken - so eine Tat sollte gut überlegt sein - stand ich auf und schaute zuerst aus dem Fenster um im Voraus herauszufinden ob meine Umwelt mich auch meinen Plan verwirklichen lassen würde. Die ausgiebige Betrachtung der Situation vor meinem Haus durch das leicht beschlagene Doppelfenster meines Zimmers zeigte allerdings keinen sonderlich aufregenden Anblick. Die Strasse war, wie jeden Tag dicht gefüllt von unterschiedlichsten Autos - von kleinen Roten bis hin zu schwarzen glänzenden Riesen die für mich den Anschein erweckten als hätten sie ihre Besitzer fest im Griff, was in diesem Fall der Bezeichnung Fahrzeughalter eigentlich widerspricht. Man kann sich schliesslich auch ein Haustier halten - zum Beispiel ein Katze, jedoch stellt sich dort die Frage wer nun wen fest im Griff hat. Aber trotz der grossen unterschiedlichen Äusserlichkeiten dieser nicht enden wollenden, fast schon schlangenhaft wirkenden Blechlawine hatten jedoch alle Bausteine dieses bunten Gesamtwerkes etwas gemeinsam. Ihre Besitzer eher gesagt deren "Halter" hatten alle den gleichen Gesichtsausdruck. Eine bunte Mischung aus Verzweiflung und Wut gepaart mit einer Brise Neid auf den Vordermann, denn der würde es bei der nächsten Grünphase bestimmt als letzter über die Kreuzung schaffen. Der hinzukommende Stress rundet das ganze dann noch ab, wie das letzte Körnchen Salz in einem Festmahl, das vor dem Nachwürzen noch fehlte.

Wie lange sie hier und an den Ampeln davor wohl schon stehen mochten? Ihnen mag es bestimmt vorkommen wie eine kleine Ewigkeit, denn an Ampeln scheint ja im Allgemeinen die Zeit still zu stehen. Wahrscheinlich standen sie an dieser Ampelkreuzung noch nicht so lange wie die vielen Menschen an der Strassenbahnhaltestelle, die an der sich kerzengerade durch die zwei grossen, doppelspurigen Strassen schneidenden Schienentrasse lag. Allein das Gras, das um ihr Schienenbett wuchs lies mir dieses Transportmittel von hier oben sympathischer und angenehmer Erscheinen ermöglichte es immerhin ein kleines Stück beruhigendes Grün inmitten der grauen, dunklen Asphaltlandschaft gedeihen zu lassen. Bei genauerer Betrachtung der wartenden Gestalten zwischen den Automassen fiel mir auf, dass sich deren Gesichtsausdruck eigentlich kaum von dem der Autofahrer die sie umgaben unterscheiden ließ. Manche sassen auf den Sitzen unter dem geschwungenen Glasdach der Haltestelle. Andere wiederum standen, die Augen erwartungsvoll auf den Fluchtpunkt der Schienen gerichtet, um dort in der Ferne erkennen zu können ob die Bahn schon zu ihnen unterwegs war damit sie sich rechtzeitig bereit machen konnten um im richtigen Moment sofort in die Bahn zu gelangen und somit dieser endlosen Warterei ohne weiteren Zeitverlust ein Ende bereiten konnten - wenn sie denn mal endlich kommen würde. Viele von ihnen, hauptsächlich die Jüngeren, versuchten sich mit ihren Mobiltelefonen zu beschäftigen in der Hoffnung, dass die Zeit etwas schneller an ihnen vorübergeht. Andere wiederum machten den Anschein als könnten sie sich nicht so recht entscheiden was sie nun mit ihren Augen anfangen sollten. Einige Blicke wechselten vom Boden über die Strasse hinauf zur elektronische Anzeigetafel, die ihnen signalisierte wie lange sie dort theoretisch noch zu warten hatten. Jedoch nachdem sie ihren Blick dort hinauf fokussiert und ihr Gehirn realisiert hatte, dass es noch eine kleine Ewigkeit dauern sollte bis sie an der Reihe waren, verschwand der kleine Ansatz der erwartungsvollen Hoffnung auf Erlösung die sich während der Aufwärtsbewegung in ihren Augen- und Mundwinkeln abzuzeichnen versuchte schlagartig und der Kopf sank wieder nach unten in Richtung Pflastersteine. Ich glaube, dass niemandem dort unten das Grün aufgefallen war. 

Ich lies mich so sehr von dem Geschehen dort unten ablenken, dass ich fast vergass auf die Hauptsache zu achten die in der entgegengesetzten Richtung lag, nämlich über mir. Der Himmel war, wie schon die Tage zuvor, gefüllt von dicken grauen, schnell vorüberziehenden Regenwolken soweit meine Augen reichten. Es hatte den Anschein als warteten sie einzig und allein auf die Gelegenheit ihre feuchte Fracht auf so vielen ungeschützten Köpfen wie möglich abzuladen die sich unter ihnen befanden. Allerdings schienen diese Wolken sehr ehrgeizig zu sein - denn unter ihnen liessen sich jetzt schon sehr viele Frisuren ruinieren - aber anscheinend waren es ihnen heute noch nicht genug. Ich sollte die Gelegenheit und die Geduld der Wolken ausnutzen, obwohl sich bei mir keine Frisur ruinieren liess, allerdings wollte ich auch nicht unbedingt in eine Wolkenbruch geraten, welcher an und für sich ja etwas angenehmes hatte. Ich beschloss daraufhin meine Observation zu beenden um mich auf den Weg zu machen.

Aber bevor ich dies konnte musste ich mir zuerst einmal etwas Passendes anziehen. Ich lief zum anderen Ende meines Zimmers, dann den Gang entlang. Ich öffnete die Tür zur kleinen Abstellkammer, die meinen Kleiderschrank beherbergte. Nachdem ich die Tür geöffnet hatte blies mir ein frischer, angenehmer Wind entgegen, denn dies war der einzige Raum in dem nicht geraucht wurde und dessen Fenster immer geöffnet war. Durch ihn bemerkte ich auch, dass es draussen ja eigentlich gar nicht so kalt war wie die Tage zuvor denn auch die Heizung war in diesem Raum niemals an. Ich schnappte mir einige Kleidungsstücke und verliess das Zimmer. Dieses mal liess ich die Tür aber bewusst geöffnet in der Hoffnung, dass etwas dieses frischen, angenehmen Windes sich dazu entschloss auch in andere Teile meiner Wohnung vorzudringen. Ich schlüpfte aus der einen Hose in die andere, zog mir meinen Lieblingspulli über und lief auf Socken ins Bad um einen letzten Blick in den Spielgel zu werfen. Nach der obligatorischen Selbstbetrachtung schlung ich mir meinen Schal um den Hals und zog meine Jacke an. Dieser Ablauf hatte sich schon seit Jahren zum Automatismus entwickelt, obwohl ich mir schon des Öfteren vorgenommen hatte die Jacke erst anzuziehen wenn ich die Wohnung in spätestens 10 Sekunden verlassen würde. Nun hatte ich sie schon an und es war mir wieder einmal egal - beim nächstem Mal würde ich ja bestimmt daran denken. Gut eingepackt in Stoff und Leder musste ich nun erst einmal alle für mein Vorhaben notwendigen Utensilien zusammen suchen. Das wichtigste war natürlich mein Geldbeutel, ohne den ging ich eigentlich nie aus dem Haus. Ich hatte ihn am Abend zuvor natürlich mal wieder irgendwo hingelegt - nur wo? Ich machte mich auf den Weg in die Küche, denn selbst wenn er dort nicht sein sollte könnte ich auf jeden Fall die Stofftasche mitnehmen die dort immer an der gleichen Stelle lag. Der Geldbeutel lag selbstverständlich nicht in der Küche - wie hätte es auch anders sein können - also griff ich mir wenigstens schonmal die Tasche. Auf dem erneuten Gang in mein Zimmer lief ich noch meinem Rucksack über den Weg, auch ein Gegenstand den ich mitnehmen wollte. Ich öffnete ihn und stopfte die Stofftasche lieblos hinein schliesslich waren beide ja nur Mittel zum Zweck. Wieder in meinem Zimmer angekommen sah ich auch schon meinen Geldbeutel auf dem Nachttisch liegen - was für ein Glück, hatte ihn immerhin schon nach dem zweiten Anlauf gefunden. Ich schnappte mir meinen Schlüssel und zwängte mich in meine Schuhe bei denen ich es noch nie für Notwendig gehalten hatte die Schnürsenkel zu öffnen um sie an- oder auszuziehen. Mittlerweile waren sie das auch schon gewohnt, genauso wie ich. Ich tastete mich selbst nochmals von oben nach unten ab um sicherzustellen, dass meine Taschen nun auch wirklich mit den nötigen Gegenständen gefüllt waren. Schlüssel, Geldbeutel, Rucksack - alles schien vorhanden zu sein. Ich lief zur Haustür, öffnete sie, machte einen Schritt hinaus und zog sie schliesslich hinter mir zu.

Ohne nachzudenken griff ich nach meinem Schlüsselbund in der Jackentasche um die Tür mindestens einmal zu verschliessen aber eigentlich nur weil es alle machten denn bei mir war selbst für die anspruchslosesten Diebe nicht viel zu holen. Ich ging die Holztreppe hinunter die unter meinem nicht allzu grossen Gewicht knirschte und ächzte. Man konnte ihr Alter schon allein an ihren Geräuschen erahnen. Was diese Treppe wohl schon alles erlebt hatte? Die vier Stockwerke die ich nach unten gehen musste erschienen mir wie ein endloser Weg obwohl ich sie schon so oft benutzt hatte und genau wusste was mich erwartete. Erneut fiel mir auf, dass es mir auf dieser Treppe jedes mal so erging, obwohl ich mittlerweile jeden Quadratzentimeter ihres Belages kannte und auch schon genau wusste welche stöhnende Töne sie beim nächsten Schritt von sich geben würde. Ich wusste auch auf Anhieb aufgrund der unterschiedlich bunten Fussmatten die, wie es sich anscheinend gehörte, vor jedem Wohnungseingang lagen in welchem Stockwerk ich mich befand. Ich glaube meine Wohnungstür war die Einzige im Haus, die sich nicht mit einer Fussmatte schmücken konnte, was mich aber nicht weiter störte denn meine Fussmatte lag hinter der Tür in der Wohnung. Auf was für Gedanken ich so kam während ich diese Treppe herunterlief. Im Erdgeschoss angekommen und erleichtert abermals dieses endlose Treppenherabsteigen endlich hinter mich gebracht zu haben griff ich erneut in meine linke Jackentasche um den Schlüsselbund herauszuholen. Dieses mal sollte mir der kleinste Schlüssel am Bunde von Nutzen sein, der Briefkastenschlüssel. Mit ihm öffnete ich meinen Briefkasten, was in mir jedes mal das Gefühl erweckte das man verspürt wenn man ein Geschenkpaket öffnete, da man ja nie wusste was einen im Inneren wirklich erwarten würde. Und was erwartete mich dieses mal? Das gleiche wie immer. Berge von buntem Papier, teils in Plastik zusammengefasst, teils lose hineingestopft für mich alles nur belanglose Werbung denn ich war nicht der Typ, der sich in solchen Werbeprospekten darüber informierte wo das Pfund Hackfleisch beispielsweise um zwei Cent billiger war als in anderen Geschäften. Ich warf es, ohne ihm jegliche Beachtung zu schenken direkt in den grünen Plastikkorb, der einzig und allein zu diesem Zweck von einem engagierten Nachbarn dort platziert wurde. Wieder nichts dabei. Ich konnte mich nicht so richtig entscheiden ob das nun gut war das ich keine Post bekommen hatte oder nicht, schliesslich hätte es ja auch ein netter Brief sein können den mir jemand schickte weil er an mich dachte. Es hätte allerdings zum Beispiel auch eine Rechnung sein können, was natürlich nicht heissen würde das in diesem Falle niemand an mich dachte - ganz im Gegenteil.

Ich ging zur Haustür, drückte den Griff herunter und lehnte mich mit meinem vollen Gewicht nach hinten, denn die Tür war gross und schwer, ausserdem hätten sich ihre Scharniere bestimmt mehr über etwas Öl gefreut, als ihre Aussenseite über einen neuen Anstrich. Zugegeben, sie hätte beides sehr gut vertragen können. Aber wenn sich schon mal jemand dazu überwinden würde dieser Tür etwas Gutes zu tun, dann doch bitte mit etwas Eigennutz denn durch einen neuen Anstrich würde sie sich bestimmt nicht leichter öffnen lassen. Durch einen beherzten Schritt stand ich nun auf dem Türabsatz im Freien. Es regnete immer noch nicht. Ich überlegte kurz in welchen Laden ich denn jetzt letztendlich gehen soll. Dies hatte ich zwar schon die ganze Zeit im Hinterkopf, allerdings konnte ich mich nicht wirklich entscheiden. Da ich jetzt aber keine andere Möglichkeit mehr hatte als mich damit auseinanderzusetzen, weil von dieser Entscheidung nun alles abhing, musste ich eine Wahl treffen. Links zum einen, rechts zum anderen. Ich entschloss mich rechts entlang zu gehen, da ich so an der grossen Strasse entlang laufen konnte wo immer etwas los war. Hätte ich mich für den anderen Weg entschieden müsste ich nun durch kleine, triste Strassen gehen, in denen in der Regel überhaupt nichts los war, was in manchen Stimmungslagen bestimmt angenehmer gewesen wäre - heute allerdings nicht. Ich lief los und schon nach wenigen Schritten erreichte ich die Hausecke. Als ich um diese herumging blies mir ein unglaublich starker und frischer Wind ins Gesicht. Er wehte so stark, das ich fast meinem Schal hätte hinterher rennen müssen, denn die Jacke hatte ich nicht zu gemacht und der Schal hatte sich mittlerweile unbemerkt soweit gelockert, das er mir nur noch über die Schulter hing. Mit einer schnellen, reflexartigen Bewegung fing ich ihn ein und wickelte ihn erneut um meinen Hals und machte anschliessend die Jacke bis zum Kinn hinauf am Reissverschluss zu. Das war knapp.

So lief ich nun, nach vorn gebeugt damit es dieser herrliche Wind nicht schaffen würde mich aus dem Gleichgewicht zu bringen. Gleichzeitig zog ich meine Schultern nach oben, damit er nicht durch eine Lücke zwischen Kragen und Schal unter die Jacke kriechen konnte. Zu meiner Linken lag nun ein kleiner Fahrradweg, gefolgt von der immer noch von Autos überbesiedelte Strasse die durch den kleinen, zarten Grünstreifen unterbrochen wurde. Als ich den Gehweg entlang ging wurde ich ab und zu von schnaufenden Fahrradfahren überholt die mit all ihren Kräften versuchten gegen diesen Wind anzukommen, was einigen recht gut gelang, anderen wiederum nicht. Der Strasse schenkte ich allerdings keinerlei Beachtung. Was für ein Wind! Nach circa 300 Metern hatte ich mein Ziel auch schon fast erreicht. Der Laden den ich mir ausgesucht hatte lag auf der anderen Strassenseite, zu meinem Glück fuhren die Autos an dieser Stelle aber immer nur in Intervallen an mir vorbei und zwar immer wenn die Ampel an der sie alle zuvor warteten wiedermal auf Grün geschaltet hatte. Nachdem ich gewartet hatte bis das letzte Auto begleitet von einer tosenden, zischenden Geräuschkulisse an mir vorbeigezogen war überquerte ich leichten Fusses die erste Hälfte der Strasse und auch gleich dazu noch den Grünstreifen der Strassenbahn denn diese kam sowieso nur ganz selten. Vor der Überquerung der zweiten Hälfte der Strasse musste ich wieder warten. Wieder zogen die Automassen an mir vorbei. Ich hatte das Gefühl sie beschleunigten allesamt nur damit ihre Bremsen nach 500 Metern wieder etwas zu tun hatten, dort war nämlich die nächste Ampel, die vor meinem Haus - natürlich schon wieder auf Rot.

Ich hatte es fast geschafft. Nun musste ich nur noch über einen Fahrradweg und einen Gehweg hinüber und schon stand ich in der Eingangstür des Supermarktes. Es war nicht so ein kalter, lieblos hingebauter, nagelneu steriler Supermarkt, wie es die meisten mittlerweile waren, nein es war ein kleiner gemütlicher Supermarkt, ein Familienbetrieb sozusagen der nur soviel unterschiedliche Artikel im Sortiment hatte weil sein Besitzer ganz einfach die Gänge etwas enger gestaltet hatte. Ich mochte diesen Laden denn hier überkam mich, aus was für Gründen auch immer, das angenehme Gefühl der Geborgenheit. In ihm war es immer ruhig und ganz und gar nicht hektisch, auch wurde er noch von echten Glühbirnen ausgeleuchtet welche im Vergleich zu den neuen grossen Märkten ein sehr warmes Licht abstrahlten, nicht dieses bläulich, kalte Neonlicht, das wirklich nur das kostengünstigste Mittel war um den Kunden den Raum zu beleuchten. Wahrscheinlich wurden diese auch nur installiert, damit der Betreiber keine Anzeigen bekam weil sich ein Kunde im dunkeln verletzt hatte. Ich nahm mir einen Einkaufswagen, hier musste man keinen Pfand dafür hineinstecken, und begann meine kleine Tour durch die engen Gänge. Am Gemüse blieb ich zuerst stehen. Was sollte ich denn nun mitnehmen? Über alles hatte ich mir Gedanken gemacht nur über das Wichtigste überhaupt natürlich nicht. Ich entschloss mich beim Anblick der roten, reifen Tomaten, einfach mal das einzupacken auf das ich Lust hatte. Daraus würde sich bestimmt etwas leckeres zaubern lassen. Nachdem ich vier Tomaten in eines dieser keinen Plastiktütchen gesteckt hatte sah ich noch eine leckere grüne Paprika, sie nahm ich auch mit. Am Brotregal das folgte hielt ich mich nicht auf denn dieses abgepackte Brot ist nicht so nach meinem Geschmack, obwohl es ja schon praktisch ist das man es hier bekommt, auch nachdem schon alle Bäckereien geschlossen hatten. Ich folgte dem Gang, der zugleich eine sehr enge Kurve machte - Nudeln. Davon hatte ich in den letzten Tagen nun wirklich schon genug, allerdings blieb mein Blick an einer Packung Lasagneplatten hängen. Ohne auch nur eine Sekunde zu zögern hatte ich mich entschieden - heute würde es Lasagne geben!  Diese Entscheidung lies sich natürlich nun nicht mehr mit meinen Plan, einfach alles einzupacken auf das ich Lust hatte, vereinbaren. Die Tomaten und die Paprika konnte ich dafür ja gut gebrauchen, zum Glück stehen die Nudel ganz am Anfang. Nun konnte ich zielstrebiger vorgehen. Ich zwängte mich durch den engen Gang an zwei entgegenkommenden Einkaufswagen und einer Grossfamilie vorbei zurück zum Gemüse, denn ich brauchte nun noch Karotten und auf jeden Fall ein Körbchen frischer Champignons. Durch Zufall sah ich auch noch ein Netz Knoblauch, das ich mir auch noch einpackte. So - jetzt brauchte ich eigentlich nur noch etwas Käse, passierte Tomaten und eine Dose Mais, dies würde mir reichen. Die passierten Tomaten und den Käse fand ich auf Anhieb, nur der Mais bereitete mir Probleme. Doch nach konzentriertem Studium des Dosenregals fand ich ihn schliesslich ganz unten neben den Erbsen. Sollte ich nun wirklich schon alles in meinem Einkaufswagen haben? Mit einem kritischen Blick schaute ich hinein und stellte mir den Herstellungsprozess, der später in der Küche auf mich zukommen würde, schon einmal bildlich vor. Schritt für Schritt nahm ich die Zutaten und stellte sie, der Reihenfolge nach wie ich sie verwenden würde, in die andere Ecke des Wagens. Es waren tatsächlich alle Zutaten. Auf dem Weg zur Kasse musste ich noch an den Süssigkeiten vorbei und konnte mich deren Anziehungskraft wieder einmal nicht entziehen also packte ich noch eine Tafel Zartbitterschokolade obendrauf.

Zufrieden kämpfte ich mich durch die engen Gänge des Supermarktes bis an die Kasse vor, an der zu meinem Glück gerade niemand stand und somit konnte ich direkt meine Sachen auf das kleine, schwarze Förderband legen. Die Verkäuferin hatte anscheinend schon längere Zeit niemanden mehr abkassiert denn sie legte, als sie mich bemerkte, ihre Zeitschrift beiseite und begann damit meine Waren über den Scanner zu ziehen. Ihre Handbewegungen sahen dabei sehr routiniert und sicher aus. Nach dem sie damit fertig war drückte sie mit einer gefühlvollen Handbewegung den Knopf an der Kasse der alles zusammenrechnete. Diese Bewegung sah aus wie bei einer Pianistin die den allerletzten, allein stehenden Ton einer Partitur  auf der Klaviatur spielte. "Vierundzwangsechsunddreissig" sagte sie mit einem freundlichen Lächeln im Gesicht und riss den Kassenzettel ab. Man konnte ihr ansehen, dass dies nicht nur ein aufgesetztes Lächeln war weil ihr Chef es so wollte, sondern sie schien ganz und gar zufrieden zu sein. Ich griff in meine Tasche, holte den Geldbeutel hinaus und reichte ihr fünfundzwanzig Euro worauf sie bereits das passende Wechselgeld in der Hand hielt und mit zurückgab. "Vielen Dank und einen schönen Abend wünsche ich Ihnen" sagte sie und griff wieder zu ihrer Zeitschrift. Sie hatte mir aber zu keinem Zeitpunkt den Eindruck vermittelt das ich sie ja nur vom lesen abhalte. Ich wünschte ihr daraufhin auch noch einen schönen Abend und schob meinen Wagen an das Fenster vor dem sich ein kleiner Tisch befand auf dem man seine Sachen umpacken konnte. Heute ging alles in den Rucksack hinein, die Stofftasche hätte ich auch zuhause lassen können aber sie wog ja nicht viel und in der Küche war ich ja sowieso wegen des Geldbeutels. Ich schob den Einkaufswagen wieder zurück zu all den anderen und öffnete die Tür zur Strasse hinaus. Nachdem ich es endlich wieder geschafft hatte die Strasse zu überqueren lief ich mit angenehmem Rückenwind, fast wie auf Wolken nach hause. Das Gewicht des Rucksacks bemerkte ich gar nicht.

An der Haustür angekommen schloss ich diese auf und stemmte mich wieder dagegen, dieses mal in die andere Richtung. Am Briefkasten vorbei kam ich zu dem Schluss, das keine Post auch gute Post war und ich begann den Treppenaufstieg, der trotz des zusätzlichen Gewichtes des Einkaufes meinem Gefühl nach nur ein Zehntel der Zeit und Kraft benötigte die der Abstieg in Anspruch nahm. Im vierten Stock angekommen schloss ich die Wohnungstür auf, rieb meine Schuhe an der Fussmatte ab die ja bereits in der Wohnung lag und schloss die Tür hinter mir. Noch bevor ich einen weiteren Schritt machte zog ich mir die Schuhe aus, natürlich ohne die Schnürsenkel zu öffnen. Ich ging den Gang entlang an dessen Ende direkt die Küche folgte. Ich stellte den Rucksack auf dem Küchentisch ab und schaltete direkt auch den Elektroherd ein, den ich auf 200 Grad vorheizen musste. Ich spülte die Tomaten und die Paprika unter dem Wasserhahn ab, legte sie auf das Brett und begann alles in kleine Streifen zu schneiden, was bei Tomaten ja gar nicht so einfach aber auch nicht unmöglich ist. Danach kamen die Möhren an die Reihe. Abspülen, schälen und in auch in Streifen schneiden. Als ich fertig war warf ich alles in den Topf den ich zuvor schon vom Regal heruntergenommen hatte. Ich zerlegte den Knoblauch, schälte eine Zehe und schnitt diese dann in hauchdünne Scheiben - ich finde nur so schmeckt er wirklich gut und man brauchte ihn nicht einmal leicht anzubraten. Danach wanderten auch die Scheiben in den Topf. Ich schüttete die passierten Tomaten obendrauf und spülte danach noch den Mais ab den ich zuvor aus seinem dunklen Blechverlies befreit hatte. Zum Schluss musste ich nur noch die Champignons putzen und schneiden. Alles im Topf vereint verfeinerte ich das Gemisch noch mit etwas Salz und Pfeffer. Ich schnappte mir die Lasagneplatten und brach sie vorsichtig auf die richtig Grösse damit sie so gut wie möglich in die Form passten. Nun kamen die Schichten dran. Erst eine Lage Nudelplatten gefolgt von einem Teil der Mischung aus dem Topf. Das ganze bedeckte ich wiederum mit einem Teil des bereits gerieben Käses. Diesen Vorgang wiederholte ich mehrmals, bis der Topf der das Gemisch enthielt seinen nackten, glänzenden Boden zeigte. Nachdem ich den Rest Käse über alles darüber gestreut hatte wanderte die gefüllte Form in den bereits heissen Ofen. Nun hiess es nur noch die Geduld zu haben, das ganze mindestens 40 Minuten lang nicht anzurühren.

Ich setzte mich an den Küchentisch und begann zu lesen. Die Zeit verging dadurch wie im Schlaf, dies wäre bestimmt auch ein gutes Mittel um die Zeit an der Straßenbahnhaltestelle zu überbrücken. Mittlerweile waren schon gute 45 Minuten vergangen und ich konnte nun endlich die Früchte meiner Arbeit ernten. Ich nahm einen Teller und Besteck aus dem Schrank, legte alles in Reih und Glied auf den Küchentisch und faltete sorgfältig ein Geschirrhandtuch zusammen mit dem ich die heisse Form aus dem Ofen holen wollte. Ich öffnete die Ofentür, zog das Gitter auf dem die Form stand vorsichtig ein Stückchen heraus und Griff mit dem Handtuch in den Händen hinein. Ich erwischte die Form beim ersten Versuch und stellte sie auf die Herdplatten oberhalb des Ofens. Mit bestimmt glänzenden Augen nahm ich das grosse Messer und schnitt ein gutes Stück aus der Form heraus. Nachdem ich dieses erfolgreich auch vom Rand der Form getrennt hatte hebelte ich es mit einer präzisen Handbewegung auf den Teller, den ich schon vom Küchentisch herbei geholt hatte damit mir bloss nichts herunterfallen konnte. Nach vollbrachtem Werk nahm ich den Teller und stellte ihn wieder zwischen Messer und Gabel auf den Tisch. Ich schob den Stuhl etwas beiseite und setze mich darauf. Während der ausgiebigen Betrachtung dieses Meisterwerkes genoss ich den süsslichen Geruch der mir in die Nase stieg. Ich nahm das Besteck in die Hände, schnitt mir das erste Stückchen ab und schob es mir langsam und genüsslich in den Mund. Heiss! Es war unglaublich heiss. Es kam mir vor als hätte ich ein Stück Hölle in den Mund genommen. Tränen schossen mir aus den Augen und ich versuchte mit tiefem Ein- und Ausatmen durch den Mund das ganze etwas abzukühlen, was mir aber erst nach einer Ewigkeit gelang. Beim zweiten Stück pustete ich zuerst ausgiebig bevor ich es mir abermals unter den Gaumen schob um es dann genüsslich und mit allen Sinnen gründlich durchzukauen. Nachdem ich den Teller leer hatte überkam mich das unglaublich angenehme, wohlige Gefühl der Sättigung. Ich hatte mein Ziel erreicht und schaute noch der Sonne zu, wie sie unterging - hoffentlich weckt sie mich morgen vor meinem Magen.
 
Gegen 18 Uhr hatte ich mich entschlossen wieder einmal etwas für meinen unterforderten Verdauungstrakt zu tun. Ich hatte dieses starke Bedürfnis ihm erneut das Gefühl der Befriedigung zu vermitteln, das man im Allgemeinen durch die Herausforderung zielstrebiger und sinnvoller Arbeit erreichen konnte. Nach reichlich nüchternem, fast schon analytischem Nachdenken - so eine Tat sollte gut überlegt sein - stand ich auf und schaute zuerst aus dem Fenster um im Voraus herauszufinden ob meine Umwelt mich auch meinen Plan verwirklichen lassen würde. Die ausgiebige Betrachtung der Situation vor meinem Haus durch das leicht beschlagene Doppelfenster meines Zimmers zeigte allerdings keinen sonderlich aufregenden Anblick. Die Strasse war, wie jeden Tag dicht gefüllt von unterschiedlichsten Autos - von kleinen Roten bis hin zu schwarzen glänzenden Riesen die für mich den Anschein erweckten als hätten sie ihre Besitzer fest im Griff, was in diesem Fall der Bezeichnung Fahrzeughalter eigentlich widerspricht. Man kann sich schliesslich auch ein Haustier halten - zum Beispiel ein Katze, jedoch stellt sich dort die Frage wer nun wen fest im Griff hat. Aber trotz der grossen unterschiedlichen Äusserlichkeiten dieser nicht enden wollenden, fast schon schlangenhaft wirkenden Blechlawine hatten jedoch alle Bausteine dieses bunten Gesamtwerkes etwas gemeinsam. Ihre Besitzer eher gesagt deren "Halter" hatten alle den gleichen Gesichtsausdruck. Eine bunte Mischung aus Verzweiflung und Wut gepaart mit einer Brise Neid auf den Vordermann, denn der würde es bei der nächsten Grünphase bestimmt als letzter über die Kreuzung schaffen. Der hinzukommende Stress rundet das ganze dann noch ab, wie das letzte Körnchen Salz in einem Festmahl, das vor dem Nachwürzen noch fehlte.

Wie lange sie hier und an den Ampeln davor wohl schon stehen mochten? Ihnen mag es bestimmt vorkommen wie eine kleine Ewigkeit, denn an Ampeln scheint ja im Allgemeinen die Zeit still zu stehen. Wahrscheinlich standen sie an dieser Ampelkreuzung noch nicht so lange wie die vielen Menschen an der Strassenbahnhaltestelle, die an der sich kerzengerade durch die zwei grossen, doppelspurigen Strassen schneidenden Schienentrasse lag. Allein das Gras, das um ihr Schienenbett wuchs lies mir dieses Transportmittel von hier oben sympathischer und angenehmer Erscheinen ermöglichte es immerhin ein kleines Stück beruhigendes Grün inmitten der grauen, dunklen Asphaltlandschaft gedeihen zu lassen. Bei genauerer Betrachtung der wartenden Gestalten zwischen den Automassen fiel mir auf, dass sich deren Gesichtsausdruck eigentlich kaum von dem der Autofahrer die sie umgaben unterscheiden ließ. Manche sassen auf den Sitzen unter dem geschwungenen Glasdach der Haltestelle. Andere wiederum standen, die Augen erwartungsvoll auf den Fluchtpunkt der Schienen gerichtet, um dort in der Ferne erkennen zu können ob die Bahn schon zu ihnen unterwegs war damit sie sich rechtzeitig bereit machen konnten um im richtigen Moment sofort in die Bahn zu gelangen und somit dieser endlosen Warterei ohne weiteren Zeitverlust ein Ende bereiten konnten - wenn sie denn mal endlich kommen würde. Viele von ihnen, hauptsächlich die Jüngeren, versuchten sich mit ihren Mobiltelefonen zu beschäftigen in der Hoffnung, dass die Zeit etwas schneller an ihnen vorübergeht. Andere wiederum machten den Anschein als könnten sie sich nicht so recht entscheiden was sie nun mit ihren Augen anfangen sollten. Einige Blicke wechselten vom Boden über die Strasse hinauf zur elektronische Anzeigetafel, die ihnen signalisierte wie lange sie dort theoretisch noch zu warten hatten. Jedoch nachdem sie ihren Blick dort hinauf fokussiert und ihr Gehirn realisiert hatte, dass es noch eine kleine Ewigkeit dauern sollte bis sie an der Reihe waren, verschwand der kleine Ansatz der erwartungsvollen Hoffnung auf Erlösung die sich während der Aufwärtsbewegung in ihren Augen- und Mundwinkeln abzuzeichnen versuchte schlagartig und der Kopf sank wieder nach unten in Richtung Pflastersteine. Ich glaube, dass niemandem dort unten das Grün aufgefallen war. 

Ich lies mich so sehr von dem Geschehen dort unten ablenken, dass ich fast vergass auf die Hauptsache zu achten die in der entgegengesetzten Richtung lag, nämlich über mir. Der Himmel war, wie schon die Tage zuvor, gefüllt von dicken grauen, schnell vorüberziehenden Regenwolken soweit meine Augen reichten. Es hatte den Anschein als warteten sie einzig und allein auf die Gelegenheit ihre feuchte Fracht auf so vielen ungeschützten Köpfen wie möglich abzuladen die sich unter ihnen befanden. Allerdings schienen diese Wolken sehr ehrgeizig zu sein - denn unter ihnen liessen sich jetzt schon sehr viele Frisuren ruinieren - aber anscheinend waren es ihnen heute noch nicht genug. Ich sollte die Gelegenheit und die Geduld der Wolken ausnutzen, obwohl sich bei mir keine Frisur ruinieren liess, allerdings wollte ich auch nicht unbedingt in eine Wolkenbruch geraten, welcher an und für sich ja etwas angenehmes hatte. Ich beschloss daraufhin meine Observation zu beenden um mich auf den Weg zu machen.

Aber bevor ich dies konnte musste ich mir zuerst einmal etwas Passendes anziehen. Ich lief zum anderen Ende meines Zimmers, dann den Gang entlang. Ich öffnete die Tür zur kleinen Abstellkammer, die meinen Kleiderschrank beherbergte. Nachdem ich die Tür geöffnet hatte blies mir ein frischer, angenehmer Wind entgegen, denn dies war der einzige Raum in dem nicht geraucht wurde und dessen Fenster immer geöffnet war. Durch ihn bemerkte ich auch, dass es draussen ja eigentlich gar nicht so kalt war wie die Tage zuvor denn auch die Heizung war in diesem Raum niemals an. Ich schnappte mir einige Kleidungsstücke und verliess das Zimmer. Dieses mal liess ich die Tür aber bewusst geöffnet in der Hoffnung, dass etwas dieses frischen, angenehmen Windes sich dazu entschloss auch in andere Teile meiner Wohnung vorzudringen. Ich schlüpfte aus der einen Hose in die andere, zog mir meinen Lieblingspulli über und lief auf Socken ins Bad um einen letzten Blick in den Spielgel zu werfen. Nach der obligatorischen Selbstbetrachtung schlung ich mir meinen Schal um den Hals und zog meine Jacke an. Dieser Ablauf hatte sich schon seit Jahren zum Automatismus entwickelt, obwohl ich mir schon des Öfteren vorgenommen hatte die Jacke erst anzuziehen wenn ich die Wohnung in spätestens 10 Sekunden verlassen würde. Nun hatte ich sie schon an und es war mir wieder einmal egal - beim nächstem Mal würde ich ja bestimmt daran denken. Gut eingepackt in Stoff und Leder musste ich nun erst einmal alle für mein Vorhaben notwendigen Utensilien zusammen suchen. Das wichtigste war natürlich mein Geldbeutel, ohne den ging ich eigentlich nie aus dem Haus. Ich hatte ihn am Abend zuvor natürlich mal wieder irgendwo hingelegt - nur wo? Ich machte mich auf den Weg in die Küche, denn selbst wenn er dort nicht sein sollte könnte ich auf jeden Fall die Stofftasche mitnehmen die dort immer an der gleichen Stelle lag. Der Geldbeutel lag selbstverständlich nicht in der Küche - wie hätte es auch anders sein können - also griff ich mir wenigstens schonmal die Tasche. Auf dem erneuten Gang in mein Zimmer lief ich noch meinem Rucksack über den Weg, auch ein Gegenstand den ich mitnehmen wollte. Ich öffnete ihn und stopfte die Stofftasche lieblos hinein schliesslich waren beide ja nur Mittel zum Zweck. Wieder in meinem Zimmer angekommen sah ich auch schon meinen Geldbeutel auf dem Nachttisch liegen - was für ein Glück, hatte ihn immerhin schon nach dem zweiten Anlauf gefunden. Ich schnappte mir meinen Schlüssel und zwängte mich in meine Schuhe bei denen ich es noch nie für Notwendig gehalten hatte die Schnürsenkel zu öffnen um sie an- oder auszuziehen. Mittlerweile waren sie das auch schon gewohnt, genauso wie ich. Ich tastete mich selbst nochmals von oben nach unten ab um sicherzustellen, dass meine Taschen nun auch wirklich mit den nötigen Gegenständen gefüllt waren. Schlüssel, Geldbeutel, Rucksack - alles schien vorhanden zu sein. Ich lief zur Haustür, öffnete sie, machte einen Schritt hinaus und zog sie schliesslich hinter mir zu.

Ohne nachzudenken griff ich nach meinem Schlüsselbund in der Jackentasche um die Tür mindestens einmal zu verschliessen aber eigentlich nur weil es alle machten denn bei mir war selbst für die anspruchslosesten Diebe nicht viel zu holen. Ich ging die Holztreppe hinunter die unter meinem nicht allzu grossen Gewicht knirschte und ächzte. Man konnte ihr Alter schon allein an ihren Geräuschen erahnen. Was diese Treppe wohl schon alles erlebt hatte? Die vier Stockwerke die ich nach unten gehen musste erschienen mir wie ein endloser Weg obwohl ich sie schon so oft benutzt hatte und genau wusste was mich erwartete. Erneut fiel mir auf, dass es mir auf dieser Treppe jedes mal so erging, obwohl ich mittlerweile jeden Quadratzentimeter ihres Belages kannte und auch schon genau wusste welche stöhnende Töne sie beim nächsten Schritt von sich geben würde. Ich wusste auch auf Anhieb aufgrund der unterschiedlich bunten Fussmatten die, wie es sich anscheinend gehörte, vor jedem Wohnungseingang lagen in welchem Stockwerk ich mich befand. Ich glaube meine Wohnungstür war die Einzige im Haus, die sich nicht mit einer Fussmatte schmücken konnte, was mich aber nicht weiter störte denn meine Fussmatte lag hinter der Tür in der Wohnung. Auf was für Gedanken ich so kam während ich diese Treppe herunterlief. Im Erdgeschoss angekommen und erleichtert abermals dieses endlose Treppenherabsteigen endlich hinter mich gebracht zu haben griff ich erneut in meine linke Jackentasche um den Schlüsselbund herauszuholen. Dieses mal sollte mir der kleinste Schlüssel am Bunde von Nutzen sein, der Briefkastenschlüssel. Mit ihm öffnete ich meinen Briefkasten, was in mir jedes mal das Gefühl erweckte das man verspürt wenn man ein Geschenkpaket öffnet, da man ja nie wusste was einen im Inneren wirklich erwarten würde. Und was erwartete mich dieses mal? Das gleiche wie immer. Berge von buntem Papier, teils in Plastik zusammengefasst, teils lose hineingestopft für mich alles nur belanglose Werbung denn ich war nicht der Typ, der sich in solchen Werbeprospekten darüber informierte wo das Pfund Hackfleisch beispielsweise um zwei Cent billiger war als in anderen Geschäften. Ich warf es, ohne ihm jegliche Beachtung zu schenken direkt in den grünen Plastikkorb, der einzig und allein zu diesem Zweck von einem engagierten Nachbarn dort platziert wurde. Wieder nichts dabei. Ich konnte mich nicht so richtig entscheiden ob das nun gut war das ich keine Post bekommen hatte oder nicht, schliesslich hätte es ja auch ein netter Brief sein können den mir jemand schickte weil er an mich dachte. Es hätte allerdings zum Beispiel auch eine Rechnung sein können, was natürlich nicht heissen würde das in diesem Falle niemand an mich dachte - ganz im Gegenteil.

Ich ging zur Haustür, drückte den Griff herunter und lehnte mich mit meinem vollen Gewicht nach hinten, denn die Tür war gross und schwer, ausserdem hätten sich ihre Scharniere bestimmt mehr über etwas Öl gefreut, als ihre Aussenseite über einen neuen Anstrich. Zugegeben, sie hätte beides sehr gut vertragen können. Aber wenn sich schon mal jemand dazu überwinden würde dieser Tür etwas Gutes zu tun, dann doch bitte mit etwas Eigennutz denn durch einen neuen Anstrich würde sie sich bestimmt nicht leichter öffnen lassen. Durch einen beherzten Schritt stand ich nun auf dem Türabsatz im Freien. Es regnete immer noch nicht. Ich überlegte kurz in welchen Laden ich denn jetzt letztendlich gehen soll. Dies hatte ich zwar schon die ganze Zeit im Hinterkopf, allerdings konnte ich mich nicht wirklich entscheiden. Da ich jetzt aber keine andere Möglichkeit mehr hatte als mich damit auseinanderzusetzen, weil von dieser Entscheidung nun alles abhing, musste ich eine Wahl treffen. Links zum einen, rechts zum anderen. Ich entschloss mich rechts entlang zu gehen, da ich so an der grossen Strasse entlang laufen konnte wo immer etwas los war. Hätte ich mich für den anderen Weg entschieden müsste ich nun durch kleine, triste Strassen gehen, in denen in der Regel überhaupt nichts los war, was in manchen Stimmungslagen bestimmt angenehmer gewesen wäre - heute allerdings nicht. Ich lief los und schon nach wenigen Schritten erreichte ich die Hausecke. Als ich um diese herumging blies mir ein unglaublich starker und frischer Wind ins Gesicht. Er wehte so stark, das ich fast meinem Schal hätte hinterher rennen müssen, denn die Jacke hatte ich nicht zu gemacht und der Schal hatte sich mittlerweile unbemerkt soweit gelockert, das er mir nur noch über die Schulter hing. Mit einer schnellen, reflexartigen Bewegung fing ich ihn ein und wickelte ihn erneut um meinen Hals und machte anschliessend die Jacke bis zum Kinn hinauf am Reissverschluss zu. Das war knapp.

So lief ich nun, nach vorn gebeugt damit es dieser herrliche Wind nicht schaffen würde mich aus dem Gleichgewicht zu bringen. Gleichzeitig zog ich meine Schultern nach oben, damit er nicht durch eine Lücke zwischen Kragen und Schal unter die Jacke kriechen konnte. Zu meiner Linken lag nun ein kleiner Fahrradweg, gefolgt von der immer noch von Autos überbesiedelte Strasse die durch den kleinen, zarten Grünstreifen unterbrochen wurde. Als ich den Gehweg entlang ging wurde ich ab und zu von schnaufenden Fahrradfahren überholt die mit all ihren Kräften versuchten gegen diesen Wind anzukommen, was einigen recht gut gelang, anderen wiederum nicht. Der Strasse schenkte ich allerdings keinerlei Beachtung. Was für ein Wind! Nach circa 300 Metern hatte ich mein Ziel auch schon fast erreicht. Der Laden den ich mir ausgesucht hatte lag auf der anderen Strassenseite, zu meinem Glück fuhren die Autos an dieser Stelle aber immer nur in Intervallen an mir vorbei und zwar immer wenn die Ampel an der sie alle zuvor warteten wiedermal auf Grün geschaltet hatte. Nachdem ich gewartet hatte bis das letzte Auto begleitet von einer tosenden, zischenden Geräuschkulisse an mir vorbeigezogen war überquerte ich leichten Fusses die erste Hälfte der Strasse und auch gleich dazu noch den Grünstreifen der Strassenbahn denn diese kam sowieso nur ganz selten. Vor der Überquerung der zweiten Hälfte der Strasse musste ich wieder warten. Wieder zogen die Automassen an mir vorbei. Ich hatte das Gefühl sie beschleunigten allesamt nur damit ihre Bremsen nach 500 Metern wieder etwas zu tun hatten, dort war nämlich die nächste Ampel, die vor meinem Haus - natürlich schon wieder auf Rot.

Ich hatte es fast geschafft. Nun musste ich nur noch über einen Fahrradweg und einen Gehweg hinüber und schon stand ich in der Eingangstür des Supermarktes. Es war nicht so ein kalter, lieblos hingebauter, nagelneu steriler Supermarkt, wie es die meisten mittlerweile waren, nein es war ein kleiner gemütlicher Supermarkt, ein Familienbetrieb sozusagen der nur soviel unterschiedliche Artikel im Sortiment hatte weil sein Besitzer ganz einfach die Gänge etwas enger gestaltet hatte. Ich mochte diesen Laden denn hier überkam mich, aus was für Gründen auch immer, das angenehme Gefühl der Geborgenheit. In ihm war es immer ruhig und ganz und gar nicht hektisch, auch wurde er noch von echten Glühbirnen ausgeleuchtet welche im Vergleich zu den neuen grossen Märkten ein sehr warmes Licht abstrahlten, nicht dieses bläulich, kalte Neonlicht, das wirklich nur das kostengünstigste Mittel war um den Kunden den Raum zu beleuchten. Wahrscheinlich wurden diese auch nur installiert, damit der Betreiber keine Anzeigen bekam weil sich ein Kunde im dunkeln verletzt hatte. Ich nahm mir einen Einkaufswagen, hier musste man keinen Pfand dafür hineinstecken, und begann meine kleine Tour durch die engen Gänge. Am Gemüse blieb ich zuerst stehen. Was sollte ich denn nun mitnehmen? Über alles hatte ich mir Gedanken gemacht nur über das Wichtigste überhaupt natürlich nicht. Ich entschloss mich beim Anblick der roten, reifen Tomaten, einfach mal das einzupacken auf das ich Lust hatte. Daraus würde sich bestimmt etwas leckeres zaubern lassen. Nachdem ich vier Tomaten in eines dieser keinen Plastiktütchen gesteckt hatte sah ich noch eine leckere grüne Paprika, sie nahm ich auch mit. Am Brotregal das folgte hielt ich mich nicht auf denn dieses abgepackte Brot ist nicht so nach meinem Geschmack, obwohl es ja schon praktisch ist das man es hier bekommt, auch nachdem schon alle Bäckereien geschlossen hatten. Ich folgte dem Gang, der zugleich eine sehr enge Kurve machte - Nudeln. Davon hatte ich in den letzten Tagen nun wirklich schon genug, allerdings blieb mein Blick an einer Packung Lasagneplatten hängen. Ohne auch nur eine Sekunde zu zögern hatte ich mich entschieden - heute würde es Lasagne geben!  Diese Entscheidung lies sich natürlich nun nicht mehr mit meinen Plan, einfach alles einzupacken auf das ich Lust hatte, vereinbaren. Die Tomaten und die Paprika konnte ich dafür ja gut gebrauchen, zum Glück stehen die Nudel ganz am Anfang. Nun konnte ich zielstrebiger vorgehen. Ich zwängte mich durch den engen Gang an zwei entgegenkommenden Einkaufswagen und einer Grossfamilie vorbei zurück zum Gemüse, denn ich brauchte nun noch Karotten und auf jeden Fall ein Körbchen frischer Champignons. Durch Zufall sah ich auch noch ein Netz Knoblauch, das ich mir auch noch einpackte. So - jetzt brauchte ich eigentlich nur noch etwas Käse, passierte Tomaten und eine Dose Mais, dies würde mir reichen. Die passierten Tomaten und den Käse fand ich auf Anhieb, nur der Mais bereitete mir Probleme. Doch nach konzentriertem Studium des Dosenregals fand ich ihn schliesslich ganz unten neben den Erbsen. Sollte ich nun wirklich schon alles in meinem Einkaufswagen haben? Mit einem kritischen Blick schaute ich hinein und stellte mir den Herstellungsprozess, der später in der Küche auf mich zukommen würde, schon einmal bildlich vor. Schritt für Schritt nahm ich die Zutaten und stellte sie, der Reihenfolge nach wie ich sie verwenden würde, in die andere Ecke des Wagens. Es waren tatsächlich alle Zutaten. Auf dem Weg zur Kasse musste ich noch an den Süssigkeiten vorbei und konnte mich deren Anziehungskraft wieder einmal nicht entziehen also packte ich noch eine Tafel Zartbitterschokolade obendrauf.

Zufrieden kämpfte ich mich durch die engen Gänge des Supermarktes bis an die Kasse vor, an der zu meinem Glück gerade niemand stand und somit konnte ich direkt meine Sachen auf das kleine, schwarze Förderband legen. Die Verkäuferin hatte anscheinend schon längere Zeit niemanden mehr abkassiert denn sie legte, als sie mich bemerkte, ihre Zeitschrift beiseite und begann damit meine Waren über den Scanner zu ziehen. Ihre Handbewegungen sahen dabei sehr routiniert und sicher aus. Nach dem sie damit fertig war drückte sie mit einer gefühlvollen Handbewegung den Knopf an der Kasse der alles zusammenrechnete. Diese Bewegung sah aus wie bei einer Pianistin die den allerletzten, allein stehenden Ton einer Partitur  auf der Klaviatur spielte. "Vierundzwangsechsunddreissig" sagte sie mit einem freundlichen Lächeln im Gesicht und riss den Kassenzettel ab. Man konnte ihr ansehen, dass dies nicht nur ein aufgesetztes Lächeln war weil ihr Chef es so wollte, sondern sie schien ganz und gar zufrieden zu sein. Ich griff in meine Tasche, holte den Geldbeutel hinaus und reichte ihr fünfundzwanzig Euro worauf sie bereits das passende Wechselgeld in der Hand hielt und mit zurückgab. "Vielen Dank und einen schönen Abend wünsche ich Ihnen" sagte sie und griff wieder zu ihrer Zeitschrift. Sie hatte mir aber zu keinem Zeitpunkt den Eindruck vermittelt das ich sie ja nur vom lesen abhalte. Ich wünschte ihr daraufhin auch noch einen schönen Abend und schob meinen Wagen an das Fenster vor dem sich ein kleiner Tisch befand auf dem man seine Sachen umpacken konnte. Heute ging alles in den Rucksack hinein, die Stofftasche hätte ich auch zuhause lassen können aber sie wog ja nicht viel und in der Küche war ich ja sowieso wegen des Geldbeutels. Ich schob den Einkaufswagen wieder zurück zu all den anderen und öffnete die Tür zur Strasse hinaus. Nachdem ich es endlich wieder geschafft hatte die Strasse zu überqueren lief ich mit angenehmem Rückenwind, fast wie auf Wolken nach hause. Das Gewicht des Rucksacks bemerkte ich gar nicht.

An der Haustür angekommen schloss ich diese auf und stemmte mich wieder dagegen, dieses mal in die andere Richtung. Am Briefkasten vorbei kam ich zu dem Schluss, das keine Post auch gute Post war und ich begann den Treppenaufstieg, der trotz des zusätzlichen Gewichtes des Einkaufes meinem Gefühl nach nur ein Zehntel der Zeit und Kraft benötigte die der Abstieg in Anspruch nahm. Im vierten Stock angekommen schloss ich die Wohnungstür auf, rieb meine Schuhe an der Fussmatte ab die ja bereits in der Wohnung lag und schloss die Tür hinter mir. Noch bevor ich einen weiteren Schritt machte zog ich mir die Schuhe aus, natürlich ohne die Schnürsenkel zu öffnen. Ich ging den Gang entlang an dessen Ende direkt die Küche folgte. Ich stellte den Rucksack auf dem Küchentisch ab und schaltete direkt auch den Elektroherd ein, den ich auf 200 Grad vorheizen musste. Ich spülte die Tomaten und die Paprika unter dem Wasserhahn ab, legte sie auf das Brett und begann alles in kleine Streifen zu schneiden, was bei Tomaten ja gar nicht so einfach aber auch nicht unmöglich ist. Danach kamen die Möhren an die Reihe. Abspülen, schälen und in auch in Streifen schneiden. Als ich fertig war warf ich alles in den Topf den ich zuvor schon vom Regal heruntergenommen hatte. Ich zerlegte den Knoblauch, schälte eine Zehe und schnitt diese dann in hauchdünne Scheiben - ich finde nur so schmeckt er wirklich gut und man brauchte ihn nicht einmal leicht anzubraten. Danach wanderten auch die Scheiben in den Topf. Ich schüttete die passierten Tomaten obendrauf und spülte danach noch den Mais ab den ich zuvor aus seinem dunklen Blechverlies befreit hatte. Zum Schluss musste ich nur noch die Champignons putzen und schneiden. Alles im Topf vereint verfeinerte ich das Gemisch noch mit etwas Salz und Pfeffer. Ich schnappte mir die Lasagneplatten und brach sie vorsichtig auf die richtig Grösse damit sie so gut wie möglich in die Form passten. Nun kamen die Schichten dran. Erst eine Lage Nudelplatten gefolgt von einem Teil der Mischung aus dem Topf. Das ganze bedeckte ich wiederum mit einem Teil des bereits gerieben Käses. Diesen Vorgang wiederholte ich mehrmals, bis der Topf der das Gemisch enthielt seinen nackten, glänzenden Boden zeigte. Nachdem ich den Rest Käse über alles darüber gestreut hatte wanderte die gefüllte Form in den bereits heissen Ofen. Nun hiess es nur noch die Geduld zu haben, das ganze mindestens 40 Minuten lang nicht anzurühren.

Ich setzte mich an den Küchentisch und begann zu lesen. Die Zeit verging dadurch wie im Schlaf, dies wäre bestimmt auch ein gutes Mittel um die Zeit an der Straßenbahnhaltestelle zu überbrücken. Mittlerweile waren schon gute 45 Minuten vergangen und ich konnte nun endlich die Früchte meiner Arbeit ernten. Ich nahm einen Teller und Besteck aus dem Schrank, legte alles in Reih und Glied auf den Küchentisch und faltete sorgfältig ein Geschirrhandtuch zusammen mit dem ich die heisse Form aus dem Ofen holen wollte. Ich öffnete die Ofentür, zog das Gitter auf dem die Form stand vorsichtig ein Stückchen heraus und Griff mit dem Handtuch in den Händen hinein. Ich erwischte die Form beim ersten Versuch und stellte sie auf die Herdplatten oberhalb des Ofens. Mit bestimmt glänzenden Augen nahm ich das grosse Messer und schnitt ein gutes Stück aus der Form heraus. Nachdem ich dieses erfolgreich auch vom Rand der Form getrennt hatte hebelte ich es mit einer präzisen Handbewegung auf den Teller, den ich schon vom Küchentisch herbei geholt hatte damit mir bloss nichts herunterfallen konnte. Nach vollbrachtem Werk nahm ich den Teller und stellte ihn wieder zwischen Messer und Gabel auf den Tisch. Ich schob den Stuhl etwas beiseite und setze mich darauf. Während der ausgiebigen Betrachtung dieses Meisterwerkes genoss ich den süsslichen Geruch der mir in die Nase stieg. Ich nahm das Besteck in die Hände, schnitt mir das erste Stückchen ab und schob es mir langsam und genüsslich in den Mund. Heiss! Es war unglaublich heiss. Es kam mir vor als hätte ich ein Stück Hölle in den Mund genommen. Tränen schossen mir aus den Augen und ich versuchte mit tiefem Ein- und Ausatmen durch den Mund das ganze etwas abzukühlen, was mir aber erst nach einer Ewigkeit gelang. Beim zweiten Stück pustete ich zuerst ausgiebig bevor ich es mir abermals unter den Gaumen schob um es dann genüsslich und mit allen Sinnen gründlich durchzukauen. Nachdem ich den Teller leer hatte überkam mich das unglaublich angenehme, wohlige Gefühl der Sättigung. Ich hatte mein Ziel erreicht und schaute noch der Sonne zu, wie sie unterging - hoffentlich weckt sie mich morgen vor meinem Magen.
 



 
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