Einmal Glockenhelle (gelöscht)

Status
Für weitere Antworten geschlossen.

Schakim

Mitglied
Hi, Lapismonti!

Das scheint mir die etwas andere Wirklichkeit zu sein. Eine Frage habe ich dennoch: Wie liest man die Zeichen, wenn das Gesicht so eng bemalt ist, dass es - zumindest auf Distanz - vermutlich ganz schwarz wirkt ...

Liebe Grüsse und noch einen schönen Abend!
Schakim
 

lapismont

Foren-Redakteur
Teammitglied
Hallo Schakimi,

vielleicht ist es gar die richtige Wirklichkeit, es gibt so viele Seiten.
Ich glaube manchmal sind die Zeichen, die man sich ins Gesicht brennt, immer dieselben. Man selbst braucht sie gar nicht zu lesen, das schreiben ist das Wichtige.
Nicht alles, das zu lesen ist, wird auch gelesen.
So scheint es, das manche ungehörte Hilferufe eine uneinnehmbare Mauer bilden, Wort für Wort in einer toten Sprache gesetzt.

cu
lap
 

Vera-Lena

Mitglied
verhärtet

Lieber lapsi,

nachdem ich an deinem Text tagelang herumgeknabbert habe, versuch ich es jetzt einmal mit einer Erläuterung.

Ich vermute, Du schreibst über einen Menschen, der sich ganz verhärtet hat, der von außen kaum noch etwas aufnimmt, weil er immer denkt, er wüßte schon alles und die anderen wären die Dummköpfe. Dass er auf diese Weise abgestorben ist, merkt er nicht, und wenn ihn jemand zu beleben versucht, amüsiert er sich darüber.

Also so verstehe ich jetzt Deinen Text. Vielleicht hattest Du es ganz anders gemeint.

Liebe Grüße Vera-Lena
 
D

DeGie

Gast
Veralenchen,
deine Erklärung ist interessant, doch erzählt der Verfasser ja auch von sich selber. lapi erzählt auch, was in ihm bei der Beobachtung vorgeht (oder warum er sie vornimmt), also 50-50...
Eine Interaktion gewissermaßen bzw. die Verdichtung einer Summe dieser...

Das verödete Außen fügt sich mir nicht so gut in das Bild ein.
Könntest Du dazu etwas erläutern?

"Hölzer", "Löcher im Teppich" und "glockenhell" gefallen mir je in der Auswahl sehr, lassen allerdings auch extrem viel Spielraum (was keine Kritik darstellt!).

Ich habe übrinx gerade voreilig schnell gevotet.
Wenn man es etwas wirken läßt, wird es noch besser.
 

Vera-Lena

Mitglied
versucht

Lieber DeGie,

ich hatte geschrieben:"und wenn ihn jemand zu beleben versucht, amüsiert er sich darüber." Damit hatte ich die Versuche in der letzten Strophe gemeint. Ich habe also die Interaktion durchaus wahr genommen, vielleicht nicht deutlich genug darüber geschrieben.

Liebe Grüße Vera-Lena
 

lapismont

Foren-Redakteur
Teammitglied
Hallo Vera-Lena, Hallo auch DeGie,

Ihr werft interessante Perspektiven auf.

Die Abgrenzung vom Außen, von den Anderen muss nicht aktiv sein, es kann auch ein Wegbrechen des Realen sein. Der Zugang zum Verständnis der Welt schwindet, für den im Inneren übrig gebliebenen Rest Person ist das Außen öde und leer geworden, er nimmt es nicht mehr wahr.
Vielleicht fehlt in der kleinen Welt auch nichts, vielleicht existiert auch das Wissen nicht mehr, daß es eine andere Welt gibt.
Von Außen sind nur Zeichen zu sehen, selbstgesetzte, aufgedrückte. Der Versuch die Zeichensprache zu imitieren, führt zu einem Ergebnis, einem Lachen.
Doch ist es eine Reaktion?

Man kann aber auch beide Perspektiven in einer Person bündeln. Abverlangtes Verhalten auf der einen Seite, zurückgezogenes Selbst auf der anderen. Manchmal wird man von der Umwelt derartig unter Druck gesetzt, das man begint zu vergessen, wer man eigentlich ist. Man reagiert immer öfter als jemand Anderes.

Ich finde Vera-Lenas Sicht aber sehr interessant. Denn auch das Überheben schliesst aus. Man zeichnet sich absichtlich mit Unverständlichem um sich noch mehr abzugrenzen.

Danke für Eure Gedanken!

cu
lap
 
D

DeGie

Gast
Lieber lapi.

dieser Thread ist für mich ein gelungenes Beispiel dafür, wie Leser ihre Eindrücke zusammentragen und mit dem Autoren schließlich bündeln.
Und es wird nie so konkret, als daß der eigentliche Reiz der Lyrik schwände - auch der Reiz an der Interpretierbarkeit der Lyrik.

Fremde Menschen mit unterschiedlichen Momentanstimmungen finden im geschriebenen Wort einen gemeinsamen Nenner, den sie manchmal zusammenlegen, manchmal aber auch wieder sich in Teile teilen / aufteilen.

Ein spannender ReKomm auf jeden Fall...
 

Zefira

Mitglied
Liebe Mitdenker,

die Vielfalt der Reaktionen auf dieses Gedicht gibt mir den Mut, auch meinen Eindruck zu schildern, der sich nach dem ersten Lesen - als es noch unkommentiert hier stand - spontan und sehr intensiv einstellte. Ich dachte an eine Szene aus einem Buch, bzw. der Verfilmung (ich kann das nicht genau trennen), als eine Abordnung streikender Grubenarbeiter dem Grubenbesitzer in dessen Salon gegenübertritt, um bessere Arbeitsbedingungen einzufordern. (Das Buch spielt im 19. Jahrhundert, wer es zufällig kennt - es war "Germinal".)

Ich dachte anfangs, dieser Eindruck sei zu persönlich, um ihn hier ins Forum unter dieses Gedicht zu setzen. Aber da nun hier schon mehrmals von Fehlen einer gemeinsamen Sprache die Rede war, vom Fehlen einer gemeinsamen Wahrnehmung sogar, scheint er doch ganz gut hereinzupassen. Damit will ich nicht sagen, daß ich Sozialkritik in das Gedicht hineinlesen will. Grund zum Lachen hatten die Bergleute sicher nicht. Aber ich erkenne das Bedauern über die Unmöglichkeit einer Annäherung - die eine Seite einzufordern, die andere selbstbewußt zu verweigern scheint (ist mein Eindruck). Vielleicht legitimiert das mein Gedankenbild; natürlich ein Gedankenbild aus der historischen Entfernung, denn meine Sympathie ist auf der Seite des lachenden Schmutzfinks.

Glückwunsch, Lapis. Du hast einen Archetyp namhaft gemacht. Sonst käme hier nicht so viel zusammen.

Liebe Grüße von Zefira (sucht ein Lachen)
 

Rhea_Gift

Mitglied
Hi Lap,

sehr interessant, dein Gedicht, hat mich an Kafka erinnert... der Hungerkünstler, der nicht anders kann, darunter leidet und dennoch darüber lacht, über sich und wie er gesehen bzw. gelesen wird...
wie immer läßt du viel Raum für eigene Interpretationen (was dich natürlich aber auch vom anderen abschottet, denn man wird mehr zu sich als zum Autor geführt - was keine Kritik sein soll ;))und regst dadurch erfolgreich zum Nachdenken an.

LG, Rhea
 

lapismont

Foren-Redakteur
Teammitglied
Hallo,

die Nähe zu Zola ist interessant, wobei mir am erinnerlichsten die Schlachtszene ist. Aber die gesamte Stimmung in Germinal ist natürlich sehr davon geprägt, wie weit die Natur des Menschen Druck aushält.

Ich weiß aber auch nicht, woran es liegt, das mir die Texte nie kerzengerade gelingen, irgendwie verschlingen sich die Worte beim Überdenken zu immer neuen Mustern, die alle irgendwie doch noch zum Thema zu passen scheinen.
Schon komisch, das Schreiben,

grübelt
lap
 
Status
Für weitere Antworten geschlossen.



 
Oben Unten