Einzelkämpfer

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Sanddorn

Mitglied
Einzelkämpfer

Zug um Zug
bist du die
die alles kann

auf dem Thron
deiner Perfektion
gibst du die Krone
nicht mehr her
dein Hofstaat
ist das Beste
doch wenn einer
den Springer
falsch platziert
hackst du
die Hände ab
gefürchtet als geliebt
tanzt jeder
nach deiner Pfeiffe
Lob und Geschenk
um zu besänftigen
kommt jeder doch
nur so nah an dich
wie unbedingt nötig
das Schwert erhoben
hinterlässt du
Asche
auf deinen Wegen
doch die wahren
Schlachten fechtest du
des Nachts
meine einsame Königin
wenn die Wände
unaufhaltsam näher
rücken
und die Kälte
aus deinen Gliedern
kriecht
wenn du die Hüllen
abstreifst
und als Mensch
verzweifelst

In deinem Wahn
bist du die
der du nie
genügen wirst
 

Franzi

Mitglied
Hallo, Sanddorn,
gefällt mir sehr gut. Sehr treffend, egal, ob das Subjekt eine Mutter, eine Nebenbuhlerin oder vielleicht sogar ein Teil des Lyrischen Ichs präsentieren soll. (Ich würde eher auf Erstere tippen, wegen dem 'gefürchtet als geliebt'). Der Text geht richtig durch.
Liebe Grüße, Franzi
 
T

Thys

Gast
Hallo Sanddorn,

meiner Meinung nach passt Dein Titel nicht so richtig zum
Inhalt. Im Inhalt lese ich von einer Despotin, einer brutalen
machtlüsternen und letzendlich einsam verzweifelten Despotin.
Despoten sind aber nicht klassische Einzelkämpfer.
Die sind auf ihren Hofstaat und auf viele Mitläufer,
Speichellecker und anderes Getier angewiesen, um an der
Macht zu bleiben.
Viele Dinge, die Du in dem Text aufführst, sind ziemlich
normal für diese Despotengattung und könnten getrost
weggelasen werden, weil es sowieso allgemein bekannt ist.
Vielleicht überlegst Du Dir noch einmal genau, worauf es Dir
bei Deinem Text ankommt und versuchst Dich auf das Wesentliche
zu konzentrieren.

Gruß

Thys
 

Sanddorn

Mitglied
Liebe Franzi, lieber Thys,

Danke für Lob und Kritik- beides ist mir gleich wert! Thys, ich denke wir haben eine völlig andere Vorstellung von dem Wort "Einzelkämpfer". Bei mir schließt sich Hofstaat, Mitläufer und Speichellecker dadurch nicht aus. Die kämpfen nicht wirklich mit, nicht für ein Ziel, nicht für den Anderen, sondern für sich selbst. Auch sie sind Einzelkämpfer. Das Wort bedeutet für sich alleine kämpfen. Für sich selbst- ICH! ICH! ICH! Die Königin ist hier nur die Spitze des Egoismus, deren Wille über allem steht.

Liebe Grüße,
Sanddorn
 
T

Thys

Gast
Ja Sanddorn, das unterschiedliche Verständnis des Wortes haben wir wohl :)

Nichts für ungut

Thys
 

Anysa

Mitglied
Hallo Sanddorn,

dein Gedicht berührt mich sehr. Es zeigt sehr deutlich die Einsamkeit eines Menschen, obwohl er von vielen anderer Personen umgeben sein kann und alles versucht, um Kontakt mit anderen zu erhalten (ob im guten oder im schlechten).
Aber deine Person schafft es wohl nicht, mit sich selbst ins reine zu kommen.

Liebe Grüße
Anysa
 

HerbertH

Mitglied
Warum eigentlich nicht
Einkämpferin?

Vielleicht wäre ein Verzicht auf den Titel sogar noch besser...

LG Herbert
 

Sanddorn

Mitglied
Danke Anysa fürs Lesen und Mögen!

Du hast Recht, das Mit-Sich-Ins-Reine-Kommen erachte ich immer noch als eine der schwierigsten Aufgaben, egal ob Königin oder nicht. Wie soll man auch andere um sich herum akzeptieren, wenn man mit sich selbst nicht kann? Einsamkeit, und wenn es nur die innere ist, bringt das mit sich. Und Verrohung, denn wie soll man das Maß der Dinge finden, wenn man nicht sich selbst als Maßstab hat?

Herzlich Sanddorn
 

Sanddorn

Mitglied
Danke HerbertH für deinen Gedanken!

Einzelkämpferin... Die Höflinge und all das andere "Getier", das da noch so rumkriecht und "einzelkämpft" und sich seinen Weg zum Erfolg sucht, wäre dann aber ausgeschlossen. Denn eigentlich war von mir der Plural im Titel gemeint. Aber, und das wäre mir ohne dich völlig entgangen, wirkt es jetzt wohl eher so, als hätte ich die maskuline Form des Einzelkämpfers gewählt. Wie auch immer... Ich muss nochmal ein wenig darüber grübeln. Nimmt die "Verweiblichung" des Titels dem Ganzen etwas oder wird es dadurch schlüssiger?

Noch überlegend,
Sanddorn
 

Sanddorn

Mitglied
Liebe Miriam,

Danke fürs Lesen und Danke für dein Lob! Hab mit Freude und Gänsehaut gerade das Lied von Suzanne Vega angeguckt und fühle mein Gedicht in Melodie und Noten widergegeben- auf ganz eigene Art und Weise. Die Zwiespältigkei, der Kampf mit sich selbst und mit seinem Platz in der Welt, der Einzel- Kampf des Ichs... Berührend, aufrüttelnd, erweiternd.

Ein Kuss an dich für die Bereicherung!
Herzlich, Sanddorn
 

Pola Lilith

Mitglied
Dein Gedicht hat viele schöne Stellen, dazwischen zieht es sich m.E. unnötig i.d. Länge.

Sehr schön fand ich:

"...
und die Kälte
aus deinen Gliedern
kriecht
wenn du die Hüllen
abstreifst
und als Mensch
verzweifelst"

Dies sollte als Schlußpunkt stehen; danach sollte meiner Ansicht nach kein moralischer Zeigefinger folgen.

Gruß, Pola
 



 
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