Ende einer Ehe

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JuDschey

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Der Autor dankt für die Kritik und hat die Geschichte überarbeitet.



Ende einer Ehe

Da liegt sie nun im Staub, meine Frau. Ich kann es immer noch nicht glauben, dass ich das getan habe. Aber weit und breit gibt es hier, mitten im Wald, keine Menschenseele, außer mir. Folglich habe ich sie tot gemacht. Und da ist der pampelmusengroße Stein in meiner Hand. Und die Erinnerung an meine Tat, so wie ich sie schon tausendmal vorher in meiner Fantasie geschaffen habe, ist noch ganz frisch: Ich schlug ihr einfach von hinten einen Stein auf den Schädel. Und als sie bewusstlos zu Boden gefallen war, da habe ich nicht mehr aufhören können, ihr mit dem Stein auf den Kopf zu schlagen.
Meine Frau sieht nicht mehr schön aus. Nein, das tut sie nicht. Von ihrem einst so hübschen Gesicht gibt es keine Spur mehr. Der Schädel, eine einzige, zertrümmerte, blutige Sauerei, aus der immer noch, wie zäh dahinschleichendes Magma, ihr waberndes, schwabbeliges Hirn blutig in den Dreck des Waldbodens kriecht.
Endlich ließ ich den Stein los und war eine Sekunde irritiert, weil er geräuschlos auf dem Boden ankam. Der Waldboden dämpft, flüsterte irgendetwas in meinem Kopf. Die Gummihandschuhe blieben noch an meinen Händen. Wer weiß, wo DIE hier überall nach Spuren suchen. Da bin ich lieber vorsichtig.
Ich schaute noch einmal auf den ausblutenden, leblosen Körper im Dreck. Dann wollte ich drauf spucken, um meiner Abscheu, für diese Frau, noch ein letztes Mal Ausdruck zu verleihen. Doch eine wispernde Stimme in meinem Kopf bewahrte mich vor dieser Torheit: "Schon mal was von genetischem Fingerabdruck gehört, den sie aus deinem Speichel extrahieren werden?"
Gut, mein genetischer Fingerabdruck durfte sich nach geltendem Recht in keiner Datenbank der Welt befinden. Aber wer will und wer kann das kontrollieren?
Wenn der Hausarzt einem Blut für eine Routineuntersuchung abzapft, dann könnten die Leute im Labor sonst was mit der Blutprobe anstellen, ohne das irgendwer einen Schimmer davon hätte.
Ich wollte mich gerade herumdrehen, um den bedrückenden Ort meiner finstersten Fantasien, die nun also doch Wirklichkeit geworden waren, zu verlassen, da hörte ich plötzlich einen Ast knacksen. Im nächsten Moment jagte ein Belgischer Schäferhund aus dem Dickicht hervor und sprang an mir hoch. "Brutus! Brutus!" hörte ich jemanden schreien, während ich mechanisch den blöden Köter am Gnick packte und mit eiserner Hand zurück auf den Boden drückte. Verdammt! Wo kommen die denn urplötzlich her? Hier war doch niemand, fluchte ich.
"Brutus! Verdammt, komm her!" schrie die Stimme, die nun schon bedrohlich näher kam. Ich fühlte Schweißperlen auf meiner Stirn, während ich fieberhaft überlegte, wie ich mit dem Besitzer dieses dämlichen Viehs fertig werden könnte. Jetzt noch erwischt zu werden, war nicht das, was ich mir gewünscht hatte. Wird er mir zuhören, wenn ich ihm meine Motiv erkläre? Sicher nicht. Menschen sehen einen Mord und fantasieren sich gleich was von Gerechtigkeit zusammen. Natürlich zu Gunsten der Leiche, die da sowieso nichts mehr von hat. Er wird mich anzeigen. Er wird mich gleich sehen und die Sauerei, die ich auf dem Waldboden verursacht habe. Er wird dafür sorgen, dass ich hinter Gitter komme. Während mir diese Gedanken wie Raketen durch mein Hirn schossen, versuchte ich erst einmal Herr über den Hund zu verden.
Ich setzte mich auf seinen Rücken, natürlich nicht so, dass er unter meinem Gewicht zusammengebrochen wäre, sondern in der Art, dass ich die Kontrolle über ihn hatte. Schließlich war der Köter wie in einer großen Schraubzwinge zwischen meinen Beinen eingeklemmt und wird mir gleich, wenn der Besitzer auftauchen wird, keine Probleme mehr bereiten. Selbst dann nicht, wenn der Idiot "Fass" sagen würde. Mir schlug mein Herz bis zum Hals, angesichts meiner prekären, geradezu ausweglosen Lage. Weglaufen! Lauf schnell weg! Aber nein, macht keinen Sinn. Der Köter würde mir hinterher hechten und mich möglicherweise noch beißen. Nein. Keine Chance. Aber da war ja noch das Messer, das ich zum Pilze ausstechen mitgenommen hatte. Gerade als ich dem Köter mein feines Messer an die Kehle hielt, knackten Äste und ein Jäger betrat die kleine, abgeschiedene Lichtung. Mit einem Blick erkannte er die Situation und schaute mich mit unmenschlich zornigen Augen und einer geradezu unerschütterlichen Unerschrockenheit an, als wäre er die personifizierte Gerechtigkeit. Ich war so perplex, dass ich vergaß, dem blöden Vieh die Kehle durchzuschneiden.
"Du verfluchtes, mieses Dreckschwein!" schrie er mit solcher Verachtung, dass ich befürchtete, er werde mich im nächsten Moment erschießen. Im selben Augenblick zeigte sein imposantes Jagdgewehr direkt auf meinen Kopf und ich wünschte, ich würde das nur träumen.
Was jetzt, was jetzt, dachte ich verzweifelt und sah mich schon mit einer Kugel im Kopf neben der Leiche meiner Frau liegen. Die Augen des Jägers funkelten, wie die eines Irren, der felsenfest davon überzeugt war, dass man einen Mord nur mit der Hinrichtung des Mörders vergelten könne. Du mußt dein Leben retten, raunte eine innere Stimme. Dein Messer. Du hast ein Messer in der Hand. Tu was damit.
"Hör mal, Arschloch!" brachte ich schließlich mit dem Mut und der Kraft der Verzweiflung hervor. "Werf sofort die Waffe weg! Sonst schneid ich Deinem dämlichen Köter die Kehle durch! Glaub mir, ich hasse Hunde genauso sehr, wie meine Katze das tut."
Wie ich befürchtet hatte, verfehlten meine Worte ihre Wirkung. Verständlich, dass der Waldmann etwas dagegen hatte, dass ich seinem Hund weh tat. Zornig erwiderte er, dass ich in der selben Sekunde, in der Blut fließt, eine Schrotladung im Kopf haben würde.
"Na wenn schon!" schrie ich spontan, und hiel mich ebenso spontan für verrückt, "dann bist Du nicht besser als ich. Dann bist Du auch ein Mörder! Einen Menschen abzuknallen, um einen dämlichen Köter zu retten, das verzeiht Dir kein Gericht."
Ich war verrückt. Wie konnte ich so einen Blödsinn sagen? Was hatte ich davon, wenn ein Gericht ihn verurteilt und ich tot war.
Der Jäger überlegte nicht lange und meinte: "Ich sage, ich habe Dich in Notwehr erschossen, weil Du Dein Messer nach mir geworfen hast."
Daran zweifelt ich keine Sekunde. In der Hoffnung dadurch eventuell doch noch mein Leben zu retten und meinen Widersacher versöhnlicher zu stimmen, warf ich demonstrativ langsam, so dass er meine Niederlage genießen konnte, mein Messer fort und ließ danach den Hund, aus der Umklammerung meiner Beine, frei.
"Und jetzt! Willst Du mich immer noch erschiessen?" fragte ich, mit leiser Hoffnung das Schlimmste verhindert zu haben.
Er schüttelte zögerlich den Kopf, als ob er sich noch nicht ganz entschieden hätte und zielte gnadenlos weiter mit der tödlichen Waffe auf meinen Kopf.
Mein Herz raste wie verrückt. Wenn er die Waffe nicht bald fortnimmt, werde ich noch einen Herzschlag bekommen und tod umfallen, bevor er mich erschießt oder sonst was tut, dachte ich und versuchte diese unerträgliche Anspannung mit Zählen von natürlichen Zahlen zu lösen. Eins, Zwei, Drei .... Bei Funfundachtzig hatte ich eine Idee: Laß dich fallen. Dann kommt er nachschauen, was mit dir ist. Dann kannst du ihn überwältigen. Aber dazu kam es nicht mehr.
Ich stieß einen Seufzer der Erleichterung aus, als sich eine Hand, nach einer Ewigkeit der Ungewissheit, von der Waffe löste und zielstrebig in einer seiner Jackentaschen verschwand, um kurz darauf wieder mit einem Handy zu erscheinen.
Er würde die Bullen anrufen. Ich hatte verloren, so oder so. Jetzt, wo ich überleben werde, war mir die Durchführung meiner Idee zu gefährlich. Lebensgefährlich.Wenn ich mich ruhig verhalte, werde ich überleben. Das ist das Wichtigste. Zwar nicht das, was ich mir erträumt hatte, aber immerhin werde ich nach der lebenslänglichen Haftstrafe, zu der ich sicher verurteilt werde, in Frieden weiter leben können.
Plötzlich erklang ein Schuss. Vor den Füssen des Jägers wirbelte Staub und Dreck hoch, um sogleich wieder herabzuregnen. Jaulend rannte der Hund fort. Ungewöhnlich für den Hund eines Jägers, dachte ich spontan. Noch bevor ich mich selbst über den plötzlichen Knall erschrak.
"He, Arschloch! Schmeiß auf der Stelle Deine Knarre fort und wirf mir Dein Handy her!" schrie ein Mann, der urplötzlich, seitlich von uns, aus dem Gehölz trat und den Jäger mit einer Pistole bedrohte. Mein Gott, dachte ich. Was für ein irrwitziges Glück. Der kommt ja wie gerufen. Dann hegte ich plötzlich Zweifel, ob dieser Unbekannte wirklich ein Glück für mich war. Vielleicht dachte er, der Jäger wollte mich erschiessen und hatte erst mal dafür gesorgt, dass er seine Waffe weg warf. Aber wenn der Jäger ihm gleich alles erzählt ....
Der Jäger wurde kreidebleich und an seiner Hose wurde ein feuchter Fleck sichtbar, der schnell größer wurde. Trotz der Ungewissheit, ob der Unbekannte nun ein Segen für mich war oder nicht, mußte ich grinsen. Ein Erwachsener, der sich in die Butz macht, ist einfach in jeder Lebenslage zu komisch. Jedenfalls war ich, trotz Lebensgefahr immer noch trocken.
Mit zittrigen Händen warf der Jäger seine Waffe fort und dem Unbekannten das Handy hin.
"Gut so, Arschloch! Jetzt zeig uns, wie schnell Du laufen kannst, sonst verpass ich Deinem Arsch eine dicke, fette Kugel!"
Der Jäger lief, stolperte, fiel in den Dreck, stand auf und lief weiter, als wären die Hunnen hinter ihm her.
"So, Meister, jetzt verschwinden wir besser auch", meinte der Unbekannte und steckte seinen Revolver in den breiten Gürtel seiner Jeans.
"Wer sind Sie? Warum ...?"
"Keine Panik, Mann. Ich bin auf Ihrer Seite. Kommen Sie jetzt, wir müssen schleunigst hier fort!"
Ohne seine Beweggründe zu verstehen, folgte ich ihm. Erst mal hier weg, das hatte Priorität vor allem anderen.

Wir liefen etwa fünf Minuten durch wegloses Gelände. Dann kamen wir auf einen zugewachsenen, schmalen Waldweg, auf dem ein pechschwarzer Land Rover parkte.
Wir stiegen ein und der Unbekannte bretterte mit einem solchen Affenzahn durch den Wald, dass ich dachte, gleich bricht eine Achse auf dem holprigen Weg. Es war ein echter Höllenritt, der mich – hoffentlich – aus der Hölle herausbrachte. Ich wußte immer noch nicht, wer dieser Mensch war und warum er mich aus den Fängen des Jägers und damit auch der Polizei geholt hatte. Jedenfalls hatte er sich dadurch auch strafbar gemacht. Fluchthelfer eines Mörders. Wir saßen also in einem Boot. Bleibt nur die Frage, nach seinem Motiv. Und worüber ich mich immer noch wunderte, als das Grün der Bäume und Büsche an den Fenstern des Wagens vorbeirauschte, war, wieso der Unbekannte so urplötzlich zu gegen war. Bevor ich meine Frau erschlagen hatte, hatte ich mich doch gewissenhaft umgeschaut, dass ich nicht überrascht werde und in Ruhe den Tatort verlassen kann. Ein Rätsel. Überhaupt alles, der Hund, der Jäger, der Unbekannte. Die hätten gar nicht da sein dürfen. Beim Pilze suchen hatte ich die Gegend doch genauestens erforscht.
Nach etwa zwanzig Minuten kamen wir auf einen Feldweg, und näherten uns einem einsamen Bauernhof.
Er gehörte dem Unbekannten. Er fuhr seinen Land Rover in eine Scheune und eine Minute später saßen wir, in schwarzen Ledersesseln, in seinem riesigen Wohnzimmer und hatten jeder ein großes Glas Whiskey vor uns. Den hätte ich jetzt gebraucht, aber bevor ich einen Schluck nahm, wollte ich endlich wissen, warum dieser Mann mich da rausgeholt hatte.
"Warum habe .... ?" wollte ich fragen, aber der Unbekannte winkte ab und begann zu erzählen.
"Wissen Sie, Landwirtschaft lohnt sich heute nicht mehr. Damit kommt kein Bauer mehr auf einen grünen Zweig. Und weil ich mir schon als kleiner Bub, beim Schafe hüten, mörderische Geschichten ausgedacht hatte, da dachte ich mir, arbeite als Autor. Deshalb hab ich meine Kühe, Ziegen, Schweine, Schafe und Hühner verkauft bzw. geschlachtet und das Fleisch verhökert. Das Land liegt seit drei Jahren brach. Eigentlich ein Blödsinn, dass ich noch hier wohne. Aber hier habe ich eben meine Ruhe zum Schreiben."
"Aber warum haben Sie mich vor dem Jäg....?"
"Warum? Tja, warum? Ich kam gerade ganz zufällig vorbei, als Sie den Stein aufhoben und damit den Schädel von ..."
"...meiner Frau ..."
"..eingeschlagen haben. Ich dachte: Wart mal ab, was passiert, wenn gleich dieser bescheuerte Jäger vorbeikommt. Der schlich nämlich ganz in der Nähe herum. Ja, das hab ich gemacht. Aber wie der Sie mit der Flinte bedroht hat und mit seinem verfluchten Handy die Bullen anrufen wollte, mußte ich natürlich dazwischen gehen."
Die Geschichte klang ziemlich suspekt und platt noch dazu. Ein Bauer, der sich zum Krimiautor wandelt und ganz zufällig zur Stelle ist, als ich meine Frau erschlage, und mich dann auch noch mit einem Revolver bewaffnet vor dem Jäger beschützt. Also sowas, das ist doch einfach unglaublich.
"Warum mußten Sie dazwischen gehen?"
"Weil ich von Menschen wie Ihnen lebe. Ich will Ihre Geschichte hören, um Sie dann aufzuschreiben und damit mein Geld zu verdienen. Und Mördern und Verbrechern, denen ich einen guten Krimi zu verdanken habe, die bring ich doch nicht in den Knast. Das kann ich doch nicht zulassen. Vielleicht kann man später mal wieder irgendwie ins Geschäft kommen."
"Verstehe, verstehe", sagte ich erstmal, obwohl mir die Sache immer unglaubwürdiger erschien. Gut. Mörder liefern sicher tolle Ideen für Krimis, aber dann sitzen sie bereits hinter Gittern. Welcher Mörder, der noch frei herumläuft, wäre so dämlich seine Taten einem Autoren zu beschreiben? Und welcher Autor würde sich strafbar machen und einen Mörder nach dem Interview in die Freiheit entlassen? Das kann einfach nicht wahr sein.
"Aber eine Frage hätte ich da noch: Wieso waren Sie ausgerechnet heute genau dort, wo ich ..."
"Zufall, würde ich sagen. Vielleicht auch Instinkt. Irgendwie habe ich immer so eine Ahnung vorher, wann und wo ein Mord geschieht. Und dann lege ich mich dort auf die Lauer und meistens passiert es dann auch. Dann habe ich wieder eine neue Story, mit der ich Kohle mache."
Der Mann erzählte mir das, ohne die Spur eines Grinsens im Gesicht. Ich war verwirrt. Das klang einfach zu fantastisch, um Tatsache zu sein. Wollte der mir einen Bären aufbinden? Ich war mir nicht sicher. Bei seiner Erklärung sah er nämlich aus, als glaube er tatsächlich, was er sagte. Merkwürdig. Oder war der Mann einfach nur irre und ich hatte das Pech ihm zu begegnen, weil er mich gleich vielleicht im Keller auseinanderschneiden möchte? Ich nahm mein Glas und nippte an meinem Whiskey. Seltsam, er brannte überhaupt nicht in meiner Kehle, wie er es sonst immer macht.
"Sagen Sie mal, was ist denn das für ein komischer Whiskey, der schmeckt so eigenartig, wie stinknormales Quellwasser, würde ich sagen."
Hätte ich das einem anderen Menschen erzählt, wäre er sicher irritiert. Aber dieser Kerl, der mir immer noch nicht seinen Namen gesagt hatte, erklärte, als wäre es das selbstveständlichste von der Welt, dass mein Whiskey nach Wasser schmeckte:
"Das ist ganz normaler Whiskey. Sicher schmeckt er Ihnen fad, weil Sie gerade so starke Erlebnisse hatten."
Das könnte natürlich ein Grund sein. Aber richtig überzeugt war ich nicht. Ich nippte noch einmal an dem Whiskey und stellte fest, dass er immer noch wie einfaches Wasser schmeckte. Und als ich das Glas zurück auf den Tisch stellte, erschrak ich ziemlich heftig über den kleinen Goldfisch in meinem Glas.
"Verflucht! Wie kommt denn plötzlich ein Goldfisch in meinen Whiskey. Ich meine, in mein Glas."
Der Unbekannte lachte laut, geradezu völlig hysterisch, eben richtig idiotisch. Der Kerl machte sich über mich lustig. Er hatte mich wohl verarscht, indem er mir tatsächlich Wasser ins Glas gefüllt hatte, zusammen mit einem Scherzartikel, der anfangs unsichtbar war.
Als er sich wieder beruhigt hatte, griff er mit beiden Händen seinen Kopf und stellte ihn auf den Tisch. Nur der Körper ohne Kopf sass noch im Sessel. Abartiger geht´s wohl nicht mehr, dachte ich. Aber ein Scherz war dies nun offensichtlich nicht mehr. Denn der Kopf auf dem Tisch lachte: "Hahaha. Eh, Mann, kannst Du das auch?"
Und dann traf mich die Erkenntnis wie ein Blitz. Ja, natürlich, das alles hier ist so seltsam, so unglaublich und abgefahren, dass ich endlich Worte fand, für diesen ganzen Quatsch: "Was ist das hier? Ist das etwa ein Traum?"
Der Kopf auf dem Tisch kicherte und meinte: "Klar, was sollte es denn sonst sein, Du Träumer?!
In dem Moment wurde der Raum, der Körper und der Kopf des Unbekannten durchsichtig. Um schließlich ganz zu verschwinden und einem weißen Kittel Platz zu machen.

"Hallo! Hallo! Können Sie mich hören?" fragte eine Stimme, die eindeutig von dem weißen Kittel herrührte.
Ich wollte "Ja" sagen, höhrte aber nur ein Seufzen.
Ich probierte es noch einmal und brachte ein kaum wahrnembares, gehauchtes "Ja" zustande.
"Ganz wunderbar", sagte der Kittel, der sich Stunden später als Krankenschwester entpuppt hatte.
Sie war es dann auch, die mir sagte, dass ich es schaffen würde. Gut. Es schaffen, das klingt gut, dachte ich und schlief ein.
Tage später konnte ich wieder einigermassen klar denken und fragte mich, was passiert war?
Hatte der Jäger mir in den Kopf geschossen, nachdem ich meine Frau totgeschlagen hatte?
Es vergingen noch Stunden der Ungewissheit. Aber dann, als mir der Arzt alles erklärte, war ich überglücklich, dass ich nichts Schlimmes getan hatte. Alles war nur ein Traum gewesen. Der Bauer, der den Kopf auf den Tisch gestellt hatte, das war mir klar. Aber auch der Totschlag, der Hund und der Jäger gehörten zu diesem Traum. Ich hatte alles nur geträumt. Mir fiel ein Stein vom Herzen. Ich und ein Mörder, nein, da bin ich doch gar nicht der Typ für. Gut, ich weiß nicht, wie oft ich daran gedacht und davon geträumt hatte, es meiner Frau endlich auch mal zu zeigen. Aber ich war mir immer klar darüber, dass ich niemals so tief sinken wollte, außer im Traum.
Ich hatte nichts getan. Gar nichts. Nur meine Frau hatte etwas getan. Und dies war, seit drei Jahren Ehe, der Gipfel ihrer Schikanen. Sie hatte mich mit der Axt bearbeitet. So, wie sie es mir in den letzten Monaten öfter prophezeit hatte. Nachbarn waren durch meine Schmerzensschreie aufmerksam geworden und hatten die Polizei alarmiert. Aber als sie eintrafen, war meine Frau schon über alle Berge verschwunden. Nur ich lag halb abgeschlachtet und so gut wie tot in einer Blutlache auf dem Küchenfußboden, während mein Kätzchen neben mir hockte und jammerte.
 

Piratenbraut

Mitglied
Hallo JuDschey,


was den reinen Ablauf der Geschichte angeht, finde ich sie super. Die Umsetzung hat mir allerdings nicht so gut gefallen.

Wenn sich dem Leser so spät erschließt, dass es sich um einen Traum handelt, muss er zumindest bis zu der 'Nummer' mit dem Goldfisch im Whiskeyglas alles logisch nachvollziehen können. Nachvollziehen konnte ich nicht, wie schwach die Reaktionen der Personen geschildert wurden:


[blue]\"Oh Gott! Oh Gott! Wie schrecklich?\" keuchte er mit Abscheu und Ekel in seinem Gesicht, als er meine tote Frau erblickte. \"Das waren Sie! Sie haben sie so zugerichtet!\"[/blue]

Für mich eine viel zu kurz beschriebene Situation ohne die passende Dramatik des Augenblicks.

[blue] Und noch ehe er zu Ende gesprochen hatte, zeigte seine Flinte auf mich. Augenblicklich schrie ich ihn an:
\"Hör mal, Du Pimpf! Leg Dein Gewehr sofort auf den Boden! Sonst schneid ich Deinem dämlichen Köter die Kehle durch! Glaub mir, ich hasse Hunde genauso sehr, wie meine Katze das tut.\" [/blue]

Das ist eher Plauderton als Dramaturgie würde ich sagen.
Mich haben auch die vielen "\" irritiert. Sie sind nicht nötig.

[blue]Das klang einleuchtend und es sah tatsächlich so aus, als hätte ich dieses Spiel verloren.
Ich warf mein Messer in hohem Bogen fort und ließ gleichzeitig den Hund aus der Umklammerung meiner Beine frei.[/blue]

Auch hier wieder keine Spannung. Eben einfach nur "dahin erzählt", was sich noch weiter durchzieht.

Trotzdem...die Geschichte an sich ist super. Der Anfang hat mich neugierig gemacht und war gut geschrieben. Auch die Formulierung "tot gemacht" war gut, hat auf irres Handeln und totale Spannung neugierig gemacht.

Viele Grüße,

PB (die sowas nicht besser kann, nicht dass du das denkst ;-))
 

JuDschey

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Hallo Piratenbraut!

Vielen Dank für Deine Kritik.
Dass Dich diese "/" gestört haben, kann ich jetzt gut nachvollziehen, nachdem ich eben erst hier nachgeschaut habe, ob es schon Kritik gibt.
Diese "/" waren nicht beabsichtigt. Ich bitte das zu entschuldigen. Aber ich bin ganz neu hier und gut möglich, dass ich aus Versehen irgendwo draufgedrückt habe.

Dass Dir der Ablauf meiner Geschichte gut gefallen hat, freut mich natürlich. Danke für die Blumen.

Tja, dass Du mich mit der Nase draufgestoßen hast, dass ich erhebliche Mängel bei der Dramaturgie und Dramatik habe, finde ich ebenfalls prima. Alleine wäre ich da wohl nie draufgekommen. Ich werde also demnächst mal schauen, wie ich das verbessern kann. Wenn Du einen kleinen Tip dazu hättest, oder ein exemplarisches Beispiel auf Lager hättest, würde ich mich freuen.

Weiter findest Du es nicht so gut, dass der Leser praktisch erst am Schluß erfährt, dass alles nur ein Traum war.
Eigentlich würde ich das nicht ändern wollen. Im wirklichen Leben erfährt man normalerweise auch erst dann, dass man geträumt hat, wenn man schon so gut wie aufgewacht ist.
Aber wenn Du felsenfest davon überzeugt bist, dass es der Story nützt, schon wesentlich früher durchblicken zu lassen, dass der Ich-Erzähler träumt, dann werde ich das natürlich ändern.

Nochmals vielen Dank für Deine Kritik

Viele Grüße
JuDschey
 

Piratenbraut

Mitglied
Ursprünglich veröffentlicht von JuDschey


...Weiter findest Du es nicht so gut, dass der Leser praktisch erst am Schluß erfährt, dass alles nur ein Traum war.
Eigentlich würde ich das nicht ändern wollen. Im wirklichen Leben erfährt man normalerweise auch erst dann, dass man geträumt hat, wenn man schon so gut wie aufgewacht ist.
Aber wenn Du felsenfest davon überzeugt bist, dass es der Story nützt, schon wesentlich früher durchblicken zu lassen, dass der Ich-Erzähler träumt, dann werde ich das natürlich ändern.

Nochmals vielen Dank für Deine Kritik

Viele Grüße
JuDschey
Hey, das war jetzt aber nicht, was ich sagen wollte!
Ich finde es nicht falsch, dass am Ende erst klar ist, dass es sich um einen Traum handelt!

Nur muss bis zur Auflösung nichts passieren, das man nicht nachvollziehen kann weil man sonst das Lesen aufgibt oder die Geschichte einfach nicht gut findet.

Und ändern solltest du nur, was du selber ändern willst.

Gruß,

PR
 

JuDschey

Mitglied
Hi Piratenbraut,

oh, oh, da hatte ich Dich falsch verstanden. Sorry.

Also nochmal:
Du fändest meine Story besser, wenn ich die Traumerlebnisse des Ich-Erzählers dramatischer und spannender erzählt hätte.
Die Auflösung, dass der Totschlag, der Jäger und der krimischreibende Bauer nur ein Traum war, kann bis kurz vor Toresschluß für den Leser eine Überraschung bleiben.
Richtig verstanden, jetzt?

Bis bald
JuDschey
 
Hallo JuDschey,

was vor allem fehlt sind die nachvollziehbaren Motive von Jäger, Krimiautor (was ein Klischee) und auch des Protagonisten. Diese sollten besser herausgestellt werden, sollte es - wie im Traum üblich - unlogisch werden, sollte das unsere Mann merken und sich darüber wundern. Er nimmt es in der Geschichte einfach so hin. Das erscheint mir nicht richtig. Selbst im Traum zweifelt man, außerdem schriebst du ja eine Geschichte.

Sind noch ein paar Rechtsschreibfehler drin, welche die Rechtsschreibeprüfung von Word eigentlich finden sollte.

Bis bald,
Michael
 

Piratenbraut

Mitglied
Ursprünglich veröffentlicht von JuDschey
Hi Piratenbraut,

oh, oh, da hatte ich Dich falsch verstanden. Sorry.

Also nochmal:
Du fändest meine Story besser, wenn ich die Traumerlebnisse des Ich-Erzählers dramatischer und spannender erzählt hätte.
Die Auflösung, dass der Totschlag, der Jäger und der krimischreibende Bauer nur ein Traum war, kann bis kurz vor Toresschluß für den Leser eine Überraschung bleiben.
Richtig verstanden, jetzt?

Bis bald
JuDschey
Jo, so mein ich das. ;-))

Gruß, PB
 

JuDschey

Mitglied
Hallo Michael,

ich dachte, hatte vorausgesetzt, dass dem Leser das Motiv des Jägers klar sein würde. Er wollte ganz einfach den Ich-Erzähler, der seine Frau totgeschlagen hatte, mit seiner Flinte in Schach halten und mit seinem Handy die Polizei anrufen.
Das Motiv des Bauern, der ein Krimiautor war, wurde von ihm selbst erklärt. Er tauchte gerade im richtigen Augenblick auf, um den Jäger zu vertreiben, weil er mit der Mord-Geschichte des Ich-Erzählers Geld verdienen wollte.
Ich habe den Bauern, der ein Krimiautor war, da reingesetzt, weil es sich dann wie ein Traum anhört. Der Retter erscheint just in dem Moment, als sich der Ich-Erzähler dem Jäger ergibt. Unglaublich und zu schön um wahr zu sein. Ich wollte dem Leser mit dieser Figur nur einen Hinweis geben, dass es sich möglicherweise hier um einen Traum handelt. Was ich wegen der Spannung natürlch erst bestätigt habe, als der Whisky nach Wasser schmeckte und der Goldfisch im Glas schwamm. Außerdem sollte einem alles was der Bauer erzählte, ziemlich merkwürdig vorkommen. Er verkauft sein Vieh, gibt das Bauernsein auf, und läßt sich von Mördern ihre Geschichte erzählen, die er aufschreibt und damit Geld verdient. Und zum Dank läßt er die Mörder laufen, um eventuell später wieder mit ihnen ins Geschäft zu kommen. Sehr unwahrscheinlich. Dicke Lüge. Oder Traum.
Auch hätte der Leser stutzig werden können, weil der Hund, der Jäger und dann auch noch der Bauer, als Retter in der Not, überhaupt in Erscheinung traten. Denn am Anfang stellte der Ich-Erzähler fest: "Aber weit und breit gibt es hier, mitten im Wald, keine Menschenseele."
Dem Ich-Erzähler ist das alles nicht spanisch vorgekommen, weil er so fest geschlafen hatte, das er erst an der Realität seiner Erlebnisse zweifelte, als der Goldfisch in seinem Whisky-Glas schwamm. Eben so, wie es normalerweise für schlafende und träumende Menschen üblich ist. Erst unmittelbar vor dem Erwachen erkennt man, dass man geträumt hat. Nur der Leser hätte es wegen der unwahrscheinlichen Ereignisse früher herausfinden können.

Viele Grüße
JuDschey
 
Ja, das Motiv des Jägers ist generell schon klar. Aber er bleibt unlebendig, wo ist seine Angst, seine Überraschung, als er den Mörder erwischt, das Heben seiner Stimme, das Zittern, als er nach dem Handy greift.
Der Autor erscheint mir nicht nachvollziehbar. Was ist das für ein Mensch, der Morde geschehen läßt, damit er eine Story hat. Das würde mich schon interessieren.
Beim Mörder selbst das Gleiche. Ist er überrascht als der Jäger ihn erwischt? Was denkt er in diesem Moment?
 

JuDschey

Mitglied
Hallo Michael,

Danke, dass Du Dich so sehr mit meiner Geschichte beschäftigst. Du findest, dass der Jäger ziemlich unlebendig dargestellt wurde. Natürlich war das meine Absicht, ihn nicht als realen Menschen zu zeigen, der sicher mit sehr großen Emotionen in dieser Situation reagiert hätte.
Der Jäger war eine Traumfigur und quasi als personifiziertes Gewissen des träumenden Ich-Erzähler unterwegs. Seine Rolle im Traum war einfach, dem Träumer durch den Hund, die Flinte und das Handy klarzumachen, dass man niemanden ohne Konsequenz ermorden kann. Und in dieser Rolle durfte der Jäger natürlich nicht außerordentlich erschüttert und ängstlich sein. Im Gegenteil, er mußte seiner Sache sehr sicher sein. Okay?

Der Bauer, als krimischreibender Autor, war auch eine Traumfigur. Sie war einerseits das personifizierte Es im Traum des Ich-Erzählers, weil sie ihn vor dem Jäger (Gewissen) rettete und andererseits sollte sie durch ihre absurde Begründung, warum sie dem Ich-Erzähler aus der Patsche half, den Leser darauf hinweisen, dass dort was nicht stimmen kann und die Sache vielleicht als Traum zu erahnen, bevor ich es ihm gegen Ende zeige.

Noch was zu den Rächtsschriebfällern :), die Du erwähnt hast. Ich habe die Rechtschreibprüfung bei Word abgestellt, weil sie nervt.
Darum mögen mir Gott und alle Leser Rechtschreibfehler verzeihen, wenn sie denn welche finden.

Viele Grüße
JuDschey
 
Q

Quidam

Gast
Hallo JuDschey,

ich wollte es eigentlich nur anlesen, hab es mir aber dann doch ganz durchgelesen, weil es sich erstens flüssig liest und ich es zweitens ziemlich crazy finde.

Allerdings unbedingt den Traum straffen. Alle Gefühlsbeschreibungen raus (Dann kann dir niemand Unglaubwürdigkeit vorwerfen) Die Szene mit dem Landrover raus, die surrealen Bilder skizzieren, dem ganzen mehr Traumsymbolik andichten, dann passt es, meiner Meinung nach.
Und lass den Schriftsteller nichts erklären. Im Traumfragt man nicht nach Unstimmigkeiten.

Idee ist wirklich stark.

Grüße
Quidam
 

JuDschey

Mitglied
Hallo Quidam,

vielen Dank für Deine Kritik. Habe mich ganz besonders drüber gefreut, weil sie bisher die einzige war, die recht positiv klingt. Dank auch für Deine konstruktiven Vorschläge. Werde auf jeden Fall drüber nachdenken.

Dass die Idee wirklich stark ist, finde ich auch, obwohl die Grundidee bereits ein alter Hut ist. Gab es sogar schon im Comic.

Da die Umsetzung bisher noch keinem Kritiker gefallen hat, werde ich die Geschichte auf jeden Fall bearbeiten und demnächst die alte durch die neue Fassung ersetzen.

Würde mich freuen, wenn Du und die anderen Kritiker auch wieder dabei seid und mir Eure Meinung geigt.

Viele Grüße
JuDschey
 
Hallo,

Nach dem ersten Lesen denke ich, passt das gewaltige Ende nicht mehr so recht zum Traum vorher. Wie sieht er den jetzt aus? Fehlt ihm was? Was hat sie ihm abgeschlagen? (sind meine Fragen als Leser)
Denkbar und völlig ausreichend wäre es, wenn sie ihn einfach verlassen hat. Danach können solche Träume schon ausgelöst werden.

Auch ich denke, dass zumindest weiter oben im Text Andeutungen zum Traum kommen müssten... Im Sinne des Goldfisches zum Beispiel könnte der Stein in tausend Stücke zerspringen und andere Merkwürdigkeiten passieren (mit Jäger und Autor) --- und dem Träumer ist nie sein Traum unlogisch, wenn er träumt!!! Also darf deinem Ich-Erzähler das auch nicht als merkwürdig aufstossen sondern im Gegenteil als das einzig Richtige, was ihm widerfahren konnte!!! Vielleicht weiß er einfach auch schon dinge, die ihm unbekannt sein müsste --- dadurch bekäme der Traum eine echte Traumdimension, so wirkt es eher angehängt!
(Als Klassiker für Traumliteratur empfehle ich dir Kafkas "Landarzt")

Grüsse
Scarlett
 

JuDschey

Mitglied
Hallo Scarlett,

ich danke für Deine Kritik.

In der Rohfassung gab es tatsächlich ein längeres Ende. Da habe ich den Typ nach sieben Monaten Krankenhaus und Reha nach Hause kommen lassen. Er hatte eine Armprothese und hinkte. Zu Hause hatte er sein Kätzchen bei den Nachbarn abgeholt, die sie solange versorgt hatten. Dann hatte er einen Anwalt angerufen, um die Scheidung einzureichen.
Aber ich habe das dann gestrichen, weil die Geschichte ja schon längst zu Ende war. Alles war ein Traum. Seine Frau hatte ihn immer geschlagen, gedemütigt und der Gipfel nach drei Jahren Ehe-(Terror) war eben das Hackebeil.
Der Typ hatte nichts getan, außer seine Frau im Traum totzuschlagen. Er hatte überlebt, das war das Wichtigste, ob er nun was ab hatte oder nicht, ist eigentlich uninteressant. Deshalb habe ich es dem Leser überlassen, sich da was auszumalen. Dass er sich scheiden läßt sollte wohl logisch sein, wenn die Geschichte mit seinem Überleben endet.

Warum sollte der Träumer sich in seinem Traum nicht wundern?
Es gibt verschiedene Träume und je nachdem, womit man sich im Alltag beschäftigt, träumt man auch davon. Wer sich also im Alltag über etwas wundert, dem kommt auch irgendetwas im Traum merkwürdig vor.
Dass sich ein Träumer nie im Traum Fragen stellt oder bestimmte Dinge als rätselhaft empfindet, stimmt so nicht.
Es gibt sogar Techniken, um sich den Traumzustand noch während sich der Traum ereignet bewusst zu machen, eben genau dadurch, dass einem was merkwürdig vorkommt und man sich die Frage stellt: Träum ich oder nicht? Wenn man dann im Traum bewusst wird, ohne ganz aufzuwachen, wäre das ein sogenannter Klartraum.
Und deshalb ließ ich den Träumer an bestimmten Dingen zweifeln.
Die Dinge über die er sich wunderte wurden immer grotesker, bis endlich die Spitze erreicht war, als der krimischreibende Bauer seinen Kopf abnahm und auf den Tisch setzte. Da war ihm endlich klar, er war am träumen und wurde im selben Augenblick wach.

Dass die Sache angehängt war, finde ich nicht.
Ich habe ganz bewusst von Anfang an die Dinge als Traum beschrieben. Der Jäger als personifizierte Gerechtigkeit, der furchtlos sein Gewehr auf den Totschläger richtet. Dann der merkwürdige Bauer, der den Totschläger (träumendes Ich) vor dem Gewissen (Jäger) rettet, als Repräsentant des Es im Menschen nach S. Freud.
Und dann den Träumer, der von einer merkwürdigen Begebenheit in die nächste, noch merkwürdigere gestoßen wird und sich wundert und wundet und wundert, bis er das Rätsel endlich löst.

Der Stein zersprang nicht in tausend Stücke, weil ich es nicht gleich am Anfang auf die Spitze treiben wollte. Deshlab liess ich den Stein nur geräuschlos zu Boden fallen und den Träumer dafür eine logische Erklärung finden.

Jetzt sollte Dir die Geschiche eigentlich stimmig und rund erscheinen.

Danke nochmal für Deine Auseinandersetzung mit meiner Story.

Viele Grüße
JuDschey
 
Hallo JuDschey,

ich möchte dich an deine eigenen Kritik an meinem Text erinnern ... :) Tatsächlich gilt für deinen Text auch das Gleiche, die Geschichte sollte für sich Klarheit erbringen, nicht durch deine Erklärungen! ;)

Und hier ist nicht einfach nur nicht klar, dass das am Schluss ein Traum ist, sondern es wirkt aufgestülpt! Auch wenn du was anderes beabsichtigen wolltest. Und wenn du das beabsichtigst, wäre ein Stolperer weiter oben insofern förderlich, weil dann der Leser aufmerksamer ist und sich nicht am schluss nur schlicht wundert. (Zumindest bin ich nicht die einzige, die sich da ein bisserl wundert!) Deswegen auch mein Verweis auf Kafka, da der das gut gemacht hat. Tatsächlich ist es auch so, dass schließlich nicht "Traum" auf deine Geschichte gestempelt ist, so dass der Leser noch immer schwimmt! DU weisst das, aber das heißt nicht, dass es der Leser auch schon weiß, wenn er von zum Beispiel einem zerspringenden Stein liest! :)

Gleiches gilt für das Wundern im Traum ... natürlich kenn ich das, kenn auch die Methode, aber du bist hier beim Schreiben und nicht bei deiner Erfahrungswelt. das Gros der Menschheit wundert sich ausserhalb eines Traumes ob seiner Unlogik; im Traum wirkt es oft herrlich logisch! Eben das ist der Punkt, nicht ein oder zwei Träume sind hier signifikant sondern der DURCHSCHNITT der Erfahrungen des Lesers.

Last but not least: Das ENDE... ich meinte nicht, dass es noch bombastischer sein sollte ... noch komplizierter, denn dann wäre es bereits eine Erzählung wert - denn scheinabr hast du dafür genug Stoff! Es genügt doch für diese Kurzgeschichte, wenn der Schwerpunkt auf dem Traum an sich als solches und ausschließlich liegt, dann genügt es, dass die Frau ihn einfach nur verlässt,ohne nähere Angaben über die Frau und über die Umstände der Ehe oder ähnliches ... Der Punkt ist, wo liegt der Schwerpunkt deiner KG --- wo ist die Prämisse ... hier hast du zwei!

LG
Scarlett
 

JuDschey

Mitglied
Hi Scarlett,

freut mich, dass Du Dich so ausgiebig mit meiner Geschichte beschäftigtst.
Und nochmals: Vielen Dank für Deine Kritik.

Viele Grüße
JuDschey
 



 
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