Entfernungen

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Anonym

Gast
Entfernungen


Da gehst du,
mit meinem Segen
Ich weiß, dass du weißt
dass ich weiß...

Da gehst du – ich winke dir.
Du triffst dich mit ihm,
gehörst nicht mehr
nur mir allein.

Da gehst du.
Ich muss dich gehen lassen,
damit du zurückkehren kannst.

Ich bleibe zurück.
Warte.
 

ENachtigall

Mitglied
gehörst nicht mehr
nur mir allein.
Eigentlich ja ganz schön, das Gedicht, Anonymus; hat es doch ein Stück Loslassenkönnenwollen im Gepäck. Und doch hält da noch ordentlich "die Pranke die Krallen" drauf; denn eigentlich gehört doch nie jemand auch nur annähernd irgendwem, wenn die Liebe sich frei entfalten können soll. Eigentlich geht da ja auch nur ein Mensch an einer langen Leine.

Grüße von Elke
 

Anonym

Gast
Vielen Dank für Deinen Kommentar ENachtigall.

Eine ernsthafte Beziehung ohne irgendeine Form der Bindung? Wie kann man sich das vorstellen?
Geht man den Bund der Ehe ein, steht als Bindung sogar das Eheversprechen.

Diese Zeilen drehen sich um den Partner, der am Fenster steht, und sieht, wie seine Partnerin geht, sich aus einer langjährigen Beziehung entfernt und bei jemand anderem etwas sucht, was sie vielelicht in der Beziehung vermisst.

Das Verständnis für den Partner lässt gar keine Eifersucht aufkommen. Nur ein Schmerz, das Gefühl, der Andere entfernt sich zu einem Punkt, wo man ihn - wenn vielleicht auch nur kurzfristig - nicht erreichen kann.

Der Andere will ja vielleicht sogar wieder zurückkehren. Vielleicht liegt ihm ja selbst etwas an der Sicherheit einer Bindung.

Und so bleibt man zurück, möchte noch "Warte!" hinterherrufen und verharrt doch wartend und hoffend.

Ich seh da keine "Pranke mit Krallen" - Eher ein Verständnis für den anderen, dass man nur mit viel Zeit und Nähe erreichen kann.
 

Joneda

Mitglied
Vielleicht mag das Dich trösten:
Es ist die Entfernung, die sie zu sich zurücklegt,
es ist nicht der Mensch, den sie noch gar nicht kennt,
wie Dich.

Sehr, sehr trauriger Text

Liebe Grüße
 

ENachtigall

Mitglied
Eher ein Verständnis für den anderen, dass man nur mit viel Zeit und Nähe erreichen kann.
Da sagst Du was Wahres, Anonymus. Meine Absicht war auch nicht, zwischenmenschliche Bindungen als solche in Frage zu stellen. Nur in dem Wort "gehören" wird mir der Mensch zu sehr verdinglicht. Es sei denn, jemand fühlt sich einem Anderen zugehörig.


Da gehst du – ich winke dir.
Du triffst dich mit ihm,
[blue]Nicht mehr ich allein
gehöre jetzt dir[/blue]

...wäre eine andere denkbare Variante, wenn man die Zusammengehörigkeit aus einer anderen Perspektive betrachtet.

Danke auch für Deine freundliche Antwort!

Grüße von Elke
 

Anonym

Gast
Hallo Joneda

ich danke dir für deine lieb gemeinten Worte. Sicher spielt da ein Stück Tragik mit - doch auch Liebe und Verständnis. Vielleicht ist es das alles zusammen, was die Traurigkeit des Textes ausmacht.

Hallo ENachtigall

Danke für den konstruktiven Vorschlag. Es stimmt...dieses "gehören" ist zu besitzergreifend, doch deine Version ist mir leider ein klein wenig zu sehr konstruiert. Die Zeilen richten sich ja eher ans Herz - da möchte ich möglichst "simpel" bleiben

Wie wäre es denn damit...

Da gehst du – ich winke dir.
Du triffst dich mit ihm.
Er ist mir fremd,
in unserer Zweisamkeit.
Drückt im Prinzip das gleiche aus (es gibt jemand anderen) ohne Besitzanspruch jenseits der beiderseitigen Zustimmung zu erheben.

Würde mich freuen, dazu einen Kommentar zu lesen.

Gruß
Anonymous
 

ENachtigall

Mitglied
Der Vorschlag gefällt mir sehr gut! Das drückt bei allem nachvollziehbaren Schmerz eine starke Gefasstheit aus, die mir imponiert.

Gruß von Elke
 

Anonym

Gast
Entfernungen


Da gehst du,
mit meinem Segen
Ich weiß, dass du weißt
dass ich weiß...

Da gehst du – ich winke dir.
Du triffst dich mit ihm.
Er ist mir fremd,
in unserer Zweisamkeit.

Da gehst du.
Ich muss dich gehen lassen,
damit du wiederkehren kannst.

Ich bleibe zurück.
Warte.
 

Anonym

Gast
Vielen Dank,

ich habe direkt auch das "zurückkehren" durch "wiederkehren" ersetzt. An sich habe ich nichts gegen das Erstere, aber kurz darauf steht "Ich bleibe zurück"

Das war mir zu oft und zu dicht das Wort "zurück".

Es tut gut, so konstruktiv an etwas zu arbeiten, was wirklich einen momentanen Teil meiner Welt wiederspiegelt.

Gruß
Anonymous
 

ENachtigall

Mitglied
Schön, dass ich ein bisschen daran mitwirken durfte. Ich wünsch Dir alles Gute auf dem Weg, den Du bereitest.

So weit und ein Gruß.

Elke
 



 
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