15 (Kriminalnovelle) - Epilog

xavia

Mitglied
Epilog

Ein strahlend sonniger Herbsttag. Morgens hat es geregnet und der Gehweg ist nun geschmückt mit buntem Laub. Für viele Bewohner der reinlichen Stadt ein Anlass, nachher zum Rechen zu greifen und das Laub zusammenzukehren. Selbst die 6,5 Meter hohe Backsteinmauer, die die Justizvollzugsanstalt Oldenburg umgibt sieht irgendwie freundlich aus. Helga Hesselbring und ihr Kollege Nils Kammann stehen auf der anderen Straßenseite vor dem Supermarkt und beobachten die beiden türkisfarbenen Eingangstüren, durch die man hinter die Mauer gelangen kann, wenn sie einem geöffnet werden. Nichts regt sich. Neben ihnen steht eine mächtige Eiche. Helga legt ihre Arme um den Baum:
[ 5]»Komm, hilf' mir mal, fass meine Hand und mach' es wie ich.«
[ 5]Nils muss grinsen: Seine Chefin steht kurz vor der Pensionierung. Trotzdem benimmt sie sich oft wie ein Teenager und alles kann ihre Neugier wecken. Also ergreift er ihre linke Hand, umarmt den Baum und versucht, auf der anderen Seite ihre rechte zu erreichen. Es fehlen gut 30 Zentimeter. Der Baum ist wirklich riesig. Nils rechnet, er weiß von der Zeichnung ›Der vitruvianische Mensch‹ von Leonardo da Vinci, dass die Spannweite eines idealen Menschen mit seiner Körpergröße übereinstimmt: rund 1,80 m plus 1,70 m plus 30 cm ergibt 3,80 cm Umfang, also einen Durchmesser von 3,80 geteilt durch 3,14, das ist mehr als ein Meter Zwanzig! Sie blicken an dem mächtigen Baum hoch und sehen in etwa 3 Metern Höhe die ersten Äste, die selbst schon wieder wie Bäume aussehen. Dann wenden sie sich wieder dem Eingangsbereich der JVA zu.
[ 5]»Was genau willst du denn hier erfahren?« will Nils wissen. »Wir haben sie vor fünfzehn Jahren hinter Gitter gebracht, wo sie hingehörte, sie hatte gestanden, sie wird heute entlassen, sie wird rauskommen, fünfzehn Jahre älter als damals, und das Weite suchen. Was bringt uns das, hier herumzustehen?«
[ 5]»Ich weiß es doch selbst nicht«, meint Helga nachdenklich. »Dieser Fall ist mir ein Rätsel geblieben: Eine unbescholtene Frau ersticht in rasender Wut den Freund ihrer minderjährigen Tochter, die daraufhin ihre Mutter bei der Polizei anzeigt. Die eigene Mutter in's Gefängnis bringen: Eine Affekthandlung der Tochter? – Aber dann die Feindseligkeit zwischen Mutter und Tochter, die ich im Gerichtssaal beobachten konnte: Die Täterin wurde von ihrer Tochter angesehen, als wäre sie ein Monster.«
[ 5]Nils ergreift Partei für das Opfer: »Ist sie das denn nicht? Rutger Attinson ist ein ehrbarer, wohlsituierter Steuerzahler gewesen, ein erfolgreicher Geschäftsmann und, wie ich finde, ein sympathischer und gutaussehender Mann, selbst in seinem Alter. Er war gesund und fit und lebensfroh, hatte gerade eine niedliche kleine Freundin gefunden und da kommt diese Frau daher und sticht ihn tot. Sowas gehört sich doch einfach nicht!«
[ 5]»Nein, natürlich nicht«, muss Helga zugeben, »aber das ist es ja gerade, was mir nicht in den Kopf will: Warum hat sie das getan und warum schweigt sie sich über ihre Motive aus? Warum hat sie immer wieder bekräftigt, dass es ihr nicht leid tut? Immerhin hat das eine Strafminderung verhindert: Keine Reue, keine vorzeitige Entlassung. Ein Wunder, dass sie keine höhere Strafe bekommen hat. – Was kann das sein, das niemand wissen soll, nicht einmal ihre Tochter?«
[ 5]»Oder weiß die, warum sie es getan hat und sind deswegen sauer?« Nils freut sich, einen weiteren Aspekt eingebracht zu haben: Er hat eine gute Lehrmeisterin gehabt und weiß, dass man sich nicht mit einer Hypothese zufriedengeben darf, sondern alle Möglichkeiten bedenken muss. So manches Rätsel haben sie auf diese Weise gemeinsam gelöst.
[ 5]»Ja, auch möglich. Aber dann hätte die Tochter doch vielleicht versucht, das zu verarbeiten. Sie hat sie nie besucht. Keine von den dreien hat je einen Brief geschrieben. Ich habe mich erkundigt, wollte mich einschalten, falls sie Kontakt aufnehmen, um herauszubekommen, was die Lösung dieses Rätsels ist. Es gab keinen Kontakt. Die Mutter wirkte bei ihren jährlichen Besuchen distanziert.«
[ 5]»Und nun willst du die Lösung aus ihren ersten Schritten in die Freiheit herauslesen? Willst du sie verfolgen?«
[ 5]»Ja, vielleicht. Möglicherweise bekomme ich heute das eine Puzzle-Teil, das alle anderen an ihren Platz fallen lässt.«
[ 5]»Helga, die unbeirrbare Optimistin«, spottet Nils, obwohl er weiß, dass das die richtige Einstellung ist, wenn man Fälle lösen will. Da Helga weiß, dass er das weiß, verzichtet sie auf eine belehrende Erwiderung und er ist dankbar dafür.
[ 5]In dem Moment kommen vier Personen rechts hinter der hohen Hecke hervor, die den Besucherparkplatz vor ihren Augen versteckt: Verwundert erkennen sie die Mutter und die Tochter der Inhaftierten. Ein junger Mann mit einem Kinderwagen ist dabei, vermutlich der Partner der jüngeren Frau. Die ältere Dame – sie muss jetzt wohl Anfang sechzig sein –, hat ihre langen Haare zu seinem Knoten gesteckt und trägt einen eleganten langen lila Mantel, den sie glattstreicht, weil sie wohl gerade aus einem PKW gestiegen ist. Die junge Mutter hat sich nun bei dem Mann eingehakt und ihre langen sibernen Locken flattern im Wind. Der Mann sieht sportlich und selbstbewusst aus, redet zu der jungen Frau.
[ 5]Als sie beim Eingang ankommen, dirigiert die junge Frau ihre Großmutter neben die rechte Tür des Eingangsbereichs und stellt sich selbst mit Mann und Kinderwagen seitlich der linken auf. Nachdem sie mit der Aufstellung offenbar zufrieden ist warten alle und blicken gespannt auf die Tür. Der Mann guckt auf die Uhr, sagt etwas, dann geht wie auf Kommando die rechte Tür auf und Petra Kirchner, die Mörderin, tritt ins Freie. Sofort erblickt sie ihre Mutter, freut sich offensichtlich und umarmt diese, als ihr die offenen Arme dargeboten werden. Lange stehen die beiden so, wiegen sich hin und her.
[ 5] Als sie sich drehen, sieht Petra auf einmal die anderen beiden, die mit dem Kinderwagen seitlich der anderen Tür stehen. Sie ruft etwas aus, scheint völlig überrascht zu sein, macht sich eilig von ihrer Mutter los, zögert aber, auf die junge Frau zuzugehen. Da wirft sich diese ihr in den Arm, wird von ihr herumgewirbelt und die beiden drücken einander, sehen einander an und drücken sich wieder, können gar kein Ende finden. Schließlich geht es offenbar an das Vorstellen noch unbekannter Personen: Der Mann und das Kind werden in Augenschein genommen und nach einer vorsichtigen Umarmung des Mannes gucken alle vier gleichzeitig in den Kinderwagen. Sina hebt das Baby heraus und es wird herumgereicht. Sie reden offensichtlich alle durcheinander. Dann deutet der Mann in Richtung Besucherparkplatz und sie entschwinden, Petra mit dem Baby auf dem Arm, hinter der hohen Hecke den Blicken der beiden Beobachter.
[ 5]»Es bleibt ein Rätsel«, stellt Nils fest.
[ 5]»Es ist noch rätselhafter geworden, leider. Aber«, so versucht Helga, sich zu trösten, »es sieht trotz allem aus nach einem glücklichen

ENDE.«​

[ 5]Während seine Chefin noch immer nachdenklich den Eingang der JVA betrachtet ist Nils mit seinem Smartphone beschäftigt. Plötzlich bricht es aus ihm hervor: »Das gibt's doch nicht!!! Sie hat sogar unsere Namen verwendet! – Ich habe gerade deinen und meinen Namen in die Suchmaschine eingegeben und eine Kriminalnovelle in der Leselupe gefunden – unsere Mörderin hat im Knast ihre Geschichte aufgeschrieben: Sie nennt sich dort ›Xavia‹. Vielleicht erfahren wir nun doch noch, wie das alles zusammenhängt.«
 

FrankK

Mitglied
Hallo, Xavia
Die drei Schlussszenen, es läuft auf die Versöhnung hinaus.

Erzählperspektive:
Eindeutig: Gottmodus (nonpersonal auktorial).

Figuren:
Alte Bekannte und zwei neue
  • Nils Kammann
  • Helga Hesselbring
  • Sabrina, Mutter der Inhaftierten
  • Petra, die Inhaftierte
  • Sina, Petras Tochter
  • Unbenannt – Petras neuer Freund / Lebenspartner
  • Unbenannt – Petras Kind

Sprache:
Nicht ganz so „rund“ und „gefällig“ wie in den meisten vorangegangenen Kapiteln.

Spannungsbogen:
Sehr flach, eine Erhöhung ist hier auch nicht mehr nötig, hier dreht es sich nur noch um die „poetische Gerechtigkeit“

Szenendetails:
+ Szene 1: Grundüberlegung
Helga Hesselbring ist (etwa 15 Jahre nach dem Mord) mit den Ermittlungen noch immer nicht zufrieden. Nils Kammann steht ihr nach wie vor zur Seite.

+ Szene 2: Versöhnung und Enttäuschung
Beide beobachten, wie mehrere Personen vom Besucherparkplatz zum Tor der JVA gehen und die aus der Haft entlassene Petra in Empfang nehmen. Aus der Distanz erkennen sie die versöhnliche Begrüßung. Wenn Helga auf einen Disput gehofft hatte, bei dem aufklärende Worte fallen, wurde sie enttäuscht.

+ Szene 3: Lupinöses
Nils entdeckt die Kriminalnovelle auf der Leselupe

Allgemeines:
Die Schlussszene weißt Überlängen auf. Die Umarmung des Baumes mit der Berechnung des Durchmessers – für die Story ohne Bedeutung. Steht der nüchternen Denkweise Helgas, wie Du sie im Prolog geschildert hast, sogar entgegen.
Alles zwischen
Ich weiß es doch selbst nicht«, meint Helga nachdenklich. »Dieser Fall ist mir ein Rätsel geblieben ...
...
Immerhin hat das eine Strafminderung verhindert ...
ist im Grunde eine (unvollständige) Zusammenfassung der Geschichte.

Erbsenzählerei:
... sie wird heute entlassen, [blue][strike]sie wird rauskommen[/strike][/blue] ...
Aussagedopplung, eines von beiden ist überflüssig.

wie ich finde, ein sympathischer und [blue]gutaussehender[/blue] Mann
Duden behauptet hartnäckig: „gut aussehender“

[blue]Sowas[/blue] gehört sich doch einfach nicht!
Duden behauptet hartnäckig: „So was“

[blue][strike]Immerhin hat das eine Strafminderung verhindert[/strike][/blue]: Keine Reue, keine vorzeitige Entlassung.
Wieder eine Aussagedopplung, hier halte ich das erste für leichter streichbar.

Keine von den [red]dreien[/red] hat je einen Brief geschrieben.
Korrektur: „Dreien“

... den sie [blue]glattstreicht[/blue], weil sie wohl gerade aus einem PKW gestiegen ist.
Duden behauptet hartnäckig: „glatt streicht“
Der Parkplatz liegt hinter einer hohen Hecke, normalerweise richten die Damen ihre Garderobe unmittelbar nach dem aussteigen, nicht erst, wenn sie vom Parkplatz herunter kommen.

... und ihre langen [red]sibernen[/red] Locken flattern im Wind ...
Korrektur: „silbernen“
(Niedlich, hat was von „Vom Winde verweht“ ;) )

Ganz allgemein:
  • Ein „running Gag“ manifestiert sich in konstanter Wiederholung an prägnanter Stelle. In „I Sabrina“ und „III Sinas Mutter“ startest Du mit einem Verweis auf die Haarpracht – dies hätte ich auch in „II Petra“ eingebaut.
  • Wie schon einmal angedeutet – es fehlt irgendetwas, das sich auf alle Mädchen bezieht, die hellblauen Augen alleine reichen dafür nicht aus. Silberblondes Haar könnte dazu passen.
  • Im Übergang von „I Sabrina“ auf „II Petra“ fehlt etwas, dass ein gewisses Indiz darauf gibt, dass es sich bei Petras leiblicher Mutter um Sabrina handelt. Du benennst den Namen nicht, verschleierst die Verbindung bewusst. Dies ist weitestgehend in Ordnung, der Leser sollte aber eine Chance bekommen, zumindest etwas zu ahnen.
  • Das gleiche tritt im Übergang von „II Petra“ auf „III Sinas Mutter“ auf. Ein kleiner, versteckter Hinweis ...
  • „II Petra“ wirkt im Vergleich zum davorliegenden Kapitel etwas gedrungen, etwas gepresst. Etwas mehr „erzählt“ und weniger „berichtet“ wäre schön gewesen.
  • Ich habe die Fehler in den verwendeten Zeiten nicht markiert, da solltest Du selbst noch einmal schauen. Ich könnte mir sehr gut vorstellen, dass die Geschichte (da sie ja überwiegend in der Vergangenheit spielt) vielleicht insgesamt in der Vergangenheitsform erzählt, etwas authentischer wirken könnte. Nur der Prolog, der in der fiktiven Gegenwart spielt, sowie der Epilog ...

Timeline:
  • 1982
    Sabrina im zarten Alter von 15 Jahren, etwa Spätsommer / früher Herbst.
    Erkennbar an der gespielten Musik, insbesondere „Eye of the Tiger“ von Survivor.
  • 1983
    Geburtsjahr Sabrinas Tochter Petra
  • 1997
    Petra im zarten Alter von 15 Jahren.
    Erkennbar am Verweis auf die neue Suchmaschine, Google begann seinen Siegeszug durch die Internetwelt.
  • 1998
    Geburtsjahr Petras Tochter Sina
  • 2013
    Sina im zarten Alter von 15 Jahren. Rutgers Todesjahr. Hier startet die Geschichte mit dem Prolog.
    Kein Hinweis auf die Jahreszahl im Text enthalten.
    (Vielleicht im Radio am 1. August: Das Oberste Berufungsgericht in der italienischen Hauptstadt Rom verurteilte den ehemaligen Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi in letzter Instanz zu einer vierjährigen Haftstrafe.)
  • 2028
    Petra wird aus der Haft entlassen.

Abschließend:
Ich habe den Eindruck, dass durch den Wegfall des langen „Frank-Erklär-Kapitels“ die Geschichte insgesamt deutlich gewonnen hat.

Meine Frau hat Deinen Text ebenfalls gelesen. Sie empfand ihn als „Gut zu lesen“ und mit „überraschendem Zusammenhang“. Sie bezeichnete den Text als „Krimi, etwas abseits der üblichen Muster“, und dies war sowohl positiv als auch negativ gemeint. Positiv im Sinne eines unerwarteten Zusammenhanges und eines ungewöhnlichen Kernthemas. Negativ im Sinne von „am Ende nicht nur überrascht sondern regelrecht überrumpelt“.
Wer einen Krimi liest, hat normalerweise auch ein Vergnügen daran, mit zu rätseln, den Täter zu jagen. Er (oder sie) sucht in jedem Kapitel nach Hinweisen, die auf den Zusammenhang deuten.
Solcherlei Hinweise fehlen hier gänzlich im Kapitel „II Petra“ und sollten in den anderen Kapiteln etwas intensiviert werden.

Die letzte Szene im Epilog – Nils Recherche über „Nils Kammann und Helga Hesselbring“ mutet zu diesem Zeitpunkt etwas seltsam an. Bei seiner Neugier hat er diese Namen doch schon öfter in einer Suchmaschine eingegeben.
Wie wäre es, wenn er nach den Namen „Sabrina, Petra und Sina“ sucht, in der Erwartung einer Zeitungsnachricht oder sonstigen Informationen über die bevorstehende Entlassung – er dann aber die gerade veröffentlichte Novelle entdeckt ... und erst nach einigen Minuten des Lesens völlig verblüfft seine Chefin informiert ...

Der abschließende Satz mit dem ENDE sollte wirklich danach erfolgen und auch tatsächlich das Ende markieren.


Problemlösungsstrategien:
Ich weiß, Du möchtest den Regen im Prolog beibehalten, Du möchtest Deine Figuren nicht anders zeichnen, Du willst keinen nennenswert anderen Storyverlauf.

[blue]1. Prolog[/blue]
Mach aus der „regnerischen Nacht“ (die so in der Mordszene nicht vorkommt) einen Wolkenbruch.

Als Nils Kammann seinen Wagen abstellt, patschen die ersten dicken Tropfen auf die Windschutzscheibe, noch bevor er die letzten 50m bis zum Tatort zurückgelegt hat, ist er vom Wolkenbruch völlig durchnässt.
Er sieht seine Chefin hektisch mit dem Handy Bilder machen. „Ist die SpuSi noch nicht da?“, fragt er sie.
Im selben Moment hört er den Chef der Spurensicherung lauthals fluchen: „Verdammtes Mistwetter – hätte es nicht noch eine halbe Stunde trocken bleiben können?“
Nils Blick fällt auf die blutüberströmte Leiche, sieht die Blutmassen, die im Regen davonschwimmen, bemerkt den Geruch und Übelkeit steigt in ihm auf.


Etwas mehr Interaktion zwischen Nils und Meike:
»Todesursache war ein Schnitt in die Halsschlagader, wahrscheinlich von hinten ausgeführt. Hier sieht man Überreste von Blutspritzern an der Hauswand.« Sie zeigt auf ein Rinnsal, das die Wand hinunterläuft und ein Helga Hasselbring macht ein Foto davon. »Die vielen Stiche im Rücken sind dem Opfer anscheinend überwiegend post mortem zugefügt worden. Weiteres erst nach der Untersuchung im Labor.«
Sie blickt zu Nils Kammann auf: „Wenn ihnen übel ist – versauen sie uns den Tatort nicht noch zusätzlich zum Wetter!“ Sie reicht ihm einen Beutel, der normalerweise der Beweis-Sicherung dient.
„Gewöhnt man sich irgendwann an den Geruch?“, presst er mühsam hervor.

Sie reicht ihm, vielleicht mit einer zynischen oder einer mitleidigen Bemerkung eine Salbe, die er sich auf die Oberlippe schmieren soll.

[blue]2. Versteckte Hinweise zwischen den Kapiteln der Mädchen / Frauen[/blue]
Beispielsweise könnte ein „Zitronenbonbon“, welches Adam kurz vor der Tat im Mund hatte und bei ihm eine Geruch nach Zitrone verursachte, bei Sabrina eine Aversion gegen Zitrone auslösen.
Petra könnte im folgenden Kapitel aus dem Hauswirtschaftsunterricht in der Schule einen „Zitronenkuchen“ mitgebracht haben, den Sabrina kurzerhand und ohne Erklärung in der Mülltonne entsorgt und sich dann zurückzieht.
Carola könnte sich bei Petra dafür entschuldigen und erklären, dass „ihre leibliche Mutter“ eine Aversion gegen Zitronen-Geruch habe, weshalb es auch keine Putzmittel auf Zitronenbasis im Haushalt gebe.

Später könnte Petra eine entsprechende Aversion gegen Kakao entwickeln, welche Sina nicht versteht.

[blue]3. Wiedererkennungs-Möglichkeiten[/blue]
Du solltest gemeinsame, äußerliche Merkmale der Mädchen deutlicher herausarbeiten oder, alternativ, der Figur Rutger etwas markantes mitgeben. Nicht beides, dies macht den Zusammenhang dann doch zu offensichtlich.
Beispielsweise könnte nach einem Sturz in der Kindheit das rechte Ohr verstümmelt sein. Sabrina bemerkt diese Verstümmelung direkt.
Petra sieht eine Narbe, Adrian erklärt, er hätte eine Operation am Ohr hinter sich.
Sina könnte diese Narbe auch bemerkt haben: „Trotz seines tollen braunen Teints hat er am Ohr eine fast schneeweiße Narbe. Die sieht unheimlich sexy aus.“

[blue]4. Beziehung Meike / Sina[/blue]
Hier fehlt mir etwas, dass eine tiefere Bindung zwischen den beiden Frauen erklärt, etwas, das über die „Freundin aus dem D?j?“ hinausgeht.
Möglicherweise ist Meikes Vater ebenfalls Arzt, ein niedergelassener Hausarzt und / oder Frauenarzt. Er könnte in seiner Position Sina auf die Welt gebracht haben und war, bis zu seiner Pensionierung auch Sinas Hausarzt. Vielleicht war Sinas Kind das letzte Kind, dass er auf die Welt gebracht hat ...
Oder Meikes Vater hatte einen Schlaganfall, liegt jetzt in einem (privaten) Pflegeheim und Sina ist dort seine Betreuerin.
Erstere Möglichkeit würde mir besser gefallen ;) , würde es Meike auch leichter machen, an die DNA-Profile von Petra und Sina zu kommen).
Müsste aus der Ärztin bei „II Petra – 8 Adrian“ dann allerdings einen Mann (Dr. Randau) machen.

[blue]5. Spannungsbogen Todesszene[/blue]
Wie im letzten Kapitel über Rutger beschrieben, könnte die „Todesszene“ bereits ein Kapitel vorher angedeutet / eingeläutet werden.


So. Das wars von meiner Seite. Lange genug hat es ja gedauert, dafür entschuldige ich mich noch einmal.
Jetzt hast Du erst einmal genug Stoff zum Nachdenken.


Grüßend
Frank
 

xavia

Mitglied
Epilog

Ein strahlend sonniger Herbsttag. Morgens hat es geregnet und der Gehweg ist nun geschmückt mit buntem Laub. Für viele Bewohner der reinlichen Stadt ein Anlass, nachher zum Rechen zu greifen und das Laub zusammenzukehren. Selbst die 6,5 Meter hohe Backsteinmauer, die die Justizvollzugsanstalt Oldenburg umgibt sieht irgendwie freundlich aus. Helga Hesselbring und ihr Kollege Nils Kammann stehen auf der anderen Straßenseite vor dem Supermarkt und beobachten die beiden türkisfarbenen Eingangstüren, durch die man hinter die Mauer gelangen kann, wenn sie einem geöffnet werden. Nichts regt sich. Neben ihnen steht eine mächtige Eiche. Helga legt ihre Arme um den Baum:
[ 5]»Komm, hilf' mir mal, fass meine Hand und mach' es wie ich.«
[ 5]Nils muss grinsen: Seine Chefin steht kurz vor der Pensionierung. Trotzdem benimmt sie sich oft wie ein Teenager und alles kann ihre Neugier wecken. Also ergreift er ihre linke Hand, umarmt den Baum und versucht, auf der anderen Seite ihre rechte zu erreichen. Es fehlen gut 30 Zentimeter. Der Baum ist wirklich riesig. Nils rechnet, er weiß von der Zeichnung ›Der vitruvianische Mensch‹ von Leonardo da Vinci, dass die Spannweite eines idealen Menschen mit seiner Körpergröße übereinstimmt: rund 1,80 m plus 1,70 m plus 30 cm ergibt 3,80 cm Umfang, also einen Durchmesser von 3,80 geteilt durch 3,14, das ist mehr als ein Meter zwanzig! Sie blicken an dem mächtigen Baum hoch und sehen in etwa drei Metern Höhe die ersten Äste, die selbst schon wieder wie Bäume aussehen. Dann wenden sie sich wieder dem Eingangsbereich der JVA zu.
[ 5]»Was genau willst du denn hier erfahren?« will Nils wissen. »Wir haben sie vor fünfzehn Jahren hinter Gitter gebracht, wo sie hingehörte, sie hatte gestanden, sie wird heute entlassen, fünfzehn Jahre älter als damals, und das Weite suchen. Was bringt uns das, hier herumzustehen?«
[ 5]»Ich weiß es doch selbst nicht«, meint Helga nachdenklich. »Dieser Fall ist mir ein Rätsel geblieben: Eine unbescholtene Frau ersticht in rasender Wut den Freund ihrer minderjährigen Tochter, die daraufhin ihre Mutter bei der Polizei anzeigt. Die eigene Mutter in's Gefängnis bringen: Eine Affekthandlung der Tochter? – Aber dann die Feindseligkeit zwischen Mutter und Tochter, die ich im Gerichtssaal beobachten konnte: Die Täterin wurde von ihrer Tochter angesehen, als wäre sie ein Monster.«
[ 5]Nils ergreift Partei für das Opfer: »Ist sie das denn nicht? Rutger Attinson ist ein ehrbarer, wohlsituierter Steuerzahler gewesen, ein erfolgreicher Geschäftsmann und, wie ich finde, ein sympathischer und gut aussehender Mann, selbst in seinem Alter. Er war gesund und fit und lebensfroh, hatte gerade eine niedliche kleine Freundin gefunden und da kommt diese Frau daher und sticht ihn tot. Sowas gehört sich doch einfach nicht!«
[ 5]»Nein, natürlich nicht«, muss Helga zugeben, »aber das ist es ja gerade, was mir nicht in den Kopf will: Warum hat sie das getan und warum schweigt sie sich über ihre Motive aus? Warum hat sie immer wieder bekräftigt, dass es ihr nicht leid tut? Immerhin hat das eine Strafminderung verhindert: Keine Reue, keine vorzeitige Entlassung. Ein Wunder, dass sie keine höhere Strafe bekommen hat. – Was kann das sein, das niemand wissen soll, nicht einmal ihre Tochter?«
[ 5]»Oder weiß die, warum sie es getan hat und ist deswegen sauer?« Nils freut sich, einen weiteren Aspekt eingebracht zu haben: Er hat eine gute Lehrmeisterin gehabt und weiß, dass man sich nicht mit einer Hypothese zufriedengeben darf, sondern alle Möglichkeiten bedenken muss. So manches Rätsel haben sie auf diese Weise gemeinsam gelöst.
[ 5]»Ja, auch möglich. Aber dann hätte die Tochter doch vielleicht versucht, das zu verarbeiten. Sie hat sie nie besucht. Keine von den Dreien hat je einen Brief geschrieben. Ich habe mich erkundigt, wollte mich einschalten, falls sie Kontakt aufnehmen, um herauszubekommen, was die Lösung dieses Rätsels ist. Es gab keinen Kontakt. Die Mutter wirkte bei ihren jährlichen Besuchen distanziert.«
[ 5]»Und nun willst du die Lösung aus ihren ersten Schritten in die Freiheit herauslesen? Willst du sie verfolgen?«
[ 5]»Ja, vielleicht. Möglicherweise bekomme ich heute das eine Puzzle-Teil, das alle anderen an ihren Platz fallen lässt.«
[ 5]»Helga, die unbeirrbare Optimistin«, spottet Nils, obwohl er weiß, dass das die richtige Einstellung ist, wenn man Fälle lösen will. Da Helga weiß, dass er das weiß, verzichtet sie auf eine belehrende Erwiderung und er ist dankbar dafür.

In dem Moment kommen vier Personen rechts hinter der hohen Hecke hervor, die den Besucherparkplatz vor ihren Augen versteckt: Verwundert erkennen sie die Mutter und die Tochter der Inhaftierten. Ein junger Mann mit einem Kinderwagen ist dabei, vermutlich der Partner der jüngeren Frau. Die ältere Dame – sie muss jetzt wohl Anfang sechzig sein –, hat ihre langen Haare zu seinem Knoten gesteckt und trägt einen eleganten langen lila Mantel, den sie glatt streicht, weil sie wohl gerade aus einem PKW gestiegen ist. Die junge Mutter hat sich nun bei dem Mann eingehakt und ihre langen silbernen Locken flattern im Wind. Der Mann sieht sportlich und selbstbewusst aus, redet zu der jungen Frau.
[ 5]Als sie beim Eingang ankommen, dirigiert die junge Frau ihre Großmutter neben die rechte Tür des Eingangsbereichs und stellt sich selbst mit Mann und Kinderwagen seitlich der linken auf. Nachdem sie mit der Aufstellung offenbar zufrieden ist warten alle und blicken gespannt auf die Tür. Der Mann guckt auf die Uhr, sagt etwas, dann geht wie auf Kommando die rechte Tür auf und Petra Kirchner, die Mörderin, tritt ins Freie. Sofort erblickt sie ihre Mutter, freut sich offensichtlich und umarmt diese, als ihr die offenen Arme dargeboten werden. Lange stehen die beiden so, wiegen sich hin und her.
[ 5] Als sie sich drehen, sieht Petra auf einmal die anderen beiden, die mit dem Kinderwagen seitlich der anderen Tür stehen. Sie ruft etwas aus, scheint völlig überrascht zu sein, macht sich eilig von ihrer Mutter los, zögert aber, auf die junge Frau zuzugehen. Da wirft sich diese ihr in die Arme, wird von ihr herumgewirbelt und die beiden drücken einander, sehen einander an und drücken sich wieder, können gar kein Ende finden. Schließlich geht es offenbar an das Vorstellen noch unbekannter Personen: Der Mann und das Kind werden in Augenschein genommen und nach einer vorsichtigen Umarmung des Mannes gucken alle vier gleichzeitig in den Kinderwagen. Sina hebt das Baby heraus und es wird herumgereicht. Sie reden offensichtlich alle durcheinander. Dann deutet der Mann in Richtung Besucherparkplatz und sie entschwinden, Petra mit dem Baby auf dem Arm, hinter der hohen Hecke den Blicken der beiden Beobachter.
[ 5]»Es bleibt ein Rätsel«, stellt Nils fest.
[ 5]»Es ist noch rätselhafter geworden, leider. Aber«, so versucht Helga, sich zu trösten, »es sieht trotz allem aus nach einem glücklichen

ENDE.«​

Während seine Chefin noch immer nachdenklich den Eingang der JVA betrachtet ist Nils mit seinem Smartphone beschäftigt. Plötzlich bricht es aus ihm hervor: »Das gibt's doch nicht! Sie hat sogar unsere Namen verwendet! – Ich habe gerade deinen und meinen Namen in die Suchmaschine eingegeben und eine Kriminalnovelle in der Leselupe gefunden – unsere Mörderin hat im Knast ihre Geschichte aufgeschrieben: Sie nennt sich dort ›Xavia‹. Vielleicht erfahren wir nun doch noch, wie das alles zusammenhängt.«
 

xavia

Mitglied
Hallo Frank,

hier habe ich noch einige Fehler ausgemerzt, unter anderem die, auf die du mich hingewiesen hast.

Laut Duden darf ich »sowas« in einem Wort schreiben und da sich die Alternative für mich unpassend anfühlt, tu' ich das.

Das Glattstreichen des Mantels (Wie macht man das denn als Substantiv, wenn man das in zwei Worten schreibt? In einem Wort ist es laut Duden auch erlaubt.) kann vor der JVA tatsächlich bis zum Eingang dauern, weil der Parkplatz direkt neben dem Eingang hinter der Hecke ist. Ich habe mir die Örtlichkeiten dort angesehen und dabei auch den großen Baum gefunden.

Man kann darüber streiten, ob ich Helga Hesselbring so genau charakterisieren darf, da sie ja nur eine winzige Nebenrolle spielt, aber das Spiel mit dem Baum-Durchmesser passt aus meiner Sicht sehr gut zu einer kreativen Person, die gerne denkt. Immerhin warten sie dort und haben nichts anderes zu tun. Da erscheint es mir nur natürlich, den Durchmesser des Baums zu ermitteln.

Den letzten Abschnitt mit der Leselupe habe ich nicht ganz ernst gemeint, deswegen steht er hinter dem Wort »ENDE«. Ich fürchte, wenn Nils nach den Namen der drei Frauen im WWW sucht, kommt er nur auf Porno-Seiten – zumindest, wenn er sonst auch welche besucht. Aber wenn er seinen und den Namen der Kollegin eingibt, landet er tatsächlich auf der Leselupe.

Dankend und grüßend
Xavia.
 

xavia

Mitglied
Epilog

Ein strahlend sonniger Herbsttag. Morgens hat es geregnet und der Gehweg ist nun geschmückt mit buntem Laub. Für viele Bewohner der reinlichen Stadt ein Anlass, nachher zum Rechen zu greifen und das Laub zusammenzukehren. Selbst die 6,5 Meter hohe Backsteinmauer, die die Justizvollzugsanstalt Oldenburg umgibt sieht irgendwie freundlich aus. Nils Kammann steht mit seiner Kollegin Helga Hesselbring auf der anderen Straßenseite vor dem Supermarkt. Sie beobachten die beiden türkisfarbenen Eingangstüren, durch die man hinter die Mauer gelangen kann, wenn sie einem geöffnet werden. Nichts regt sich. Neben ihnen steht eine mächtige Eiche. Helga legt ihre Arme um den Baum:
[ 5]»Komm, hilf mir mal, fass meine Hand und mach' es wie ich.«
[ 5]Nils muss grinsen: Seine Chefin steht kurz vor der Pensionierung. Trotzdem benimmt sie sich oft wie ein Teenager und alles kann ihre Neugier wecken. Also ergreift er ihre linke Hand, umarmt den Baum und versucht, auf der anderen Seite ihre rechte zu erreichen. Es fehlen gut 30 Zentimeter. Der Baum ist wirklich riesig. Nils rechnet, er weiß von der Zeichnung ›Der vitruvianische Mensch‹ von Leonardo da Vinci, dass die Spannweite eines idealen Menschen mit seiner Körpergröße übereinstimmt: rund 1,80 m plus 1,70 m plus 30 cm ergibt 3,80 cm Umfang, also einen Durchmesser von 3,80 geteilt durch 3,14. Er zieht sein Smartphone heraus und lässt es rechnen: 1.2101… – mehr als ein Meter zwanzig! Sie blicken an dem mächtigen Baum hoch und sehen in etwa drei Metern Höhe die ersten Äste, die selbst schon wieder wie Bäume aussehen. Dann wenden sie sich wieder dem Eingangsbereich der JVA zu.
[ 5]»Was genau willst du denn hier erfahren?« will Nils wissen. »Wir haben sie vor fünfzehn Jahren hinter Gitter gebracht, wo sie hingehörte, sie hatte gestanden, sie wird heute entlassen, fünfzehn Jahre älter als damals. Was bringt uns das, hier herumzustehen?«
[ 5]»Ich weiß es doch selbst nicht«, meint Helga nachdenklich. »Dieser Fall ist mir ein Rätsel geblieben: Eine unbescholtene Frau ersticht in rasender Wut den Freund ihrer minderjährigen Tochter, die daraufhin ihre Mutter bei der Polizei anzeigt. Die eigene Mutter ins Gefängnis bringen: Eine Affekthandlung der Tochter? – Und dann die Feindseligkeit zwischen Mutter und Tochter, die ich im Gerichtssaal beobachten konnte: Die Täterin wurde von ihrer Tochter angesehen, als wäre sie ein Monster.«
[ 5]Nils ergreift Partei für das Opfer: »Ist sie das denn nicht? Rutger Attinson ist ein ehrbarer, wohlsituierter Steuerzahler gewesen, ein erfolgreicher Geschäftsmann und, wie ich finde, ein sympathischer und gut aussehender Mann, selbst in seinem Alter. Er war gesund und fit und lebensfroh, hatte gerade eine niedliche kleine Freundin gefunden und da kommt diese Frau daher und sticht ihn tot. Sowas gehört sich doch einfach nicht!«
[ 5]»Nein, natürlich nicht«, muss Helga zugeben, »und die erste große Liebe, die nimmt eine Fünfzehnjährige natürlich auch sehr ernst. Sie war ja gerade in dem Alter, in dem sie sich vom Elternhaus lösen wollte. – Aber noch weniger als die Tochter verstehe ich die Mutter: Warum hat sie das getan? Warum schweigt sie sich über ihre Motive aus? Warum hat sie immer wieder bekräftigt, dass es ihr nicht leid tut? Immerhin hat das eine Strafminderung verhindert: Keine Reue, keine vorzeitige Entlassung. Ein Wunder, dass sie keine höhere Strafe bekommen hat. – Was kann das sein, das niemand wissen soll, nicht einmal ihre Tochter? Lediglich ihre Mutter hat sie einmal im Jahr besucht. Später wurden diese Besuche häufiger. Hat das etwas mit dem Fall zu tun oder sind sie sich einfach im Laufe der Jahre wieder näher gekommen?«
[ 5]»Oder weiß die Tochter vielleicht, warum sie es getan hat und ist deswegen sauer?« Nils freut sich, einen weiteren Aspekt einbringen zu können: Er hat eine gute Lehrmeisterin gehabt gibt sich nun ebenfalls nicht mit einer Hypothese zufrieden, sondern bedenkt alle Möglichkeiten. So manches Rätsel haben sie auf diese Weise gemeinsam gelöst.
[ 5]»Ja, auch möglich. Aber dann hätte die Tochter doch vielleicht versucht, das zu verarbeiten. Sie hat sie nie besucht. Keine von den Dreien hat je einen Brief geschrieben. Ich habe mich erkundigt, wollte mich einschalten, falls sie Kontakt aufnehmen, um herauszubekommen, was die Lösung dieses Rätsels ist. Es gab keinen Kontakt zwischen der Täterin und ihrer Tochter.«
[ 5]»Und nun willst du die Lösung aus ihren ersten Schritten in die Freiheit herauslesen? Willst du sie verfolgen?«
[ 5]»Ja, vielleicht. Möglicherweise bekomme ich heute das eine Puzzle-Teil, das alle anderen an ihren Platz fallen lässt.«
[ 5]»Helga, die unbeirrbare Optimistin«, spottet Nils, obwohl er weiß, dass das die richtige Einstellung ist, wenn man Fälle lösen will. Da Helga weiß, dass er das weiß, verzichtet sie auf eine belehrende Erwiderung und er ist dankbar dafür.

In dem Moment kommen vier Personen rechts hinter der hohen Hecke hervor, die den Besucherparkplatz vor ihren Augen versteckt: Verwundert erkennen sie die Mutter und die Tochter der Inhaftierten. Ein junger Mann mit einem Kinderwagen ist dabei, vermutlich der Partner der jüngeren Frau. Die ältere Dame – Sabrina, sie muss jetzt wohl Anfang sechzig sein –, hat ihre langen Haare zu seinem Knoten gesteckt und trägt einen eleganten langen lila Mantel, den sie glatt streicht, weil sie wohl gerade aus einem PKW gestiegen ist. Die junge Mutter hat sich nun bei dem Mann eingehakt und ihre langen silbernen Locken flattern im Wind. Der Mann sieht sportlich und selbstbewusst aus, redet zu der jungen Frau.
[ 5]Als sie beim Eingang ankommen, dirigiert diese ihre Großmutter neben die rechte Tür des Eingangsbereichs und stellt sich selbst mit Mann und Kinderwagen seitlich der linken auf. Nachdem sie mit der Aufstellung offenbar zufrieden ist warten alle und blicken gespannt auf die Tür. Der Mann guckt auf die Uhr, sagt etwas, dann geht wie auf Kommando die rechte Tür auf und Petra Kirchner, die Mörderin, tritt ins Freie. Sofort erblickt sie ihre Mutter, freut sich offensichtlich und umarmt sie, als ihr die offenen Arme dargeboten werden. Lange stehen die beiden so, wiegen sich hin und her.
[ 5] Als sie sich drehen, sieht Petra auf einmal die anderen beiden, die mit dem Kinderwagen seitlich der anderen Tür stehen. Sie ruft etwas aus, scheint völlig überrascht zu sein, macht sich eilig von ihrer Mutter los, zögert aber, auf die junge Frau zuzugehen. Da wirft sich diese ihr in die Arme, wird von ihr herumgewirbelt und die beiden drücken einander, sehen einander an und drücken sich wieder, können gar kein Ende finden. Schließlich geht es offenbar an das Vorstellen noch unbekannter Personen: Der Mann wird in Augenschein genommen und nach einer vorsichtigen Umarmung gucken alle vier gleichzeitig in den Kinderwagen. Sina hebt das Baby heraus und es wird herumgereicht. Sie reden offensichtlich alle durcheinander. Dann deutet der Mann in Richtung Besucherparkplatz und sie entschwinden, Petra mit dem Baby auf dem Arm, hinter der hohen Hecke den Blicken der beiden Beobachter.
[ 5]»Es bleibt ein Rätsel«, stellt Nils fest.
[ 5]»Es ist noch rätselhafter geworden, leider. Aber«, so versucht Helga, sich zu trösten, »es sieht trotz allem aus nach einem glücklichen

ENDE.«​
 

xavia

Mitglied
Hallo Frank, hier kommt der versprochene Kommentar zu deiner Timeline, die erstaunlich gut mit derjenigen synchron ist, die ich mir zu Beginn der Geschichte überlegt habe:

Rutger wurde 1966 geboren, ging von 1972 bis 1981 zur Schule (er überspringt ein Schuljahr), macht ab 1981 eine Fleischer-Lehre bis hin zur Meisterprüfung und geht 1985 bis 1986 zur Bundeswehr. Dann studiert er bis 1992 und promoviert 1998. Danach arbeitet er als Akustiker.

Sabrina wird 1968 geboren, trifft Rutger 1983, da ist sie 15 und Rutger 17.

Petra wird 1984 geboren, trifft Rutger 1999, da ist sie 15 und Rutger 33.

Sina wird 2000 geboren, trifft Rutger 2015, da ist sie 15 und Rutger 49.

Der Epilog spielt 15 Jahre nach dem Mord, also 2030, da ist Sina 30, Petra 45 und Sabrina 62.

Weitere oder genauere Hinweise auf die jeweiligen Jahre wollte ich nicht geben. Es sollte nur möglich sein, das alles in der Zeit unterzubringen.

PS: Danke für deine guten Wünsche, bin wieder fit und habe eine neue Geschichte geschrieben.
 



 
Oben Unten