Erinnerungen

Rhea_Gift

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Erinnerungen

Hypnotisiert irre ich durch das Bilderlabyrinth der Vergangenheit.
Oh Du verfluchte Neugier,
Du läßt mich durch spaltbreit geöffnete Türen schauen,
läßt mich den Staub von so manchem Bild pusten-
Unerwartet überfällt mich der Schrecken,
überwältigt schaue ich auf die grausame Szenerie,
lasse mich von ihr aufsaugen-
Augenblicke später
finde ich mich durch die Gänge hetzend wieder,
Todesangst im Nacken
treibt mich auf den Ausgang zu.
 

roland

Mitglied
Grusel-, nein, Schreckenskammern

du, Rhea_Gift, falls das möglich ist, sag bitte, wie bist Du ins Labyrinth reingekommen?
Mich schaudert es vor Deinem Bild des Blickes in die Vergangenheit, der mit panischer Flucht endet.
Vielleicht sagte Dir dort jemand, die grausame Szenerie sei längst vergangen schon, die Akteure handelten heute vielleicht entscheidend anders, waren damals wie von Sinnen. Erschrakst Du vielleicht damals als kleiner Mensch mehr als Du es heute müßtest?
Nach meinem Empfinden könntest Du die Situation eines Kindes beschrieben haben und sein Erschrecken vor der Erinnerung als Erwachsener.
Wenn ich was von Dir zu wünschen frei hätte, wäre meine Bitte, kurz vor dem Ausgang des Labyrinths langsamer zu werden, vielleicht stehenzubleiben und Dich umzudrehen.
Gruß von Roland
 

Rhea_Gift

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Hi Roland,

es geht eben darum, daß einen etwas in die Vergangenheit wirft, die Bilder schwammig sind bzw. staubig, dann versucht man, sich genauer zu erinnern - und wird mit Dingen konfrontiert, die man vielleicht lieber nicht gesehen hätte - der Kinderblick erschrickt, doch auch der Erwachsene. Das Erst-Erinnern ist natürlich erschreckender, als wenn man objektiver ein zweites Mal zurückschaut - das Grausame wandelt sich dann in ein "das war aber nicht so toll".
Das Gedicht ist eine Momentaufnahme, Anfang und Ende daher nicht so wichtig, ob man sich nun gezielt zurückerinnert oder durch Assoziation von Bildern überfallen wird, ist auch egal - es kann trotzdem beides zu dieser Momentaufnahme führen...

LG, Rhea
 

roland

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hallo Rhea,
entschuldige bitte, ich hatte Deinen Beitrag erst heute Vormittag entdeckt. Die Benachrichtigung in meiner mailbox stammte von gestern, Dein Beitag aber vom 10. oder 11.9.- Wie das kommt, weiß ich nicht, ganz bestimmt hätte ich Dir schon eher geantwortet.

Meine Gedanken blieben an Deinem "lieber nicht gesehn hätte" hängen. Ja, es macht Schmerzen und "schöner" wäre es ohne die Erinnerungen. Es macht Schmerzen, Vorgefallenes, Geschehenes wirklich an sich heranzulassen. Es ist weit verbreitet, die schwierigeren Seiten des eigenen Erlebens von sich wegzudrücken, sie stumm und schweigend zu übergehen. Denkverbot, Erinnerungsverbot. Damit meine ich nicht Dich und das, was ich aus Deinem Text erfuhr, sondern allgemeines Verhalten. Du beschreibst ja, wie Du es wagst und erschrickst. Deinen Gedanken mit der Momentaufnahme konnte ich - glaube ich- verstehen.

In diesem Bereich des Erinnerns als Erwachsener (des Zulassens der dazugehörenden Schmerzen) liegt nach meiner Meinung eine große Chance für den Einzelnen, für sich und die eigene Seele etwas Positives zu erreichen. Irgendwo aus diffusen Schmerzen herauszukommen und sich bei sich selbst besser auszukennen, Bescheid zu wissen, auf "alte Bekannte" zu stoßen.
Wie Du es sagst, mit der zweiten und den folgenden Erinnerungen an das Schmerzende setzt ein Wandel ein, Grausames wird erinnerbarer...
Ich wünsche Dir, daß Du nicht aufhörst, den Staub von Verstaubtem abzupusten und genau hinzuschauen.
LG von Roland
 

Rhea_Gift

Mitglied
Hi Roland,

danke für die guten Wünsche...
Das Gedicht ist recht alt, da stand ich noch am Anfang eines Weges - und immer wieder aktuell, denn soviel man sich auch mit Verstaubtem beschäftigt, hin und wieder überfällt es einen doch wieder, wie das erste Mal - doch auch damit lernt man umgehen...

Die Seele/Gefühle sind ein seltsam Ding, sie haben ihr Eigenleben, egal, wie oft man sie dreht und wendet - und Überraschungen gibts immer wieder... Doch man gewöhnt sich dran, wie an so manches andere, das einfach zu einem gehört.

That's life,

lg, Rhea
 



 
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