Es geht um die Wurscht

Anonym

Gast
aus der humorigen Reihe "Sprachliches Österreich"

Feinkost hat in Österreich einen hohen Stellenwert, was sich auch in der Sprache niederschlägt. Als herausragendes Beispiel sei die Wendung „Wurscht“ genannt, im Besonderen „Es ist mir Wurscht“. Das daraus abgeleitete Hauptwort, die „Wurschtigkeit“ ist wohl eines der Hauptkriterien, woran man einen Österreicher erkennt: Sich zurücklehnend geht ihm so einiges „hinten vorbei“, wie er selber sagt. Dies soll nicht als Erklärung dienen, woher der Ausdruck „Wurscht“ für „gleichgültig“ stammt, auch wenn er gleichsam für die Exkremente, insbesondere von Hunden verwendet wird. Vielmehr ist zu vermuten, wie der Feinkostexperte richtig analysiert: Die Herkunft der Bestandteile von Würsten ist manchmal recht dubios, der Geschmack letztlich nur auf die Gewürze zurückzuführen. Es ist nicht das beste Fleisch, das zu Würsten verarbeitet wird, daher kann sowohl bei der Herstellung als auch beim Genuss eine gewisse Gleichgültigkeit an den Tag gelegt werden: Die Wurschtigkeit.

Eine weitere Erklärungsvariante kann der Schlagerbranche entnommen: Dort wird wiederholt betont, dass alles ein Ende habe, bis auf die Wurst, die über die Wahlmöglichkeit derer zwei verfüge. Welches Ende man nehme, sei im Allgemeinen Wurscht, da die Dicke und Konsistenz des Endes kaum unterschiedlich sein wird.

Die Wendung hat gute Chancen, als von der Wurst eigenständiger Begriff zu überleben, vor allem weil die Synonyme „egal“ oder „gleichgültig“ bei weitem nicht so bildlich und auch von der Länge benachteilt sind. Der Begriff „Wurscht“ verbirgt sich - zwar selten aber doch - hinter mädchenhaftem Kichern; jedem Freudianer ist sofort klargelegt, dass sich vor den geistigen Augen der Verlegenen die optische und auch farbliche Ähnlichkeit zum männlichen Geschlechtsteil manifestiert. Es mag dies ein Grund dafür sein, dass sich dieser Ausdruck deshalb ohne gröbere Widerstände eingebürgert hat, wo immer er bekannt wurde.

Offensichtlich gibt es aber auch Wurstfans, denen die abfällige Verwendung der kulinarischen Spezialitäten gegen den Strich geht: Man denke an das Schimpfwort „Du Würschtl“, worunter sich der phantasievolle Geist einen untersetzten Herrn mit ebensolchen Wurschtfingern vorstellt, der intellektuell eher eine marionettenhafte Rolle einnimmt. Es sei an dieser Stelle nicht ausgeschlossen, dass der Spaßmacher Hans Wurst, offensichtlich ein gelernter Fleischer, wesentlich zur Lächerlichkeit und narrenhaften Anklangs seines Produktes beigetragen hat. Auch wenn die sprachliche Entwicklung über die Jahrhunderte sicherlich eine gewisse Eigendynamik entwickelt hat und sich nicht mehr auf konkrete Einflussfaktoren rückführen lässt.

Nun, wie gesagt, manchem ist die Wurst noch ein hehres Ding, was sich in der Redewendung „es geht um die Wurscht“ ausdrückt, wenn sich eine wichtige Entscheidung anbahnt. In Zeiten, wo Fleisch und Wurst noch Sonntagsessen waren, ist es vorstellbar, dass für ländliche Spiele und Kräftemessen eine Wurst als erster Preis angesetzt wurde. Der Höhepunkt der jeweiligen Veranstaltung war dann eben jener, wo es um die Wurscht geht. Oder der Affe ins Wasser springt, wie man auch sagt. Ob er dies wegen einer Wurst tat, ist nicht überliefert. Scheint wurscht gewesen zu sein.
 



 
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