Es knistert

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Jongleur

Mitglied
 
 
Es knistert


Die grünen Stühle
sind draußen, April,
später als im vergangenen
Jahr sitze ich mit der Zeitung
am Tisch, der Granit
ist warm.

Drüben besieht man sich
den Stand der Knospen
von Garten zu Garten,
Lachen wird weit
gesät. Löwenzahn
wuchert durch alle Zäune,
Stimmen stehn
kräftig im Saft.

Das Erdreich
ist ausgeputzt
zwischen verblühten
Narzissen und frühen
Tulpen, der Boden
bereit für Sommer-
mohn, Margeriten.

Ein plötzlicher Wind
treibt Gestrüpp
übers Gras und eine lose
Verabredung für den Abend.

Ich sammle die knisternden
Blätter der Zeitung
von der Grenze
zum Nachbarn
und ziehe mich
in den Schutz
des Schirms zurück.
 
 
 

Schakim

Mitglied
Hi, Jongleur!

Es knistert,
das Feuerchen,
das noch nicht brennt
und keine Löcher
in die Hemden sengt.

Es knistert,
dieser Frühlingshauch
und alte Blätter
dort,
dort unterm Strauch,
die tun es auch,
wenn launenhaft
ein Wind
mit ihnen spielt.

Es knistert
in Gedanken,
wenn jemand
übern Zaun nur schielt
und vielleicht sogar
ein Lächeln schenkt,
den Blick anlockt und lenkt ...

Das Rascheln
einer Zeitung wird,
wenn sie gelesen ist
und weggelegt,
auf einmal still.
Und ob der Leser
es dann will,
dass man ihn in Ruhe lässt
so wie die Maus
mit ihren Jungen dort
im Frühlingsnest,
das kann er selbst bestimmen.

Bald lauscht er
leisen Tropfen,
die auf den Schirm
gar lustig, fröhlich klopfen,
verfolgt die Spinnen,
wie sie flink
ein Radnetz weben -
Er tut es in Gedanken
wohl soeben
und schwimmt darin,
während Bächlein
sich sammeln
und in Frühlings
Blütenteppich rinnen.


Du hast einen wunderbaren Moment festgehalten, eine Stimmung, die der Frühling in die Gärten zaubert, wenn die ersten wärmenden Sonnenstrahlen die Leute nach draussen locken. Nur "Erotik" oder "Liebe" kann ich in Deinem Text nicht finden!

Ich wünsche Dir eine schöne Woche!
Schakim
 

Vera-Lena

Mitglied
letzte Strophe

Lieber Jongleur,

das ist Dir gut gelungen, das frühe Frühlingstreiben so locker anzureißen.
Die letzte Strophe würde ich komplett weglassen. Sie bringt nichts Neues mehr. Auch der Verweis auf Deine eigene Person (bzw das Lyri) ist kurz vorher als Andeutung viel prägnanter, wenn Du von losen Verabredungen sprichst.

Wolltest Du aber herausbringen, dass das Lyri bei so viel Frühlingsgemeinsamkeiten einsam ist, dann ist das für mein Gefühl nicht herausgekommen.

So viel fürs erste.
Liebe Grüße von Vera-Lena
 

Jongleur

Mitglied
stiller Beobachter knisternden Nachmittags

Hi Schakim,
huch, Du hast wohl hinter mir gesessen?? ;) Danke für das tolle Korrespondenzgedicht!!
Und, tja, die Erotik - war wohl zu spüren, zu hören. Wenn man stimm- und augendienliche Flirts dazu zählt!
Ich wollte Flirt, Erotik in die Naturbilder einbetten, auch manches Bild im übertragenen Sinne verstanden wissen.
Mal warten, ob noch mehr Leser sagen, für sie funktioniere das nicht so ...

Hallo Vera-Lena,
da hast Du mich erwischt, die Strophe ist tatsächlich nachgeschoben. Durch den Ich-Einstieg hatte ich das Gefühl, nachdem ich es schon für mich mit der "losen" Verabredung abgeschlosen hatte, es müsse noch etwas angefügt werden, um den Kreis zum stillen Beobachter zu schließen.
Vielleicht arbeite ich die erste Strophe noch einmal um - ohne Ich.
Mal sehn.

Dank Euch fürs Lesen und die Kommentare!
;)
Jongleur
 
S

Sandra

Gast
Absolut gelungen!
Deine Verbindung von Stimmung und Natur...perfekt.

Stimmen stehn
kräftig im Saft.
Ein plötzlicher Wind
treibt Gestrüpp
übers Gras und eine lose
Verabredung für den Abend.
Wunderbar. Das ist der April. Ich konnte selten Frühlingsgefühle so gelungen nachlesen. :)

Den Schluss empfinde ich als wichtig. Du präsentierst dich erst als Beobachter. Durch die Benennung des lyrischen Ichs zum Schluss, wird es persönlicher und ich erlese jemanden, der sich von diesem Frühlingstreiben zurückzieht. Vielleicht so lange, bis der Sommer kommt....

Einen lieben Gruß
Sandra
 



 
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