Es lebe die Freundschaft - sagen wir die Freundschaft tot!

pilgrim969

Mitglied
Es lebe die Freundschaft - sagen wir die Freundschaft tot!
(nach einem Telefonat am 27.6.2000)

Wir sprachen einander nach so langer Zeit - Wie lange ist das jetzt her?
Mich daran erinnern - du meinst, meinem Herzen fiele das zu schwer.
Nun, vielleicht hast du recht, vielleicht ist Gestern besser zu begraben,
vielleicht sollten wir unserer Freundschaft bis auf Weiteres entsagen.

Doch wie recht hast du damit? - Ist von Freundschaft Heute abzusehen?
Nun, ich bin nicht deiner Meinung es wäre unrecht noch zu dieser zu stehen.
Wir sprechen miteinander - und wir verstehen uns wie einst vor langer Zeit,
doch ist es so, als wärest du Heute nicht an Gestern noch zu glauben bereit.

Muss ich auch zugeben, dass ich das Gestern all zu lange Zeit verdrängte
und mir in zu engem Korsett an ewig Gestriges mein Leben selbst beengte -
Gestern war für mich lange nur der Schatten der mich gedrängt in meine Nacht
und Heute weit entfernt von meinem Leben, welches ich gar zu begraben gedacht'.

Auch wenn ich zugebe ich wusste lange nicht, ob ich dich nun hasse oder liebe.
Oder fühlt' ich gar, keines von beidem? - Was dann wohl das Schlimmste bliebe.
Nun, wohl hasste ich dich, doch nur, weil ich mich selber nicht mehr lieben konnte
und ich liebte dich und dachte auch, ich erfreue mich ohne dich nie mehr der Sonne.

Glaube mir, ich habe bis heute doch auch einiges in meinem Gefühl dazugelernt,
so ist mir heute wohl bewusst, dass mich die Sonne auch ohne dein Lächeln wärmt -
Wohl fehlt mir dieses Lachen, war es doch dieses was mich einst zu dir gezogen hat.
Doch du verweigerst mir unsere Freundschaft, um die ich dich jetzt wieder bat.

Liebe aus Freundschaft könne sein - doch Freundschaft aus Liebe nicht?
Wer wird es wohl wagen und behaupten, es wäre dies die Wahrheit nicht?
Wir erinnern uns des Respektes den uns unsere Freundschaft einmal gebot.
Und gerade weil wir Freunde sind, sagen wir nun diese Freundschaft tot?!?


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aus Kleinigkeiten (2.2000 - 8.2000)
 

Feder

Mitglied
Hallo Pilgrim969,

in der Liebe sagt man, gibt es immer einen Verlierer: den, der mehr liebt. In der Freundschaft, dies wäre logische Konsequenz, ist manchmal der Verlierer, der sich mehr einbringt.

Im Vorhinein darf man über beides nicht nachdenken. Das wäre, als ob man bei der Heirat schon über die Scheidung philosophiert.

Im Nachhinein schließt eine einmal dagewesene Freundschaft meist das Verlangen nach einem Neubeginn aus - sofern einer von beiden Verrat an der Freundschaft begonnen hat.

Bei Liebe halte ich einen Neubeginn für möglich, wenn sie groß genug war - selbst dann noch, wenn man sich getrennt hat.

Allerdings: Wenn man selbst derjenige ist, der das Gefühl verloren hat, hat man Angst, im anderen zuviel wiederzuer-
wecken, falsche Hoffnungen aufkommen zu lassen. So sagt man manchmal beides ab. Die Liebe zuerst, weil sie nicht mehr da ist, die Freundschaft, weil sie vom Gegenüber mit Liebe verwechselt werden könnte.
Wenn man so denkt, ist allerdings eines sicher: Irgendein Gefühl ist da, sonst hätte man keine Gewissensbisse, auf eine Freundschaft einzugehen. Es muss ein liebes Gefühl sein, auf Vertrautheit und Vergangenem basierend - allerdings nicht mit Liebe zu verwechseln, die mehr aussagt.

Die Aussage des Gedichtes hat mich zum Nachdenken angeregt. Danke hierfür!

Lb. Gruß,
Feder
 

pilgrim969

Mitglied
Dieser Text ist mir so richtig aus den Fingern in die Tatsen eingeschossen -
und zwar unmittelbar nach diesem Gespräch.
Es war einmal eine sehr intensive Freundschaft und ich habe mich (leider?) in diese Frau verliebt.
Und hatte damals das Gefühl ich könnte nicht mehr weiter mit ihr befreundet sein,
auch wenn wir uns gegenseitig zuvo so viel gegeben haben.
Ich dachte ich könnte es einfach nicht aushalten, akzeptieren oder was weiß denn ich ...
Das ist etwa Ende 97' gewesen und ich habe lange gescheut den Kontakt wieder zu suchen.
viele meiner damals entstandenen Texte habe ich meinem Gefühl zu dieser Frau zu verdanken.
Auch heute geht es mir sehr ähnlich:
In jemanden verliebt zu sein, der diese Gefühle nicht in dieser Art erwidert.
Nur habe ich so viel dazu gelernt, dass ich heute stark genug bin die Freundschaft,
die hinter dieser Liebe steht nicht wieder fallen zu lassen.
Denn einmal darf man einen Fehler machen, denn da ist es eigentlich noch keiner
aber ein zweites Mal wäre echt Dummheit
Ich habe damals sozusagen unsere Freundschaft verraten
Aber auch wenn man seine Gefühle nicht steuern und auch die des anderen nicht beeinflussen kann,
so sollte man doch das mitnehmen was man hat und nicht etwa sagen:
Liebst du mich nicht, so hast du meien Freundschaft nicht verdient!
 

Feder

Mitglied
Das kann ich nachvollziehen

allerdings ist es sehr schwer, Freundschaft aufzubauen, wenn man im Gefühl für "mehr" noch nicht ganz frei ist. Ich habe das einmal erlebt von einem Gegenüber, und es war nicht Möglich, die Freundschaft ohne flaues Gefühl im Bauch aufrecht zu erhalten. Man denkt, man tut dem andern weh, vielmehr man weiß das, liest es im Blick und verhält sich dann nicht mehr locker, sondern verkrampft. Am Ende meidet man den Kontakt - aus Rücksichtnahme auf den andern oder weil man sich unwohl fühlt, versucht, jedes Wort auf die Goldwage zu legen.
Wenn du stark genug bist mittlerweile für diese Freundschaft, dann wäre es schade, sie nicht zu suchen oder für einen Neubeginn "in Freundschaft" zu sorgen.
Ich wünsch dir Glück und: "halt dein Herz fest" (blöder Ratschlag, konnte meines ja selbst noch nie steuern :)).

Lb. Gruß,
Feder
 

pilgrim969

Mitglied
Du hast recht mit deinem flauen Gefühl, denn auch mein Gegenüber hat mir dieses eingestanden
Ursprünglich wollte auch sie damals unsere Freundschaft auf Distanz halten -
das wollte ich aber zuerst nicht. (bezieht sich jetzt auf 97)

Und übrigens, mein Herz halte ich fest, oder viel mehr an meinem Herzen halte ich fest.
An meinen Gefühlen - und steuern möchte ich diese auf keinen Fall,
denn dann würden sie all ihren Wert für mich verlieren!
 

Feder

Mitglied
Auch das ist richtig. Ein Vergleich: Mir sieht man immer gleich an was los ist. So sehe ich dann auch keinen Sinn zu lügen, wenn mich jemand auf den Punkt anspricht. Das kann Menschen schocken und verletzen. Allerdings, wenn ich ein Gefühl, das da ist, als nicht vorhanden bezeichne, dann würde ich für meine Begriffe das Gefühl selbst in Frage stellen. Zu den Gefühlen stehen, ohne Wenn und Aber, auch, wenn es weh tut, es bleibt die Wahrheit, mit der man im Herzen leben muss. Vielleicht relativiert sich ein Gefühl im Laufe der Zeit, nie aber der Zeitpunkt, wo es intensiv war oder ist.

Bin ich jetzt zu philosophisch geworden? Ich hatte gerade über etwas nachgedacht, was mich persönlich betrifft :)!

Lb. Gruß,
Feder
 

pilgrim969

Mitglied
In meinen Gedichten stelle ich sehr oft meine Gefühle und auch mich selbst in Frage.
Das ist aber nur der äußere Schein. Denn gerade dadurch mache ich mir selber weit bewußter wie sehr ich zu mir und meinen Gefühlen stehe
Vielfach gebe ich auch selber gleich die Antworten vorweg, manchmal auch nur implizit.
Ob das bei allen meinen Texten auch für aussenstehende so richtig rüberkommt weiß ich nicht
sSpielt auch nicht so eine große Rolle, denn ich schreibe in erster Linie für mich
Du hast einmal geschrieben, dass du den Inhalt meiner Werke mehr beachtest als ihre Form
Nun, genau so soll es bei meinen Texten sein.
Sobald ich das Gefühl, dass ich habe auch beim Lesen wiederempfinde, ist für mich ein Text fertig,
auch wenn die äußere Form noch ein wenig zu wünschen übrig lässt

Und übrigens - ein klein wenig philosophieren kann nie schaden ...
 

Feder

Mitglied
Das war es, was ich meinte

Du schreibst das nieder, was sich auf meine Texte auch beziehen läßt. Über Jahre sind Texte entstanden an Stelle eines Tagebuches. Wenn ich sie heute öffentlich mache, so wird bei manchem Leser die ein oder andere Frage aufkommen, wonach er meine Zeilen in "gut" oder "schlecht" in "gelungen" oder "nicht gelungen" aufteilt. Tatsächlich sind es aber Gedanken und Empfindungen, die ich niedergeschrieben habe, weil ich sie irgendwie von Anfang bis Ende noch einmal durchleben (aufschreiben :)) mußte. Für Dritte läßt sich manches nicht erklären, manches kann und soll auch nicht erklärt werden. Soweit kann ich meistens nachvollziehen, was du schreibst, da es mir ähnlich geht, und dies ist auch der Grund, warum ich deine Texte nicht beurteilen, sondern lieber auf mich wirken lassen möchte.

Also: Schreib bitte weiter :)! Ich schreibe nicht nur selbst gerne, ich lese auch gerne und noch lieber finde ich mich, als nur zu lesen, in anderen Texten wieder!

Gruß,
Feder
 

pilgrim969

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Weil du meinst, du findest dich gerne in anderen Texten wieder -
nun, damit habe ich auch schon ein klein wenig negative Erfahrung gemacht.
Mich hat einmal - ist noch gar nicht lange her - jemand darauf angesprochen,
dass sie sich in meinen Texten sehr gut wieder erkennt,
um mich dann zu frage, wo ich eigentlich bliebe ...
 

Feder

Mitglied
Hallo Pilgrim,
sich einzufinden, wiederzulesen im Text eines anderen heißt doch nichts anderes, als Seelenverwandschaft zu spüren. Es ist für mich dann schlecht nachvollziehbar, wie man im Gleichzug annehmen kann, den anderen gibt es nicht.

Erklären könnte ich mir nur folgenden Vorgang: Man schreibt sich - gegenseitig - irgendwo, in irgend einer Form. Man stellt sich die Persönlichkeit des anderen vor, gibt ihr Gestalt - ich meine dabei nicht die äußere.
Irgendwann kann es ja einmal sein, man lernt die Person kennen und Schreiben und Leben passend nicht zusammen. Nur dann könnte nach meinem Empfinden die Aussage passen: "Ich finde mich in deinen Texten wieder, aber wo bleibst du?", um damit auszusagen, deine Texte sprechen mich an, aber in der Realität werden die Zeilen nicht gelebt - aus welchem Grund auch immer. Das zu mutmaßen, ginge jetzt zu weit ...

Lb. Gruß,
Feder
 

pilgrim969

Mitglied
Ehrlich gesagt, war das damals eine sehr provokativ gestellte Frage,
und bei weiteren Gespräche ist sehr wohl herausgekommen wieviel von uns beiden
in so vielen meiner Texte steckt.
Aber die Provokation an sich hab ich nicht vergessen, denn ich beschreibe in erster Linie mich selbst,
und wenn ein anderer eine andere Person stärker darin sieht, dann ist das für mich nicht mehr ganz schlüssig.
Zumindest nicht wenn mich diejenige sehr gut kennt.
 

Feder

Mitglied
Das klingt diskret nach Egoismus - nicht deine Person betreffend gemeint. Sich selbst zu sehen an jeder Ecke, heißt im Gleichzug den anderen zu übersehen. Damit kommt man dann zu der Erkenntnis, dass du in dem Falle garnicht mehr gesehen werden konntest und die Frage: wo bist du denn hier (habe jetzt genau die Textstelle nicht mehr im Kopf, aber so ähnlich war es doch) erscheint logischer Ausgang für die "eingeschränkte" Sichtweise des Betrachters, jener "Sie" ...
 

pilgrim969

Mitglied
Egoistisch ist diese Sie ganz sicher, das ist mir wohl bewußt!
Doch hat sie mir soviel von mir selber aufgezeigt,
mich sehr viel von mir selbst erkennen lassen,
so dass dieser Egoismus für mich nicht wirklich ins Gewicht fällt.
Das was für mich allen voran zählt
ist nicht was sie nicht sieht oder gesehen hat
oder nicht sagt oder gesagt hat -
sonder nur das was sie gesagt hat, das was sie an mir und in mir gesehen hat
und mir das dann auch zu verstehen gegeben hat.
 

Feder

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Zwischenbericht aus Erfahrung

Nun ziehe ich – verzeih mir – als Resümee daraus – dein Gedicht und was wir beide uns schrieben – dass du anzweifelst, jemand könnte irgendwann wieder, diese BESONDERHEITEN in dir sehen – meist jene, positiver Natur. Zugegeben, es fällt schwer, das nicht zu glauben – hier spreche ich von mir, da es mir ähnlich ging. Aber glaub mir auch, es gibt diesen Menschen – irgendwo. Nicht, dass er den anderen ablöst. Für meine Begriffe lässt man mit jedem Gefühl, in das man investiert im Leben, auch etwas von sich zurück. Dieser verschenkte Teil ist einem bewusst, genauso wie der Ort bewusst bleibt, wo man ihn hin verschenkt hat. Dies wird wohl ein Leben lang so bleiben – soweit zur Antwort, die ich mir selbst einmal habe geben müssen, um damit klar zu kommen -. Zwischenzeitlich habe ich es geschafft, diese Beziehung als Geschenk des Lebens zu sehen, sie war besonders, einzigartig. Letztendlich aber – und das birgt die Fähigkeit, besser damit umzugehen – war dieser Mensch nicht stark genug oder sein Gefühl zu mir nicht stark genug, denn sonst gäbe es ihn noch für mich.
 

pilgrim969

Mitglied
Ein klein wenig möchte ich dir widersprechen, denn dass es diesen Menschen für mich gibt,
der in mir das sehen kann was ich bin - oder zumindest von mir selber glaube zu sein -
daran glaube ich eigentlich schon.
Ein wenig Verwirrung ist vielleicht auch dadurch entstanden, dass bei den Texten die hier Reaktion auf mein Gedicht waren
von mir auch schon Gefühle zu anderen Menschen angesprochen waren, oderanders ausgedrückt
manchmal ging es in den Dingen, die ich hier geschrieben habe nicht mehr um den Menschen,
wegen dem erstes Gedicht entstanden ist, sondern vielmehr um Gefühle auch anderen gegenüber.
Anderen, die zum Teil sehr wohl schon wieder von den Dingen erkannt haben, die ich gerne anderen geben möchte ...
 

Feder

Mitglied
Ja, jetzt fällt mir aber ein Stein vom Herzen. Ich hatte tatsächlich gedacht, du wärst noch in der besagten Talsenke. Irgendwie fühlte ich mich aufgefordert, dich da herauszuziehen. Wir haben mittlerweile auf mehreren Seiten philosophiert und über das Leben geschrieben, da entsteht eine Nähe, vor allem, wenn man sich in den anderen hineindenken kann. Aber ich bin eh ein Mensch, der oft und manchmal zuviel über die Dinge nachdenkt, hierzu gab es schon viele Vorwürfe - auch lieb gemeinte. Ja, was bleibt mir jetzt? Dir von Herzen einen schönen Tag zu wünschen. Das tue ich hiermit.

Lb. Gruß,
Feder
 



 
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