Es war einmal (eine Geschichte von Gott)

juleb

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Es war einmal
Eine Geschichte von Gott:

Der liebe Gott saß auf seinem Thron im Himmel und langweilte sich schrecklich. Rechts neben ihm gähnte der Heilige Geist, dann fielen ihm die Augen zu; auf seiner linken Seite hatte sich Jesus das kleine Tischchen herbeigezogen, auf dem er sein reichhaltiges Drogensortiment lagerte.
„Hey, Dad", fragte er mit träger Stimme, „was meinst du ? Soll ich mal die neuen Designerdrugs antesten oder lieber ein bißchen was vom guten alten H. ?"
Gott zuckte nur mit den Schultern. „Du weißt doch, daß ich keine Ahnung von dem neuen Zeugs habe. Ich genieße hin und wieder meine Pilze, das ist alles."
„Ja. Und davon wirst du derart sauer, daß du dein Bild zur Erde schickst, um mal wieder einen heiligen Krieg auszufechten. Scheiße." Jesus musterte verschiedene Pillendosen, Spritzen und Pfeifen, hob sie auf um sie kurz danach wieder wegzulegen. „Mann, das kotzt mich einfach an. Von dem ganzen Scheiß kriege ich schon lange keinen Kick mehr. Ich pumpe mich voll, um die Langeweile zu vergessen, aber der Mist hält nur noch Minuten an. Ich müßte mal was ganz anderes versuchen..."
„Was ?" Gott rieb sich die müden Augen, dann nahm er seinen Heiligenschein ab und warf ihn wie eine Frisbee auf ein kleines Kind zu, das auf einer benachbarten Wolke seine Harfe stimmte. Die scharfen Kanten des Scheins zerschnitten die Saiten der Harfe, dann durchdrang er den Hals des Kindes. Gott lachte aus vollem Halse, während das Kind versuchte, den Kopf wieder aufzusetzen. „Ich glaube, es wird Zeit für ein bißchen Action." Er schnippte mit den Fingern und der Heiligenschein kehrte zu ihm zurück. „Wir sollten mal wieder runter gehen und irgendeiner heiligen Nutte den Arsch aufreißen. Ich erinnere mich da an ein paar Nonnen, die dem Leben echten Sinn verleihen konnten. Weißt du, Sohn, ich war ein echter Idiot, Johanna von Orleans aufs Schafott zu schicken. Sie landete in der Hölle und Erzengel Luzifer verpachtet sie mir immer nur für ein paar Stunden. Mann, das war ein Weib. Wenn ich mir dagegen die Tanten ansehe, die heute in meine Orden eintreten..."
„... oder ein paar frische chemische Verbindungen erfinden", ergänzte Jesus, der sich endlich entschieden hatte und sich kurz hintereinander einen Schuß Heroin setzte, eine Nase Koks aufzog und vier bunte Pillen einwarf. „Stark Mann !" stellte er fest, und ein irres Blitzen glitt über seine Augen, als die Wirkung der Kombination einsetzte. „Blut", brummelte er, "wenn ich das Blut von 1.000 verschiedenen Dopern nehme und mir daraus ´ne Fixe baue, das müßte der absolute Schuß sein."
„Quatsch. Das hast du schon vor 300 Jahren versucht, als wir die Hexen erfunden haben. Blut, Gehirnmatsche, sogar zerriebene Eier hast du dir in die Venen gejagt, ohne den echten Kick zu erleben. Vergiß es."
„Kann sein, daß du recht hast." Jesus wollte sich die Haare raufen, aber der Trip hatte ihn in eine 200 Meter lange Schlange verwandelt, die weder Haare noch Arme hatte. „Meine Birne ist auch schon ziemlich zermanscht.
Äh - kannst du mir sagen, wo meine Hände geblieben sind ? Ich erinnere mich, daß sie vor ein paar Minuten aus meinen Schultern gewachsen sind, aber ich kann sie nicht mehr finden."
Gott furzte, als er sich seinem Sohn zudrehte, und der kleine Engel, der in der Zwischenzeit seinen Kopf wieder aufgesetzt hatte, zündete den Furz an, was irgendwo auf der Erde zu einem gewaltigen Gewitter führte. „Du siehst zum Kotzen aus", stellte er fest. „Komm wieder runter von dem Zeug."
Jesus kicherte. „Ich bin der Gott der Schlangen und Drachen. Ich werde Dämonen schaffen, die euch zerreißen - sobald ich meine Hände gefunden habe. Mann, Dad, das ist das Schärfste, was ich je genommen habe. Es muß an der Pille liegen. Guck mal !" Die Schlange wuchs, dann fegte sie mit ihrem Schwanz über die Erde, erzeugte einen Wirbelsturm, in dem 2 Millionen kleiner, menschlicher Wesen starben. Sie tauchte in den Pazifik ein, und die Flutwelle überspülte Australien, Hawaii, Ozeanien und den südlichen Teil Indiens. Unterdessen biß der Kopf der Schlange die Spitzen der Alpen ab; die scharfe Zunge bohrte sich ins Herz der Erde, und der nachfolgende gigantische Vulkanausbruch bedeckte Nordeuropa mit pappiger Lava, die Jesus in einem Anfall von Verspieltheit rosa einfärbte.
„Ich könnte noch stundenlang so weiter machen, das Zeug läßt gar nicht nach."
„Du machst alles kaputt !" warf Gott seinem Sohn vor. „Und ich kann mich hinstellen, und wieder ganz von vorne anfangen. Er legte der Schlange die Hände auf und sie verwandelte sich zurück in seinen kleinen Jesus. „Sieh dir nur die Bescherung an..."
Jesus kratzte sich ernüchtert am Kopf. Die Erde war über und über mit Lava bedeckt, in der kleine Gesteinsinseln schwammen. Das Wasser aus den Ozeanen war verdampft und regnete nun auf die Glut herab, verdampfte wieder; ein geschlossener Kreislauf. Asche hing bleischwer in der Luft, so daß kein Lichtstrahl mehr durch die Atmosphäre drang. „Entschuldige", Jesus gab sich zerknirscht. „Das wollte ich nicht. Es wird nicht wieder vorkommen."
„Das sagst du jedesmal", knurrte Gott. Er schüttelte den Heiligen Geist, der sich streckte, lauthals gähnte und die Augen aufschlug.
„Das ist zuviel", stellte der Heilige Geist fest, als er sah was Klein Jesus angerichtet hatte. „Ich sollte kündigen. Dein Fatzke baut immer wieder denselben Mist, und du verzeihst ihm jedesmal. Aber am Wiederaufbau beteiligt er sich nur ein paar Jahre, den Rest der Arbeit überläßt er uns."
Jesus schüttelte den Kopf. Er hielt schon wieder ein paar bunte Pillen parat, die er jetzt einwarf. "Wie wäre es denn, wenn ich mal die Hauptarbeit übernehme ? Ich stelle mir vor, daß wir eine ganz andere Welt schaffen könnten, mit bunten Tieren und mehr Abwechslung und Spaß. Nicht immer dieselbe alte Leier. Ich habe da ein paar tolle Ideen..."
Der Heilige Geist und Gott sahen sich an. In ihren Gesichtern stand endlose Müdigkeit, dann stemmte der Heilige Geist sich hoch. „Ich gehe los, Adam und Eva suchen", sagte er, „unterdessen kannst du schon anfangen, das Paradies aufzubauen. Ich schätze, irgendwann wird dein Sohnemann begreifen, daß das Leben mehr ist als ein Spiel. Wenn ich schon daran denke, Luzifer zu überzeugen, daß er wieder zur Schlange werden muß..."
„... rosa gepunktete Walfische, die fliegen können, karierte Schweine mit sechs Beinen..."
Und es war der erste Tag.
 
Gar nicht so schlecht, vom störenden Sexismus abgesehen. Wenn jetzt noch mehr passieren würde und das dann auch seinen Handlungsstrang hätte, könnte ein starkes, buntes, fast surrealistisches Theaterstück darauf aufbauend geschrieben werden - die Bilder sind schon mal nicht schlecht und Stimmung ist auch drin.

Gruß

Birgit
 

juleb

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Ursprünglich veröffentlicht von Birgit Kachel
Gar nicht so schlecht, vom störenden Sexismus abgesehen.
Gruß

Birgit

Hilfe ! Wo ist der Sexismus ? Wenn Gott Kater, der eilige Geist und das ebenso leidvolle Söhnchen Männer sind - dürfen sie dann keine Chauvinisten sein ?
Wenn du hier Sexismus findest, ist es nicht meiner sondern der ihre, weil es zum einen in diesem Dreigestein keine Frauen gibt und zum anderen keiner von ihnen homoerotische Neigungen verspürt.

lg
juleb
 
Hallo Juleb,

ich habe dir beileibe nicht Sexismus vorgeworfen, widerspreche aber deiner Meinung, daß jeder Mann von Natur aus ein Chauvinist sein muß - die besten Männer sind es eben nicht ! (meine ganz persönliche Erfahrung)

Also die Kritik mit dem Sexismus habe ich lediglich dem Text zugesprochen und nicht dir.

Gruß

Birgit
 
Nachtrag

Diesen Text hatte ich gemeint:

"Wir sollten mal wieder runter gehen und irgendeiner heiligen Nutte den Arsch aufreißen. Ich erinnere mich da an ein paar Nonnen, die dem Leben echten Sinn verleihen konnten. Weißt du, Sohn, ich war ein echter Idiot, Johanna von Orleans aufs Schafott zu schicken. Sie landete in der Hölle und Erzengel Luzifer verpachtet sie mir immer nur für ein paar Stunden. Mann, das war ein Weib. Wenn ich mir dagegen die Tanten ansehe, die heute in meine Orden eintreten..."
 

juleb

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Ursprünglich veröffentlicht von Birgit Kachel
Hallo Juleb,

ich habe dir beileibe nicht Sexismus vorgeworfen, widerspreche aber deiner Meinung, daß jeder Mann von Natur aus ein Chauvinist sein muß - die besten Männer sind es eben nicht ! (meine ganz persönliche Erfahrung)
habe diese Kritik leider auf mich bezogen - mein Fehler - und gebe dir als Mann natürlich recht, dass wir nicht alle Chauvinisten sind.
Nur die hier angesprochenen Protagonisten sollen es sein - und dabei, wie ich selbst finde, auf eine sehr drastische Art, die auf der einen Seite satirisch überspitzt, auf der anderen aber auch einen sehr persönlichen Blick auf die Dreifaltigkeit werfen soll. Irgendwie ist es wohl auch das Bild der Nonne als "Braut Christis", die mich hier zu böse werden lässt.

ein ungläubiger Nichtgläubiger

juleb
 



 
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