Essenz

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Rhea_Gift

Mitglied
Essenz

Tränen - sammle ich im Gral
Jahreszeiten, kalt zerstampft
unter Füßen bleicher Nornen
weint sich Jahr- um Jahrgang aus

Nimmer müde ist ihr Schritt
dort im Kessel meiner Träume
die Essenz - sag, schmeckt sie bitter
fad nach Asche, tot und kalt?

Meeressalzig, sauer, fruchtig
holzig nach den langen Nächten
die im Sommer - Feuertänze -
ich so gern mit dir verbracht?

Ach, wer kostet Wein und Würze
Liebe, Trauer und noch mehr
ausgepresst und seltsam glitzernd
still im Winkel meiner Augen -

Schwenk den Gral und nipp' ein wenig
lass mich auf der Zunge kreisen
sag, wie mundet dir mein Leben
schnell - bevor der Schleier sinkt...
 

Rhea_Gift

Mitglied
:)

War und bin a bisserl im Stress jobmäßig - daher schonmal im Voraus auch sorry für weniger regelmäßige Besuche - wird leider noch ne Weile so sein, schätze ich... :(

LG, Rhea
 
G

gitano

Gast
Liebe Rhea_Gift!
Deine Bildsprache ist wieder beeindrucken fantasievoll.

Darf ich Dir einen Vorschlag für S3 unterbreiten der die Positionierung des "ich" etwas ändert:

Meeressalzig, sauer, fruchtig
holzig nach den langen Nächten
die ich im Sommer - feuertanzend -
so gern mit dir verbracht?

und in S4 versteh ich/bzw. irritiert mich bei Z2/3 im Enjabement eine Lücke:

Ach, wer kostet Wein und Würze
Liebe, Trauer und noch mehr
ausgepresst und seltsam glitzernd
still im Winkel meiner Augen -

der Vers findet keinen Aussageabschluss irgendwie fehlt da was...vielleicht so?:

Ach, wer kostet Wein und Würze
Liebe, Trauer und noch mehr [blue]ist[/blue]
ausgepresst und seltsam glitzernd
still im Winkel meiner Augen -

Schöne starke letzte Strophe!
das tanzt! Die Essenz dessen was uns als Persönlichkeit ausmacht...ein immer weide rinteressantes Thema. Du hast es bittersüß durch schöne Bilder veranschaulicht.
Liebe Grüße
gitano
 

Rhea_Gift

Mitglied
Hallo gitano,

danke für die rege Auseinandersetzung mit dem Gedicht!

zu deinen Anmerkungen - die Lücke, dachte ich, ist eine nicht störende Ellipse, mir gefiel der offene Ausklang der Zeile.
"ist" klingt mir zu hart - "liegt" wäre eine Möglichkeit,
würde aber den Rhythmus zerstören, denn trotz vers libre hat alles 4 Hebungen, da wären es dann plötzlich fünf...
daher belasse ich lieber die Ellipse, es sei denn, jemand hat noch nen Vorschlag vielleicht, der das Problem löst...

Deine Umstellung des "ich" zerstört die Anfangsbetonung, die ich dort wie in allen Zeilen gern haben möchte - und "Feuertänze" finde ich irgendwie schöner, wie so ein aufploppendes Bild, als "feuertanzend", das ist mir zu aktiv - die "Feuertänze" wirken träumerischer... darüber ließe sich aber noch nachdenken...

Man sieht's vielleicht nicht gleich, weil nicht gereimt - aber dennoch hat das Gedicht einen durchgehenden Rhythmus durch die Betonungen, den ich gern behalten möchte - daher hoffe ich, du verstehst, dass ich nix ändern kann/möchte - es sei denn, du hast noch eine Idee an den erwähnten Stellen, die den Rhythmus nicht verändert?

Vielen Dank für die Anregungen trotzdem und schön, dass dir die Bilder gefallen :)

LG, Rhea
 
Hallo Rhea,
du hast in deinem Gedicht die Sprache (und Bilder) der Sagen und Märchen gewählt. Das ist dir bestens gelungen, zumal die Liebe des Lyr-Ichs eine märchenhafte Liebe sucht.
Sehr gern gelesen, auch wenn ich "moderne" Lyrik in "Alltagssprache" bevorzuge (das soll aber keine Werturteil sein)...
Herzliche Grüße
Karl
 
H

Heidrun D.

Gast
Liebe Rhea,

das, was du dir offenbar vorgenommen hast, ist gut umgesetzt worden; da gibt es nix zu mäkeln.

Insgesamt wirkt das Gedicht auf mich etwas zu "fettig." ;) - Die Vielzahl der starken Begriffe behindert sich in meinen Augen gegenseitig ... ist aber vielleicht Geschmackssache.

Dir einen herzlichen Gruß
Heidrun
 

revilo

Mitglied
..........in bester Tradition von Wilhelm Busch geschrieben..........schöne nicht überzogene Bilder..........
liest sich klar und flüssig..........LG revilo
 

Rhea_Gift

Mitglied
... auf Wilhelm Busch wär ich jetzt auch nicht gekommen - klär uns auf, revilo - lyrisch gemeint :D

LG, Rhea

Heidrunche - ist wohl wirklich Geschmacksache - manchmal mag ichs so - du weißt ja, ich mags genauso gern auch mal "kühler" ;)

und Karl - auch mag ichs modern - ich bin da net so festgelegt - je nach Stimmung halt... ;)

LG und lieben Dank an alle fürs lesen und kommentieren :)

di auch mal träumerische Rhea ;)
 

revilo

Mitglied
also Süße, wenn Man und Frau, also, wenn die so richtig......, also, daß die gar nicht mehr anders können als wollen.......ja dann lesen die ganz schnell Wilhelm Busch.........äh, tja, keine besonders gute Erklärung......also ,wenn der Vers libre ne Erektion hat und vor lauter Hebungen nicht mehr ein noch aus mag oder auch kann, dann...........na, biste jetzt aufgeklärt????? Mir gefällt das Ding einfach und es hat was von W.B. !!!
LG revilo
 

Rhea_Gift

Mitglied
- die Hebungen treiben dich also hin zum Busch??? Is ja'n Ding :D Immer erstaunlich, welch seltsame Potenz - äh - seltsames Potential ein paar Hebungen haben können... :D :D :D
 

Perry

Mitglied
Hallo Rhea,

nun "Potential" hat der Text allemal, taucht er doch ein in die Welt der Sagen und Bräuche und vermengt sie mit Liebessehnsüchten.
Zwei Dinge haben mich ein wenig aus der Stimmung geworfen.
Einmal der Gral, der ja seit jeher als Lebenselexier gesucht wird, denn seine Bedeutung geht weit über einen Kelch hinaus. Deshalb stört mich diese Reduzierung hier mehr, als sie meine Fantasie anregt.
Das andere sind die ausgepressten Tränen, denen ich Liebe und Trauer gut zuordnen kann, bei Wein und Würze streikt aber mein Tränenkanal (lächel).
Vorschläge mache ich dir nicht, schließlich will ich mich nicht "verheben."
LG
Manfred
 

Rhea_Gift

Mitglied
Nun, Perry - Wein und weinen liegen nicht so weit auseinander - drum die zerstampften Jahrgänge - und Tränen sind wie der Gral mehr als Tränenkanalsflüssigkeit - Tränen sind angereichert mit der Würze ihres Auslösers (Erlebnisse/Erinnerungen)wie der Wein von Sonne, Erde, Luft und den Jahreszeiten eben... und der Gral ist eben auch mehr als nur ein Becher... ;)

LG, Rhea
 



 
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