Fahrtwind

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anbas

Mitglied
Fahrtwind

Sie saßen auf dem Deck der Fähre, die sie zurück zum Festland nach Dagebüll bringen sollte. Vor wenigen Minuten hatten sie in Amrum abgelegt und sahen nun zu, wie die Häuser der Insel immer kleiner wurden. Die Sonne stand hoch am Himmel. Es war ein heißer Spätsommertag. Doch der kühle Wind, der über das Deck wehte, machte den Aufenthalt in der Sonne erträglich. Eigentlich wäre Martin ja gerne mit einer späteren Fähre gefahren. So hätte er eventuell die Chance gehabt, den Sonnenuntergang vom Schiff aus zu genießen - ein Anblick, der ihn immer wieder begeistern konnte. Doch Maren hatte bei der Planung des Kurzurlaubs auf eine frühere Rückfahrt bestanden.

Langsam näherten sie sich der Insel Föhr. Es wurde unruhig auf dem Deck. Viele Urlauber schienen das gute Wetter für einen Tagesausflug zu der Nachbarinsel von Amrum zu nutzen. Maren hatte die Augen geschlossen und ihren Kopf an seine Schulter gelehnt. Ihre Gesichtszüge waren entspannt - ganz anders als wie auf der Hinfahrt. Da waren sie angespannt, fast versteinert gewesen.

Während sie vor sich hin döste, ließ Martin seine Blicke weiter über das Meer gleiten. Auch er war im Gegensatz zur Hinfahrt wesentlich entspannter. Ihre schlechte Laune hatte ihn zunehmend daran zweifeln lassen, ob es wirklich eine so gute Idee gewesen war, sie zu diesem Urlaub zu drängen.

Maren hasste es, im Urlaub wegzufahren. Schon gedanklich sich überhaupt damit zu beschäftigen, war ihr zuwider. Sie liebte es, in ihrer freien Zeit zu Hause zu bleiben, es sich in einem Sessel bequem zu machen, zu lesen und abends ein wenig zu spielen oder fernzusehen. Gut - ab und zu ein Spaziergang im nahe gelegenen Wald oder ein Eis essen beim Italiener war auch noch in Ordnung. Aber richtig wegfahren, in der Fremde übernachten, Sachen ein- und auspacken, und sich dann auch noch auf eine fremde Umgebung einlassen zu müssen - nein, nicht mit ihr!

Seit acht Jahren waren sie nun zusammen, und Martin hatte sich damit arrangiert, den Urlaub mit ihr zu Hause zu verbringen oder alleine wegzufahren. Für sie war das nie ein Problem gewesen - sie hatte ja ihren Sessel und ihre Bücher. Martin dagegen war immer unzufriedener mit dieser Situation geworden. Es machte ihm zwar im Grunde nichts aus, alleine zu sein. Er liebte es, alleine zu wandern oder etwas zu unternehmen. Doch er sehnte sich auch immer mehr danach, mit ihr zusammen die schönen Momente zu teilen, die er auf seinen Reisen erlebte. Darum hatte er diesmal auf einen gemeinsamen Urlaub bestanden. Nur eine Woche zusammen wegfahren. Einmal nur. Nach Amrum. Martin kannte die Insel, liebte sie und wollte Maren unbedingt einmal seinen Lieblingsurlaubsort zeigen. Er hatte gebeten und gebettelt, hatte ihr Vorhaltungen gemacht und es mit humorigen Überredungsversuchen probiert - doch all seine Bemühungen stießen bei ihr auf Granit. Erst, als er mit einer ernsthaften Beziehungskrise gedroht und sich von einer Woche auf ein verlängertes Wochenende herunterhandeln gelassen hatte, war sie höchst widerwillig auf seinen Wunsch eingegangen.

Die Anreise war dann noch viel schlimmer gewesen, als Maren es sich in ihren schlimmsten Träumen ausgemalt hatte. Das Abteil im Zug war hoffnungslos überfüllt gewesen, so dass sie sich mühsam zu ihren reservierten Plätzen hatten durchkämpfen müssen. Der Zug war dann so verspätet in Dagebüll angekommen, dass sie die Fähre verpasst hatten - die nächste war erst zwei Stunden später gefahren. Auf Amrum waren sie dann mit dem Bus nach Norddorf gefahren. Dieser war anfangs so voll gewesen, dass sie eingequetscht zwischen anderen verschwitzten Urlaubern kaum Luft zum Atmen gehabt hatten. Als sie endlich in ihrer Ferienwohnung angelangt waren, hatte ihre Laune weit unter dem Nullpunkt gelegen. Ohne auch nur ein weiteres Wort mit Martin zu wechseln, war sie unter die Dusche und dann ins Bett gegangen. Auch am nächsten Morgen hatte sie Martin nur mit eisigem Schweigen begrüßt und es sich nach dem Frühstück demonstrativ mit einem Buch auf dem Sofa bequem gemacht.

Wie ein geprügelter Hund war Martin aus dem Haus geschlichen und den ganzen Tag über alleine am Strand und in den Dünen unterwegs gewesen. Das war nicht der Urlaub, wie er ihn sich gewünscht hatte. Als sie dann gemeinsam zu Abend aßen, hatte er ihr den Vorschlag unterbreitet, zu dem er sich während des Tages durchgerungen hatte.

"Ich hätte dich nicht zu diesem Urlaub drängen dürfen. Wenn du willst, fahren wir morgen nach Wittdün und erkundigen uns, ob wir unsere Rückfahrkarten umtauschen können."

Einen Moment hatte sie ihn schweigend angesehen und dann genickt.

"Es tut mir leid, aber das hier ist echt nichts für mich. Mir fehlt wirklich alles, um mich wohl zu fühlen."

Martin hatte den Stich wohl gespürt, den diese Aussage bei ihm verursacht hatte. Seine Anwesenheit schien also nicht dazu beizutragen, dass sie sich wohl fühlen konnte. Doch er hatte lieber geschwiegen, um nicht noch mehr Öl ins Feuer zu gießen.

Die Fähre hatte inzwischen Föhr erreicht. Martin musste schlucken, als er an jene Momente zurück dachte. Es waren Momente gewesen, in denen er das Ende ihrer Beziehung vor sich gesehen hatte. Liebevoll legte er seinen Arm um Maren und küsste sie auf die Stirn. Sie lächelte und blinzelte ihn kurz an. Dann schloss sie wieder die Augen und ließ ihre Gedanken schweifen.

Als sie in Wittdün angekommen waren, hatte sich Maren von Martin überreden lassen, einmal zur Seeseite zu gehen, um sich dort den Kniepsand anzusehen. Als sie dann auf der Strandpromenade gestanden und zum ersten Mal auf den Kniepsand geblickt hatte, war sie schier überwältigt gewesen. Während ihrer Urlaubsplanung hatte sie zwar gelesen, dass es sich hierbei um eine riesige, bis zu 1,5 km breite und 15 km lange, Sandbank handelte, die direkt mit der Insel verbunden war - doch der Anblick hatte sie voller Ehrfurcht erstarren lassen. Wie angewurzelt war sie stehen geblieben und hatte ihren Blick nicht mehr abwenden können.

"Magst du mich alleine lassen?", hatte sie nach einiger Zeit geflüstert.

"Ja klar, ich dreh hier 'ne Runde am Strand und hol dich dann ab", hatte Martin verunsichert aber um Contenance bemüht geantwortet.

"Nein, ich will wirklich alleine sein! Fahr zurück nach Norddorf oder mach, was du willst. Aber lass mich jetzt bitte alleine!"

Während sie das gesagt hatte, waren ihr Tränen über die Wangen gelaufen. So überwältigt war sie von dieser Weite gewesen, die da vor ihr lag.

"Und was ist jetzt mit der Rückfahrt? Soll ich die Fahrkarten umtauschen oder nicht?"

"Martin, hau endlich ab und lass mich in Ruhe!", hatte sie ihn da unter Tränen angebrüllt und war hinunter zum Kniepsand gerannt.

Völlig verstört hatte Martin ihr nachgeschaut, wie sie immer weiter auf den Kniepsand hinausgelaufen und irgendwann seinen Blicken entschwunden war.

Maren kuschelte sich enger an Martins Schulter. Föhr lag hinter ihnen, und der kühle Fahrtwind strich ihr sanft über das Gesicht. In ihren Gedanken war sie wieder auf dem Kniepsand, sah und spürte noch einmal diese wunderbare Weite und erinnerte sich an ihre Freudentränen, die dieses Erlebnis bei ihr ausgelöst hatte. Es war, als hätte sie etwas entdeckt, wonach sie ihr Leben lang gesucht hatte. Dabei war ihr überhaupt nicht bewusst gewesen, was Martin in jenen Stunden durchgemacht hatte. Für sie war das Ende ihrer Beziehung nie ein Thema gewesen. Erst am späten Nachmittag, als sie bei ihrer Rückkehr in die Ferienwohnung seine verweinten Augen erblickt hatte, war ihr klar geworden, dass es ein großes Missverständnis aufzuklären galt.

Von da an war eine frühere Rückfahrt kein Thema mehr gewesen. Maren hatte jeden Tag einige Stunden alleine auf dem Kniepsand verbracht. Mal war sie einfach nur so über ihn hin und her gelaufen, mal hatte sie sich irgendwo in den Sand gesetzt und gelesen. Im Laufe des Nachmittags war sie dann mit Martin losgezogen, um mit ihm gemeinsam den Rest der Insel zu erkunden.

Das Rattern des Schiffsmotors, die Sonne und der kühle Wind ließen Martin immer weiter entspannen. Er hatte Maren einen seiner Lieblingsorte zeigen können und sie an etwas teilhaben zu lassen, was für ihn sehr wichtig war.

"So fühlt sich Glück an!", dachte er und ließ liebevoll seinen Blick über ihre entspannten Gesichtszüge gleiten. Sie schien nun tatsächlich eingeschlafen zu sein. Wer weiß, vielleicht würde sie ja irgendwann doch noch einmal mit ihm zusammen in den Urlaub fahren - nach Amrum oder woanders hin, in ein paar Jahren vielleicht …

"Nächstes Jahr bleiben wir aber mindestens eine Woche und fahren mit einer späteren Fähre zurück", sagte sie in diesem Moment, und ein spitzbübisches Lächeln huschte über ihr Gesicht.
 

nachts

Mitglied
Hallo Anbas
Ich kann eigentlich gar nichts mehr sagen als dass mir die Geschichte gefällt - (ich weiß das klingt jetzt platt)
Ich mag die Sprache in der sie erzält wird und ich find die Charaktere plausibel und vor allem sensibel herausgearbeitet.(Sie haben Tiefe)
Alles aus einem Guß
nur n Eindruck
LG Nachts
 

anbas

Mitglied
Hallo nachts,

vielen Dank für Deine Rückmeldung. Ich empfinde die Aussage, dass einem etwas gefällt, nicht als platt. Mich erfreuen auch solche Rückmeldungen, da ich bei neuen Texten oft unsicher bin, ob sie so rüberkommen, wie ich es möchte. Bei Dir scheint es der Fall zu sein, und das finde ich schön.

Liebe Grüße

Andreas
 

anbas

Mitglied
Fahrtwind

Sie saßen auf dem Deck der Fähre, die sie zurück zum Festland nach Dagebüll bringen sollte. Vor wenigen Minuten hatten sie in Amrum abgelegt und sahen nun zu, wie die Häuser der Insel immer kleiner wurden. Die Sonne stand hoch am Himmel. Es war ein heißer Spätsommertag. Doch der kühle Wind, der über das Deck wehte, machte den Aufenthalt in der Sonne erträglich. Eigentlich wäre Martin ja gerne mit einer späteren Fähre gefahren. So hätte er eventuell die Chance gehabt, den Sonnenuntergang vom Schiff aus zu genießen - ein Anblick, der ihn immer wieder begeistern konnte. Doch Maren hatte bei der Planung des Kurzurlaubs auf eine frühere Rückfahrt bestanden.

Langsam näherten sie sich der Insel Föhr. Es wurde unruhig auf dem Deck. Viele Urlauber schienen das gute Wetter für einen Tagesausflug zu nutzen und drängten nun zu den Ausgängen. Maren hatte die Augen geschlossen und ihren Kopf an Martins Schulter gelehnt. Ihre Gesichtszüge waren entspannt - ganz anders als wie auf der Hinfahrt.

Martin ließ währenddessen seine Blicke gemächlich über das Meer gleiten. Auch er war im Gegensatz zur Anreise wesentlich entspannter. Die schlechte Laune von Maren hatte ihn vor einigen Tagen noch zunehmend daran zweifeln lassen, ob es wirklich eine so gute Idee gewesen war, sie zu diesem Urlaub zu drängen.

Maren hasste es, im Urlaub wegzufahren. Schon gedanklich sich überhaupt damit zu beschäftigen, war ihr zuwider. Sie liebte es, in ihrer freien Zeit zu Hause zu bleiben, es sich in einem Sessel bequem zu machen, zu lesen und abends ein wenig zu spielen oder fernzusehen. Gut - ab und zu ein Spaziergang im nahe gelegenen Wald oder ein Eis essen beim Italiener war auch noch in Ordnung. Aber richtig wegfahren, in der Fremde übernachten, Sachen ein- und auspacken, und sich dann auch noch auf eine fremde Umgebung einlassen müssen - nein, nicht mit ihr!

Seit acht Jahren waren sie nun zusammen, und Martin hatte sich damit arrangiert, den Urlaub mit ihr zu Hause zu verbringen oder alleine wegzufahren. Für sie war das nie ein Problem gewesen - sie hatte ja ihren Sessel und ihre Bücher. Martin dagegen war immer unzufriedener mit dieser Situation geworden. Es machte ihm zwar im Grunde nichts aus, alleine zu sein. Er liebte es sogar, ohne Begleitung zu wandern oder etwas zu unternehmen. Doch er sehnte sich auch immer mehr danach, mit ihr zusammen die schönen Momente zu teilen, die er auf seinen Reisen erlebte. Darum hatte er diesmal auf einen gemeinsamen Urlaub bestanden. Nur eine Woche zusammen wegfahren. Einmal nur. Nach Amrum. Martins Lieblingsinsel. Einmal nur wollte er Maren eines seiner liebsten Urlaubsziele zeigen. Er hatte gebeten und gebettelt, hatte ihr Vorhaltungen gemacht und es mit humorigen Überredungsversuchen probiert - doch all seine Bemühungen stießen bei ihr auf Granit. Erst, als er mit einer ernsthaften Beziehungskrise gedroht hatte, war sie höchst widerwillig auf seinen Wunsch eingegangen. Zuvor hatte er sich allerdings noch von einer Woche auf ein verlängertes Wochenende herunterhandeln lassen müssen.

Die Anreise war dann noch viel schlimmer gewesen, als Maren es sich in ihren ärgsten Träumen ausgemalt hatte. Der Zug war hoffnungslos überfüllt gewesen, so dass sie sich mühsam zu ihren reservierten Plätzen durchkämpfen mussten. Dann waren sie so verspätet in Dagebüll angekommen, dass sie die Fähre verpasst hatten - die nächste war erst zwei Stunden später gefahren. Auf Amrum schließlich war der Bus nach Norddorf anfangs so voll gewesen, dass sie eingequetscht zwischen anderen verschwitzten Urlaubern kaum Luft zum Atmen gehabt hatte. Als sie endlich in ihrer Ferienwohnung angelangt waren, hatte ihre Laune weit unter dem Nullpunkt gelegen. Ohne auch nur ein weiteres Wort mit Martin zu wechseln, war sie unter die Dusche und dann ins Bett gegangen. Auf seinen Vorschlag, noch einen kleinen Abendspaziergang zu machen, hatte sie gar nicht erst reagiert. Auch am nächsten Morgen hatte sie ihn nur mit eisigem Schweigen begrüßt und es sich nach dem Frühstück demonstrativ mit einem Buch auf dem Sofa bequem gemacht.

Wie ein geprügelter Hund war Martin aus dem Haus geschlichen und den ganzen Tag über alleine am Strand und in den Dünen unterwegs gewesen. Das war nicht der Urlaub, den er sich gewünscht hatte. Als sie dann gemeinsam zu Abend aßen, hatte er ihr den Vorschlag unterbreitet, zu dem er sich während des Tages durchgerungen hatte.

"Ich hätte dich nicht zu diesem Urlaub drängen dürfen. Wenn du willst, fahren wir morgen nach Wittdün und erkundigen uns, ob wir unsere Rückfahrkarten umtauschen können."

Einen Moment lang hatte sie ihn schweigend angesehen und dann genickt.

"Es tut mir leid, aber das hier ist echt nichts für mich. Mir fehlt wirklich alles, um mich wohl zu fühlen."

Martin hatte den Stich wohl gespürt, den diese Aussage bei ihm verursacht hatte. Seine Anwesenheit schien also nicht dazu beizutragen, dass sie sich wohl fühlen konnte. Doch er hatte lieber geschwiegen, um nicht noch mehr Öl ins Feuer zu gießen.

Die Fähre hatte inzwischen Föhr erreicht. Martin musste schlucken, als er an jene Momente zurück dachte. Es waren Momente gewesen, in denen er das Ende ihrer Beziehung vor sich gesehen hatte. Liebevoll legte er seinen Arm um Maren und küsste ihr auf die Stirn. Sie lächelte und blinzelte ihn kurz an. Dann schloss sie wieder die Augen und ließ ihre Gedanken schweifen.

Als sie in Wittdün angekommen waren, hatte sie sich von Martin überreden lassen, mit ihm zur Seeseite zu gehen, um zumindest einen kurzen Blick auf den Kniepsand zu werfen. Als sie dann auf der Strandpromenade gestanden und zum ersten Mal auf den Kniepsand geblickt hatte, war sie schier überwältigt gewesen. Während ihrer Urlaubsplanung hatte sie zwar gelesen, dass es sich hierbei um eine riesige, bis zu 1,5 km breite und 15 km lange, Sandbank handeln würde, die direkt mit der Insel verbunden war - doch der Anblick hatte sie voller Ehrfurcht erstarren lassen. Wie angewurzelt war sie stehen geblieben und hatte ihren Blick nicht mehr abwenden können.

"Magst du mich alleine lassen?", hatte sie nach einiger Zeit geflüstert.

"Ja klar, ich dreh hier 'ne Runde am Strand und hol dich dann ab", hatte Martin verunsichert aber um Contenance bemüht geantwortet.

"Nein, ich will wirklich alleine sein! Fahr zurück nach Norddorf oder mach, was du willst. Aber lass mich jetzt bitte alleine!"

Während sie das gesagt hatte, waren ihr Tränen über die Wangen gelaufen. So überwältigt war sie von dieser Weite gewesen, die da vor ihr lag.

"Und was ist jetzt mit der Rückfahrt? Soll ich die Fahrkarten umtauschen oder nicht?"

"Martin, hau endlich ab und lass mich in Ruhe!", hatte sie ihn da unter Tränen angebrüllt und war hinunter zum Kniepsand gerannt.

Völlig verstört hatte Martin ihr nachgeschaut, wie sie immer weiter auf den Kniepsand hinausgelaufen und irgendwann seinen Blicken entschwunden war.

Maren kuschelte sich enger an Martins Schulter. Föhr lag hinter ihnen, und der kühle Fahrtwind strich ihr sanft über das Gesicht. In ihren Gedanken war sie wieder auf dem Kniepsand, sah und spürte noch einmal diese wunderbare Weite und erinnerte sich an ihre Freudentränen. Es war, als hätte sie etwas entdeckt, wonach sie ihr Leben lang gesucht hatte. An Martin und wie er diese Situation deuten könnte, hatte sie in jenen Momenten nicht gedacht. Für sie hatte ihre Beziehung nie in Frage gestanden. Erst am späten Nachmittag, als sie bei ihrer Rückkehr in die Ferienwohnung seine verweinten Augen erblickt hatte, war ihr klar geworden, dass es ein großes Missverständnis aufzuklären galt.

Von da an war eine frühere Rückfahrt kein Thema mehr gewesen. Maren hatte jeden Tag einige Stunden alleine auf dem Kniepsand verbracht. Mal war sie einfach nur so über ihn hin und her gelaufen, mal hatte sie sich irgendwo in den Sand gesetzt und gelesen. Im Laufe des Nachmittags war sie dann mit Martin losgezogen, um mit ihm gemeinsam den Rest der Insel zu erkunden.

Das Rattern des Schiffsmotors, die Sonne und der kühle Wind ließen Martin immer weiter entspannen. Er hatte Maren eines seiner liebsten Urlaubsziele zeigen können und sie an etwas teilhaben lassen, was für ihn sehr wichtig war.

"So fühlt sich Glück an!", dachte er und ließ liebevoll seinen Blick über ihre entspannten Gesichtszüge gleiten. Sie schien nun tatsächlich eingeschlafen zu sein. Wer weiß, vielleicht würde sie ja irgendwann doch noch einmal mit ihm zusammen in den Urlaub fahren - nach Amrum oder woanders hin, in ein paar Jahren vielleicht …

"Nächstes Jahr bleiben wir aber mindestens eine Woche und fahren mit einer späteren Fähre zurück", sagte sie in diesem Moment, und ein spitzbübisches Lächeln huschte über ihr Gesicht.
 

anbas

Mitglied
Fahrtwind

Sie saßen auf dem Deck der Fähre, die sie zurück zum Festland nach Dagebüll bringen sollte. Vor wenigen Minuten hatten sie in Amrum abgelegt und sahen nun zu, wie die Häuser der Insel immer kleiner wurden. Die Sonne stand hoch am Himmel. Es war ein heißer Spätsommertag, doch der kühle Wind, der über das Deck wehte, machte den Aufenthalt in der Sonne erträglich. Eigentlich wäre Martin ja gerne mit einer späteren Fähre gefahren. So hätte er vielleicht wieder einmal einen dieser herrlichen Sonnenuntergänge vom Schiff aus erleben können. Doch Maren hatte damals bei der Planung auf eine frühere Rückreise bestanden.

Langsam näherten sie sich der Insel Föhr. Es wurde unruhig auf dem Deck. Viele Amrum-Urlauber nutzten das gute Wetter für einen Tagesausflug zu der Nachbarinsel und drängten zu den Ausgängen. Maren hatte die Augen geschlossen und ihren Kopf an Martins Schulter gelehnt. Ihre Gesichtszüge waren entspannt - ganz anders als auf der Hinfahrt.

Martin ließ seine Blicke gemächlich über das Meer gleiten. Auch er war im Gegensatz zur Anreise wesentlich gelassener. Marens schlechte Laune hatte ihn vor einigen Tagen noch zunehmend daran zweifeln lassen, ob es wirklich eine so gute Idee gewesen war, sie zu dieser Reise zu drängen.

Maren hasste es, im Urlaub wegzufahren. Es war ihr schon zuwider, wenn sie sich nur gedanklich damit beschäftigen musste. Sie zog es vor, in ihrer freien Zeit zu Hause zu bleiben, es sich in einem Sessel bequem zu machen, zu lesen und abends ein wenig zu spielen oder fernzusehen. Gut - ab und zu einen Spaziergang im nahen Wald oder ein Eis beim Italiener waren auch noch in Ordnung. Aber richtig wegfahren? In der Fremde übernachten? Sachen ein- und auspacken? Sich auf eine fremde Umgebung einlassen müssen? - Nein, nicht mit ihr!

Seit acht Jahren waren sie nun zusammen, und Martin hatte sich damit arrangiert, den Urlaub mit ihr zu Hause zu verbringen oder alleine wegzufahren. Für Maren war das nie ein Problem gewesen - sie hatte ja ihren Sessel und ihre Bücher. Martin dagegen war immer unzufriedener mit dieser Situation geworden. Es machte ihm im Grunde nichts aus, alleine zu sein. Er liebte es sogar, wenn er auf seinen Reisen und Wanderungen ganz für sich sein konnte. Doch er sehnte sich zunehmend danach, mit ihr zusammen die schönen Momente zu teilen, die er unterwegs erlebte. Darum hatte er diesmal auf einen gemeinsamen Urlaub bestanden. Nur eine Woche zusammen wegfahren. Einmal nur. Nach Amrum. Martins Lieblingsinsel. Einmal nur wollte er Maren eines seiner liebsten Urlaubsziele zeigen. Er probierte es mit humorigen Überredungsversuchen, bettelte und machte ihr Vorhaltungen - doch all seine Bemühungen stießen auf Granit. Erst, als er mit einer ernsthaften Beziehungskrise drohte, ging sie höchst widerwillig auf seinen Wunsch ein. Zuvor hatte er sich allerdings noch von einer Woche auf fünf Tage herunterhandeln lassen müssen.

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Die Anreise wurde zu einer wahren Tortur - weitaus schlimmer als es sich Maren in ihren ärgsten Träumen ausgemalt hatte. In dem hoffnungslos überfüllten Zug mussten sie sich mühsam zu ihren reservierten Plätzen durchkämpfen. Dann kamen sie so verspätet in Dagebüll an, dass sie die Fähre verpassten, und die nächste fuhr erst zwei Stunden später. Auf Amrum schließlich war der Bus von Wittdün nach Norddorf anfangs derart voll, dass sie eingequetscht zwischen anderen verschwitzten Urlaubern kaum Luft zum Atmen hatten. Als sie endlich in ihrer Ferienwohnung angekommen waren, lag Marens Laune weit unter dem Nullpunkt. Ohne auch nur ein weiteres Wort mit Martin zu wechseln, ging sie unter die Dusche und dann ins Bett. Auf seinen Vorschlag, noch einen kleinen Abendspaziergang zu machen, reagierte sie gar nicht erst. Auch am nächsten Morgen begrüßte sie ihn nur mit eisigem Schweigen und machte es sich nach dem Frühstück demonstrativ mit einem Buch auf dem Sofa bequem.

Wie ein geprügelter Hund schlich Martin aus dem Haus und war den ganzen Tag über alleine am Strand und in den Dünen unterwegs. Das war nicht der Urlaub, den er sich gewünscht hatte. Als sie dann gemeinsam zu Abend aßen, machte er ihr den Vorschlag, zu dem er sich während des Tages durchgerungen hatte.

"Ich hätte dich nicht zu diesem Urlaub drängen dürfen. Wenn du willst, fahren wir morgen nach Wittdün und erkundigen uns, ob wir unsere Rückfahrkarten umtauschen können."

Einen Moment lang sah Maren ihn schweigend an, dann nickte sie: "Es tut mir leid, aber das hier ist echt nichts für mich. Mir fehlt wirklich alles, um mich wohl zu fühlen."

Martin spürte sofort den Stich, den diese Aussage bei ihm verursachte. Seine Anwesenheit schien also nicht dazu beizutragen, dass sie sich wohl fühlen konnte. Doch er schwieg lieber, um nicht noch mehr Öl ins Feuer zu gießen.

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Die Fähre hatte inzwischen Föhr erreicht. Martin musste schlucken, als er an jene Momente zurück dachte. Es waren Momente gewesen, in denen er das Ende ihrer Beziehung vor sich gesehen hatte. Liebevoll legte er seinen Arm um Maren und küsste sie auf die Stirn. Sie lächelte und blinzelte ihn kurz an. Dann schloss sie wieder die Augen und ließ ihre Gedanken schweifen.

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Gleich am nächsten Morgen fuhren sie nach Wittdün. Dort ließ sie sich von Martin überreden, mit ihm zur Seeseite zu gehen, um zumindest einen kurzen Blick auf den Kniepsand zu werfen. Als sie auf der Strandpromenade ankamen und Maren diese weite Sandfläche vor sich sah, war sie schier überwältigt. Während ihrer Urlaubsplanung hatte sie zwar gelesen, dass es sich um eine riesige, bis zu 1,5 km breite und 15 km lange, Sandbank handelte, die direkt mit der Insel verbunden war - doch dieser Anblick erfüllte sie mit Ehrfurcht. Wie angewurzelt blieb sie stehen und konnte ihren Blick nicht mehr abwenden.

"Magst du mich alleine lassen?", flüsterte sie nach einiger Zeit.

"Ja klar, ich dreh hier 'ne Runde am Strand und hol dich dann wieder ab", antwortete Martin verunsichert und bemühte sich, Haltung zu wahren.

"Nein, ich will wirklich alleine sein! Fahr zurück nach Norddorf oder mach, was du willst. Aber lass mich jetzt bitte alleine!"

Während sie das sagte, rannen ihr Tränen über die Wangen. So tief beeindruckt war sie von der Weite, die da vor ihr lag.

"Und was ist jetzt mit der Rückfahrt? Soll ich die Fahrkarten umtauschen oder nicht?"

"Martin, hau endlich ab und lass mich in Ruhe!", brüllte sie ihn daraufhin unter Tränen an und rannte hinunter zum Kniepsand.

Völlig verstört schaute er ihr nach, wie sie immer weiter hinauslief und irgendwann nach schier endlos langer Zeit seinen Blicken entschwand.

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Maren kuschelte sich enger an Martins Schulter. Föhr lag hinter ihnen, und der kühle Fahrtwind strich ihr sanft über das Gesicht. In ihren Gedanken war sie wieder auf dem Kniepsand unterwegs, sah und spürte noch einmal diese wunderbare Weite und erinnerte sich an ihre Freudentränen. Es war, als hätte sie etwas entdeckt, wonach sie ihr Leben lang gesucht hatte. An Martin und seine Empfindungen, dachte sie in jenen Momenten nicht. Erst am späten Nachmittag, als sie bei ihrer Rückkehr in die Ferienwohnung seine verweinten Augen erblickte, wurde ihr klar, dass es einiges aufzuklären und zu besprechen gab.

Von da an war eine frühere Rückfahrt kein Thema mehr. Maren verbrachte jeden Tag einige Stunden alleine auf dem Kniepsand. Mal ließ sie sich einfach nur so über ihn hin- und hertreiben, mal setzte sie sich irgendwo in den Sand und las. Im Laufe des Nachmittags zog sie dann mit Martin los, um mit ihm gemeinsam den Rest der Insel zu erkunden.

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Das Rattern des Schiffsmotors, die Sonne und der kühle Wind ließen Martin immer weiter entspannen. Er hatte Maren eines seiner liebsten Urlaubsziele zeigen können und sie an etwas teilhaben lassen, was für ihn sehr wichtig war.

"So fühlt sich Glück an!", dachte er und ließ liebevoll seinen Blick über ihre weichen Gesichtszüge gleiten. Sie schien nun tatsächlich eingeschlafen zu sein. Wer weiß, vielleicht würde sie ja irgendwann doch noch einmal mit ihm zusammen in den Urlaub fahren - nach Amrum oder woanders hin, in ein paar Jahren vielleicht …

"Nächstes Jahr bleiben wir aber mindestens eine Woche und fahren mit einer späteren Fähre zurück", sagte sie in diesem Augenblick, und ein spitzbübisches Lächeln huschte über ihr Gesicht.
 

anbas

Mitglied
So, nachdem ich die Geschichte noch einmal grundlegend überarbeitet habe, beame ich sie noch mal nach vorne...
 

Ralf Langer

Mitglied
Hallo anbas,
eine runde gelungene
Geschichte, interssant in Vesatzstücken
erzählt.

Die Pfade von Herz zu Herz
sind oftmals verschlungen

danke für die "sinnige" Unterhaltung

ralf
 

anbas

Mitglied
Hallo Ralf,

vielen Dank für Deine Rückmeldung. Freut mich, dass Dir die Geschichte gefällt.

Liebe Grüße

Andreas
 
Lieber Andreas, eine wirklich schöne Geschichte. Da wär ich gern dabei gewesen oder besser - ich war's ja. Prima geschrieben, die Ruhe ist ansteckend. Eine beruhigende Ruhe sozusagen. :)

Eines fiel mir auf, die vielen Martins und Maren. Vielleicht können ein paar weg. Ich machs mal. Guck doch mal ob es so auch gehen würde.


Liebe Grüße
Tom


Fahrtwind

Sie saßen auf dem Deck der Fähre, die sie zurück zum Festland nach Dagebüll bringen sollte. Vor wenigen Minuten hatten sie in Amrum abgelegt und sahen nun zu, wie die Häuser der Insel immer kleiner wurden. Die Sonne stand hoch am Himmel. Es war ein heißer Spätsommertag, doch der kühle Wind, der über das Deck wehte, machte den Aufenthalt in der Sonne erträglich. Eigentlich wäre Martin ja gerne mit einer späteren Fähre gefahren. So hätte er vielleicht wieder einmal einen dieser herrlichen Sonnenuntergänge vom Schiff aus erleben können. Doch Maren hatte damals bei der Planung auf eine frühere Rückreise bestanden.

Langsam näherten sie sich der Insel Föhr. Es wurde unruhig auf [strike][blue]dem[/blue][/strike] Deck. Viele Amrum-Urlauber nutzten das gute Wetter für einen Tagesausflug zu der Nachbarinsel und drängten zu den Ausgängen. Maren hatte die Augen geschlossen und ihren Kopf an Martins Schulter gelehnt. Ihre Gesichtszüge waren entspannt - ganz anders als auf der Hinfahrt.

[blue]Er[/blue] ließ seine Blicke gemächlich über das Meer gleiten. Auch er war im Gegensatz zur Anreise wesentlich gelassener. Marens schlechte Laune hatte ihn vor einigen Tagen noch zunehmend daran zweifeln lassen, ob es wirklich eine so gute Idee gewesen war, sie zu dieser Reise zu drängen.

[blue]Sie[/blue] hasste es, im Urlaub wegzufahren. Es war ihr schon zuwider, wenn sie sich nur gedanklich damit beschäftigen musste. Sie zog es vor, in ihrer freien Zeit zu Hause zu bleiben, es sich in einem Sessel bequem zu machen, zu lesen und abends ein wenig zu spielen oder fernzusehen. Gut - ab und zu einen Spaziergang im nahen Wald oder ein Eis beim Italiener waren auch noch in Ordnung. Aber richtig wegfahren? In der Fremde übernachten? Sachen ein- und auspacken? Sich auf eine fremde Umgebung einlassen müssen? - Nein, nicht mit ihr!

Seit acht Jahren waren sie nun zusammen, und Martin hatte sich damit arrangiert, den Urlaub mit ihr zu Hause zu verbringen oder alleine wegzufahren. Für [blue]sie[/blue] war das nie ein Problem gewesen - sie hatte ja ihren Sessel und ihre Bücher. [blue]Er[/blue] dagegen war immer unzufriedener mit dieser Situation geworden. Es machte ihm im Grunde nichts aus, alleine zu sein. Er liebte es sogar, wenn er auf seinen Reisen und Wanderungen ganz für sich sein konnte. Doch er sehnte sich zunehmend danach, mit ihr zusammen die schönen Momente zu teilen, die er unterwegs erlebte. Darum hatte er diesmal auf einen gemeinsamen Urlaub bestanden. Nur eine Woche zusammen wegfahren. Einmal nur. Nach Amrum. Martins Lieblingsinsel. Einmal nur wollte er [blue]ihr[/blue] eines seiner liebsten Urlaubsziele zeigen. Er probierte es mit humorigen Überredungsversuchen, bettelte und machte ihr Vorhaltungen - doch all seine Bemühungen stießen auf Granit. Erst, als er mit einer ernsthaften Beziehungskrise drohte, ging sie höchst widerwillig auf seinen Wunsch ein. Zuvor hatte er sich allerdings noch von einer Woche auf fünf Tage herunterhandeln lassen müssen.

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Die Anreise wurde zu einer wahren Tortur - weitaus schlimmer als es sich Maren in ihren ärgsten Träumen ausgemalt hatte. In dem hoffnungslos überfüllten Zug mussten sie sich mühsam zu ihren reservierten Plätzen durchkämpfen. Dann kamen sie so verspätet in Dagebüll an, dass sie die Fähre verpassten, und die nächste fuhr erst zwei Stunden später. Auf Amrum schließlich war der Bus von Wittdün nach Norddorf anfangs derart voll, dass sie eingequetscht zwischen anderen verschwitzten Urlaubern kaum Luft zum Atmen hatten. Als sie endlich in ihrer Ferienwohnung angekommen waren, lag [blue]ihre[/blue] Laune weit unter dem Nullpunkt. Ohne auch nur ein weiteres Wort mit Martin zu wechseln, ging sie unter die Dusche und dann ins Bett. Auf seinen Vorschlag, noch einen kleinen Abendspaziergang zu machen, reagierte sie gar nicht erst. Auch am nächsten Morgen begrüßte sie ihn nur mit eisigem Schweigen und machte es sich nach dem Frühstück demonstrativ mit einem Buch auf dem Sofa bequem.

Wie ein geprügelter Hund schlich Martin aus dem Haus und war den ganzen Tag über alleine am Strand und in den Dünen unterwegs. Das war nicht der Urlaub, den er sich gewünscht hatte. Als sie dann gemeinsam zu Abend aßen, machte er ihr den Vorschlag, zu dem er sich während des Tages durchgerungen hatte.

"Ich hätte dich nicht zu diesem Urlaub drängen dürfen. Wenn du willst, fahren wir morgen nach Wittdün und erkundigen uns, ob wir unsere Rückfahrkarten umtauschen können."

Einen Moment lang sah [blue]sie[/blue] ihn schweigend an, dann nickte sie: "Es tut mir leid, aber das hier ist echt nichts für mich. Mir fehlt wirklich alles, um mich wohl zu fühlen."

[blue]Er[/blue] spürte sofort den Stich, den diese Aussage bei ihm verursachte. Seine Anwesenheit schien also nicht dazu beizutragen, dass sie sich wohl fühlen konnte. Doch er schwieg lieber, um nicht noch mehr Öl ins Feuer zu gießen.

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Die Fähre hatte inzwischen Föhr erreicht. Martin musste schlucken, als er an jene Momente zurück dachte. Es waren Momente gewesen, in denen er das Ende ihrer Beziehung vor sich gesehen hatte. Liebevoll legte er seinen Arm um Maren und küsste sie auf die Stirn. Sie lächelte und blinzelte ihn kurz an. Dann schloss sie wieder die Augen und ließ ihre Gedanken schweifen.

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Gleich am nächsten Morgen fuhren sie nach Wittdün. Dort ließ sie sich [blue][strike]von Martin[/strike][/blue] überreden, mit ihm zur Seeseite zu gehen, um zumindest einen kurzen Blick auf den Kniepsand zu werfen. Als sie auf der Strandpromenade ankamen und Maren diese weite Sandfläche vor sich sah, war sie schier überwältigt. Während ihrer Urlaubsplanung hatte sie zwar gelesen, dass es sich um eine riesige, bis zu 1,5 km breite und 15 km lange, Sandbank handelte, die direkt mit der Insel verbunden war - doch dieser Anblick erfüllte sie mit Ehrfurcht. Wie angewurzelt blieb sie stehen und konnte ihren Blick nicht mehr abwenden.

"Magst du mich alleine lassen?", flüsterte sie nach einiger Zeit.

"Ja klar, ich dreh hier 'ne Runde am Strand und hol dich dann wieder ab", antwortete Martin verunsichert und bemühte sich, Haltung zu wahren.

"Nein, ich will wirklich alleine sein! Fahr zurück nach Norddorf oder mach, was du willst. Aber lass mich jetzt bitte alleine!"

Während sie das sagte, rannen ihr Tränen über die Wangen. So tief beeindruckt war sie von der Weite, die da vor ihr lag.

"Und was ist jetzt mit der Rückfahrt? Soll ich die Fahrkarten umtauschen oder nicht?"

"Martin, hau endlich ab und lass mich in Ruhe!", brüllte sie ihn daraufhin unter Tränen an und rannte hinunter zum Kniepsand.

Völlig verstört schaute er ihr nach, wie sie immer weiter hinauslief und irgendwann nach schier endlos langer Zeit seinen Blicken entschwand.

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[blue]Sie[/blue] kuschelte sich enger an Martins Schulter. Föhr lag hinter ihnen, und der kühle Fahrtwind strich ihr sanft über das Gesicht. In ihren Gedanken war sie wieder auf dem Kniepsand unterwegs, sah und spürte noch einmal diese wunderbare Weite und erinnerte sich an ihre Freudentränen. Es war, als hätte sie etwas entdeckt, wonach sie ihr Leben lang gesucht hatte. An Martin und seine Empfindungen, dachte sie in jenen Momenten nicht. Erst am späten Nachmittag, als sie bei ihrer Rückkehr in die Ferienwohnung seine verweinten Augen erblickte, wurde ihr klar, dass es einiges aufzuklären und zu besprechen gab.

Von da an war eine frühere Rückfahrt kein Thema mehr. Maren verbrachte jeden Tag einige Stunden alleine auf dem Kniepsand. Mal ließ sie sich einfach nur so über ihn hin- und hertreiben, mal setzte sie sich irgendwo in den Sand und las. Im Laufe des Nachmittags zog sie dann mit Martin los, um mit ihm gemeinsam den Rest der Insel zu erkunden.

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Das Rattern des Schiffsmotors, die Sonne und der kühle Wind ließen Martin immer weiter entspannen. Er hatte [blue]ihr[/blue] eines seiner liebsten Urlaubsziele zeigen können und sie an etwas teilhaben lassen, was für ihn sehr wichtig war.

"So fühlt sich Glück an!", dachte er und ließ liebevoll seinen Blick über ihre weichen Gesichtszüge gleiten. Sie schien nun tatsächlich eingeschlafen zu sein. Wer weiß, vielleicht würde sie ja irgendwann doch noch einmal mit ihm zusammen in den Urlaub fahren - nach Amrum oder woanders hin, in ein paar Jahren vielleicht …

"Nächstes Jahr bleiben wir aber mindestens eine Woche und fahren mit einer späteren Fähre zurück", sagte sie in diesem Augenblick, und ein spitzbübisches Lächeln huschte über ihr Gesicht.
 
B

bluefin

Gast
lieber @anbas

dem walfisch gehts ein bisserl so wie dem mädel in der geschichte: er langweilt sich, weil alles in der gleichen machart läuft und nichts, aber auch wirklich gar nichts herausragt - aus den protagonisten nichts, und auch aus der landschaft nichts. das einzig dramatische offenbar ein überfüllter zug, in dem man sich zu reservierten plätzen durchkämpfen muss, und ein verpasstes schiff.

später dann ein ausgedehnter, völlig kahler sandhaufen, der - für ein unterwassertier wie mich ganz und gar unerfindlich - euphorie hervorzurufen scheint. leider erfahren die leser nicht, wer oder was an diesem ödland denn so besonderes sei, dass es zu derartigen wallungen führte und, wie's wörtlich heißt, etwas sei, wonach man "ein leben lang gesucht hätte".

das versteht einer wie ich nicht so recht. rückkehr in den sandkasten der kindheit? déjà-vu irgendetwas anderen? projektion einer geträumten wüstennomaden-vorexistenz auf ein 15 km langes sandufer? reminiszenzen anderer art? was könnte man auf einem sandstrand wohl finden, wonach man ein leben lang gesucht hätte? einen schatz? muschelschalen? einsiedlerkrebse? auch mit dem kryptischen
Erst am späten Nachmittag, als sie bei ihrer Rückkehr in die Ferienwohnung seine verweinten Augen erblickte, wurde ihr klar, dass es einiges aufzuklären und zu besprechen gab.
kann ich nichts anfangen. was wird dieses "einige" wohl gewesen sein...*grübel*...?

sei so gut und klär mich auf. wahrscheinlich muss man ein landtier sein, um an diesem ufer zurecht zu kommen.

liebe grüße aus münchen

bluefin
 

anbas

Mitglied
Danke für Eure Rückmeldungen!!!!!

Habe derzeit viel um die Ohren, kann daher nicht so ganz ausführlich auf alles eingehen. Auch die Änderungsvorschläge werde ich mir eingehend zu Gemüte führen, wenn ich wieder den Kopf dafür frei habe.

Zum Thema "Weite" nur so viel: Es ist sehr wahrscheinlich eine Mentalitäts- aber auch Gewohnheitsfrage. Ich kenne viele "Flachländer", die in den Bergen Beklemmungsgefühle bekommen. Andere wiederum reisen regelmäßig dorthin, um die Bergwelt zu genießen. Umgekehrt genauso. Manch Bergmensch bekommt Schweißausbrüche, wenn er eine Weite vor sich hat, auf der man morgens schon sehen kann, wer mittags zum Essen kommt. Andere kommen hier immer wieder gerne her und klauen uns den Platz am Strand. Dann gibt es noch die Gern-Flieger, Gern-Taucher usw. Übertrag Deine Begeisterung für die Tiefen des Meeres auf jemanden, der von der großen Weite so begeistert ist. Dann hast Du's schon zu einem großen Teil.
Die kaum vorhandenen Stimmungshighlights passen ganz gut zu dem Gemüt vieler Norddeutschen. Ich empfinde den Text nicht unbedingt als langweilig, sondern als angenehm ruhig - aber auch da können die Gemüter verschieden sein.
Bezüglich der von Dir angemerkten Formulierungen werde ich mir den Text zu einem anderen Zeitpunkt noch mal zu Gemüte führen.

Liebe Grüße

Andreas
 
S

suzah

Gast
hallo anbas,
ich fand erst jetzt diese geschichte, die ich nicht ganz nachempfinden kann. nichts gegen einen gemütlichen abend und ein gutes buch, aber nur dieses?

wieso hat sich dein prot nicht gleich von dieser langweiligen frau getrennt, mit der er eigentlich nichts gemeinsam hat. ich kann mir ihren sinneswandel nicht vorstellen. aber dass er diese frau allein dort im watt und am strand herumlaufen läßt, die bestimmt keine ahnung von den gezeiten hat, ist eigentlich unverantwortlich.

liebe grüße suzah
 
B

bluefin

Gast
ich seh's eher umgekehrt, liebe @suzah - der eigentliche schnarcher ist doch der typ, der das mädel in die tödlich langweilige sandfalle gelockt hat. es wär klüger gewesen, das mädel hätt' das angebot eines gemeinsamen urlaubs ausgeschlagen und sich einen lover gesucht, der ihr erst den mond und dann noch ein paar sternchen vom himmel gepflückt hätte, statt nur ewig im sand herum zu buddeln...*smile*...

verstehst du den tränenausbruch? ich könnte ihn höchstens als endgültige aufgabe der protagonistin deuten, ein spannenderes leben führen zu können als das bisherige.

liebe grüße aus münchen

bluefin
 
S

suzah

Gast
hallo bluefin,
nichts gegen ein gutes buch, aber auch ein anderer lover hätte sich wohl gelangweilt mit diesem mädchen, das glück hatte, dass der prot so viel geduld aufbrachte.
vielleicht erfolgte der tränenausbruch, weil sie endlich merkt, dass es noch ein (echtes) leben und nicht nur die bücherwelt gibt.
im übrigen ist das auf amrum keine langweilige sandwüste und der blick auf die weite des meeres ist wunderschön. ich dachte, wale lieben das meer, wenn sie es auch meist von unten sehen und nur kurz an die oberfläche kommen.

liebe grüße nach münchen, suzah
 
B

bluefin

Gast
die walfische lieben das meer, @suzah, nicht den sandhaufen davor. der gehört den sandflöhen...

...*bubbles*...

bluefin
 
S

suzah

Gast
hallo bluefin,
es ist kein "sandhaufen" (wie sandkiste) - fahr mal selber hin oder googlhüpfe die insel amrum.
aber es geht ja nicht um den sand, sondern darum, dass diese frau sich in bücher vergräbt und so gut wie gar nichts vom wirklichen leben und der natur wissen will.
wieso sie gerade auf amrum anderen sinnes wird, ist mir auch etwas unverständlich - oder war da gerade ein walfisch auf dem sand gestrandet und hat das "bu(s)chröschen" wachgeküßt?

liebe grüße nach münchen, suzah
 

anbas

Mitglied
Fahrtwind

Sie saßen auf dem Deck der Fähre, die sie zurück zum Festland nach Dagebüll bringen sollte. Vor wenigen Minuten hatten sie in Amrum abgelegt und sahen nun zu, wie die Häuser der Insel immer kleiner wurden. Die Sonne stand hoch am Himmel. Es war ein heißer Spätsommertag, doch der kühle Wind, der über das Deck wehte, machte den Aufenthalt in der Sonne erträglich. Eigentlich wäre Martin ja gerne mit einer späteren Fähre gefahren. So hätte er vielleicht wieder einmal einen dieser herrlichen Sonnenuntergänge vom Schiff aus erleben können. Doch Maren hatte damals bei der Planung auf eine frühere Rückreise bestanden.

Langsam näherten sie sich der Insel Föhr. Es wurde unruhig auf dem Deck. Viele Amrum-Urlauber nutzten das gute Wetter für einen Tagesausflug zu der Nachbarinsel und drängten zu den Ausgängen. Maren hatte die Augen geschlossen und ihren Kopf an Martins Schulter gelehnt. Ihre Gesichtszüge waren entspannt - ganz anders als auf der Hinfahrt.

Martin ließ seine Blicke gemächlich über das Meer gleiten. Auch er war im Gegensatz zur Anreise wesentlich gelassener. Marens schlechte Laune hatte ihn vor einigen Tagen noch zunehmend daran zweifeln lassen, ob es wirklich eine so gute Idee gewesen war, sie zu dieser Reise zu drängen.

Maren hasste es, im Urlaub wegzufahren. Es war ihr schon zuwider, wenn sie sich nur gedanklich damit beschäftigen musste. Sie zog es vor, in ihrer freien Zeit zu Hause zu bleiben, es sich in einem Sessel bequem zu machen, zu lesen und abends ein wenig zu spielen oder fernzusehen. Gut - ab und zu einen Spaziergang im nahen Wald oder ein Eis beim Italiener waren auch noch in Ordnung. Aber richtig wegfahren? In der Fremde übernachten? Sachen ein- und auspacken? Sich auf eine fremde Umgebung einlassen müssen? - Nein, nicht mit ihr!

Seit acht Jahren waren sie nun zusammen, und Martin hatte sich damit arrangiert, den Urlaub mit ihr zu Hause zu verbringen oder alleine wegzufahren. Für Maren war das nie ein Problem gewesen - sie hatte ja ihren Sessel und ihre Bücher. Martin dagegen war immer unzufriedener mit dieser Situation geworden. Es machte ihm im Grunde nichts aus, alleine zu sein. Er liebte es sogar, wenn er auf seinen Reisen und Wanderungen ganz für sich sein konnte. Doch er sehnte sich zunehmend danach, mit ihr zusammen die schönen Momente zu teilen, die er unterwegs erlebte. Darum hatte er diesmal auf einen gemeinsamen Urlaub bestanden. Nur eine Woche zusammen wegfahren. Einmal nur. Nach Amrum. Martins Lieblingsinsel. Einmal nur wollte er Maren eines seiner liebsten Urlaubsziele zeigen. Er probierte es mit humorigen Überredungsversuchen, bettelte und machte ihr Vorhaltungen - doch all seine Bemühungen stießen auf Granit. Erst, als er mit einer ernsthaften Beziehungskrise drohte, ging sie höchst widerwillig auf seinen Wunsch ein. Zuvor hatte er sich allerdings noch von einer Woche auf fünf Tage herunterhandeln lassen müssen.

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Die Anreise wurde zu einer wahren Tortur - weitaus schlimmer als es sich Maren in ihren ärgsten Träumen ausgemalt hatte. In dem hoffnungslos überfüllten Zug mussten sie sich mühsam zu ihren reservierten Plätzen durchkämpfen. Dann kamen sie so verspätet in Dagebüll an, dass sie die Fähre verpassten, und die nächste fuhr erst zwei Stunden später. Auf Amrum schließlich war der Bus von Wittdün nach Norddorf anfangs derart voll, dass sie eingequetscht zwischen anderen verschwitzten Urlaubern kaum Luft zum Atmen hatten. Als sie endlich in ihrer Ferienwohnung angekommen waren, lag Marens Laune weit unter dem Nullpunkt. Ohne auch nur ein weiteres Wort mit Martin zu wechseln, ging sie unter die Dusche und dann ins Bett. Auf seinen Vorschlag, noch einen kleinen Abendspaziergang zu machen, reagierte sie gar nicht erst. Auch am nächsten Morgen begrüßte sie ihn nur mit eisigem Schweigen und machte es sich nach dem Frühstück demonstrativ mit einem Buch auf dem Sofa bequem.

Wie ein geprügelter Hund schlich Martin aus dem Haus und war den ganzen Tag über alleine am Strand und in den Dünen unterwegs. Das war nicht der Urlaub, den er sich gewünscht hatte. Als sie dann gemeinsam zu Abend aßen, machte er ihr den Vorschlag, zu dem er sich während des Tages durchgerungen hatte.

"Ich hätte dich nicht zu diesem Urlaub drängen dürfen. Wenn du willst, fahren wir morgen nach Wittdün und erkundigen uns, ob wir unsere Rückfahrkarten umtauschen können."

Einen Moment lang sah Maren ihn schweigend an, dann nickte sie: "Es tut mir leid, aber das hier ist echt nichts für mich. Mir fehlt wirklich alles, um mich wohl zu fühlen."

Martin spürte sofort den Stich, den diese Aussage bei ihm verursachte. Seine Anwesenheit schien also nicht dazu beizutragen, dass sie sich wohl fühlen konnte. Doch er schwieg lieber, um nicht noch mehr Öl ins Feuer zu gießen.

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Die Fähre hatte inzwischen Föhr erreicht. Martin musste schlucken, als er an jene Momente zurück dachte. Es waren Momente gewesen, in denen er das Ende ihrer Beziehung vor sich gesehen hatte. Liebevoll legte er seinen Arm um Maren und küsste sie auf die Stirn. Sie lächelte und blinzelte ihn kurz an. Dann schloss sie wieder die Augen und ließ ihre Gedanken schweifen.

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Gleich am nächsten Morgen fuhren sie nach Wittdün. Dort ließ sie sich von Martin überreden, mit ihm zur Seeseite zu gehen, um zumindest einen kurzen Blick auf den Kniepsand zu werfen. Als sie auf der Strandpromenade ankamen und Maren diese weite Sandfläche vor sich sah, war sie schier überwältigt. Während ihrer Urlaubsplanung hatte sie zwar gelesen, dass es sich um eine riesige, bis zu 1,5 km breite und 15 km lange, Sandbank handelte, die direkt mit der Insel verbunden war - doch dieser Anblick erfüllte sie mit Ehrfurcht. Wie angewurzelt blieb sie stehen und konnte ihren Blick nicht mehr abwenden.

"Magst du mich alleine lassen?", flüsterte sie nach einiger Zeit.

"Ja klar, ich dreh hier 'ne Runde am Strand und hol dich dann wieder ab", antwortete Martin verunsichert und bemühte sich, Haltung zu wahren.

"Nein, ich will wirklich alleine sein! Fahr zurück nach Norddorf oder mach, was du willst. Aber lass mich jetzt bitte alleine!"

Während sie das sagte, rannen ihr Tränen über die Wangen. So tief beeindruckt war sie von der Weite, die da vor ihr lag.

"Und was ist jetzt mit der Rückfahrt? Soll ich die Fahrkarten umtauschen oder nicht?"

"Martin, hau endlich ab und lass mich in Ruhe!", brüllte sie ihn daraufhin unter Tränen an und rannte hinunter zum Kniepsand.

Völlig verstört schaute er ihr nach, wie sie immer weiter hinauslief und irgendwann nach schier endlos langer Zeit seinen Blicken entschwand.

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Maren kuschelte sich enger an Martins Schulter. Föhr lag hinter ihnen, und der kühle Fahrtwind strich ihr sanft über das Gesicht. In ihren Gedanken war sie wieder auf dem Kniepsand unterwegs, sah und spürte noch einmal diese wunderbare Weite und erinnerte sich an ihre Freudentränen. Es war, als hätte sie etwas entdeckt, wonach sie ihr Leben lang gesucht hatte. An Martin und seine Empfindungen, dachte sie in jenen Momenten nicht. Erst am späten Nachmittag, als sie bei ihrer Rückkehr in die Ferienwohnung seine verweinten Augen erblickte, wurde ihr klar, dass es einiges aufzuklären und zu besprechen gab.

Von da an war eine frühere Rückfahrt kein Thema mehr. Maren verbrachte jeden Tag einige Stunden alleine auf dem Kniepsand. Mal ließ sie sich einfach nur so über ihn hin- und hertreiben, mal setzte sie sich irgendwo in den Sand und las. Im Laufe des Nachmittags zog sie dann mit Martin los, um mit ihm gemeinsam den Rest der Insel zu erkunden.

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Das Rattern des Schiffsmotors, die Sonne und der kühle Wind ließen Martin immer weiter entspannen. Er hatte Maren eines seiner liebsten Urlaubsziele zeigen können und sie an etwas teilhaben lassen, was für ihn sehr wichtig war.

"So fühlt sich Glück an!", dachte er und ließ liebevoll seinen Blick über ihre weichen Gesichtszüge gleiten. Sie schien nun tatsächlich eingeschlafen zu sein. Wer weiß, vielleicht würde sie ja irgendwann doch noch einmal mit ihm zusammen in den Urlaub fahren - nach Amrum oder woanders hin, in ein paar Jahren vielleicht …

"Nächstes Jahr bleiben wir aber mindestens eine Woche und fahren mit einer späteren Fähre zurück", sagte sie in diesem Augenblick, und ein spitzbübisches Lächeln huschte über ihr Gesicht.
 



 
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