Falsches Leben

Bernd

Foren-Redakteur
Teammitglied
"Es gibt keine richtiges Leben im falschen.
Adorno (?)"​

Überprüfen möchte ich Adornos weisen Spruch.
Ich suche also falsches Leben.

"Bist du falsches Leben?", frug ich die Maus.
"Nein!", sagte sie und gebar einen Berg.

"Bist du falsches Leben?", frug ich den Berg.
"Nein!" sagte er und wurde zum Vulkan.

"Bist du falsches Leben?", frug ich den Vulkan.
"Nein!" sagte er und spie Feuer und Flammen.

Ich frug und frug und konnte kein falsches Leben finden.
Ich fand Schwarze Schwäne und weiße Haie,
falsches Leben fand ich nicht.

Traurig, versagt zu haben, beendete ich mein falsches Leben.
 
O

orlando

Gast
Da antworte ich mit Robert Gernhardt, der diesen Aphorismus liebevoll (!) banalisierte und ironisierte:

Es gibt kein richtiges Leben im valschen
So stellt sich auch ein Bezug zu meinen Äußerungen über schlechtes oder gar falsches Deutsch her ("Hymne an den Stau") - Die dortigen Mängel sind (gottlob!) inzwischen behoben worden, und das Gedicht erstrahlt in neuem Glanz.

Was aber Adorno dachte und meinte lässt sich am besten beim Lesen seiner Minima Moralia erkunden. Und das zahlt sich in jedem Fall aus. ;)

Viel Spaß dabei
orlando
 

Bernd

Foren-Redakteur
Teammitglied
Danke, Orlando,
Tatsächlich entstand das Gedicht im Anschluss an unsere Debatte zur "Ode an den Stau".
http://www.leselupe.de/lw/titel-Hymne-an-den-Stau-123433.htm

Danke für die Anregung.

Ich liebe ja Paradoxien. Und "falsches Leben" ist eine Paradoxie in sich.

Die "Minima Moralia" http://www.copyriot.com/sinistra/reading/agnado/minima.html kenne ich noch nicht.
Adorno: Der Umstand, daß Intellektuelle meist mit Intellektuellen zu tun haben, sollte sie nicht dazu verführen, ihresgleichen für noch gemeiner zu halten als den Rest der Menschheit.
Gernoths Aphorismus "Es gibt kein richtiges Leben im valschen" ist genial.

PS: Heute stand ein langer Artikel über das Ansteigen der Rechtschreibfehler in der SZ (Sächsische Zeitung).
 
O

orlando

Gast
Auch wenn ein im Ganzen richtiges Leben unmöglich ist, so ist es für ein unverblendetes Dasein äußerst wichtig, sich denn Sinn für das Richtige nicht abkaufen zu lassen. Immer wieder überlegt Adorno, wie es am besten wäre, sich in schwieriger Lage zu verhalten. "Einzig listige Verschränkung von Glück und Arbeit läßt unterm Druck der Gesellschaft eigentliche Erfahrung noch offen", heißt es einmal. Adorno ist gewiss fixiert auf die destruktiven Tendenzen der Moderne, aber er gibt darüber den "Traum eines Daseins ohne Schande" nicht auf (Hervorhebung von mir).
Dies ist ein Ausschnitt aus einem Zeit-Artikel (2001), der recht gut zusammenfasst, worum es Adorno ging und welche Schnittstellen es zur aktuellen Lage gibt.

http://www.zeit.de/2001/19/200119_ka-philo-.xml

In der DDR war ja Adorno weniger bekannt, obwohl der ein offener, leidenschaftlicher Antifaschist war; für uns Westmenschen aber war (und ist) er einer der innig geliebten Götter universitären Lebens - und weit darüber hinaus.

Freundliche Grüße
orlando
 
O

orlando

Gast
Adorno: Der Umstand, daß Intellektuelle meist mit Intellektuellen zu tun haben, sollte sie nicht dazu verführen, ihresgleichen für noch gemeiner zu halten als den Rest der Menschheit.
So war er!
Könnte gut verfasst worden sein, als ihm Studenten (im Zuge ihrer Revolte) den Zugang zur Frankfurter Uni verwehrten.
Ihm! Genau wie allen anderen Professoren!

Einige sollen aber dabei errötet sein ... ;)
 



 
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