Familie jetzt

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zarah

Mitglied
Die Kinder pubertieren. Alle auf einmal, die einen mehr, die anderen weniger - in unserer sogenannten Patchwork-Family, auf die wir Großen bis vor kurzem ob ihres guten Funktionierens noch so stolz gewesen waren.
Geschichte leider - erstmal hoffentlich.

Die vage Ahnung, dass das erst der Anfang von größerem Unheil ist, betäuben wir Großen lieber beizeiten mit einem guten Rotwein, der kulturell ein akzeptables Image hat - Rotwein trinken die Gebildeten - und diskutieren in schönster Manier über irgendwelche Probleme.
Natürlich wollen wir dabei auch noch rauchen, denn das sind wir von Teenie-Beinen an so gewohnt; doch weil wir schon irgendwie ein schlechtes Gewissen dabei haben, bringen wir den Kindern ihr Abendessen auch gerne persönlich auf die Zimmer: "Na, dann macht es Euch doch mal damit so richtig gemütlich vor Fernseher und PC." Das dreckige Geschirr müssen sie aber selbst wieder in die Küche bringen; Erziehung muss sein.

Da wir Großen anständige Bürger sind und beide einer geregelten Arbeit nachgehen, betrinken wir uns fast nie konsequent, sondern legen uns nach 20:00 selbst vor den Fernseher.
In den Werbepausen schauen wir - abwechselnd - nach den Kindern und überprüfen, ob sie einigermaßen Ordnung in ihren Zimmern hergestellt und schon die Schlafanzüge angezogen und die Zähne geputzt haben. Wenn ja, dann dürfen sie auch noch ein wenig länger aufbleiben.

Ab und zu bleiben wir Großen beim Durch-die-Kanäle-Zappen an so Sendungen wie "Die Super-Nanny" hängen und ergötzen uns ein paar Minuten lang an krassen Beispielen fehlgeschlagener Familienkultur. Mein Gott, was es nicht alles gibt!

Ab und zu vergessen wir Großen aber auch in den Werbepausen die Kinder und vögeln mal wieder miteinander; meistens tun wir dies aber morgens vor dem Aufstehen, weil das pragmatischer ist: Er hat eh eine Latte und uns beiden tut die Übung gut, um den Kreislauf in Schwung zu bringen.

Jetzt sind Ferien und unser Programm zeigt gnadenlos seine Schwächen. Die Kinder fühlen sich schon am frühen Nachmittag vom TV-Programm und den ewig gleichen PC-Spielen angeödet und haben auch schon lange keine Lust mehr draußen an irgendeinem Bach zu spielen. Das Landleben törnt hier niemanden mehr an - ob groß oder klein. Es gibt Streit - es gibt Tränen.

Also fahre ich mit der kleinen Meute ins nächstgelegene Einkaufszentrum und lasse sie für 39,95 Euro in einem bundesweit agierenden Electonic-Shop ein neues Spiel für ihren Ninsonstwas-super-game-cube-PC kaufen und - ich bin ja nicht blöd - gehe derweil in den nebenan gelegenen Billig-Klammotten-Markt, um mir endlich wieder mal eine Hose zu kaufen.
Das billigste Teil ist eine Hose mit Tarnmuster - nix für eine Frau in meinem Alter und auch noch zwei Nummern zu klein. Egal, kostet nur 15,95 und muss deshalb mit.
5 Kilo abnehmen in ein/zwei Wochen ist auch mit Mitte vierzig immmer noch leichter als Kinder zu erziehen; denke ich mir und bin zufrieden über die Herausforderung, die ich gerade angenommen habe.
 

zarah

Mitglied
Hallo Flammarion,

Danke für Deinen Kommentar. Du kannst den Text von mir aus gerne in die Abteilung Tagebuch verschieben, wenn Du meinst, dass er da besser aufgehoben ist.

Gruß
Zarah
 
H

Henry Lehmann

Gast
Deutschland privat!

Schön zu sehen, dass das Thema Erziehung auch in anderen Familien ähnlich unengagiert wie bei mir vollzogen wird. Dank der krassen Super-Nanny-Fälle hat man auch kein schlechtes Gewissen dabei, denn wie man sieht, könnte es noch viel schlimmer sein.
 

flammarion

Foren-Redakteur
Teammitglied
nö.

ich hatte übersehen, dass der text bei kurzprosa steht und nicht bei kurzgeschichten. nehme alle meckerei zurück.
lg
 



 
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