Fantasy

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Jugadores

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Gerechtigkeit

Müde streckte er seine Glieder, die in den letzten Stunden an den behelfsmäßigen Pranger gebunden waren. Die Schmerzen waren erträglich, aber seine gesamte Habe war ihm von den Menschen weggenommen worden. Seine Augen brannten, wenn er an seinen wundervollen Bogen dachte, den ihm sein Mentor geschenkt hatte und mit dem er den gerissenen Eber Halbzahn erlegt hatte. Seine Sippe hatte ihm damals ein Fest gehalten. Ein Stoß in seinem Rücken unterbrach seine angenehmen Erinnerungen. Missmutig deuteten ihm die beiden Büttel aus dem Dorf zu verschwinden. Eine Mischung aus Hass und Furcht verzerrte ihre Gesichter. Menschen. Nachdenklich machte er sich auf den Weg, wie war es nur dazu gekommen.


Seine Jugend hatte er wohlgeborgen im Schoße der heimatlichen Sippe verbracht. Die Jagd erlernt, die Wege der Natur. Der Begleiter seiner Mutter war sein Mentor geworden, gezeugt jedoch hatte ihn ein Fremder. Dieser war eines Tages gekommen, und hatte eine Gruppe Orks verjagt, die damals der Sippe lästig viel. Zum Dank ging seine Mutter zu dem Krieger, bis dieser das Gebiet der Sippe wieder verließ. Er soll ein schimmerndes Obergewand aus hartem Metall getragen haben. Sollte es ähnlich gewesen sein den Panzern, welche die schmutzstarrenden Büttel trugen? Er konnte es sich nicht vorstellen.
Warum hatte ihn nur seine Neugierde dazu verleitet den heimatlichen Wald zu verlassen und sich zu den Menschen zu wagen? Vor zwei Läufen des Mondes war er aufgebrochen. Im Wald kam er schnell voran, die Natur blühte und es war leicht, jagdbares Wild zu finden. Etliche Male hatte die Sonne die Baumwipfel berührt, bevor er auf seine ersten Menschen stieß. Abgerissen stolperten sie durch den Wald, lärmend wie sonst nur Hirschbullen in der Brunft. Ihre Stimmen waren rau, doch konnte er Wortfetzen verstehen. Sie schienen die Sprache zu sprechen, die ihm sein Mentor gelehrt hatte. Dieser musste erwartet haben, dass er einmal zu den Menschen gehen würde. Nachdenklich ihnen folgend betrachtete er ihr Verhalten. Sie suchten sich für ihren Weg immer das dichteste Unterholz aus, ja manchmal taten sie so als wollten sie jagen, machten aber soviel Lärm, dass sie alles Wild im Umkreis verscheuchten. Am Abend machten sie ein riesiges Lagerfeuer aus feuchtem Holz, das so fürchterlich rauchte, dass er sich schnell zurückzog. Sollte er sich ihnen bemerkbar machen? Ja. Er hatte gesehen, dass es ihnen an Fleisch mangelte, er würde ihnen also als Gastgeschenk Wildbret mitbringen. Am nächsten Morgen marschierte er mit einem jungen Reh auf den Schultern zu ihrem Feuer. Drei lagen in Decken gehüllt um das Lagerfeuer, ein weiterer schlief an einen Baum gelehnt etwas abseits. Da sie sich nicht rührten, begann er sie beobachtend das Reh auszuweiden. War er wirklich mit diesen verwandt? Ihre Decken waren speckig, ihr Haupthaar kurz geschnitten und ungepflegt, ja mit den schmutzigen Bärten konnte ei junger Elf sie fast für die Orks aus den Erzählungen halten. Auch ihr Geruch war orkisch.
Einer schien endlich aufzuwachen. Mit einem lauten Schrei sprang dieser plötzlich auf und griff zu seinem Säbel. Auch die anderen sprangen auf und griffen nach ihren Waffen. Sie sahen unbeholfen und schwerfällig aus, wenn sie sich bewegten, hatten ihn aber effizient umstellt. Freundlich grüßte er sie, und es entspann sich ein Gespräch, in dessen Folge sie die Waffen wegsteckten. Er erfuhr, dass sie aus einem Land namens Gareth seien und durch die Lande reisten, um Abenteuer zu erleben. Dies verstand er nicht ganz. Sie begaben sich absichtlich in Gefahr, schienen aber die Gefahr nicht als Herausforderung zu betrachten, der sie sich stellten, um an ihr zu wachsen. Sondern irgendjemand schenkte ihnen etwas dafür. Merkwürdig. Er würde sie genauer fragen müssen, aber das hatte noch Zeit. Seine Begleiter sprachen immer wieder von Gold und zeigen ihm funkelnde Metallstücke. Schön – aber wofür waren diese gut? Als sie ihm sagten, dass sie die Straße nicht fänden, versprach er ihnen, sie zum festgetrampelten Pfad der Menschen am Waldrand zu führen.
Sie erzählten ihm in den folgenden Tagen immer wieder, was sie alles erlebt hätten, die Befreiung einer Kaufmannstochter aus den Händen von Räubern, den Kampf mit einem Drachen und Vieles mehr. Manches kam ihm merkwürdig vor; warum sollte ein Drache von ein paar Schwerthieben sterben? Wie hatten seine in der Natur unerfahrenen Gefährten den Drachen und seine Höhle gefunden? Aber er schob dies auf seine mangelhafte Kenntnis der Sprache. Von den Gebräuchen der Menschen verstand er aber kaum etwas, na ja, seine Gefährten würden ihm sicher alles erklären wenn sie die Ansammlungen der Menschen erreichten.


Vor drei Sonnenläufen waren sie zu so einer Ansammlung gekommen. Seine Gefährten nannten es ein Dorf und klopften an ein großes Haus aus Balken und Lehm; gebaut wie die meisten Gebäude in dem Dorf, nur größer. Merkwürdig fühlte sich dieses Wort auf seiner Zunge an. Und das viele tote Holz in den Gebäuden bedrückte ihn. Ein Mann namens Wirt empfing sie und führte sie in das Gebäude zu einem Tisch. Er übergab dem freundlichen Herrn ein Gastgeschenk – einen kleinen funkelnden Stein, den er einmal in einem Flussbett gefunden hatte. Der freundliche Mensch mit Namen Wirt meinte, damit können sie lange in seinem Haus speisen und trinken. Gastfreundschaft schien auch den Menschen etwas zu bedeuten.
Die Tochter des Herrn Wirt brachte ihnen Getränke und Speisen der Menschen. Seine Gefährten stürzen sich darauf, wie wenn sie seit mehreren Mondläufen nichts gegessen hätten, dabei hatte er erst am Vortag zwei Hasen für sie erlegt. Auch den scharfen Getränken sprachen sie herzhaft zu. Er hatte nach dem ersten Schluck einen Hustenanfall und bat um reines Wasser. Dies brachte ihm zwar einen erstaunten Blick der Tochter und das Gelächter seiner Gefährten ein, aber das andere Getränk war einfach ungenießbar. Es brannte beim Trinken und würde Geschmacks- und Geruchssinn für mehrere Tage beeinträchtigen. Der Eintopf schmeckte zwar fremd, aber angenehm, und das Brot war frisch. Welches Fleisch wohl in dem Eintopf war, es schmeckte weder nach Reh noch nach Hase, seltsam, eigentlich sollte er jedes essbare Wildtier kennen, vermutlich war es die ihm fremde Zubereitung.
Nach dem Mahle zog er seine Flöte aus der Tasche und begann eine sanfte Weise anzustimmen, die er viele Male mit seiner Sippe gespielt hatte. Die Gespräche verebbten und alles lauschte gespannt seiner Melodie, die ihn an seine Heimat erinnerte. Hohe Tannen, zerfurchte Felsklippen, rauschende Bäche – er sehnte sich heimzukehren. Aber zuerst wollte er die Menschen näher kennenlernen, waren sie doch auch Teil seiner Vergangenheit. Nachdem er geendet hatte, klatschten die Menschen in die Hände und baten ihn weiterzuspielen. Er erfüllte ihren Wunsch noch zwei Weisen lang, doch dann packte er seine Flöte wieder ein. Es war einfach zu laut. Und nun begannen seine Gefährten auch noch zu singen, ihre Stimmen waren schauderhaft und das Getränk schien es noch zu verschlimmern. Schnell verabschiedete er sich, um dem Grölen zu entkommen. Die Tochter führte ihn zu dem für ihn und seine Gefährten bestimmten Zimmer und zeigte ihm das Bett, meinte es sei wunderbar weich und stabil, er solle es gleich ausprobieren. Er dankte ihr, hatte aber den Eindruck, dass er irgendetwas nicht verstanden hatte. Sie sagte noch etwas über eine Rahja und deren Geschenk der Freude, als er jedoch nicht reagierte, verließ sie abrupt das Zimmer. Er folgte ihr bald, da er nicht die Absicht hatte in dem stinkenden, schmutzigen Zimmer die Nacht zu verbringen. Niemand achtete auf ihn, als er das Gebäude verließ und auf den Apfelbaum zusteuerte, der ihm schon beim Eintreffen aufgefallen war.
Es war ein lauer Abend und der Wind säuselte süß in den mit Blüten beladenen Zweigen des Baumes. Gewandt schwang er sich nach oben und machte es sich in einer Astgabel bequem. Er betrachtete eine Weile die silberne Madascheibe und die funkelnden Sterne, die hier in der Menschenwelt scheinbar an Glanz verloren hatten, dann lehnte er sich zurück und lauschte im Halbschlaf der Waldläufer den Geräuschen der Menschenansammlung. So entging ihm nicht, dass es Geschrei im Zimmer gab als seine Gefährten sich zu Bett begaben. Die Menschen mussten scheinbar bei allen ihren Trieben laut und gewalttätig sein. Ein paar andere Gäste riefen irgendetwas lachend nach oben und verschwanden wieder in der Wirtsstube. Nein, ihm gefielen sie nicht, er würde morgen wieder in seine heimatlichen Wälder zurückgehen. Er konnte ja nach ein paar Winter wieder zu den Menschen schauen, er glaubte aber nicht daran.


Bevor noch das gelbe Auge wieder den Himmel erleuchtete, war er aufgestanden und eine Runde durch den nahen Wald gestreift. Nun baumelten zwei Kaninchen an seinem Gürtel. Er genoss in Gedanken schon den zarten Geschmack, wenn er sie mit den gefundenen Kräutern zubereiten würde.
Vor dem Haus des Wirtes hatte sich eine laut schreiende und gestikulierende Menge versammelt. Als sie seiner ansichtig wurden, wurde er sofort eingekreist und alle brüllten auf ihn ein, dass er sich die Ohren zuhalten musste. Sie begannen ihn zu einem anderen großen Haus zu schieben, teilweise hatte er sogar den Eindruck, dass sie nach ihm schlugen, wenn der Mann an der Spitze nicht hersah. Warum taten sie dies? War dies eine Begrüßung wie bei den kleinen Rotpelzigen. Sein älterer Bruder hatte ihm davon erzählt. Sie schossen Pfeile dicht aneinander vorbei und sprangen wild schreiend umeinander herum. Wie lange war es her, dass er seinen Bruder nicht mehr gesehen hatte. Vielleicht zwei handvoll Winter. Sein Bruder war immer nur auf kurze Besuche gekommen, da ihm die Menschen viel zu nahe lebten, seit sie die Menschenansammlung unter dem Wasserfall gegründet hatten. Bald darauf sei sein Bruder weggezogen - in die tieferen Wälder der echten Salamandersteine.
Die Bewohner des Dorfes hatten ihn bis vor die Terrasse des zweiten großen Hauses geschoben und der Mann, der an der Spitze gegangen war, setzte sich auf ein vorbereitet – mmh, wie nannte man das verbundene Holz – ah! Stuhl – und erzählte etwas. Scheinbar schien es den Dorfbewohnern zu gefallen, denn sie murmelten beifällig. Er verstand nicht viel von dem was der Mann sagte, lediglich einzelne Brocken von Tochter des Wirtes, Gewalt, gegen Rahja, irgendein Levthan, Tier. Der Mann sprach viel zu schnell und mit einer merkwürdigen Betonung der Worte, dass sie ihm teilweise in den Ohren verschwammen und er weder Anfang noch Ende des Wortes erkennen konnte. Er wollte den Mann loben, ob seiner Rede und fragen um den Inhalt, aber plötzlich standen die zwei Büttel an seiner Seite und drohten mit ihren Spießen. Er wusste zwar nicht, was sie hatten, aber er blieb vorerst stehen und sah sich dieses menschliche Verhalten weiter an. Er kam sich wie ein echter Forscher und Gelehrter vor, der eine der Stammesentscheidungen aus den Legenden beobachtete.
Erst erzählten seine Freunde, wie sie ihn im Wald begegnet seien und er mit ihnen gezogen sei. Dann kamen der Wirt und seine Tochter. Er schien zornig und sagte etwas über einen Strick und Gerechtigkeit, - ein schweres Wort der Menschensprache war es für ihn gewesen, es zu lernen und zu verstehen. Aber sein Mentor hatte sich bemüht, denn es hatte eine wichtige Bedeutung: „Die Stelle des Lebens einnehmen, an die man gestellt war.“ Die Tochter flüsterte mit dem Mann, den er nicht kannte, endlich jemand der auf seine zarten Ohren Rücksicht nahm, bisher hatten alle gebrüllt als sei ihr Nachbarn auf der anderen Seite eines Hügels. Sie erzählte, dass sie ihn aufs Zimmer gebracht habe, und dann etwas von Gewalt und dass er wie ein Tier sei. Dabei konnte sie gar nicht wissen, dass er sich ab und zu in den geschmeidigen Lauerjäger mit dem sonnengelben Fell verwandelte, seinem Seelentier. Am Schluss zeigte sie auf ihn, verhüllte ihr Gesicht und lief weinend davon. Er wäre ihr gerne nach, um sie zu fragen, was sie habe. Er hätte sicher auch die blutigen Risse und blauen Flecken heilen können, die er bei ihr bemerkt hatte. Sie musste gestern gestürzt gewesen sein.
Der unbekannte Mann sagte etwas von einem Edikt und Kaiser, wobei dieser eine Ehrenbezeichnung Richtung Süden machte, da murrten die Menschen, dann sagte der Mann ein Wort, dass er nicht zuordnen konnte – Pbrangaa - und die Leute wurden wieder fröhlich. Sie begannen an ihm herumzuzerren, dass er ebenso begann sie wegzustoßen. Da griff doch einer tatsächlich nach seinem Bogen und wollte ihn ihm wegnehmen, seinen Bogen der wie seine Seele war. Er gab diesem frechen Menschen tüchtig eins auf die Nase, dass dieser zurückwich, aber plötzlich stürzte sich alles auf ihn und er erhielt einen Schlag auf den Kopf, dass ihm schwarz vor Augen wurde.
Er erwachte an eine merkwürdige Holzkonstruktion am Dorfplatz gebunden. Er nahm an, dass diese Konstruktion mit dem Menschenwort Pbrangaa gemeint war. Er hatte also ein neues Menschenwort gelernt.
Er kniete vor einem Holzklotz, an den seine Arme gebunden waren; seine Kleidung und seine Habe war nicht zu sehen. Man hatte bemerkt, dass er erwacht war. Es wurde kurz laut und dann wieder ruhig. Er fragte, was dies solle. Da hörte er die Stimme des Unbekannten in seinem Rücken und fühlte einen stechenden Schmerz. Er drehte sich soweit es seine Fesseln zuließen und sah wie der Unbekannte erneut mit der Peitsche ausholte. Mehrmals ließ der Unbekannte die Peitsche auf seinen Rücken herabsausen, es schien dem Unbekannten Spaß zu machen, denn er lachte. Dann gab der Unbekannte die Peitsche dem Mann Wirt. Dieser hatte gerade mit seiner Tochter gesprochen und wirkte etwas blass. Der Mann Wirt hob die Peitsche, warf sie dann aber fort und lief zu seinem Haus. Seine Tochter folgte ihm. Missmutig schaute der Unbekannte den beiden nach, dann befahl der Unbekannte den Gefährten von ihm die Peitsche zu nehmen. Zwei hatten sichtlich Unbehagen damit und ihre Schläge waren zaghaft, aber die anderen beiden schienen mit ihrem Grinsen und ihrer Schlagkraft noch den Unbekannten übertrumpfen zu wollen.
Es dauerte lange. Er hatte die Zeit nicht mehr wahrgenommen, nur mehr den Schmerz. Der Schmerz hielt ihn am Leben. Das Leben war sein Leben, niemand konnte es ihm nehmen. Er meditierte – auch wenn er es nicht so genannt hätte – für ihn war es einfach nur ein intensiver Traum. Und Träume waren und sind für ihn und sein Volk oft wirklicher als das Leben.


Nun hatte sie ihn vor das Dorf geführt und weggeschickt. Ohne Nahrung. Sie hatten ihm alle Ausrüstung abgenommen. Seinen Bogen, sein Messer, seine Kleidung, sogar den Beutel mit den bunten Steinen. Er schaute auf den dunklen Tann vor ihm. Er hatte keine Angst. Der Wald war seine Mutter, seine Lehrerin und seine Geliebte. Er würde als erstes seine Wunden versorgen, der Wald gab ihm Kräuter, dann Jagdwaffen herstellen, der Wald gab ihm Baum und Busch, Nahrung suchen, der Wald gab ihm Wild und Beeren. Wenn er sich beim nächsten Untergang des gelben Auges neue Kleidung genäht hatte, würde er ins Dorf zurückkehren und sich seinen Bogen zurückholen.


Arissa war unruhig. Obwohl sie heute Bett und Kammer nicht mit ihren Geschwistern teilen musste, konnte sie nicht schlafen. Sie hätte gestern nicht falsch Aussagen sollen. Die Götter würden sie strafen, sie spürte es. Aber die Fremden hatten gedroht, sie und ihren Vater umzubringen und die Wirtschaft anzustecken. Vom Vogt war sicher keine Hilfe zu erwarten gewesen. Der Vogt und seine Bütteln waren nur stark, wenn sie von wehrlosen Bauern den Zehent eintrieben. Bewaffnete Fremde ließen den Vogt und seine Büttel schlottern. Warum war sie selbst auch wieder auf das Zimmer gegangen. Nur weil ihr der Elf gefallen hatte, und dann hatte er ihre Reize abgelehnt. Sie wollte nochmals versuchen, ihn zu verführen, und dann war er nicht im Zimmer und seine Begleiter hatten sie überrascht und waren über sie hergefallen. Sie hasste es, aber als Leibeigene gehörte ihr Körper sowieso irgendeinem Adeligen, den sie noch nie gesehen hatte. Auch der Vogt und manchmal seine Besucher hatten es ihr schon eindringlich gezeigt. Ihr Vater hielt es für eine Ehre. Sie ekelte sich einfach nur davor. Sie hatte schon überlegt einen der „Freier“ zu töten, aber man würde nur ihren Vater und ihre Geschwister zur Rechenschaft ziehen. Nichts würde sich ändern. Niemals.
Sie hörte etwas. Jemand ließ sich auf dem Bett neben ihr nieder. Sie blickte von ihrem Kissen auf und sah in dunkle alterslose Augen. Ihre Seele konnte sich in ihnen verlieren. Sie sah dunkle Wälder, perlende Wasserfälle, Freude, Gemeinschaft, Trauer und Schmerz. Sie fühlte ihren eigenen Schmerz. Ihr stiegen Tränen in die Augen. Sie ließ ihren Gefühlen freien Lauf. Kostete den Schmerz. Ihr Leid. Und wurde Eins mit ihrem Leben. Sie fühlte eine innere Kraft in ihr wachsen und sah in die Augen des Elfen, der ihr die Hand auf die Schulter legte und leise summte. (bian bha la da’in). Sie fühlte, dass der Elf, den sie eigentlich nicht kannte, ihr Freund war. Ihm konnte Sie alles erzählen. Ihre Wünsche und Sehnsüchte, ihre Schmerzen und Leiden. Mit großen Augen betrachtete er sie, als sie ihm ihr Leben erzählte. Manchmal fragte er bei für sie klaren Begebenheiten nach und schüttelte verwundert den Kopf. Er war ja so naiv.
Sie starrte ihm nach als er im Dunkel der Nacht verschwand. Das flackernde Licht der Feuer aus den Fenstern einzelner Häuser konnte die Finsternis zwischen den Häusern nicht erhellen. Wie ein Eichhörnchen war er geräuschlos an der Mauer unter ihrem Fenster hinab zum Boden geklettert und hatte ihr einen kurzen Blick aus seinen alterslosen Augen zugeworfen – die klar vor ihr waren, obwohl seine Gestalt bereits mit der Umgebung verschwamm. Dann drehte er sich um und eilte zielstrebig auf das Haus des Vogts zu.
Arissa spürte, dass sie eine Gänsehaut bekam, wenn sie an ihn dachte. Seine Gedanken waren so fremd für sie, - wie für ihn scheinbar das Leben in einem Dorf. Er war wild und frei, und doch voller Mitgefühl. Sie hatte ihm alles erzählt und seine Strafe für ihren Betrug erwartet. Er jedoch hatte sie sanft in den Arm genommen und zärtlich getröstet, als sie weinend zusammenbrach. Sie spürte noch seine starken Hände, die doch mild wie ein zarter Windstoß über ihre Haut glitten, seinen süßen Geschmack auf ihren Lippen und seinen herben Geruch. Doch wie ein Traum war er im Dunkel der Nacht verschwunden. War es nur ein Traum gewesen? Wenn ja, würde sie sich niederlegen und diesen Traum noch einmal träumen. Es konnte doch schön sein.


Heute war nicht sein Tag. Sein lahmes Bein schmerzte seit einigen Tagen höllisch, dabei waren keine Anzeichen eines Sturmes zu sehen. Sein Bein schmerzte normalerweise nur, wenn ein Sturm kam. Vielleicht wurde er alt. Er schauderte bei diesem Gedanken.
Vor einigen Jahren hatte das scheuende Pferd des Vogtes seinem Söldnerleben ein Ende gesetzt, indem es ihm mit einem Tritt den linken Unterschenkel zerschmetterte. Das waren noch Zeiten als er mit seinen Kameraden und dem Vogt die Steuern eintreiben ging. Damals konnte man sich nehmen, was man wollte, wenn die Bauern und ihre Weiber vor Schreck wie versteinert waren oder überhaupt wie die Hasen flohen. Er grinste bei dem Gedanken. Der Vogt bestimmte die Höhe und Art der Steuern und sorgte gut für seine Leute.
Doch als ihm das Bein zerschmettert wurde, war plötzlich kein Silbertaler für einen Heiler da. Zornbrecht musste froh sein, dass er nicht als Bettler endete, sondern der Vogt ihn als Hausdiener aufgenommen hatte. Hausdiener! Er hasste dieses Wort und die dazugehörenden Pflichten.
Nun pochte es mitten in der Nacht an die Tür und er war verpflichtet nachzusehen, wer es war. Wenn der Vogt ihn zu sehen wünschte, musste er den Besucher zu ihm bringen, aber wenn nicht, sollte er den Vogt ja nicht wecken. Sein Vorgesetzter liebte seinen „Schönheitsschlaf“, wie er es nannte. Zornbrecht hatte erfahren, was eine falsche Entscheidung für ihn bedeutete, und nur der Gedanke an die Peitschenhiebe ließ seinen Rücken erneut schmerzen.
Es war dunkel im Flur. Sein Kienspan sorgte nur für wenig Helligkeit, so dass der graue Schatten der aus festen Balken geschaffenen Tür zwar leidlich zu erkennen war, aber die Wände des Vorraumes bereits im Dunkeln lagen. Sein Bein schmerzte. Ach verflucht, wer wollte etwas um diese götterverlassene Zeit. Das Pochen erklang erneut. Die Dielen knarrten unter seinen zögernden Schritten, der erkaltete Rauch der Feuerstätte drang Zornbrecht in die Nase und reizte ihn zum Niesen. Wer hatte ihn von seiner Lagerstatt gejagt? Ein neues Geräusch. Zornbrecht standen die Haare zu Berge, er blieb kurz vor der Tür stehen und lauschte. Was war das? Eine leise Melodie. Eine wunderschöne Melodie. Sie kam von draußen. Er fühlte sich leicht, kein Schmerz war in seinem Bein. Er könnte tanzen. Er öffnete die Tür.
Da war eine wartende Gestalt. Er sah sie an. Er kannte sie. Oder nicht? Die Gestalt erklärte eine alte Freundin des Vogts zu sein. Sie würde erwartet. Waren dies die Worte? So ungefähr, sicherlich! Zornbrecht war auf dem Weg zu seiner Schlafstelle im Gesindesaal. Er hatte der Gestalt beschrieben, wie sie am besten zur Kammer des Vogts gelangen würde. Hatte er ihr noch etwas gesagt? Nein? Hätte er etwas servieren sollen? Nein, die Gestalt hat gesagt, dass der Vogt sie allein empfangen wollte. Wer war sie? Eine alte Freundin. Vielleicht wollten sie und der Vogt das Wiedersehen im Sinne Rahjas feiern? Zornbrecht war im Gesindesaal angekommen. Müde legte er sich nieder. Alles würde gut.


Alrik gönnte sich einen kurzen Blick über den gut gefüllten Gastraum und lächelte. Im Geiste zählte er schon die Silbertaler, die ihm der heutige Tag bringen würde. Auch wenn ihn etwas ganz anderes beschäftigt, war dies zu seiner zweiten Natur geworden. Er war heute kaum zur Ruhe gekommen und hatte mehr eingenommen als seit langem. Seit der Tod des Vogtes zu Mittag bekannt geworden war, hatte sich das Dorf in eine überbrodelnde Gerüchteküche verwandelt. Was würde nun geschehen? Wer würde als neuer Vogt von der Herrschaft eingesetzt werden? Ein Fremder, einer aus dem Dorf? Ein Mann oder eine Frau? Wie würde sie oder er sein? Würden die Söldlinge ohne ihren Anführer das Weite suchen oder über das Dorf herfallen und morden, vergewaltigen und brandschatzen?
Aber die meist gestellte Frage war: „Was war wirklich geschehen?“.
Auf diese Frage gab es unzählige Antworten. Jeder glaubte es zu wissen. Von Räubern, Gift, Hexen, Magie, ja sogar Drachen war die Rede. Als wenn man einen Drachen nicht im ganzen Dorf bemerkt hätte. Die Pragmatischeren dachten eher an die Söldner, die vor ein paar Tagen im Dorf genächtigt und einigen Aufruhr verursacht hatten. Diese Bastarde. Der alte Zornbrecht war ganz in seinem Element und erzählte die schaurigsten Geschichten von schwarzen Dämonen, welche den Vogt geholt hätten. Dämonen. Diese Geschichte gefiel Alrik. Der Vogt war nicht beliebt gewesen. Er war habgierig und neidisch und seine Peitsche war ein harter Lehrmeister gewesen. Der Vogt hatte Alrik oft genug seine Einnahmen unter Berufung auf eine obskure neue Steuer abgenommen. Dämonen des Geizes und des Neides passten ausgezeichnet zum Verstorbenen. Und keiner würde näher nachforschen. Wer wollte sich schon mit Dämonen anlegen? Alrik würde diese Geschichte schüren. Niemand sollte auf einen anderen Gedanken kommen. Niemand sollte an den Elfen am Pranger denken. Warum schien eigentlich niemand an diesen zu denken? Vermutlich wollten die meisten, dass der Tod des Vogtes eine geheimnisvolle, eine magische, ja eine mystische Ursache hatte. Dann gab es keine Überprüfungen, keine weiteren Schritte gegen irgendjemanden, keine Schuld und bald würde der Tod des Vogtes zu einer nett-schaurigen Geschichte für die langen Winterabende, ohne dass man sich wirklich darüber Gedanken machen musste. Eine spannende Erzählung über ein lange vergessenes Ereignis. Ja, das würde funktionieren.
Er dachte an den Elfen. Wie war er selbst wütend auf diesen gewesen. Doch dann hatte ihm seine Tochter die Wahrheit erzählt. Er zitterte noch heute bei diesem Gedanken. Diese wahrlich sinnlose Wut – auf den Falschen. Travia und die anderen Götter Alverans mögen ihm verzeihen und beistehen. Fast wäre er dem listigen Rachedämon verfallen. Mit diesem Wissen konnte er den Elfen nicht mehr peitschen. Der Elf war unschuldig. Er wusste, dass der Vogt ihm dafür eine hohe Strafe auferlegen würde, aber er hatte sich in diesem Moment geschworen sein Leben Travia zu weihen; er würde mit jeder Faser danach streben, deren Gebote hoch zu halten. Das Peitschen eines Unschuldigen verstieß gegen Travias Gebot des Anstandes. Er würde die Strafe tragen, die der Vogt sich ausdenken würde.
Heute in der Früh wusste er, dass er keine Strafe vom Vogt mehr zu fürchten brauchte. Der Vogt war tot und er lebte. Travias Gunst war mit ihm. Ja, heute in der Früh war seine Tochter zu ihm gekommen, und hatte ihm erzählt, dass der Elf in der Nacht bei ihr gewesen ist. Sie habe ihm alles erzählt. Alrik hätte vermutet, dass dieser Wilde seine Tochter töten würde, wenn er die Wahrheit erführe. Nein, der Elf hatte sich die Geschichte angehört und war gegangen. Und als Arissa erwachte, hatte sie einen kleinen Lederbeutel auf dem Schemel neben dem Bett gefunden. Den Lederbeutel, den der Vogt von dem Elfen konfisziert hatte. Arissa hatte Alrik den Inhalt gezeigt, und Alrik wusste, dass der Vogt mit Sicherheit tot war. Diesen Beutel hätte dieser Halunke niemals hergegeben. Alrik erinnerte sich, wie der Elf den Inhalt „bunte Steine“ nannte. Ja bunt waren sie, und sie glitzerten, und weckten in den Augen der meisten Menschen ein gar habgieriges Funkeln.
Nun lag der Beutel wohlverwahrt hinter dem schweren Essigfass in seinem Vorratskeller. Unter dem losen Dielenbrett in seiner Schlafkammer lagerte er immer nur ein paar Silbertaler, um etwaige Phexenskinder in die Irre zu führen. Der Beutel mit seinem Inhalt sollte ihm helfen, selbst Vogt des Dorfes zu werden. Er kannte die Wege zum Ohr der Herrschaft, doch waren diese für ihn bisher zu teuer. Er musste vorsichtig sein. Ein Gastwirt mit zu vielen Dukaten konnte diese schnell verlieren. Ein Raubüberfall oder eine Anzeige der Hexerei – und schon war man mittellos oder tot. Vorsichtig, Schritt für Schritt würde er vorgehen, die Fallen vermeidend. Er würde Vogt sein – gerecht im Großen und gnädig im Kleinen, mögen Travia und ihr Gemahl Praios, der Gerechte, der König der Götter, ihm beistehen.
Jetzt galt es ihren Wohltäter zu schützen. Kein Verfolger sollte auch nur ein Wort über ihn zu hören bekommen. Jeder im Dorf sollte nur bestimmte Ideen über den Tod des Vogtes hegen. Dämonen für die Abergläubischen, das würde Zornbrecht ohnehin übernehmen. Seit er ein lahmes Bein hatte, hatte er seine Gabe zum Erzählen von spannenden und schaurigen Geschichten entdeckt. Punkt Eins. Eine alte Intrige mit einem Magier für die Neugierigen und Wissenden. Er kannte die Ereignisse im Dorfgenau und erinnerte sich an die Ereignisse, als vor mehreren Götterläufen eine Gruppe Abenteurer mit einem Magier ins Dorf kam und ein paar Tage blieb. Damals gab es einige Aufregung als sie sich weigerten eine Sondersteuer des Vogtes zu zahlen und die Büttel und Söldner sich bei einigen Zusammenstößen nur blutige Nasen holten, bis die Abenteurer dann doch verärgert abzogen. Jemand würde im Haus des Vogtes einen Stofffetzen finden, den ein Eingeweihter als „Magier Robe“ identifizieren könnte. Hexen? Die eigenen Söldner – vielleicht als Gerücht?
Zielstrebig begab er sich wieder an seine Arbeit. Beim Ausschenken eines Bieres ließ er ein unbedachtes Wort über Dämonen fallen, beim Wein erinnerte er sich an den Magier, der diesen ausgefallenen liebfeldischen Wein wollte, und beim Servieren erzählte er, dass die Ratten häufiger wurden und selbst die Söldlinge des verstorbenen Vogtes kaum mehr ihre großen Rationen erhielten. Langsam ging er vor, aber nach einigen Tagen war jeder im Dorf, einschließlich der Söldlinge, von einer dieser Geschichten überzeugt und ein jeder war überzeugt von sich aus zu diesen Schlüssen gekommen zu sein.


„Karim! Hast du heute schon dein Gebet zu Kor gesprochen?“ Langsam drehte sich die drahtige Gestalt zu ihrem Gefährten um und unterbrach die Betrachtung der vor ihnen liegenden Lichtung. Karim strich sich gedankenverloren mit der Linken durch den gepflegten Kaiser Alrik Schnurrbart, während er mit der Rechten den Griff seines Schwertes umfasste. Seine Augen fokussierten sich auf die Gestalt, die hinter ihm unter den Bäumen auftauchte. „Warum sollte ich dies tun, Sven?“ Gefährlich ruhig klang die Frage.
Der blonde Hüne schüttelte erstaunt den Kopf und stemmte die Arme so schwungvoll in die Seiten, dass die langstielige schwere Streitaxt in der Vergurtung auf seinem Rücken bedrohlich hin und her schwankte. „Karim, ich habe dir gesagt, dass es den Tod bedeutet, wenn ein Käuzchen zweimal schreit, wenn du an einer Blutbuche vorbei gehst. Blut und Tod! Eine Warnung. Wir sollen unseren Frieden mit den Göttern suchen!“ Karim schnaubte verächtlich. „Ich bete zu Kor vor einer Schlacht, wenn ich ihm das Blut meiner Gegner und mein eigenes opfere. NICHT wenn irgendein Vogel im Wald zwitschert. Warum glaubt ein so erfahrener Kämpfer wie du solche Ammenmärchen? Du willst doch ein thorwalscher Berserker sein und kein kleines Gör. Jammer mir also nicht den ganzen Tag die Ohren mit deinen Todesahnungen voll. Blut und Tod hast du gesehen? Wahrscheinlich betraf dies das Blut und den Tod des Kaninchens, welches uns zu Mittag die Mägen füllte.“
„Karim! Sag das nicht! Du weißt, mein Großvater mütterlicherseits war der weitgereiste Sven Haldegardson, der einen Zahn der Kinder H´Ranngars, der Ersäuferin, auf seinen Reisen erbeutet hat. Sein Wort zählt wie ein Eid. Er erzählte uns Jungvolk auch wie er im Farindelwald eine Hexe nach Berserkerart erobert hatte und sie ihm viele Geheimnisse der Hexenkunst verriet. Eben auch die Bedeutung der verschiedenen Rufe der Waldkäuzchen.“ Karim hatte nach dem Wort „Großvater“ bereits mit den Zähnen geknirscht. Der schon wieder. Ruhig, ruhig, mahnte er sich, während vor seinem inneren Auge er den erbeuteten Elfendolch nahm und seinem Gefährten in die schwatzhafte Kehle schleuderte. „Ach halt´s Maul Sven! Der Seemannsgarn von deinem tollen Großvater hängt mir zum Hals heraus.“
Karim drehte sich um und stapfte auf die kleine Lichtung hinaus, an deren Rand sein Gefährte wieder mit dem Unsinn begonnen hatte. Doch diesmal wollte Sven die Diskussion nicht wieder so einfach beenden. Mit drei schnellen Sprüngen hatte er Karim eingeholt und an der Schulter gepackt. „Karim, es ist ein Zeichen der Götter. Glaube mir! Die Geschichte mit der Wirtstochter. Es war ein Fehler, dies unserem Gefährten anzulasten.“ Gefährte! Karim spürte wie dieses Wort den Zorn in seinem Inneren freisetzte. Nur mühsam ließ er sein Schwert in der Scheide. Sven war zu gut. „Es war kein Gefährte von uns.“ knurrte Karim „Es war ein verdammter Elf. Ein Wilder – nicht besser als das Kaninchen, das wir heute Mittag gebraten haben.“ Karim sah, dass Sven zu einer Entgegnung ansetzte, doch nahm er diese kaum wahr. Sein inneres Auge zurück, ließ die Ereignisse wieder erstehen. Die Schlampe. Wollte die sich doch tatsächlich einem Elfen hingeben. Der hatten sie es gezeigt. Und am nächsten Tag die Genugtuung als er die Peitsche führen durfte. Welch´ Wonne. Er genoss die Erinnerung. Elfen er hasste sie. Er wusste, sie waren nichts anderes als die nördliche Abart der Djinnen. Er hasste die Djinnen. Die Djinnen hatten seinen Vater in den Wahnsinn getrieben, so dass er Karim ohne einen Heller in der Gosse gelandet war. Er musste sich selbst hochkämpfen. Er hasste sie alle.
Sven sah Ruhe im Gesicht Karims und deutete diese falsch. Er hoffte ihn doch noch zur Vernunft zu bringen. Wie sehr verkannte er die Gefühlslage seines Gefährten. „Karim, die Elfen sind nicht so wie du denkst. Hier im Norden hatten schon viele mit ihnen zu tun. Sie leben in den Wäldern, ja. Aber es sind keine wilden Tiere wie die Orks. Auch Voltan, der ja aus dieser Gegend stammt, hat dir dies mehrfach gesagt.“ „Ja, Voltan, unser Pfadfinder, wegen dem uns ein verfluchter Elf auf den Weg führen musste. Seine Kenntnisse sind sicher toll.“
Abwesend sah sich Karim um. Etwas stimmte nicht. Sven ließ sich nicht beirren: „Ja, Voltan. Er hat uns oft richtig geführt und er warnte uns vor unserem Ausflug, in das Gebiet der Salamandersteine einzudringen. Er hat uns vor der elfischen Zauberei gewarnt.“ „Und wo ist Voltan jetzt? Geflohen ist er, der Feigling!“ „Das ist nicht wahr. Du hast ihn fortgeschickt. Deshalb ist Hadubrandt auch mit ihm gezogen. Aber ich will mit dir darüber nicht streiten. Ich bin bei dir geblieben. Du bist unser Anführer. Ein guter Anführer. Wir hatten immer genug Beute und Spaß.“ Ein breites Grinsen zog sich über Svens rohes Gesicht. „Trotzdem sage ich, die Elfen sind nicht schlecht, sie wollen nur keine Besucher.“ „Was bist du? Ein Philosoph.“ „Nein sicher nicht, auch wenn ich nicht genau weiß, was das Wort bedeutet. Karim du bist viel schlauer als ich, aber die Götter …“ „Schon wieder die Götter!“ brauste Karim auf. „Jetzt reicht´s!“.
Karim drehte sich um und machte einen Schritt vorwärts. Ein sanftes Sirren ließ ihn sichernd inne halten. Ein Plop. Er wirbelte herum. Sein Freund stand ganz still, den Mund leicht geöffnet, als wollte er noch etwas sagen. Aus seinem rechten Auge ragte eine dünne Haselrute und zitterte leicht. So klein, so dünn im Vergleich zu seiner muskelbepackten Gestalt. Langsam brach die massige Gestalt zusammen. Blitzschnell war Karim in die Knie gegangen und spähte in die Richtung aus der die Haselrute gekommen sein musste. Nichts. Absolut nichts. Nicht einmal die Vögel waren verstummt. Dort. Eine Bewegung. Etwas kam auf ihn zu. Blitzschnell nahm es sein ganzes Gesichtsfeld ein. Und es wurde schwarz.
Ein Rabe flog über die Lichtung und wartete bis sich die dritte Gestalt mit dem glitzernden Gegenstand entfernte. Er würde heute fürstlich speisen.


Langsam hob sich der Morgennebel von der Wasseroberfläche des Drin. Ivan konnte schon das Praiosrund hinter den Schwaden erahnen, aber noch reckten die Bäume ihre knorrigen, verkrüppelten Äste durch den Nebel, so dass sich groteske Figuren bildeten. Ivan sog kräftig die nasse Morgenluft ein und ließ die Arme kreisen, um die Müdigkeit aus den Gelenken zu verscheuchen. Ivan musterte seine kleine Truppe, die sich ebenfalls gerade erhoben hatte. Der Notmarker fehlte. Vermutlich war der Pfadfinder wieder unterwegs, um Wild zu erlegen. Ivan hatte mit seinen fünf Mädels und Jungs die Aufgabe die Umgebung von Norburg zu sichern. Sie gehörten nicht zur Elitegarde. Nein. Aber Ivan war stolz auf seine Leute. Arme Bauern, Leibeigene, Zugereiste, aber unter seiner Führung hatten sie sich in den letzten Jahren an den Dienst gewöhnt.
Wo nur der Notmarker blieb? Normalerweise stellte er sich kurz nach dem Sonnenaufgang ein. Ein Schatten eilte durch den aufsteigenden Nebel heran. Unwillkürlich griff Ivan zu seinem Schwert. Die Wälder rund um Norburg waren eine gefährliche Gegend. Wilde Tiere, Goblins und menschliches Gelichter gab es hier zu Hauf.
Es war der Notmarker. Ivan sah im Augenwinkel, wie sich die Mitglieder seiner Truppe entspannten. Mit langen Schritten eilte der Notmarker auf ihn zu. Seine Augen waren weit aufgerissen, sein rechter Mundwinkel zuckte und Ivan konnte nahezu hören, wie das Herz des Notmarkers schlug. Irgendetwas hatte ihn in Aufregung versetzt. Was war geschehen? Seine Leute stellten sich um ihn auf, um ebenfalls den Bericht zu hören. Neugierige Bande, sie sollten die Umgebung sichern. Mit ein paar Handbewegungen und einem strengen Blick schickte er sie auf ihre Posten für solch eine Situation.
„Weibel Ivan! Weibel Ivan!“ stoßweise kam der Atem des Notmarkers, „Weibel Ivan kommt mit, dass müsst ihr Euch ansehen!“ „Beruhige dich, Notmarker, du tust ja so, als hättest du einen Dämonen.“ versuchte Ivan die Situation mit einem Scherz zu beruhigen, doch das Lächeln erstarb Ivan auf den Lippen, als er in die Augen des Notmarkers blickte. Etwas war ganz gewiss nicht in Ordnung, aber bei allen Göttern doch kein Dämon. Nicht hier, nicht in diesen Wäldern. Ivan konnte die Gänsehaut, die sich auf seinem Rücken bildete nicht verhindern. Ein schaler Geschmack stellte sich in seinem Mund ein. Er musste sich zusammen nehmen. Er war das Vorbild seiner Männer. Mit fester Stimme antwortete er: „Zeig uns, was du gesehen hast.“ Mit mulmigem Gefühl deutete er seiner Truppe zu folgen und schritt selbst hinter dem Notmarker her.
Dieser war eigentlich immer ein ruhiger Mann und schien schon viel erlebt zu haben. Diesmal jedoch wirkten seine Bewegungen gehetzt. Was war geschehen? Er würde es bald erfahren. Nun konnte es nicht helfen sich im Geiste das Schlimmste auszumalen, es konnte nur helfen auf die Umgebung zu achten und vorsichtig zu sein.
Sie schritten den Berghang hinan. Die zwergwüchsigen Bäume der Bachsenke wichen großen majestätischen Bäumen, die ihre Kronen in den Himmel streckten und unter ihren Zweigen ein beständiges Zwielicht erzeugten. Plötzlich drehte sich der Notmarker um und deutete nach vorne. Ivan mühte sich etwas zu erkennen. Dort an den Baumstamm der alten Buche gelehnt, saß eine Gestalt und zu ihren Füßen lag eine zweite. Der Notmarker deutete ihnen vorsichtig näher zu kommen. Ivan gab den anderen einen Wink sich zu verteilen und schritt mit dem Notmarker auf die Gestalten zu. Zwei Söldner. Schwer bewaffnet. Sie rührten sich nicht. Dann sah Ivan den Grund. Unter dem Bart der sitzenden Gestalt war die Kleidung rot. Rot von Blut. Der Notmarker deutete auf die liegende Gestalt. Auch ihr hatte man die Kehle durchgeschnitten. Der durstige Waldboden hatte das Blut bereits aufgesogen, so dass sie nicht in einer Blutlache lag.
Zwei Söldner. Schwer bewaffnet. Scheinbar im Schlaf überrascht. Dann betrachtete er die Gesichter genauer. Die Narbe über der rechten Augenbraue. Die kleine Tätowierung – ein merkwürdiges Ornament an der Wange des anderen. Er kannte die beiden von den Steckbriefen. Sie waren etwas wert. Sie sollten sehr gut sein. Normalerweise sollen sie mit zwei anderen Söldnern unterwegs sein. Ivan winkte den Notmarker zu sich.
„Sind Spuren von den anderen beiden vorhanden?“ „Keinerlei Spuren, Weibel, gar keine! Ich verstehe es nicht. Es mag dir so scheinen als hätten sie geschlafen. Aber ich habe mir alles angesehen. Der am Baum lehnende war wach, als es ihn erwischte. Er hat nichts bemerkt, obwohl sein Säbel griffbereit lag, griff er nicht danach. Der andere schlief und blieb gleich bei Boron. Wer ist so gewandt? Und die einzigen Spuren die ich gefunden habe, stammen von den Beiden. Es gibt noch den Abdruck eines Bogens neben dem Schlafenden. Den Bogen habe ich nicht gefunden. Aber sonst. Nichts. Gar nichts. Weibel Ivan, ihr kennt mich, ich übersehe keine Spuren. Aber hier ist nichts. Gar nichts! Welches Wesen hat die beiden erledigt, ohne auch nur die geringsten Spuren zu verursachen? Es muss Magie im Spiel sein. Schwarze Zauberei – Dämonen, denn diese genießen solch blutiges Werk. Wir sollten verschwinden!“ Ivan konnte sich nicht erinnern von dem Notmarker jemals eine so lange Rede gehört zu haben. Er war wirklich durch den Wind. Was sollte Ivan befehlen. Flucht?
Nein, sie hatten die Aufgabe die Grenze zu bewachen. Er würde ganz pragmatisch an die Sache herangehen, wie an jeden anderen Mord, und sein Herzrasen für den Augenblick vergessen. Und wenn die Dämonen zurückkehrten? Er konnte es ohnehin nicht verhindern. Wenn sie flohen, wären die Dämonen ohnehin schneller. Aber vielleicht würden sie nur hier angreifen? Was wenn …? Er spürte die aufkeimende Panik. Geordnete Gedanken waren das, was er jetzt benötigte. Ruhe. Standardvorgehensweise! Also, erst einmal die Lage sichern. Soweit möglich: Erledigt. Fremde begutachten. Steckbrieflich gesucht. Erledigt. Fremde gefangen nehmen. Unnötig da tot. Erledigt. Waffen und Rüstungen abnehmen. Gute Idee, die Stücke waren sicher etwas wert. Jetzt hatte sich Ivan wieder gefangen. Nicht, dass er sich keine Sorgen machte, keineswegs, aber nun konnte er die naheliegenden Aufgaben erfüllen, und die großen Sorgen erst einmal bei Seite lassen.
„Bojara, Rondrian, sichert weiter die Umgebung; Wassuliev, Polania, herkommen!“ Zwei seiner Leute verschwanden ohne Lärm im Unterholz, die anderen Beiden blickten sich an, bevor sie auf ihn zu liefen. Nervös sahen sie sich um. Er konnte es ihnen nicht verdenken. Er brauchte die Beiden. Jeder, der in Norburg stationierten Truppe, kannte sich mit Waffen ein wenig aus, aber Wassuliev hatte aus einer Notwendigkeit einen Zeitvertreib gemacht. Er kannte Waffen, von denen sonst niemand je etwas gehört hatte. Er konnte den Wert der Waffen und Rüstungen bestimmen und feststellen, was sie unter sich verteilen sollten, und was mehr Wert brachte, wenn sie es einem Händler anboten. Polania war stark wie ein Ochse, sie sollte die Gräber ausheben. Während er seine Leute instruierte, dachte er bereits an einen ganz bestimmten fahrenden Händler. Ein Norbarde. Dieser müsste eigentlich bereits in Norburg eingetroffen sein oder bald eintreffen, wenn sie von der Patrouille zurückkehrten. Ivan würde ihn in ihrer gemeinsamen Stammschenke schon finden und bei einem Meskinnes oder auch mehreren die Angelegenheit besprechen.
„Ivan.“ Wassuliev stand vor ihm. „Die Beiden scheinen mit einem Messer getötet worden zu sein. Eine merkwürdige Klinge, wenn ich nach der Wunde gehe. Ein Jagdmesser, aber mit einer dünnen Klinge. Habe ich noch nie gesehen. Das muss wie ein Spielzeug aussehen. Die Messer von den Beiden waren es nicht, denn sie scheinen noch alle Waffen bei sich zu haben, obwohl der Notmarker meint, dass ein Bogen bei ihnen gelegen hat. Also, nach meiner Ansicht passt ein Bogen nicht zur Bewaffnung der Beiden. Vielleicht hatten sie ihn für die Jagd mit, aber daran glaube ich nicht. Warum haben sie ihn also mitgeschleppt? Er musste einen Wert haben. Vielleicht wollte der Täter den Bogen? Aber hätte er alles andere zurückgelassen? Nein. Sogar die Geldbeutel sind noch da. Scheinen jedoch in letzter Zeit nicht viel Glück gehabt zu haben, unsere Freunde.“ Ein Grinsen überzog das Gesicht Wassulievs. Ein leichtes Zucken der Augenbraue von Wassuliev ließ Ivan erkennen, dass jener seine Ruhe noch nicht so wiedergefunden hatte, wie er vorgab. Wie sollte er auch? Es trieb sich etwas Gemeingefährliches in der Nähe herum, dem sie alle zusammen vermutlich nicht gewachsen waren. Ivan wischte den Gedanken beiseite und nahm die Geldbeutel in Empfang. Ihre Patrouillengänge waren immer lebensgefährlich. Pragmatisch bleiben. Das Geld. Er würde es für seine Leute verwahren. Sie können es brauchen. Wenn er es ihnen gleich gäbe, würden sie es nur bei der ersten Gelegenheit in Meskinnes umwandeln oder beim Würfelspiel verlieren. Es waren gute Jungs und Mädels, aber keine Voraussicht.
Bojara war die Ziege im Frühjahr vom Wolf gerissen worden, so dass ihre Kinder keine Milch mehr hatten und ihr Gatte nahezu verzweifelte, weil sie ihren Sold weiterhin mit vollen Händen beim Würfeln und Feiern durchbrachte und mit leeren Händen nach Hause kam. Ivan hatte die Familie unterstützt. Mit dem Geld für die Waffen und Rüstungen könnte er mehr als eine Ziege kaufen und die Kinder von Bojara zum Hüten gegen Milch anstellen. Und Rondrian, der seine Heirat dauernd aufschob, weil er seine Angebetete nicht freikaufen konnte. Er würde ihm schon auf die Sprünge helfen.
Geld. Das Geld von den Steckbriefen. Wie sollten sie belegen, dass die beiden Strauchdiebe tot waren. Sie nach Norburg schleppen, war unmöglich. Die Waffen. Nicht gut, dann müssten sie diese abgeben, und es stand nicht fest, dass der Hauptmann nicht Geld und Waffen für sich einbehielt, weil sie ja ohnehin in seinem Auftrag unterwegs gewesen seien. Ihre Köpfe. Wäre eine Möglichkeit. Ivan grauste. Wer von seinen Leuten könnte es tun? Niemand. Er musste es selbst tun. Der Notmarker würde ihm vielleicht helfen. Aber wie konnte er die Belohnung kassieren, ohne dass der Hauptmann es einsteckte. Genauso wie das Geld für die Waffen? Der Norbarde. Nein, der kaufte keine steckbrieflich Gesuchten. Aber vielleicht! Er kannte noch jemanden. Ein Herumtreiber, ja, vielleicht selbst ein Strauchdieb, aber bisher hatte ihn niemand erwischt und er schien gut zu leben. Jener hatte schon selbst steckbrieflich Gesuchte abgegeben, tot, niemals lebend. Ivan hatte schon mit ihm gesprochen, ein eigenbrötlerischer Geselle. Vielleicht ließ sich ein Geschäft mit ihm machen. Er sollte für eine Prämie die Köpfe abgeben und die Belohnung kassieren und ihnen bringen.
Entschlossen blickte Ivan auf und winkte den Notmarker zu sich. Er hatte seine Ziele gesetzt. Er würde es tun, für sie alle. Und sollte der Dämon zurückkommen, hatten sie ohnehin Pech gehabt.


Hohe Bäume reckten ihre Äste in den Himmel. Vögel zwitscherten in ihren Zweigen. Eichhörnchen laufen an der rauen Rinde der Jahrhunderte alten Bäume sich im Spiel gegenseitig verfolgend auf und ab. Nur einzelne Lichtstrahlen erhellen das Zwielicht unter den Bäumen. Doch dort wo diese den Boden berührten, glänzten von Schmetterlingen umschwärmte bunte Blumen.
Nahe eines dieser Strahlenbündel zwischen dem Wurzelwerk eines uralten Baumes beugte sich eine einsame Gestalt über ein kleines rauchloses Feuer. Leise mit der Melodie des Waldes mitsummend, beginnt er den neben ihr liegenden Hasen mit einem zierlichen elfischen Jagdmesser auszuweiden. Heute würde er seine Sippe wiedersehen und mit den anderen gemeinsam das große Lied anstimmen. Er war glücklich und zufrieden und in Harmonie mit sich selbst und dem Wald. Er hatte seinen Bogen, sein Messer und einen Schatz an neuen Erfahrungen. Was wollte er mehr.


LEXIKON

Blutbuche häufiger Baum in Aventurien
Boron Gott des Schlafes und des Todes
Bornland Nation im Nordosten Aventuriens
Djinn, -en elementare Wesenheiten mit eigenem Bewusstsein und magischen Fähigkeiten
Drin kleiner Fluß westlich von Norburg
Dukaten Währung im Mittelreich
Elfen menschenähliches Volk, etwas größer und graziler gebaut, beherrschen Magie, manche Sippen leben als Wildbeuter in den Wäldern der Salamandersteine
Farindelwald verwunschener Wald im Nordwesten des Mittelreiches
Gareth Hauptstadt des Mittelreiches
Goblins menschenähnliches Volk, kleinwüchsig mit einem meist roten Pelz
Heller Währung im Mittelreich, hundert Heller sind ein Dukaten
H´Ranngars Kinder Seeschlangen
Kaiser Alrik Schnurrbart weitausladender, dünner, zu zwei Spitzen zulaufender Schnurrbart, der viel Pflege bedarf
Kor Gott des menschenmordenden Kampfes, wird hauptsächlich von Söldnern verehrt
Levthan Sohn der Rahja, Halbgott, wird oft als Sinnbild für die rein körperliche Vereinigung ohne Liebe herangezogen
Liebliches Feld Nation im Westen Aventuriens, südlich des Mittelreiches, bekannt für seine hochstehende, aber dekadente Kultur
Madascheibe der Mond
Meskinnes bornländischer Schnaps
Mittelreich größtes derzeitiges Reich in Aventurien, erstreckt sich in der gemäßigten Klimazone von der Westküste bis zur Ostküste
Norbarden Volk von reisenden Händlern
Norburg Stadt im Westen des Bornlandes
Notmark Stadt im Osten des Bornlandes
Orks menschenähnliches Volk, kräftig gebaut mit einem (meist) schwarzem Pelz, leben oft von Raub, da für sie nur die Stärke zählt
Orkisch Eigenschaftswort bei den Menschen, um zu beschreiben, dass das Angesprochene schlecht sei
Phex Gott der Kaufleute und Diebe
Phexenskinder Diebe
Praios Götterfürst, Gott der Gerechtigkeit und der Sonne
Praiosrund Sonne
Rahja Göttin der Liebe, des Weins und der Ekstase
Salamandersteine Gebirge im Norden des Mittelreiches, stark bewaldet, unerforscht
Silbertaler Währung im Mittelreich, zehn Silbertaler sind ein Dukaten
Thorwaler seefahrendes Volk im Nordwesten Aventuriens, bekannt für seine wilden Kaperfahrten
 

flammarion

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Schön, dass Du den Weg zu uns gefunden hast. Wir sind gespannt auf Deine weiteren Werke und freuen uns auf einen konstruktiven Austausch mit Dir.

Um Dir den Einstieg zu erleichtern, haben wir im 'Forum Lupanum' (unsere Plauderecke) einen Beitrag eingestellt, der sich in besonderem Maße an neue Mitglieder richtet. http://www.leselupe.de/lw/titel-Leitfaden-fuer-neue-Mitglieder-119339.htm

Ganz besonders wollen wir Dir auch die Seite mit den häufig gestellten Fragen ans Herz legen. http://www.leselupe.de/lw/service.php?action=faq


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Gerechtigkeit

Müde streckte er seine Glieder, die in den letzten Stunden an den behelfsmäßigen Pranger gebunden waren. Die Schmerzen waren erträglich, aber seine gesamte Habe war ihm von den Menschen weggenommen worden. Seine Augen brannten, wenn er an seinen wundervollen Bogen dachte, den ihm sein Mentor geschenkt hatte und mit dem er den gerissenen Eber Halbzahn erlegt hatte. Seine Sippe hatte ihm damals ein Fest gehalten. Ein Stoß in seinem Rücken unterbrach seine angenehmen Erinnerungen. Missmutig deuteten ihm die beiden Büttel aus dem Dorf zu verschwinden. Eine Mischung aus Hass und Furcht verzerrte ihre Gesichter. Menschen. Nachdenklich machte er sich auf den Weg, wie war es nur dazu gekommen.


Seine Jugend hatte er wohlgeborgen im Schoße der heimatlichen Sippe verbracht. Die Jagd erlernt, die Wege der Natur. Der Begleiter seiner Mutter war sein Mentor geworden, gezeugt jedoch hatte ihn ein Fremder. Dieser war eines Tages gekommen, und hatte eine Gruppe Orks verjagt, die damals der Sippe lästig viel. Zum Dank ging seine Mutter zu dem Krieger, bis dieser das Gebiet der Sippe wieder verließ. Er soll ein schimmerndes Obergewand aus hartem Metall getragen haben. Sollte es ähnlich gewesen sein den Panzern, welche die schmutzstarrenden Büttel trugen? Er konnte es sich nicht vorstellen.
Warum hatte ihn nur seine Neugierde dazu verleitet den heimatlichen Wald zu verlassen und sich zu den Menschen zu wagen? Vor zwei Läufen des Mondes war er aufgebrochen. Im Wald kam er schnell voran, die Natur blühte und es war leicht, jagdbares Wild zu finden. Etliche Male hatte die Sonne die Baumwipfel berührt, bevor er auf seine ersten Menschen stieß. Abgerissen stolperten sie durch den Wald, lärmend wie sonst nur Hirschbullen in der Brunft. Ihre Stimmen waren rau, doch konnte er Wortfetzen verstehen. Sie schienen die Sprache zu sprechen, die ihm sein Mentor gelehrt hatte. Dieser musste erwartet haben, dass er einmal zu den Menschen gehen würde. Nachdenklich ihnen folgend betrachtete er ihr Verhalten. Sie suchten sich für ihren Weg immer das dichteste Unterholz aus, ja manchmal taten sie so als wollten sie jagen, machten aber soviel Lärm, dass sie alles Wild im Umkreis verscheuchten. Am Abend machten sie ein riesiges Lagerfeuer aus feuchtem Holz, das so fürchterlich rauchte, dass er sich schnell zurückzog. Sollte er sich ihnen bemerkbar machen? Ja. Er hatte gesehen, dass es ihnen an Fleisch mangelte, er würde ihnen also als Gastgeschenk Wildbret mitbringen. Am nächsten Morgen marschierte er mit einem jungen Reh auf den Schultern zu ihrem Feuer. Drei lagen in Decken gehüllt um das Lagerfeuer, ein weiterer schlief an einen Baum gelehnt etwas abseits. Da sie sich nicht rührten, begann er sie beobachtend das Reh auszuweiden. War er wirklich mit diesen verwandt? Ihre Decken waren speckig, ihr Haupthaar kurz geschnitten und ungepflegt, ja mit den schmutzigen Bärten konnte ei junger Elf sie fast für die Orks aus den Erzählungen halten. Auch ihr Geruch war orkisch.
Einer schien endlich aufzuwachen. Mit einem lauten Schrei sprang dieser plötzlich auf und griff zu seinem Säbel. Auch die anderen sprangen auf und griffen nach ihren Waffen. Sie sahen unbeholfen und schwerfällig aus, wenn sie sich bewegten, hatten ihn aber effizient umstellt. Freundlich grüßte er sie, und es entspann sich ein Gespräch, in dessen Folge sie die Waffen wegsteckten. Er erfuhr, dass sie aus einem Land namens Gareth seien und durch die Lande reisten, um Abenteuer zu erleben. Dies verstand er nicht ganz. Sie begaben sich absichtlich in Gefahr, schienen aber die Gefahr nicht als Herausforderung zu betrachten, der sie sich stellten, um an ihr zu wachsen. Sondern irgendjemand schenkte ihnen etwas dafür. Merkwürdig. Er würde sie genauer fragen müssen, aber das hatte noch Zeit. Seine Begleiter sprachen immer wieder von Gold und zeigen ihm funkelnde Metallstücke. Schön – aber wofür waren diese gut? Als sie ihm sagten, dass sie die Straße nicht fänden, versprach er ihnen, sie zum festgetrampelten Pfad der Menschen am Waldrand zu führen.
Sie erzählten ihm in den folgenden Tagen immer wieder, was sie alles erlebt hätten, die Befreiung einer Kaufmannstochter aus den Händen von Räubern, den Kampf mit einem Drachen und Vieles mehr. Manches kam ihm merkwürdig vor; warum sollte ein Drache von ein paar Schwerthieben sterben? Wie hatten seine in der Natur unerfahrenen Gefährten den Drachen und seine Höhle gefunden? Aber er schob dies auf seine mangelhafte Kenntnis der Sprache. Von den Gebräuchen der Menschen verstand er aber kaum etwas, na ja, seine Gefährten würden ihm sicher alles erklären wenn sie die Ansammlungen der Menschen erreichten.


Vor drei Sonnenläufen waren sie zu so einer Ansammlung gekommen. Seine Gefährten nannten es ein Dorf und klopften an ein großes Haus aus Balken und Lehm; gebaut wie die meisten Gebäude in dem Dorf, nur größer. Merkwürdig fühlte sich dieses Wort auf seiner Zunge an. Und das viele tote Holz in den Gebäuden bedrückte ihn. Ein Mann namens Wirt empfing sie und führte sie in das Gebäude zu einem Tisch. Er übergab dem freundlichen Herrn ein Gastgeschenk – einen kleinen funkelnden Stein, den er einmal in einem Flussbett gefunden hatte. Der freundliche Mensch mit Namen Wirt meinte, damit können sie lange in seinem Haus speisen und trinken. Gastfreundschaft schien auch den Menschen etwas zu bedeuten.
Die Tochter des Herrn Wirt brachte ihnen Getränke und Speisen der Menschen. Seine Gefährten stürzen sich darauf, wie wenn sie seit mehreren Mondläufen nichts gegessen hätten, dabei hatte er erst am Vortag zwei Hasen für sie erlegt. Auch den scharfen Getränken sprachen sie herzhaft zu. Er hatte nach dem ersten Schluck einen Hustenanfall und bat um reines Wasser. Dies brachte ihm zwar einen erstaunten Blick der Tochter und das Gelächter seiner Gefährten ein, aber das andere Getränk war einfach ungenießbar. Es brannte beim Trinken und würde Geschmacks- und Geruchssinn für mehrere Tage beeinträchtigen. Der Eintopf schmeckte zwar fremd, aber angenehm, und das Brot war frisch. Welches Fleisch wohl in dem Eintopf war, es schmeckte weder nach Reh noch nach Hase, seltsam, eigentlich sollte er jedes essbare Wildtier kennen, vermutlich war es die ihm fremde Zubereitung.
Nach dem Mahle zog er seine Flöte aus der Tasche und begann eine sanfte Weise anzustimmen, die er viele Male mit seiner Sippe gespielt hatte. Die Gespräche verebbten und alles lauschte gespannt seiner Melodie, die ihn an seine Heimat erinnerte. Hohe Tannen, zerfurchte Felsklippen, rauschende Bäche – er sehnte sich heimzukehren. Aber zuerst wollte er die Menschen näher kennenlernen, waren sie doch auch Teil seiner Vergangenheit. Nachdem er geendet hatte, klatschten die Menschen in die Hände und baten ihn weiterzuspielen. Er erfüllte ihren Wunsch noch zwei Weisen lang, doch dann packte er seine Flöte wieder ein. Es war einfach zu laut. Und nun begannen seine Gefährten auch noch zu singen, ihre Stimmen waren schauderhaft und das Getränk schien es noch zu verschlimmern. Schnell verabschiedete er sich, um dem Grölen zu entkommen. Die Tochter führte ihn zu dem für ihn und seine Gefährten bestimmten Zimmer und zeigte ihm das Bett, meinte es sei wunderbar weich und stabil, er solle es gleich ausprobieren. Er dankte ihr, hatte aber den Eindruck, dass er irgendetwas nicht verstanden hatte. Sie sagte noch etwas über eine Rahja und deren Geschenk der Freude, als er jedoch nicht reagierte, verließ sie abrupt das Zimmer. Er folgte ihr bald, da er nicht die Absicht hatte in dem stinkenden, schmutzigen Zimmer die Nacht zu verbringen. Niemand achtete auf ihn, als er das Gebäude verließ und auf den Apfelbaum zusteuerte, der ihm schon beim Eintreffen aufgefallen war.
Es war ein lauer Abend und der Wind säuselte süß in den mit Blüten beladenen Zweigen des Baumes. Gewandt schwang er sich nach oben und machte es sich in einer Astgabel bequem. Er betrachtete eine Weile die silberne Madascheibe und die funkelnden Sterne, die hier in der Menschenwelt scheinbar an Glanz verloren hatten, dann lehnte er sich zurück und lauschte im Halbschlaf der Waldläufer den Geräuschen der Menschenansammlung. So entging ihm nicht, dass es Geschrei im Zimmer gab als seine Gefährten sich zu Bett begaben. Die Menschen mussten scheinbar bei allen ihren Trieben laut und gewalttätig sein. Ein paar andere Gäste riefen irgendetwas lachend nach oben und verschwanden wieder in der Wirtsstube. Nein, ihm gefielen sie nicht, er würde morgen wieder in seine heimatlichen Wälder zurückgehen. Er konnte ja nach ein paar Winter wieder zu den Menschen schauen, er glaubte aber nicht daran.


Bevor noch das gelbe Auge wieder den Himmel erleuchtete, war er aufgestanden und eine Runde durch den nahen Wald gestreift. Nun baumelten zwei Kaninchen an seinem Gürtel. Er genoss in Gedanken schon den zarten Geschmack, wenn er sie mit den gefundenen Kräutern zubereiten würde.
Vor dem Haus des Wirtes hatte sich eine laut schreiende und gestikulierende Menge versammelt. Als sie seiner ansichtig wurden, wurde er sofort eingekreist und alle brüllten auf ihn ein, dass er sich die Ohren zuhalten musste. Sie begannen ihn zu einem anderen großen Haus zu schieben, teilweise hatte er sogar den Eindruck, dass sie nach ihm schlugen, wenn der Mann an der Spitze nicht hersah. Warum taten sie dies? War dies eine Begrüßung wie bei den kleinen Rotpelzigen. Sein älterer Bruder hatte ihm davon erzählt. Sie schossen Pfeile dicht aneinander vorbei und sprangen wild schreiend umeinander herum. Wie lange war es her, dass er seinen Bruder nicht mehr gesehen hatte. Vielleicht zwei handvoll Winter. Sein Bruder war immer nur auf kurze Besuche gekommen, da ihm die Menschen viel zu nahe lebten, seit sie die Menschenansammlung unter dem Wasserfall gegründet hatten. Bald darauf sei sein Bruder weggezogen - in die tieferen Wälder der echten Salamandersteine.
Die Bewohner des Dorfes hatten ihn bis vor die Terrasse des zweiten großen Hauses geschoben und der Mann, der an der Spitze gegangen war, setzte sich auf ein vorbereitet – mmh, wie nannte man das verbundene Holz – ah! Stuhl – und erzählte etwas. Scheinbar schien es den Dorfbewohnern zu gefallen, denn sie murmelten beifällig. Er verstand nicht viel von dem was der Mann sagte, lediglich einzelne Brocken von Tochter des Wirtes, Gewalt, gegen Rahja, irgendein Levthan, Tier. Der Mann sprach viel zu schnell und mit einer merkwürdigen Betonung der Worte, dass sie ihm teilweise in den Ohren verschwammen und er weder Anfang noch Ende des Wortes erkennen konnte. Er wollte den Mann loben, ob seiner Rede und fragen um den Inhalt, aber plötzlich standen die zwei Büttel an seiner Seite und drohten mit ihren Spießen. Er wusste zwar nicht, was sie hatten, aber er blieb vorerst stehen und sah sich dieses menschliche Verhalten weiter an. Er kam sich wie ein echter Forscher und Gelehrter vor, der eine der Stammesentscheidungen aus den Legenden beobachtete.
Erst erzählten seine Freunde, wie sie ihn im Wald begegnet seien und er mit ihnen gezogen sei. Dann kamen der Wirt und seine Tochter. Er schien zornig und sagte etwas über einen Strick und Gerechtigkeit, - ein schweres Wort der Menschensprache war es für ihn gewesen, es zu lernen und zu verstehen. Aber sein Mentor hatte sich bemüht, denn es hatte eine wichtige Bedeutung: „Die Stelle des Lebens einnehmen, an die man gestellt war.“ Die Tochter flüsterte mit dem Mann, den er nicht kannte, endlich jemand der auf seine zarten Ohren Rücksicht nahm, bisher hatten alle gebrüllt als sei ihr Nachbarn auf der anderen Seite eines Hügels. Sie erzählte, dass sie ihn aufs Zimmer gebracht habe, und dann etwas von Gewalt und dass er wie ein Tier sei. Dabei konnte sie gar nicht wissen, dass er sich ab und zu in den geschmeidigen Lauerjäger mit dem sonnengelben Fell verwandelte, seinem Seelentier. Am Schluss zeigte sie auf ihn, verhüllte ihr Gesicht und lief weinend davon. Er wäre ihr gerne nach, um sie zu fragen, was sie habe. Er hätte sicher auch die blutigen Risse und blauen Flecken heilen können, die er bei ihr bemerkt hatte. Sie musste gestern gestürzt gewesen sein.
Der unbekannte Mann sagte etwas von einem Edikt und Kaiser, wobei dieser eine Ehrenbezeichnung Richtung Süden machte, da murrten die Menschen, dann sagte der Mann ein Wort, dass er nicht zuordnen konnte – Pbrangaa - und die Leute wurden wieder fröhlich. Sie begannen an ihm herumzuzerren, dass er ebenso begann sie wegzustoßen. Da griff doch einer tatsächlich nach seinem Bogen und wollte ihn ihm wegnehmen, seinen Bogen der wie seine Seele war. Er gab diesem frechen Menschen tüchtig eins auf die Nase, dass dieser zurückwich, aber plötzlich stürzte sich alles auf ihn und er erhielt einen Schlag auf den Kopf, dass ihm schwarz vor Augen wurde.
Er erwachte an eine merkwürdige Holzkonstruktion am Dorfplatz gebunden. Er nahm an, dass diese Konstruktion mit dem Menschenwort Pbrangaa gemeint war. Er hatte also ein neues Menschenwort gelernt.
Er kniete vor einem Holzklotz, an den seine Arme gebunden waren; seine Kleidung und seine Habe war nicht zu sehen. Man hatte bemerkt, dass er erwacht war. Es wurde kurz laut und dann wieder ruhig. Er fragte, was dies solle. Da hörte er die Stimme des Unbekannten in seinem Rücken und fühlte einen stechenden Schmerz. Er drehte sich soweit es seine Fesseln zuließen und sah wie der Unbekannte erneut mit der Peitsche ausholte. Mehrmals ließ der Unbekannte die Peitsche auf seinen Rücken herabsausen, es schien dem Unbekannten Spaß zu machen, denn er lachte. Dann gab der Unbekannte die Peitsche dem Mann Wirt. Dieser hatte gerade mit seiner Tochter gesprochen und wirkte etwas blass. Der Mann Wirt hob die Peitsche, warf sie dann aber fort und lief zu seinem Haus. Seine Tochter folgte ihm. Missmutig schaute der Unbekannte den beiden nach, dann befahl der Unbekannte den Gefährten von ihm die Peitsche zu nehmen. Zwei hatten sichtlich Unbehagen damit und ihre Schläge waren zaghaft, aber die anderen beiden schienen mit ihrem Grinsen und ihrer Schlagkraft noch den Unbekannten übertrumpfen zu wollen.
Es dauerte lange. Er hatte die Zeit nicht mehr wahrgenommen, nur mehr den Schmerz. Der Schmerz hielt ihn am Leben. Das Leben war sein Leben, niemand konnte es ihm nehmen. Er meditierte – auch wenn er es nicht so genannt hätte – für ihn war es einfach nur ein intensiver Traum. Und Träume waren und sind für ihn und sein Volk oft wirklicher als das Leben.


Nun hatte sie ihn vor das Dorf geführt und weggeschickt. Ohne Nahrung. Sie hatten ihm alle Ausrüstung abgenommen. Seinen Bogen, sein Messer, seine Kleidung, sogar den Beutel mit den bunten Steinen. Er schaute auf den dunklen Tann vor ihm. Er hatte keine Angst. Der Wald war seine Mutter, seine Lehrerin und seine Geliebte. Er würde als erstes seine Wunden versorgen, der Wald gab ihm Kräuter, dann Jagdwaffen herstellen, der Wald gab ihm Baum und Busch, Nahrung suchen, der Wald gab ihm Wild und Beeren. Wenn er sich beim nächsten Untergang des gelben Auges neue Kleidung genäht hatte, würde er ins Dorf zurückkehren und sich seinen Bogen zurückholen.


Arissa war unruhig. Obwohl sie heute Bett und Kammer nicht mit ihren Geschwistern teilen musste, konnte sie nicht schlafen. Sie hätte gestern nicht falsch Aussagen sollen. Die Götter würden sie strafen, sie spürte es. Aber die Fremden hatten gedroht, sie und ihren Vater umzubringen und die Wirtschaft anzustecken. Vom Vogt war sicher keine Hilfe zu erwarten gewesen. Der Vogt und seine Bütteln waren nur stark, wenn sie von wehrlosen Bauern den Zehent eintrieben. Bewaffnete Fremde ließen den Vogt und seine Büttel schlottern. Warum war sie selbst auch wieder auf das Zimmer gegangen. Nur weil ihr der Elf gefallen hatte, und dann hatte er ihre Reize abgelehnt. Sie wollte nochmals versuchen, ihn zu verführen, und dann war er nicht im Zimmer und seine Begleiter hatten sie überrascht und waren über sie hergefallen. Sie hasste es, aber als Leibeigene gehörte ihr Körper sowieso irgendeinem Adeligen, den sie noch nie gesehen hatte. Auch der Vogt und manchmal seine Besucher hatten es ihr schon eindringlich gezeigt. Ihr Vater hielt es für eine Ehre. Sie ekelte sich einfach nur davor. Sie hatte schon überlegt einen der „Freier“ zu töten, aber man würde nur ihren Vater und ihre Geschwister zur Rechenschaft ziehen. Nichts würde sich ändern. Niemals.
Sie hörte etwas. Jemand ließ sich auf dem Bett neben ihr nieder. Sie blickte von ihrem Kissen auf und sah in dunkle alterslose Augen. Ihre Seele konnte sich in ihnen verlieren. Sie sah dunkle Wälder, perlende Wasserfälle, Freude, Gemeinschaft, Trauer und Schmerz. Sie fühlte ihren eigenen Schmerz. Ihr stiegen Tränen in die Augen. Sie ließ ihren Gefühlen freien Lauf. Kostete den Schmerz. Ihr Leid. Und wurde Eins mit ihrem Leben. Sie fühlte eine innere Kraft in ihr wachsen und sah in die Augen des Elfen, der ihr die Hand auf die Schulter legte und leise summte. (bian bha la da’in). Sie fühlte, dass der Elf, den sie eigentlich nicht kannte, ihr Freund war. Ihm konnte Sie alles erzählen. Ihre Wünsche und Sehnsüchte, ihre Schmerzen und Leiden. Mit großen Augen betrachtete er sie, als sie ihm ihr Leben erzählte. Manchmal fragte er bei für sie klaren Begebenheiten nach und schüttelte verwundert den Kopf. Er war ja so naiv.
Sie starrte ihm nach als er im Dunkel der Nacht verschwand. Das flackernde Licht der Feuer aus den Fenstern einzelner Häuser konnte die Finsternis zwischen den Häusern nicht erhellen. Wie ein Eichhörnchen war er geräuschlos an der Mauer unter ihrem Fenster hinab zum Boden geklettert und hatte ihr einen kurzen Blick aus seinen alterslosen Augen zugeworfen – die klar vor ihr waren, obwohl seine Gestalt bereits mit der Umgebung verschwamm. Dann drehte er sich um und eilte zielstrebig auf das Haus des Vogts zu.
Arissa spürte, dass sie eine Gänsehaut bekam, wenn sie an ihn dachte. Seine Gedanken waren so fremd für sie, - wie für ihn scheinbar das Leben in einem Dorf. Er war wild und frei, und doch voller Mitgefühl. Sie hatte ihm alles erzählt und seine Strafe für ihren Betrug erwartet. Er jedoch hatte sie sanft in den Arm genommen und zärtlich getröstet, als sie weinend zusammenbrach. Sie spürte noch seine starken Hände, die doch mild wie ein zarter Windstoß über ihre Haut glitten, seinen süßen Geschmack auf ihren Lippen und seinen herben Geruch. Doch wie ein Traum war er im Dunkel der Nacht verschwunden. War es nur ein Traum gewesen? Wenn ja, würde sie sich niederlegen und diesen Traum noch einmal träumen. Es konnte doch schön sein.


Heute war nicht sein Tag. Sein lahmes Bein schmerzte seit einigen Tagen höllisch, dabei waren keine Anzeichen eines Sturmes zu sehen. Sein Bein schmerzte normalerweise nur, wenn ein Sturm kam. Vielleicht wurde er alt. Er schauderte bei diesem Gedanken.
Vor einigen Jahren hatte das scheuende Pferd des Vogtes seinem Söldnerleben ein Ende gesetzt, indem es ihm mit einem Tritt den linken Unterschenkel zerschmetterte. Das waren noch Zeiten als er mit seinen Kameraden und dem Vogt die Steuern eintreiben ging. Damals konnte man sich nehmen, was man wollte, wenn die Bauern und ihre Weiber vor Schreck wie versteinert waren oder überhaupt wie die Hasen flohen. Er grinste bei dem Gedanken. Der Vogt bestimmte die Höhe und Art der Steuern und sorgte gut für seine Leute.
Doch als ihm das Bein zerschmettert wurde, war plötzlich kein Silbertaler für einen Heiler da. Zornbrecht musste froh sein, dass er nicht als Bettler endete, sondern der Vogt ihn als Hausdiener aufgenommen hatte. Hausdiener! Er hasste dieses Wort und die dazugehörenden Pflichten.
Nun pochte es mitten in der Nacht an die Tür und er war verpflichtet nachzusehen, wer es war. Wenn der Vogt ihn zu sehen wünschte, musste er den Besucher zu ihm bringen, aber wenn nicht, sollte er den Vogt ja nicht wecken. Sein Vorgesetzter liebte seinen „Schönheitsschlaf“, wie er es nannte. Zornbrecht hatte erfahren, was eine falsche Entscheidung für ihn bedeutete, und nur der Gedanke an die Peitschenhiebe ließ seinen Rücken erneut schmerzen.
Es war dunkel im Flur. Sein Kienspan sorgte nur für wenig Helligkeit, so dass der graue Schatten der aus festen Balken geschaffenen Tür zwar leidlich zu erkennen war, aber die Wände des Vorraumes bereits im Dunkeln lagen. Sein Bein schmerzte. Ach verflucht, wer wollte etwas um diese götterverlassene Zeit. Das Pochen erklang erneut. Die Dielen knarrten unter seinen zögernden Schritten, der erkaltete Rauch der Feuerstätte drang Zornbrecht in die Nase und reizte ihn zum Niesen. Wer hatte ihn von seiner Lagerstatt gejagt? Ein neues Geräusch. Zornbrecht standen die Haare zu Berge, er blieb kurz vor der Tür stehen und lauschte. Was war das? Eine leise Melodie. Eine wunderschöne Melodie. Sie kam von draußen. Er fühlte sich leicht, kein Schmerz war in seinem Bein. Er könnte tanzen. Er öffnete die Tür.
Da war eine wartende Gestalt. Er sah sie an. Er kannte sie. Oder nicht? Die Gestalt erklärte eine alte Freundin des Vogts zu sein. Sie würde erwartet. Waren dies die Worte? So ungefähr, sicherlich! Zornbrecht war auf dem Weg zu seiner Schlafstelle im Gesindesaal. Er hatte der Gestalt beschrieben, wie sie am besten zur Kammer des Vogts gelangen würde. Hatte er ihr noch etwas gesagt? Nein? Hätte er etwas servieren sollen? Nein, die Gestalt hat gesagt, dass der Vogt sie allein empfangen wollte. Wer war sie? Eine alte Freundin. Vielleicht wollten sie und der Vogt das Wiedersehen im Sinne Rahjas feiern? Zornbrecht war im Gesindesaal angekommen. Müde legte er sich nieder. Alles würde gut.


Alrik gönnte sich einen kurzen Blick über den gut gefüllten Gastraum und lächelte. Im Geiste zählte er schon die Silbertaler, die ihm der heutige Tag bringen würde. Auch wenn ihn etwas ganz anderes beschäftigt, war dies zu seiner zweiten Natur geworden. Er war heute kaum zur Ruhe gekommen und hatte mehr eingenommen als seit langem. Seit der Tod des Vogtes zu Mittag bekannt geworden war, hatte sich das Dorf in eine überbrodelnde Gerüchteküche verwandelt. Was würde nun geschehen? Wer würde als neuer Vogt von der Herrschaft eingesetzt werden? Ein Fremder, einer aus dem Dorf? Ein Mann oder eine Frau? Wie würde sie oder er sein? Würden die Söldlinge ohne ihren Anführer das Weite suchen oder über das Dorf herfallen und morden, vergewaltigen und brandschatzen?
Aber die meist gestellte Frage war: „Was war wirklich geschehen?“.
Auf diese Frage gab es unzählige Antworten. Jeder glaubte es zu wissen. Von Räubern, Gift, Hexen, Magie, ja sogar Drachen war die Rede. Als wenn man einen Drachen nicht im ganzen Dorf bemerkt hätte. Die Pragmatischeren dachten eher an die Söldner, die vor ein paar Tagen im Dorf genächtigt und einigen Aufruhr verursacht hatten. Diese Bastarde. Der alte Zornbrecht war ganz in seinem Element und erzählte die schaurigsten Geschichten von schwarzen Dämonen, welche den Vogt geholt hätten. Dämonen. Diese Geschichte gefiel Alrik. Der Vogt war nicht beliebt gewesen. Er war habgierig und neidisch und seine Peitsche war ein harter Lehrmeister gewesen. Der Vogt hatte Alrik oft genug seine Einnahmen unter Berufung auf eine obskure neue Steuer abgenommen. Dämonen des Geizes und des Neides passten ausgezeichnet zum Verstorbenen. Und keiner würde näher nachforschen. Wer wollte sich schon mit Dämonen anlegen? Alrik würde diese Geschichte schüren. Niemand sollte auf einen anderen Gedanken kommen. Niemand sollte an den Elfen am Pranger denken. Warum schien eigentlich niemand an diesen zu denken? Vermutlich wollten die meisten, dass der Tod des Vogtes eine geheimnisvolle, eine magische, ja eine mystische Ursache hatte. Dann gab es keine Überprüfungen, keine weiteren Schritte gegen irgendjemanden, keine Schuld und bald würde der Tod des Vogtes zu einer nett-schaurigen Geschichte für die langen Winterabende, ohne dass man sich wirklich darüber Gedanken machen musste. Eine spannende Erzählung über ein lange vergessenes Ereignis. Ja, das würde funktionieren.
Er dachte an den Elfen. Wie war er selbst wütend auf diesen gewesen. Doch dann hatte ihm seine Tochter die Wahrheit erzählt. Er zitterte noch heute bei diesem Gedanken. Diese wahrlich sinnlose Wut – auf den Falschen. Travia und die anderen Götter Alverans mögen ihm verzeihen und beistehen. Fast wäre er dem listigen Rachedämon verfallen. Mit diesem Wissen konnte er den Elfen nicht mehr peitschen. Der Elf war unschuldig. Er wusste, dass der Vogt ihm dafür eine hohe Strafe auferlegen würde, aber er hatte sich in diesem Moment geschworen sein Leben Travia zu weihen; er würde mit jeder Faser danach streben, deren Gebote hoch zu halten. Das Peitschen eines Unschuldigen verstieß gegen Travias Gebot des Anstandes. Er würde die Strafe tragen, die der Vogt sich ausdenken würde.
Heute in der Früh wusste er, dass er keine Strafe vom Vogt mehr zu fürchten brauchte. Der Vogt war tot und er lebte. Travias Gunst war mit ihm. Ja, heute in der Früh war seine Tochter zu ihm gekommen, und hatte ihm erzählt, dass der Elf in der Nacht bei ihr gewesen ist. Sie habe ihm alles erzählt. Alrik hätte vermutet, dass dieser Wilde seine Tochter töten würde, wenn er die Wahrheit erführe. Nein, der Elf hatte sich die Geschichte angehört und war gegangen. Und als Arissa erwachte, hatte sie einen kleinen Lederbeutel auf dem Schemel neben dem Bett gefunden. Den Lederbeutel, den der Vogt von dem Elfen konfisziert hatte. Arissa hatte Alrik den Inhalt gezeigt, und Alrik wusste, dass der Vogt mit Sicherheit tot war. Diesen Beutel hätte dieser Halunke niemals hergegeben. Alrik erinnerte sich, wie der Elf den Inhalt „bunte Steine“ nannte. Ja bunt waren sie, und sie glitzerten, und weckten in den Augen der meisten Menschen ein gar habgieriges Funkeln.
Nun lag der Beutel wohlverwahrt hinter dem schweren Essigfass in seinem Vorratskeller. Unter dem losen Dielenbrett in seiner Schlafkammer lagerte er immer nur ein paar Silbertaler, um etwaige Phexenskinder in die Irre zu führen. Der Beutel mit seinem Inhalt sollte ihm helfen, selbst Vogt des Dorfes zu werden. Er kannte die Wege zum Ohr der Herrschaft, doch waren diese für ihn bisher zu teuer. Er musste vorsichtig sein. Ein Gastwirt mit zu vielen Dukaten konnte diese schnell verlieren. Ein Raubüberfall oder eine Anzeige der Hexerei – und schon war man mittellos oder tot. Vorsichtig, Schritt für Schritt würde er vorgehen, die Fallen vermeidend. Er würde Vogt sein – gerecht im Großen und gnädig im Kleinen, mögen Travia und ihr Gemahl Praios, der Gerechte, der König der Götter, ihm beistehen.
Jetzt galt es ihren Wohltäter zu schützen. Kein Verfolger sollte auch nur ein Wort über ihn zu hören bekommen. Jeder im Dorf sollte nur bestimmte Ideen über den Tod des Vogtes hegen. Dämonen für die Abergläubischen, das würde Zornbrecht ohnehin übernehmen. Seit er ein lahmes Bein hatte, hatte er seine Gabe zum Erzählen von spannenden und schaurigen Geschichten entdeckt. Punkt Eins. Eine alte Intrige mit einem Magier für die Neugierigen und Wissenden. Er kannte die Ereignisse im Dorfgenau und erinnerte sich an die Ereignisse, als vor mehreren Götterläufen eine Gruppe Abenteurer mit einem Magier ins Dorf kam und ein paar Tage blieb. Damals gab es einige Aufregung als sie sich weigerten eine Sondersteuer des Vogtes zu zahlen und die Büttel und Söldner sich bei einigen Zusammenstößen nur blutige Nasen holten, bis die Abenteurer dann doch verärgert abzogen. Jemand würde im Haus des Vogtes einen Stofffetzen finden, den ein Eingeweihter als „Magier Robe“ identifizieren könnte. Hexen? Die eigenen Söldner – vielleicht als Gerücht?
Zielstrebig begab er sich wieder an seine Arbeit. Beim Ausschenken eines Bieres ließ er ein unbedachtes Wort über Dämonen fallen, beim Wein erinnerte er sich an den Magier, der diesen ausgefallenen liebfeldischen Wein wollte, und beim Servieren erzählte er, dass die Ratten häufiger wurden und selbst die Söldlinge des verstorbenen Vogtes kaum mehr ihre großen Rationen erhielten. Langsam ging er vor, aber nach einigen Tagen war jeder im Dorf, einschließlich der Söldlinge, von einer dieser Geschichten überzeugt und ein jeder war überzeugt von sich aus zu diesen Schlüssen gekommen zu sein.


„Karim! Hast du heute schon dein Gebet zu Kor gesprochen?“ Langsam drehte sich die drahtige Gestalt zu ihrem Gefährten um und unterbrach die Betrachtung der vor ihnen liegenden Lichtung. Karim strich sich gedankenverloren mit der Linken durch den gepflegten Kaiser Alrik Schnurrbart, während er mit der Rechten den Griff seines Schwertes umfasste. Seine Augen fokussierten sich auf die Gestalt, die hinter ihm unter den Bäumen auftauchte. „Warum sollte ich dies tun, Sven?“ Gefährlich ruhig klang die Frage.
Der blonde Hüne schüttelte erstaunt den Kopf und stemmte die Arme so schwungvoll in die Seiten, dass die langstielige schwere Streitaxt in der Vergurtung auf seinem Rücken bedrohlich hin und her schwankte. „Karim, ich habe dir gesagt, dass es den Tod bedeutet, wenn ein Käuzchen zweimal schreit, wenn du an einer Blutbuche vorbei gehst. Blut und Tod! Eine Warnung. Wir sollen unseren Frieden mit den Göttern suchen!“ Karim schnaubte verächtlich. „Ich bete zu Kor vor einer Schlacht, wenn ich ihm das Blut meiner Gegner und mein eigenes opfere. NICHT wenn irgendein Vogel im Wald zwitschert. Warum glaubt ein so erfahrener Kämpfer wie du solche Ammenmärchen? Du willst doch ein thorwalscher Berserker sein und kein kleines Gör. Jammer mir also nicht den ganzen Tag die Ohren mit deinen Todesahnungen voll. Blut und Tod hast du gesehen? Wahrscheinlich betraf dies das Blut und den Tod des Kaninchens, welches uns zu Mittag die Mägen füllte.“
„Karim! Sag das nicht! Du weißt, mein Großvater mütterlicherseits war der weitgereiste Sven Haldegardson, der einen Zahn der Kinder H´Ranngars, der Ersäuferin, auf seinen Reisen erbeutet hat. Sein Wort zählt wie ein Eid. Er erzählte uns Jungvolk auch wie er im Farindelwald eine Hexe nach Berserkerart erobert hatte und sie ihm viele Geheimnisse der Hexenkunst verriet. Eben auch die Bedeutung der verschiedenen Rufe der Waldkäuzchen.“ Karim hatte nach dem Wort „Großvater“ bereits mit den Zähnen geknirscht. Der schon wieder. Ruhig, ruhig, mahnte er sich, während vor seinem inneren Auge er den erbeuteten Elfendolch nahm und seinem Gefährten in die schwatzhafte Kehle schleuderte. „Ach halt´s Maul Sven! Der Seemannsgarn von deinem tollen Großvater hängt mir zum Hals heraus.“
Karim drehte sich um und stapfte auf die kleine Lichtung hinaus, an deren Rand sein Gefährte wieder mit dem Unsinn begonnen hatte. Doch diesmal wollte Sven die Diskussion nicht wieder so einfach beenden. Mit drei schnellen Sprüngen hatte er Karim eingeholt und an der Schulter gepackt. „Karim, es ist ein Zeichen der Götter. Glaube mir! Die Geschichte mit der Wirtstochter. Es war ein Fehler, dies unserem Gefährten anzulasten.“ Gefährte! Karim spürte wie dieses Wort den Zorn in seinem Inneren freisetzte. Nur mühsam ließ er sein Schwert in der Scheide. Sven war zu gut. „Es war kein Gefährte von uns.“ knurrte Karim „Es war ein verdammter Elf. Ein Wilder – nicht besser als das Kaninchen, das wir heute Mittag gebraten haben.“ Karim sah, dass Sven zu einer Entgegnung ansetzte, doch nahm er diese kaum wahr. Sein inneres Auge zurück, ließ die Ereignisse wieder erstehen. Die Schlampe. Wollte die sich doch tatsächlich einem Elfen hingeben. Der hatten sie es gezeigt. Und am nächsten Tag die Genugtuung als er die Peitsche führen durfte. Welch´ Wonne. Er genoss die Erinnerung. Elfen er hasste sie. Er wusste, sie waren nichts anderes als die nördliche Abart der Djinnen. Er hasste die Djinnen. Die Djinnen hatten seinen Vater in den Wahnsinn getrieben, so dass er Karim ohne einen Heller in der Gosse gelandet war. Er musste sich selbst hochkämpfen. Er hasste sie alle.
Sven sah Ruhe im Gesicht Karims und deutete diese falsch. Er hoffte ihn doch noch zur Vernunft zu bringen. Wie sehr verkannte er die Gefühlslage seines Gefährten. „Karim, die Elfen sind nicht so wie du denkst. Hier im Norden hatten schon viele mit ihnen zu tun. Sie leben in den Wäldern, ja. Aber es sind keine wilden Tiere wie die Orks. Auch Voltan, der ja aus dieser Gegend stammt, hat dir dies mehrfach gesagt.“ „Ja, Voltan, unser Pfadfinder, wegen dem uns ein verfluchter Elf auf den Weg führen musste. Seine Kenntnisse sind sicher toll.“
Abwesend sah sich Karim um. Etwas stimmte nicht. Sven ließ sich nicht beirren: „Ja, Voltan. Er hat uns oft richtig geführt und er warnte uns vor unserem Ausflug, in das Gebiet der Salamandersteine einzudringen. Er hat uns vor der elfischen Zauberei gewarnt.“ „Und wo ist Voltan jetzt? Geflohen ist er, der Feigling!“ „Das ist nicht wahr. Du hast ihn fortgeschickt. Deshalb ist Hadubrandt auch mit ihm gezogen. Aber ich will mit dir darüber nicht streiten. Ich bin bei dir geblieben. Du bist unser Anführer. Ein guter Anführer. Wir hatten immer genug Beute und Spaß.“ Ein breites Grinsen zog sich über Svens rohes Gesicht. „Trotzdem sage ich, die Elfen sind nicht schlecht, sie wollen nur keine Besucher.“ „Was bist du? Ein Philosoph.“ „Nein sicher nicht, auch wenn ich nicht genau weiß, was das Wort bedeutet. Karim du bist viel schlauer als ich, aber die Götter …“ „Schon wieder die Götter!“ brauste Karim auf. „Jetzt reicht´s!“.
Karim drehte sich um und machte einen Schritt vorwärts. Ein sanftes Sirren ließ ihn sichernd inne halten. Ein Plop. Er wirbelte herum. Sein Freund stand ganz still, den Mund leicht geöffnet, als wollte er noch etwas sagen. Aus seinem rechten Auge ragte eine dünne Haselrute und zitterte leicht. So klein, so dünn im Vergleich zu seiner muskelbepackten Gestalt. Langsam brach die massige Gestalt zusammen. Blitzschnell war Karim in die Knie gegangen und spähte in die Richtung aus der die Haselrute gekommen sein musste. Nichts. Absolut nichts. Nicht einmal die Vögel waren verstummt. Dort. Eine Bewegung. Etwas kam auf ihn zu. Blitzschnell nahm es sein ganzes Gesichtsfeld ein. Und es wurde schwarz.
Ein Rabe flog über die Lichtung und wartete bis sich die dritte Gestalt mit dem glitzernden Gegenstand entfernte. Er würde heute fürstlich speisen.


Langsam hob sich der Morgennebel von der Wasseroberfläche des Drin. Ivan konnte schon das Praiosrund hinter den Schwaden erahnen, aber noch reckten die Bäume ihre knorrigen, verkrüppelten Äste durch den Nebel, so dass sich groteske Figuren bildeten. Ivan sog kräftig die nasse Morgenluft ein und ließ die Arme kreisen, um die Müdigkeit aus den Gelenken zu verscheuchen. Ivan musterte seine kleine Truppe, die sich ebenfalls gerade erhoben hatte. Der Notmarker fehlte. Vermutlich war der Pfadfinder wieder unterwegs, um Wild zu erlegen. Ivan hatte mit seinen fünf Mädels und Jungs die Aufgabe die Umgebung von Norburg zu sichern. Sie gehörten nicht zur Elitegarde. Nein. Aber Ivan war stolz auf seine Leute. Arme Bauern, Leibeigene, Zugereiste, aber unter seiner Führung hatten sie sich in den letzten Jahren an den Dienst gewöhnt.
Wo nur der Notmarker blieb? Normalerweise stellte er sich kurz nach dem Sonnenaufgang ein. Ein Schatten eilte durch den aufsteigenden Nebel heran. Unwillkürlich griff Ivan zu seinem Schwert. Die Wälder rund um Norburg waren eine gefährliche Gegend. Wilde Tiere, Goblins und menschliches Gelichter gab es hier zu Hauf.
Es war der Notmarker. Ivan sah im Augenwinkel, wie sich die Mitglieder seiner Truppe entspannten. Mit langen Schritten eilte der Notmarker auf ihn zu. Seine Augen waren weit aufgerissen, sein rechter Mundwinkel zuckte und Ivan konnte nahezu hören, wie das Herz des Notmarkers schlug. Irgendetwas hatte ihn in Aufregung versetzt. Was war geschehen? Seine Leute stellten sich um ihn auf, um ebenfalls den Bericht zu hören. Neugierige Bande, sie sollten die Umgebung sichern. Mit ein paar Handbewegungen und einem strengen Blick schickte er sie auf ihre Posten für solch eine Situation.
„Weibel Ivan! Weibel Ivan!“ stoßweise kam der Atem des Notmarkers, „Weibel Ivan kommt mit, dass müsst ihr Euch ansehen!“ „Beruhige dich, Notmarker, du tust ja so, als hättest du einen Dämonen.“ versuchte Ivan die Situation mit einem Scherz zu beruhigen, doch das Lächeln erstarb Ivan auf den Lippen, als er in die Augen des Notmarkers blickte. Etwas war ganz gewiss nicht in Ordnung, aber bei allen Göttern doch kein Dämon. Nicht hier, nicht in diesen Wäldern. Ivan konnte die Gänsehaut, die sich auf seinem Rücken bildete nicht verhindern. Ein schaler Geschmack stellte sich in seinem Mund ein. Er musste sich zusammen nehmen. Er war das Vorbild seiner Männer. Mit fester Stimme antwortete er: „Zeig uns, was du gesehen hast.“ Mit mulmigem Gefühl deutete er seiner Truppe zu folgen und schritt selbst hinter dem Notmarker her.
Dieser war eigentlich immer ein ruhiger Mann und schien schon viel erlebt zu haben. Diesmal jedoch wirkten seine Bewegungen gehetzt. Was war geschehen? Er würde es bald erfahren. Nun konnte es nicht helfen sich im Geiste das Schlimmste auszumalen, es konnte nur helfen auf die Umgebung zu achten und vorsichtig zu sein.
Sie schritten den Berghang hinan. Die zwergwüchsigen Bäume der Bachsenke wichen großen majestätischen Bäumen, die ihre Kronen in den Himmel streckten und unter ihren Zweigen ein beständiges Zwielicht erzeugten. Plötzlich drehte sich der Notmarker um und deutete nach vorne. Ivan mühte sich etwas zu erkennen. Dort an den Baumstamm der alten Buche gelehnt, saß eine Gestalt und zu ihren Füßen lag eine zweite. Der Notmarker deutete ihnen vorsichtig näher zu kommen. Ivan gab den anderen einen Wink sich zu verteilen und schritt mit dem Notmarker auf die Gestalten zu. Zwei Söldner. Schwer bewaffnet. Sie rührten sich nicht. Dann sah Ivan den Grund. Unter dem Bart der sitzenden Gestalt war die Kleidung rot. Rot von Blut. Der Notmarker deutete auf die liegende Gestalt. Auch ihr hatte man die Kehle durchgeschnitten. Der durstige Waldboden hatte das Blut bereits aufgesogen, so dass sie nicht in einer Blutlache lag.
Zwei Söldner. Schwer bewaffnet. Scheinbar im Schlaf überrascht. Dann betrachtete er die Gesichter genauer. Die Narbe über der rechten Augenbraue. Die kleine Tätowierung – ein merkwürdiges Ornament an der Wange des anderen. Er kannte die beiden von den Steckbriefen. Sie waren etwas wert. Sie sollten sehr gut sein. Normalerweise sollen sie mit zwei anderen Söldnern unterwegs sein. Ivan winkte den Notmarker zu sich.
„Sind Spuren von den anderen beiden vorhanden?“ „Keinerlei Spuren, Weibel, gar keine! Ich verstehe es nicht. Es mag dir so scheinen als hätten sie geschlafen. Aber ich habe mir alles angesehen. Der am Baum lehnende war wach, als es ihn erwischte. Er hat nichts bemerkt, obwohl sein Säbel griffbereit lag, griff er nicht danach. Der andere schlief und blieb gleich bei Boron. Wer ist so gewandt? Und die einzigen Spuren die ich gefunden habe, stammen von den Beiden. Es gibt noch den Abdruck eines Bogens neben dem Schlafenden. Den Bogen habe ich nicht gefunden. Aber sonst. Nichts. Gar nichts. Weibel Ivan, ihr kennt mich, ich übersehe keine Spuren. Aber hier ist nichts. Gar nichts! Welches Wesen hat die beiden erledigt, ohne auch nur die geringsten Spuren zu verursachen? Es muss Magie im Spiel sein. Schwarze Zauberei – Dämonen, denn diese genießen solch blutiges Werk. Wir sollten verschwinden!“ Ivan konnte sich nicht erinnern von dem Notmarker jemals eine so lange Rede gehört zu haben. Er war wirklich durch den Wind. Was sollte Ivan befehlen. Flucht?
Nein, sie hatten die Aufgabe die Grenze zu bewachen. Er würde ganz pragmatisch an die Sache herangehen, wie an jeden anderen Mord, und sein Herzrasen für den Augenblick vergessen. Und wenn die Dämonen zurückkehrten? Er konnte es ohnehin nicht verhindern. Wenn sie flohen, wären die Dämonen ohnehin schneller. Aber vielleicht würden sie nur hier angreifen? Was wenn …? Er spürte die aufkeimende Panik. Geordnete Gedanken waren das, was er jetzt benötigte. Ruhe. Standardvorgehensweise! Also, erst einmal die Lage sichern. Soweit möglich: Erledigt. Fremde begutachten. Steckbrieflich gesucht. Erledigt. Fremde gefangen nehmen. Unnötig da tot. Erledigt. Waffen und Rüstungen abnehmen. Gute Idee, die Stücke waren sicher etwas wert. Jetzt hatte sich Ivan wieder gefangen. Nicht, dass er sich keine Sorgen machte, keineswegs, aber nun konnte er die naheliegenden Aufgaben erfüllen, und die großen Sorgen erst einmal bei Seite lassen.
„Bojara, Rondrian, sichert weiter die Umgebung; Wassuliev, Polania, herkommen!“ Zwei seiner Leute verschwanden ohne Lärm im Unterholz, die anderen Beiden blickten sich an, bevor sie auf ihn zu liefen. Nervös sahen sie sich um. Er konnte es ihnen nicht verdenken. Er brauchte die Beiden. Jeder, der in Norburg stationierten Truppe, kannte sich mit Waffen ein wenig aus, aber Wassuliev hatte aus einer Notwendigkeit einen Zeitvertreib gemacht. Er kannte Waffen, von denen sonst niemand je etwas gehört hatte. Er konnte den Wert der Waffen und Rüstungen bestimmen und feststellen, was sie unter sich verteilen sollten, und was mehr Wert brachte, wenn sie es einem Händler anboten. Polania war stark wie ein Ochse, sie sollte die Gräber ausheben. Während er seine Leute instruierte, dachte er bereits an einen ganz bestimmten fahrenden Händler. Ein Norbarde. Dieser müsste eigentlich bereits in Norburg eingetroffen sein oder bald eintreffen, wenn sie von der Patrouille zurückkehrten. Ivan würde ihn in ihrer gemeinsamen Stammschenke schon finden und bei einem Meskinnes oder auch mehreren die Angelegenheit besprechen.
„Ivan.“ Wassuliev stand vor ihm. „Die Beiden scheinen mit einem Messer getötet worden zu sein. Eine merkwürdige Klinge, wenn ich nach der Wunde gehe. Ein Jagdmesser, aber mit einer dünnen Klinge. Habe ich noch nie gesehen. Das muss wie ein Spielzeug aussehen. Die Messer von den Beiden waren es nicht, denn sie scheinen noch alle Waffen bei sich zu haben, obwohl der Notmarker meint, dass ein Bogen bei ihnen gelegen hat. Also, nach meiner Ansicht passt ein Bogen nicht zur Bewaffnung der Beiden. Vielleicht hatten sie ihn für die Jagd mit, aber daran glaube ich nicht. Warum haben sie ihn also mitgeschleppt? Er musste einen Wert haben. Vielleicht wollte der Täter den Bogen? Aber hätte er alles andere zurückgelassen? Nein. Sogar die Geldbeutel sind noch da. Scheinen jedoch in letzter Zeit nicht viel Glück gehabt zu haben, unsere Freunde.“ Ein Grinsen überzog das Gesicht Wassulievs. Ein leichtes Zucken der Augenbraue von Wassuliev ließ Ivan erkennen, dass jener seine Ruhe noch nicht so wiedergefunden hatte, wie er vorgab. Wie sollte er auch? Es trieb sich etwas Gemeingefährliches in der Nähe herum, dem sie alle zusammen vermutlich nicht gewachsen waren. Ivan wischte den Gedanken beiseite und nahm die Geldbeutel in Empfang. Ihre Patrouillengänge waren immer lebensgefährlich. Pragmatisch bleiben. Das Geld. Er würde es für seine Leute verwahren. Sie können es brauchen. Wenn er es ihnen gleich gäbe, würden sie es nur bei der ersten Gelegenheit in Meskinnes umwandeln oder beim Würfelspiel verlieren. Es waren gute Jungs und Mädels, aber keine Voraussicht.
Bojara war die Ziege im Frühjahr vom Wolf gerissen worden, so dass ihre Kinder keine Milch mehr hatten und ihr Gatte nahezu verzweifelte, weil sie ihren Sold weiterhin mit vollen Händen beim Würfeln und Feiern durchbrachte und mit leeren Händen nach Hause kam. Ivan hatte die Familie unterstützt. Mit dem Geld für die Waffen und Rüstungen könnte er mehr als eine Ziege kaufen und die Kinder von Bojara zum Hüten gegen Milch anstellen. Und Rondrian, der seine Heirat dauernd aufschob, weil er seine Angebetete nicht freikaufen konnte. Er würde ihm schon auf die Sprünge helfen.
Geld. Das Geld von den Steckbriefen. Wie sollten sie belegen, dass die beiden Strauchdiebe tot waren. Sie nach Norburg schleppen, war unmöglich. Die Waffen. Nicht gut, dann müssten sie diese abgeben, und es stand nicht fest, dass der Hauptmann nicht Geld und Waffen für sich einbehielt, weil sie ja ohnehin in seinem Auftrag unterwegs gewesen seien. Ihre Köpfe. Wäre eine Möglichkeit. Ivan grauste. Wer von seinen Leuten könnte es tun? Niemand. Er musste es selbst tun. Der Notmarker würde ihm vielleicht helfen. Aber wie konnte er die Belohnung kassieren, ohne dass der Hauptmann es einsteckte. Genauso wie das Geld für die Waffen? Der Norbarde. Nein, der kaufte keine steckbrieflich Gesuchten. Aber vielleicht! Er kannte noch jemanden. Ein Herumtreiber, ja, vielleicht selbst ein Strauchdieb, aber bisher hatte ihn niemand erwischt und er schien gut zu leben. Jener hatte schon selbst steckbrieflich Gesuchte abgegeben, tot, niemals lebend. Ivan hatte schon mit ihm gesprochen, ein eigenbrötlerischer Geselle. Vielleicht ließ sich ein Geschäft mit ihm machen. Er sollte für eine Prämie die Köpfe abgeben und die Belohnung kassieren und ihnen bringen.
Entschlossen blickte Ivan auf und winkte den Notmarker zu sich. Er hatte seine Ziele gesetzt. Er würde es tun, für sie alle. Und sollte der Dämon zurückkommen, hatten sie ohnehin Pech gehabt.


Hohe Bäume reckten ihre Äste in den Himmel. Vögel zwitscherten in ihren Zweigen. Eichhörnchen laufen an der rauen Rinde der Jahrhunderte alten Bäume sich im Spiel gegenseitig verfolgend auf und ab. Nur einzelne Lichtstrahlen erhellen das Zwielicht unter den Bäumen. Doch dort wo diese den Boden berührten, glänzten von Schmetterlingen umschwärmte bunte Blumen.
Nahe eines dieser Strahlenbündel zwischen dem Wurzelwerk eines uralten Baumes beugte sich eine einsame Gestalt über ein kleines rauchloses Feuer. Leise mit der Melodie des Waldes mitsummend, beginnt er den neben ihr liegenden Hasen mit einem zierlichen elfischen Jagdmesser auszuweiden. Heute würde er seine Sippe wiedersehen und mit den anderen gemeinsam das große Lied anstimmen. Er war glücklich und zufrieden und in Harmonie mit sich selbst und dem Wald. Er hatte seinen Bogen, sein Messer und einen Schatz an neuen Erfahrungen. Was wollte er mehr.


LEXIKON

Blutbuche häufiger Baum in Aventurien
Boron Gott des Schlafes und des Todes
Bornland Nation im Nordosten Aventuriens
Djinn, -en elementare Wesenheiten mit eigenem Bewusstsein und magischen Fähigkeiten
Drin kleiner Fluß westlich von Norburg
Dukaten Währung im Mittelreich
Elfen menschenähliches Volk, etwas größer und graziler gebaut, beherrschen Magie, manche Sippen leben als Wildbeuter in den Wäldern der Salamandersteine
Farindelwald verwunschener Wald im Nordwesten des Mittelreiches
Gareth Hauptstadt des Mittelreiches
Goblins menschenähnliches Volk, kleinwüchsig mit einem meist roten Pelz
Heller Währung im Mittelreich, hundert Heller sind ein Dukaten
H´Ranngars Kinder Seeschlangen
Kaiser Alrik Schnurrbart weitausladender, dünner, zu zwei Spitzen zulaufender Schnurrbart, der viel Pflege bedarf
Kor Gott des menschenmordenden Kampfes, wird hauptsächlich von Söldnern verehrt
Levthan Sohn der Rahja, Halbgott, wird oft als Sinnbild für die rein körperliche Vereinigung ohne Liebe herangezogen
Liebliches Feld Nation im Westen Aventuriens, südlich des Mittelreiches, bekannt für seine hochstehende, aber dekadente Kultur
Madascheibe der Mond
Meskinnes bornländischer Schnaps
Mittelreich größtes derzeitiges Reich in Aventurien, erstreckt sich in der gemäßigten Klimazone von der Westküste bis zur Ostküste
Norbarden Volk von reisenden Händlern
Norburg Stadt im Westen des Bornlandes
Notmark Stadt im Osten des Bornlandes
Orks menschenähnliches Volk, kräftig gebaut mit einem (meist) schwarzem Pelz, leben oft von Raub, da für sie nur die Stärke zählt
Orkisch Eigenschaftswort bei den Menschen, um zu beschreiben, dass das Angesprochene schlecht sei
Phex Gott der Kaufleute und Diebe
Phexenskinder Diebe
Praios Götterfürst, Gott der Gerechtigkeit und der Sonne
Praiosrund Sonne
Rahja Göttin der Liebe, des Weins und der Ekstase
Salamandersteine Gebirge im Norden des Mittelreiches, stark bewaldet, unerforscht
Silbertaler Währung im Mittelreich, zehn Silbertaler sind ein Dukaten
Thorwaler seefahrendes Volk im Nordwesten Aventuriens, bekannt für seine wilden Kaperfahrten
 

Jugadores

Mitglied
Gerechtigkeit

Müde streckte er seine Glieder, die in den letzten Stunden an den behelfsmäßigen Pranger gebunden waren. Die Schmerzen waren erträglich, aber seine gesamte Habe war ihm von den Menschen weggenommen worden. Seine Augen brannten, wenn er an seinen wundervollen Bogen dachte, den ihm sein Mentor geschenkt hatte und mit dem er den gerissenen Eber Halbzahn erlegt hatte. Seine Sippe hatte ihm damals ein Fest gehalten. Ein Stoß in seinem Rücken unterbrach seine angenehmen Erinnerungen. Missmutig deuteten ihm die beiden Büttel aus dem Dorf zu verschwinden. Eine Mischung aus Hass und Furcht verzerrte ihre Gesichter. Menschen. Nachdenklich machte er sich auf den Weg, wie war es nur dazu gekommen.


Seine Jugend hatte er wohlgeborgen im Schoße der heimatlichen Sippe verbracht. Die Jagd erlernt, die Wege der Natur. Der Begleiter seiner Mutter war sein Mentor geworden, gezeugt jedoch hatte ihn ein Fremder. Dieser war eines Tages gekommen, und hatte eine Gruppe Orks verjagt, die damals der Sippe lästig viel. Zum Dank ging seine Mutter zu dem Krieger, bis dieser das Gebiet der Sippe wieder verließ. Er soll ein schimmerndes Obergewand aus hartem Metall getragen haben. Sollte es ähnlich gewesen sein den Panzern, welche die schmutzstarrenden Büttel trugen? Er konnte es sich nicht vorstellen.
Warum hatte ihn nur seine Neugierde dazu verleitet den heimatlichen Wald zu verlassen und sich zu den Menschen zu wagen? Vor zwei Läufen des Mondes war er aufgebrochen. Im Wald kam er schnell voran, die Natur blühte und es war leicht, jagdbares Wild zu finden. Etliche Male hatte die Sonne die Baumwipfel berührt, bevor er auf seine ersten Menschen stieß. Abgerissen stolperten sie durch den Wald, lärmend wie sonst nur Hirschbullen in der Brunft. Ihre Stimmen waren rau, doch konnte er Wortfetzen verstehen. Sie schienen die Sprache zu sprechen, die ihm sein Mentor gelehrt hatte. Dieser musste erwartet haben, dass er einmal zu den Menschen gehen würde. Nachdenklich ihnen folgend betrachtete er ihr Verhalten. Sie suchten sich für ihren Weg immer das dichteste Unterholz aus, ja manchmal taten sie so als wollten sie jagen, machten aber soviel Lärm, dass sie alles Wild im Umkreis verscheuchten. Am Abend machten sie ein riesiges Lagerfeuer aus feuchtem Holz, das so fürchterlich rauchte, dass er sich schnell zurückzog. Sollte er sich ihnen bemerkbar machen? Ja. Er hatte gesehen, dass es ihnen an Fleisch mangelte, er würde ihnen also als Gastgeschenk Wildbret mitbringen. Am nächsten Morgen marschierte er mit einem jungen Reh auf den Schultern zu ihrem Feuer. Drei lagen in Decken gehüllt um das Lagerfeuer, ein weiterer schlief an einen Baum gelehnt etwas abseits. Da sie sich nicht rührten, begann er sie beobachtend das Reh auszuweiden. War er wirklich mit diesen verwandt? Ihre Decken waren speckig, ihr Haupthaar kurz geschnitten und ungepflegt, ja mit den schmutzigen Bärten konnte ei junger Elf sie fast für die Orks aus den Erzählungen halten. Auch ihr Geruch war orkisch.
Einer schien endlich aufzuwachen. Mit einem lauten Schrei sprang dieser plötzlich auf und griff zu seinem Säbel. Auch die anderen sprangen auf und griffen nach ihren Waffen. Sie sahen unbeholfen und schwerfällig aus, wenn sie sich bewegten, hatten ihn aber effizient umstellt. Freundlich grüßte er sie, und es entspann sich ein Gespräch, in dessen Folge sie die Waffen wegsteckten. Er erfuhr, dass sie aus einem Land namens Gareth seien und durch die Lande reisten, um Abenteuer zu erleben. Dies verstand er nicht ganz. Sie begaben sich absichtlich in Gefahr, schienen aber die Gefahr nicht als Herausforderung zu betrachten, der sie sich stellten, um an ihr zu wachsen. Sondern irgendjemand schenkte ihnen etwas dafür. Merkwürdig. Er würde sie genauer fragen müssen, aber das hatte noch Zeit. Seine Begleiter sprachen immer wieder von Gold und zeigen ihm funkelnde Metallstücke. Schön – aber wofür waren diese gut? Als sie ihm sagten, dass sie die Straße nicht fänden, versprach er ihnen, sie zum festgetrampelten Pfad der Menschen am Waldrand zu führen.
Sie erzählten ihm in den folgenden Tagen immer wieder, was sie alles erlebt hätten, die Befreiung einer Kaufmannstochter aus den Händen von Räubern, den Kampf mit einem Drachen und Vieles mehr. Manches kam ihm merkwürdig vor; warum sollte ein Drache von ein paar Schwerthieben sterben? Wie hatten seine in der Natur unerfahrenen Gefährten den Drachen und seine Höhle gefunden? Aber er schob dies auf seine mangelhafte Kenntnis der Sprache. Von den Gebräuchen der Menschen verstand er aber kaum etwas, na ja, seine Gefährten würden ihm sicher alles erklären wenn sie die Ansammlungen der Menschen erreichten.


Vor drei Sonnenläufen waren sie zu so einer Ansammlung gekommen. Seine Gefährten nannten es ein Dorf und klopften an ein großes Haus aus Balken und Lehm; gebaut wie die meisten Gebäude in dem Dorf, nur größer. Merkwürdig fühlte sich dieses Wort auf seiner Zunge an. Und das viele tote Holz in den Gebäuden bedrückte ihn. Ein Mann namens Wirt empfing sie und führte sie in das Gebäude zu einem Tisch. Er übergab dem freundlichen Herrn ein Gastgeschenk – einen kleinen funkelnden Stein, den er einmal in einem Flussbett gefunden hatte. Der freundliche Mensch mit Namen Wirt meinte, damit können sie lange in seinem Haus speisen und trinken. Gastfreundschaft schien auch den Menschen etwas zu bedeuten.
Die Tochter des Herrn Wirt brachte ihnen Getränke und Speisen der Menschen. Seine Gefährten stürzen sich darauf, wie wenn sie seit mehreren Mondläufen nichts gegessen hätten, dabei hatte er erst am Vortag zwei Hasen für sie erlegt. Auch den scharfen Getränken sprachen sie herzhaft zu. Er hatte nach dem ersten Schluck einen Hustenanfall und bat um reines Wasser. Dies brachte ihm zwar einen erstaunten Blick der Tochter und das Gelächter seiner Gefährten ein, aber das andere Getränk war einfach ungenießbar. Es brannte beim Trinken und würde Geschmacks- und Geruchssinn für mehrere Tage beeinträchtigen. Der Eintopf schmeckte zwar fremd, aber angenehm, und das Brot war frisch. Welches Fleisch wohl in dem Eintopf war, es schmeckte weder nach Reh noch nach Hase, seltsam, eigentlich sollte er jedes essbare Wildtier kennen, vermutlich war es die ihm fremde Zubereitung.
Nach dem Mahle zog er seine Flöte aus der Tasche und begann eine sanfte Weise anzustimmen, die er viele Male mit seiner Sippe gespielt hatte. Die Gespräche verebbten und alles lauschte gespannt seiner Melodie, die ihn an seine Heimat erinnerte. Hohe Tannen, zerfurchte Felsklippen, rauschende Bäche – er sehnte sich heimzukehren. Aber zuerst wollte er die Menschen näher kennenlernen, waren sie doch auch Teil seiner Vergangenheit. Nachdem er geendet hatte, klatschten die Menschen in die Hände und baten ihn weiterzuspielen. Er erfüllte ihren Wunsch noch zwei Weisen lang, doch dann packte er seine Flöte wieder ein. Es war einfach zu laut. Und nun begannen seine Gefährten auch noch zu singen, ihre Stimmen waren schauderhaft und das Getränk schien es noch zu verschlimmern. Schnell verabschiedete er sich, um dem Grölen zu entkommen. Die Tochter führte ihn zu dem für ihn und seine Gefährten bestimmten Zimmer und zeigte ihm das Bett, meinte es sei wunderbar weich und stabil, er solle es gleich ausprobieren. Er dankte ihr, hatte aber den Eindruck, dass er irgendetwas nicht verstanden hatte. Sie sagte noch etwas über eine Rahja und deren Geschenk der Freude, als er jedoch nicht reagierte, verließ sie abrupt das Zimmer. Er folgte ihr bald, da er nicht die Absicht hatte in dem stinkenden, schmutzigen Zimmer die Nacht zu verbringen. Niemand achtete auf ihn, als er das Gebäude verließ und auf den Apfelbaum zusteuerte, der ihm schon beim Eintreffen aufgefallen war.
Es war ein lauer Abend und der Wind säuselte süß in den mit Blüten beladenen Zweigen des Baumes. Gewandt schwang er sich nach oben und machte es sich in einer Astgabel bequem. Er betrachtete eine Weile die silberne Madascheibe und die funkelnden Sterne, die hier in der Menschenwelt scheinbar an Glanz verloren hatten, dann lehnte er sich zurück und lauschte im Halbschlaf der Waldläufer den Geräuschen der Menschenansammlung. So entging ihm nicht, dass es Geschrei im Zimmer gab als seine Gefährten sich zu Bett begaben. Die Menschen mussten scheinbar bei allen ihren Trieben laut und gewalttätig sein. Ein paar andere Gäste riefen irgendetwas lachend nach oben und verschwanden wieder in der Wirtsstube. Nein, ihm gefielen sie nicht, er würde morgen wieder in seine heimatlichen Wälder zurückgehen. Er konnte ja nach ein paar Winter wieder zu den Menschen schauen, er glaubte aber nicht daran.


Bevor noch das gelbe Auge wieder den Himmel erleuchtete, war er aufgestanden und eine Runde durch den nahen Wald gestreift. Nun baumelten zwei Kaninchen an seinem Gürtel. Er genoss in Gedanken schon den zarten Geschmack, wenn er sie mit den gefundenen Kräutern zubereiten würde.
Vor dem Haus des Wirtes hatte sich eine laut schreiende und gestikulierende Menge versammelt. Als sie seiner ansichtig wurden, wurde er sofort eingekreist und alle brüllten auf ihn ein, dass er sich die Ohren zuhalten musste. Sie begannen ihn zu einem anderen großen Haus zu schieben, teilweise hatte er sogar den Eindruck, dass sie nach ihm schlugen, wenn der Mann an der Spitze nicht hersah. Warum taten sie dies? War dies eine Begrüßung wie bei den kleinen Rotpelzigen. Sein älterer Bruder hatte ihm davon erzählt. Sie schossen Pfeile dicht aneinander vorbei und sprangen wild schreiend umeinander herum. Wie lange war es her, dass er seinen Bruder nicht mehr gesehen hatte. Vielleicht zwei handvoll Winter. Sein Bruder war immer nur auf kurze Besuche gekommen, da ihm die Menschen viel zu nahe lebten, seit sie die Menschenansammlung unter dem Wasserfall gegründet hatten. Bald darauf sei sein Bruder weggezogen - in die tieferen Wälder der echten Salamandersteine.
Die Bewohner des Dorfes hatten ihn bis vor die Terrasse des zweiten großen Hauses geschoben und der Mann, der an der Spitze gegangen war, setzte sich auf ein vorbereitet – mmh, wie nannte man das verbundene Holz – ah! Stuhl – und erzählte etwas. Scheinbar schien es den Dorfbewohnern zu gefallen, denn sie murmelten beifällig. Er verstand nicht viel von dem was der Mann sagte, lediglich einzelne Brocken von Tochter des Wirtes, Gewalt, gegen Rahja, irgendein Levthan, Tier. Der Mann sprach viel zu schnell und mit einer merkwürdigen Betonung der Worte, dass sie ihm teilweise in den Ohren verschwammen und er weder Anfang noch Ende des Wortes erkennen konnte. Er wollte den Mann loben, ob seiner Rede und fragen um den Inhalt, aber plötzlich standen die zwei Büttel an seiner Seite und drohten mit ihren Spießen. Er wusste zwar nicht, was sie hatten, aber er blieb vorerst stehen und sah sich dieses menschliche Verhalten weiter an. Er kam sich wie ein echter Forscher und Gelehrter vor, der eine der Stammesentscheidungen aus den Legenden beobachtete.
Erst erzählten seine Freunde, wie sie ihn im Wald begegnet seien und er mit ihnen gezogen sei. Dann kamen der Wirt und seine Tochter. Er schien zornig und sagte etwas über einen Strick und Gerechtigkeit, - ein schweres Wort der Menschensprache war es für ihn gewesen, es zu lernen und zu verstehen. Aber sein Mentor hatte sich bemüht, denn es hatte eine wichtige Bedeutung: „Die Stelle des Lebens einnehmen, an die man gestellt war.“ Die Tochter flüsterte mit dem Mann, den er nicht kannte, endlich jemand der auf seine zarten Ohren Rücksicht nahm, bisher hatten alle gebrüllt als sei ihr Nachbarn auf der anderen Seite eines Hügels. Sie erzählte, dass sie ihn aufs Zimmer gebracht habe, und dann etwas von Gewalt und dass er wie ein Tier sei. Dabei konnte sie gar nicht wissen, dass er sich ab und zu in den geschmeidigen Lauerjäger mit dem sonnengelben Fell verwandelte, seinem Seelentier. Am Schluss zeigte sie auf ihn, verhüllte ihr Gesicht und lief weinend davon. Er wäre ihr gerne nach, um sie zu fragen, was sie habe. Er hätte sicher auch die blutigen Risse und blauen Flecken heilen können, die er bei ihr bemerkt hatte. Sie musste gestern gestürzt gewesen sein.
Der unbekannte Mann sagte etwas von einem Edikt und Kaiser, wobei dieser eine Ehrenbezeichnung Richtung Süden machte, da murrten die Menschen, dann sagte der Mann ein Wort, dass er nicht zuordnen konnte – Pbrangaa - und die Leute wurden wieder fröhlich. Sie begannen an ihm herumzuzerren, dass er ebenso begann sie wegzustoßen. Da griff doch einer tatsächlich nach seinem Bogen und wollte ihn ihm wegnehmen, seinen Bogen der wie seine Seele war. Er gab diesem frechen Menschen tüchtig eins auf die Nase, dass dieser zurückwich, aber plötzlich stürzte sich alles auf ihn und er erhielt einen Schlag auf den Kopf, dass ihm schwarz vor Augen wurde.
Er erwachte an eine merkwürdige Holzkonstruktion am Dorfplatz gebunden. Er nahm an, dass diese Konstruktion mit dem Menschenwort Pbrangaa gemeint war. Er hatte also ein neues Menschenwort gelernt.
Er kniete vor einem Holzklotz, an den seine Arme gebunden waren; seine Kleidung und seine Habe war nicht zu sehen. Man hatte bemerkt, dass er erwacht war. Es wurde kurz laut und dann wieder ruhig. Er fragte, was dies solle. Da hörte er die Stimme des Unbekannten in seinem Rücken und fühlte einen stechenden Schmerz. Er drehte sich soweit es seine Fesseln zuließen und sah wie der Unbekannte erneut mit der Peitsche ausholte. Mehrmals ließ der Unbekannte die Peitsche auf seinen Rücken herabsausen, es schien dem Unbekannten Spaß zu machen, denn er lachte. Dann gab der Unbekannte die Peitsche dem Mann Wirt. Dieser hatte gerade mit seiner Tochter gesprochen und wirkte etwas blass. Der Mann Wirt hob die Peitsche, warf sie dann aber fort und lief zu seinem Haus. Seine Tochter folgte ihm. Missmutig schaute der Unbekannte den beiden nach, dann befahl der Unbekannte den Gefährten von ihm die Peitsche zu nehmen. Zwei hatten sichtlich Unbehagen damit und ihre Schläge waren zaghaft, aber die anderen beiden schienen mit ihrem Grinsen und ihrer Schlagkraft noch den Unbekannten übertrumpfen zu wollen.
Es dauerte lange. Er hatte die Zeit nicht mehr wahrgenommen, nur mehr den Schmerz. Der Schmerz hielt ihn am Leben. Das Leben war sein Leben, niemand konnte es ihm nehmen. Er meditierte – auch wenn er es nicht so genannt hätte – für ihn war es einfach nur ein intensiver Traum. Und Träume waren und sind für ihn und sein Volk oft wirklicher als das Leben.


Nun hatte sie ihn vor das Dorf geführt und weggeschickt. Ohne Nahrung. Sie hatten ihm alle Ausrüstung abgenommen. Seinen Bogen, sein Messer, seine Kleidung, sogar den Beutel mit den bunten Steinen. Er schaute auf den dunklen Tann vor ihm. Er hatte keine Angst. Der Wald war seine Mutter, seine Lehrerin und seine Geliebte. Er würde als erstes seine Wunden versorgen, der Wald gab ihm Kräuter, dann Jagdwaffen herstellen, der Wald gab ihm Baum und Busch, Nahrung suchen, der Wald gab ihm Wild und Beeren. Wenn er sich beim nächsten Untergang des gelben Auges neue Kleidung genäht hatte, würde er ins Dorf zurückkehren und sich seinen Bogen zurückholen.


Arissa war unruhig. Obwohl sie heute Bett und Kammer nicht mit ihren Geschwistern teilen musste, konnte sie nicht schlafen. Sie hätte gestern nicht falsch Aussagen sollen. Die Götter würden sie strafen, sie spürte es. Aber die Fremden hatten gedroht, sie und ihren Vater umzubringen und die Wirtschaft anzustecken. Vom Vogt war sicher keine Hilfe zu erwarten gewesen. Der Vogt und seine Bütteln waren nur stark, wenn sie von wehrlosen Bauern den Zehent eintrieben. Bewaffnete Fremde ließen den Vogt und seine Büttel schlottern. Warum war sie selbst auch wieder auf das Zimmer gegangen. Nur weil ihr der Elf gefallen hatte, und dann hatte er ihre Reize abgelehnt. Sie wollte nochmals versuchen, ihn zu verführen, und dann war er nicht im Zimmer und seine Begleiter hatten sie überrascht und waren über sie hergefallen. Sie hasste es, aber als Leibeigene gehörte ihr Körper sowieso irgendeinem Adeligen, den sie noch nie gesehen hatte. Auch der Vogt und manchmal seine Besucher hatten es ihr schon eindringlich gezeigt. Ihr Vater hielt es für eine Ehre. Sie ekelte sich einfach nur davor. Sie hatte schon überlegt einen der „Freier“ zu töten, aber man würde nur ihren Vater und ihre Geschwister zur Rechenschaft ziehen. Nichts würde sich ändern. Niemals.
Sie hörte etwas. Jemand ließ sich auf dem Bett neben ihr nieder. Sie blickte von ihrem Kissen auf und sah in dunkle alterslose Augen. Ihre Seele konnte sich in ihnen verlieren. Sie sah dunkle Wälder, perlende Wasserfälle, Freude, Gemeinschaft, Trauer und Schmerz. Sie fühlte ihren eigenen Schmerz. Ihr stiegen Tränen in die Augen. Sie ließ ihren Gefühlen freien Lauf. Kostete den Schmerz. Ihr Leid. Und wurde Eins mit ihrem Leben. Sie fühlte eine innere Kraft in ihr wachsen und sah in die Augen des Elfen, der ihr die Hand auf die Schulter legte und leise summte. (bian bha la da’in). Sie fühlte, dass der Elf, den sie eigentlich nicht kannte, ihr Freund war. Ihm konnte Sie alles erzählen. Ihre Wünsche und Sehnsüchte, ihre Schmerzen und Leiden. Mit großen Augen betrachtete er sie, als sie ihm ihr Leben erzählte. Manchmal fragte er bei für sie klaren Begebenheiten nach und schüttelte verwundert den Kopf. Er war ja so naiv.
Sie starrte ihm nach als er im Dunkel der Nacht verschwand. Das flackernde Licht der Feuer aus den Fenstern einzelner Häuser konnte die Finsternis zwischen den Häusern nicht erhellen. Wie ein Eichhörnchen war er geräuschlos an der Mauer unter ihrem Fenster hinab zum Boden geklettert und hatte ihr einen kurzen Blick aus seinen alterslosen Augen zugeworfen – die klar vor ihr waren, obwohl seine Gestalt bereits mit der Umgebung verschwamm. Dann drehte er sich um und eilte zielstrebig auf das Haus des Vogts zu.
Arissa spürte, dass sie eine Gänsehaut bekam, wenn sie an ihn dachte. Seine Gedanken waren so fremd für sie, - wie für ihn scheinbar das Leben in einem Dorf. Er war wild und frei, und doch voller Mitgefühl. Sie hatte ihm alles erzählt und seine Strafe für ihren Betrug erwartet. Er jedoch hatte sie sanft in den Arm genommen und zärtlich getröstet, als sie weinend zusammenbrach. Sie spürte noch seine starken Hände, die doch mild wie ein zarter Windstoß über ihre Haut glitten, seinen süßen Geschmack auf ihren Lippen und seinen herben Geruch. Doch wie ein Traum war er im Dunkel der Nacht verschwunden. War es nur ein Traum gewesen? Wenn ja, würde sie sich niederlegen und diesen Traum noch einmal träumen. Es konnte doch schön sein.


Heute war nicht sein Tag. Sein lahmes Bein schmerzte seit einigen Tagen höllisch, dabei waren keine Anzeichen eines Sturmes zu sehen. Sein Bein schmerzte normalerweise nur, wenn ein Sturm kam. Vielleicht wurde er alt. Er schauderte bei diesem Gedanken.
Vor einigen Jahren hatte das scheuende Pferd des Vogtes seinem Söldnerleben ein Ende gesetzt, indem es ihm mit einem Tritt den linken Unterschenkel zerschmetterte. Das waren noch Zeiten als er mit seinen Kameraden und dem Vogt die Steuern eintreiben ging. Damals konnte man sich nehmen, was man wollte, wenn die Bauern und ihre Weiber vor Schreck wie versteinert waren oder überhaupt wie die Hasen flohen. Er grinste bei dem Gedanken. Der Vogt bestimmte die Höhe und Art der Steuern und sorgte gut für seine Leute.
Doch als ihm das Bein zerschmettert wurde, war plötzlich kein Silbertaler für einen Heiler da. Zornbrecht musste froh sein, dass er nicht als Bettler endete, sondern der Vogt ihn als Hausdiener aufgenommen hatte. Hausdiener! Er hasste dieses Wort und die dazugehörenden Pflichten.
Nun pochte es mitten in der Nacht an die Tür und er war verpflichtet nachzusehen, wer es war. Wenn der Vogt ihn zu sehen wünschte, musste er den Besucher zu ihm bringen, aber wenn nicht, sollte er den Vogt ja nicht wecken. Sein Vorgesetzter liebte seinen „Schönheitsschlaf“, wie er es nannte. Zornbrecht hatte erfahren, was eine falsche Entscheidung für ihn bedeutete, und nur der Gedanke an die Peitschenhiebe ließ seinen Rücken erneut schmerzen.
Es war dunkel im Flur. Sein Kienspan sorgte nur für wenig Helligkeit, so dass der graue Schatten der aus festen Balken geschaffenen Tür zwar leidlich zu erkennen war, aber die Wände des Vorraumes bereits im Dunkeln lagen. Sein Bein schmerzte. Ach verflucht, wer wollte etwas um diese götterverlassene Zeit. Das Pochen erklang erneut. Die Dielen knarrten unter seinen zögernden Schritten, der erkaltete Rauch der Feuerstätte drang Zornbrecht in die Nase und reizte ihn zum Niesen. Wer hatte ihn von seiner Lagerstatt gejagt? Ein neues Geräusch. Zornbrecht standen die Haare zu Berge, er blieb kurz vor der Tür stehen und lauschte. Was war das? Eine leise Melodie. Eine wunderschöne Melodie. Sie kam von draußen. Er fühlte sich leicht, kein Schmerz war in seinem Bein. Er könnte tanzen. Er öffnete die Tür.
Da war eine wartende Gestalt. Er sah sie an. Er kannte sie. Oder nicht? Die Gestalt erklärte eine alte Freundin des Vogts zu sein. Sie würde erwartet. Waren dies die Worte? So ungefähr, sicherlich! Zornbrecht war auf dem Weg zu seiner Schlafstelle im Gesindesaal. Er hatte der Gestalt beschrieben, wie sie am besten zur Kammer des Vogts gelangen würde. Hatte er ihr noch etwas gesagt? Nein? Hätte er etwas servieren sollen? Nein, die Gestalt hat gesagt, dass der Vogt sie allein empfangen wollte. Wer war sie? Eine alte Freundin. Vielleicht wollten sie und der Vogt das Wiedersehen im Sinne Rahjas feiern? Zornbrecht war im Gesindesaal angekommen. Müde legte er sich nieder. Alles würde gut.


Alrik gönnte sich einen kurzen Blick über den gut gefüllten Gastraum und lächelte. Im Geiste zählte er schon die Silbertaler, die ihm der heutige Tag bringen würde. Auch wenn ihn etwas ganz anderes beschäftigt, war dies zu seiner zweiten Natur geworden. Er war heute kaum zur Ruhe gekommen und hatte mehr eingenommen als seit langem. Seit der Tod des Vogtes zu Mittag bekannt geworden war, hatte sich das Dorf in eine überbrodelnde Gerüchteküche verwandelt. Was würde nun geschehen? Wer würde als neuer Vogt von der Herrschaft eingesetzt werden? Ein Fremder, einer aus dem Dorf? Ein Mann oder eine Frau? Wie würde sie oder er sein? Würden die Söldlinge ohne ihren Anführer das Weite suchen oder über das Dorf herfallen und morden, vergewaltigen und brandschatzen?
Aber die meist gestellte Frage war: „Was war wirklich geschehen?“.
Auf diese Frage gab es unzählige Antworten. Jeder glaubte es zu wissen. Von Räubern, Gift, Hexen, Magie, ja sogar Drachen war die Rede. Als wenn man einen Drachen nicht im ganzen Dorf bemerkt hätte. Die Pragmatischeren dachten eher an die Söldner, die vor ein paar Tagen im Dorf genächtigt und einigen Aufruhr verursacht hatten. Diese Bastarde. Der alte Zornbrecht war ganz in seinem Element und erzählte die schaurigsten Geschichten von schwarzen Dämonen, welche den Vogt geholt hätten. Dämonen. Diese Geschichte gefiel Alrik. Der Vogt war nicht beliebt gewesen. Er war habgierig und neidisch und seine Peitsche war ein harter Lehrmeister gewesen. Der Vogt hatte Alrik oft genug seine Einnahmen unter Berufung auf eine obskure neue Steuer abgenommen. Dämonen des Geizes und des Neides passten ausgezeichnet zum Verstorbenen. Und keiner würde näher nachforschen. Wer wollte sich schon mit Dämonen anlegen? Alrik würde diese Geschichte schüren. Niemand sollte auf einen anderen Gedanken kommen. Niemand sollte an den Elfen am Pranger denken. Warum schien eigentlich niemand an diesen zu denken? Vermutlich wollten die meisten, dass der Tod des Vogtes eine geheimnisvolle, eine magische, ja eine mystische Ursache hatte. Dann gab es keine Überprüfungen, keine weiteren Schritte gegen irgendjemanden, keine Schuld und bald würde der Tod des Vogtes zu einer nett-schaurigen Geschichte für die langen Winterabende, ohne dass man sich wirklich darüber Gedanken machen musste. Eine spannende Erzählung über ein lange vergessenes Ereignis. Ja, das würde funktionieren.
Er dachte an den Elfen. Wie war er selbst wütend auf diesen gewesen. Doch dann hatte ihm seine Tochter die Wahrheit erzählt. Er zitterte noch heute bei diesem Gedanken. Diese wahrlich sinnlose Wut – auf den Falschen. Travia und die anderen Götter Alverans mögen ihm verzeihen und beistehen. Fast wäre er dem listigen Rachedämon verfallen. Mit diesem Wissen konnte er den Elfen nicht mehr peitschen. Der Elf war unschuldig. Er wusste, dass der Vogt ihm dafür eine hohe Strafe auferlegen würde, aber er hatte sich in diesem Moment geschworen sein Leben Travia zu weihen; er würde mit jeder Faser danach streben, deren Gebote hoch zu halten. Das Peitschen eines Unschuldigen verstieß gegen Travias Gebot des Anstandes. Er würde die Strafe tragen, die der Vogt sich ausdenken würde.
Heute in der Früh wusste er, dass er keine Strafe vom Vogt mehr zu fürchten brauchte. Der Vogt war tot und er lebte. Travias Gunst war mit ihm. Ja, heute in der Früh war seine Tochter zu ihm gekommen, und hatte ihm erzählt, dass der Elf in der Nacht bei ihr gewesen ist. Sie habe ihm alles erzählt. Alrik hätte vermutet, dass dieser Wilde seine Tochter töten würde, wenn er die Wahrheit erführe. Nein, der Elf hatte sich die Geschichte angehört und war gegangen. Und als Arissa erwachte, hatte sie einen kleinen Lederbeutel auf dem Schemel neben dem Bett gefunden. Den Lederbeutel, den der Vogt von dem Elfen konfisziert hatte. Arissa hatte Alrik den Inhalt gezeigt, und Alrik wusste, dass der Vogt mit Sicherheit tot war. Diesen Beutel hätte dieser Halunke niemals hergegeben. Alrik erinnerte sich, wie der Elf den Inhalt „bunte Steine“ nannte. Ja bunt waren sie, und sie glitzerten, und weckten in den Augen der meisten Menschen ein gar habgieriges Funkeln.
Nun lag der Beutel wohlverwahrt hinter dem schweren Essigfass in seinem Vorratskeller. Unter dem losen Dielenbrett in seiner Schlafkammer lagerte er immer nur ein paar Silbertaler, um etwaige Phexenskinder in die Irre zu führen. Der Beutel mit seinem Inhalt sollte ihm helfen, selbst Vogt des Dorfes zu werden. Er kannte die Wege zum Ohr der Herrschaft, doch waren diese für ihn bisher zu teuer. Er musste vorsichtig sein. Ein Gastwirt mit zu vielen Dukaten konnte diese schnell verlieren. Ein Raubüberfall oder eine Anzeige der Hexerei – und schon war man mittellos oder tot. Vorsichtig, Schritt für Schritt würde er vorgehen, die Fallen vermeidend. Er würde Vogt sein – gerecht im Großen und gnädig im Kleinen, mögen Travia und ihr Gemahl Praios, der Gerechte, der König der Götter, ihm beistehen.
Jetzt galt es ihren Wohltäter zu schützen. Kein Verfolger sollte auch nur ein Wort über ihn zu hören bekommen. Jeder im Dorf sollte nur bestimmte Ideen über den Tod des Vogtes hegen. Dämonen für die Abergläubischen, das würde Zornbrecht ohnehin übernehmen. Seit er ein lahmes Bein hatte, hatte er seine Gabe zum Erzählen von spannenden und schaurigen Geschichten entdeckt. Punkt Eins. Eine alte Intrige mit einem Magier für die Neugierigen und Wissenden. Er kannte die Ereignisse im Dorfgenau und erinnerte sich an die Ereignisse, als vor mehreren Götterläufen eine Gruppe Abenteurer mit einem Magier ins Dorf kam und ein paar Tage blieb. Damals gab es einige Aufregung als sie sich weigerten eine Sondersteuer des Vogtes zu zahlen und die Büttel und Söldner sich bei einigen Zusammenstößen nur blutige Nasen holten, bis die Abenteurer dann doch verärgert abzogen. Jemand würde im Haus des Vogtes einen Stofffetzen finden, den ein Eingeweihter als „Magier Robe“ identifizieren könnte. Hexen? Die eigenen Söldner – vielleicht als Gerücht?
Zielstrebig begab er sich wieder an seine Arbeit. Beim Ausschenken eines Bieres ließ er ein unbedachtes Wort über Dämonen fallen, beim Wein erinnerte er sich an den Magier, der diesen ausgefallenen liebfeldischen Wein wollte, und beim Servieren erzählte er, dass die Ratten häufiger wurden und selbst die Söldlinge des verstorbenen Vogtes kaum mehr ihre großen Rationen erhielten. Langsam ging er vor, aber nach einigen Tagen war jeder im Dorf, einschließlich der Söldlinge, von einer dieser Geschichten überzeugt und ein jeder war überzeugt von sich aus zu diesen Schlüssen gekommen zu sein.


„Karim! Hast du heute schon dein Gebet zu Kor gesprochen?“ Langsam drehte sich die drahtige Gestalt zu ihrem Gefährten um und unterbrach die Betrachtung der vor ihnen liegenden Lichtung. Karim strich sich gedankenverloren mit der Linken durch den gepflegten Kaiser Alrik Schnurrbart, während er mit der Rechten den Griff seines Schwertes umfasste. Seine Augen fokussierten sich auf die Gestalt, die hinter ihm unter den Bäumen auftauchte. „Warum sollte ich dies tun, Sven?“ Gefährlich ruhig klang die Frage.
Der blonde Hüne schüttelte erstaunt den Kopf und stemmte die Arme so schwungvoll in die Seiten, dass die langstielige schwere Streitaxt in der Vergurtung auf seinem Rücken bedrohlich hin und her schwankte. „Karim, ich habe dir gesagt, dass es den Tod bedeutet, wenn ein Käuzchen zweimal schreit, wenn du an einer Blutbuche vorbei gehst. Blut und Tod! Eine Warnung. Wir sollen unseren Frieden mit den Göttern suchen!“ Karim schnaubte verächtlich. „Ich bete zu Kor vor einer Schlacht, wenn ich ihm das Blut meiner Gegner und mein eigenes opfere. NICHT wenn irgendein Vogel im Wald zwitschert. Warum glaubt ein so erfahrener Kämpfer wie du solche Ammenmärchen? Du willst doch ein thorwalscher Berserker sein und kein kleines Gör. Jammer mir also nicht den ganzen Tag die Ohren mit deinen Todesahnungen voll. Blut und Tod hast du gesehen? Wahrscheinlich betraf dies das Blut und den Tod des Kaninchens, welches uns zu Mittag die Mägen füllte.“
„Karim! Sag das nicht! Du weißt, mein Großvater mütterlicherseits war der weitgereiste Sven Haldegardson, der einen Zahn der Kinder H´Ranngars, der Ersäuferin, auf seinen Reisen erbeutet hat. Sein Wort zählt wie ein Eid. Er erzählte uns Jungvolk auch wie er im Farindelwald eine Hexe nach Berserkerart erobert hatte und sie ihm viele Geheimnisse der Hexenkunst verriet. Eben auch die Bedeutung der verschiedenen Rufe der Waldkäuzchen.“ Karim hatte nach dem Wort „Großvater“ bereits mit den Zähnen geknirscht. Der schon wieder. Ruhig, ruhig, mahnte er sich, während vor seinem inneren Auge er den erbeuteten Elfendolch nahm und seinem Gefährten in die schwatzhafte Kehle schleuderte. „Ach halt´s Maul Sven! Der Seemannsgarn von deinem tollen Großvater hängt mir zum Hals heraus.“
Karim drehte sich um und stapfte auf die kleine Lichtung hinaus, an deren Rand sein Gefährte wieder mit dem Unsinn begonnen hatte. Doch diesmal wollte Sven die Diskussion nicht wieder so einfach beenden. Mit drei schnellen Sprüngen hatte er Karim eingeholt und an der Schulter gepackt. „Karim, es ist ein Zeichen der Götter. Glaube mir! Die Geschichte mit der Wirtstochter. Es war ein Fehler, dies unserem Gefährten anzulasten.“ Gefährte! Karim spürte wie dieses Wort den Zorn in seinem Inneren freisetzte. Nur mühsam ließ er sein Schwert in der Scheide. Sven war zu gut. „Es war kein Gefährte von uns.“ knurrte Karim „Es war ein verdammter Elf. Ein Wilder – nicht besser als das Kaninchen, das wir heute Mittag gebraten haben.“ Karim sah, dass Sven zu einer Entgegnung ansetzte, doch nahm er diese kaum wahr. Sein inneres Auge zurück, ließ die Ereignisse wieder erstehen. Die Schlampe. Wollte die sich doch tatsächlich einem Elfen hingeben. Der hatten sie es gezeigt. Und am nächsten Tag die Genugtuung als er die Peitsche führen durfte. Welch´ Wonne. Er genoss die Erinnerung. Elfen er hasste sie. Er wusste, sie waren nichts anderes als die nördliche Abart der Djinnen. Er hasste die Djinnen. Die Djinnen hatten seinen Vater in den Wahnsinn getrieben, so dass er Karim ohne einen Heller in der Gosse gelandet war. Er musste sich selbst hochkämpfen. Er hasste sie alle.
Sven sah Ruhe im Gesicht Karims und deutete diese falsch. Er hoffte ihn doch noch zur Vernunft zu bringen. Wie sehr verkannte er die Gefühlslage seines Gefährten. „Karim, die Elfen sind nicht so wie du denkst. Hier im Norden hatten schon viele mit ihnen zu tun. Sie leben in den Wäldern, ja. Aber es sind keine wilden Tiere wie die Orks. Auch Voltan, der ja aus dieser Gegend stammt, hat dir dies mehrfach gesagt.“ „Ja, Voltan, unser Pfadfinder, wegen dem uns ein verfluchter Elf auf den Weg führen musste. Seine Kenntnisse sind sicher toll.“
Abwesend sah sich Karim um. Etwas stimmte nicht. Sven ließ sich nicht beirren: „Ja, Voltan. Er hat uns oft richtig geführt und er warnte uns vor unserem Ausflug, in das Gebiet der Salamandersteine einzudringen. Er hat uns vor der elfischen Zauberei gewarnt.“ „Und wo ist Voltan jetzt? Geflohen ist er, der Feigling!“ „Das ist nicht wahr. Du hast ihn fortgeschickt. Deshalb ist Hadubrandt auch mit ihm gezogen. Aber ich will mit dir darüber nicht streiten. Ich bin bei dir geblieben. Du bist unser Anführer. Ein guter Anführer. Wir hatten immer genug Beute und Spaß.“ Ein breites Grinsen zog sich über Svens rohes Gesicht. „Trotzdem sage ich, die Elfen sind nicht schlecht, sie wollen nur keine Besucher.“ „Was bist du? Ein Philosoph.“ „Nein sicher nicht, auch wenn ich nicht genau weiß, was das Wort bedeutet. Karim du bist viel schlauer als ich, aber die Götter …“ „Schon wieder die Götter!“ brauste Karim auf. „Jetzt reicht´s!“.
Karim drehte sich um und machte einen Schritt vorwärts. Ein sanftes Sirren ließ ihn sichernd inne halten. Ein Plop. Er wirbelte herum. Sein Freund stand ganz still, den Mund leicht geöffnet, als wollte er noch etwas sagen. Aus seinem rechten Auge ragte eine dünne Haselrute und zitterte leicht. So klein, so dünn im Vergleich zu seiner muskelbepackten Gestalt. Langsam brach die massige Gestalt zusammen. Blitzschnell war Karim in die Knie gegangen und spähte in die Richtung aus der die Haselrute gekommen sein musste. Nichts. Absolut nichts. Nicht einmal die Vögel waren verstummt. Dort. Eine Bewegung. Etwas kam auf ihn zu. Blitzschnell nahm es sein ganzes Gesichtsfeld ein. Und es wurde schwarz.
Ein Rabe flog über die Lichtung und wartete bis sich die dritte Gestalt mit dem glitzernden Gegenstand entfernte. Er würde heute fürstlich speisen.


Langsam hob sich der Morgennebel von der Wasseroberfläche des Drin. Ivan konnte schon das Praiosrund hinter den Schwaden erahnen, aber noch reckten die Bäume ihre knorrigen, verkrüppelten Äste durch den Nebel, so dass sich groteske Figuren bildeten. Ivan sog kräftig die nasse Morgenluft ein und ließ die Arme kreisen, um die Müdigkeit aus den Gelenken zu verscheuchen. Ivan musterte seine kleine Truppe, die sich ebenfalls gerade erhoben hatte. Der Notmarker fehlte. Vermutlich war der Pfadfinder wieder unterwegs, um Wild zu erlegen. Ivan hatte mit seinen fünf Mädels und Jungs die Aufgabe die Umgebung von Norburg zu sichern. Sie gehörten nicht zur Elitegarde. Nein. Aber Ivan war stolz auf seine Leute. Arme Bauern, Leibeigene, Zugereiste, aber unter seiner Führung hatten sie sich in den letzten Jahren an den Dienst gewöhnt.
Wo nur der Notmarker blieb? Normalerweise stellte er sich kurz nach dem Sonnenaufgang ein. Ein Schatten eilte durch den aufsteigenden Nebel heran. Unwillkürlich griff Ivan zu seinem Schwert. Die Wälder rund um Norburg waren eine gefährliche Gegend. Wilde Tiere, Goblins und menschliches Gelichter gab es hier zu Hauf.
Es war der Notmarker. Ivan sah im Augenwinkel, wie sich die Mitglieder seiner Truppe entspannten. Mit langen Schritten eilte der Notmarker auf ihn zu. Seine Augen waren weit aufgerissen, sein rechter Mundwinkel zuckte und Ivan konnte nahezu hören, wie das Herz des Notmarkers schlug. Irgendetwas hatte ihn in Aufregung versetzt. Was war geschehen? Seine Leute stellten sich um ihn auf, um ebenfalls den Bericht zu hören. Neugierige Bande, sie sollten die Umgebung sichern. Mit ein paar Handbewegungen und einem strengen Blick schickte er sie auf ihre Posten für solch eine Situation.
„Weibel Ivan! Weibel Ivan!“ stoßweise kam der Atem des Notmarkers, „Weibel Ivan kommt mit, dass müsst ihr Euch ansehen!“ „Beruhige dich, Notmarker, du tust ja so, als hättest du einen Dämonen.“ versuchte Ivan die Situation mit einem Scherz zu beruhigen, doch das Lächeln erstarb Ivan auf den Lippen, als er in die Augen des Notmarkers blickte. Etwas war ganz gewiss nicht in Ordnung, aber bei allen Göttern doch kein Dämon. Nicht hier, nicht in diesen Wäldern. Ivan konnte die Gänsehaut, die sich auf seinem Rücken bildete nicht verhindern. Ein schaler Geschmack stellte sich in seinem Mund ein. Er musste sich zusammen nehmen. Er war das Vorbild seiner Männer. Mit fester Stimme antwortete er: „Zeig uns, was du gesehen hast.“ Mit mulmigem Gefühl deutete er seiner Truppe zu folgen und schritt selbst hinter dem Notmarker her.
Dieser war eigentlich immer ein ruhiger Mann und schien schon viel erlebt zu haben. Diesmal jedoch wirkten seine Bewegungen gehetzt. Was war geschehen? Er würde es bald erfahren. Nun konnte es nicht helfen sich im Geiste das Schlimmste auszumalen, es konnte nur helfen auf die Umgebung zu achten und vorsichtig zu sein.
Sie schritten den Berghang hinan. Die zwergwüchsigen Bäume der Bachsenke wichen großen majestätischen Bäumen, die ihre Kronen in den Himmel streckten und unter ihren Zweigen ein beständiges Zwielicht erzeugten. Plötzlich drehte sich der Notmarker um und deutete nach vorne. Ivan mühte sich etwas zu erkennen. Dort an den Baumstamm der alten Buche gelehnt, saß eine Gestalt und zu ihren Füßen lag eine zweite. Der Notmarker deutete ihnen vorsichtig näher zu kommen. Ivan gab den anderen einen Wink sich zu verteilen und schritt mit dem Notmarker auf die Gestalten zu. Zwei Söldner. Schwer bewaffnet. Sie rührten sich nicht. Dann sah Ivan den Grund. Unter dem Bart der sitzenden Gestalt war die Kleidung rot. Rot von Blut. Der Notmarker deutete auf die liegende Gestalt. Auch ihr hatte man die Kehle durchgeschnitten. Der durstige Waldboden hatte das Blut bereits aufgesogen, so dass sie nicht in einer Blutlache lag.
Zwei Söldner. Schwer bewaffnet. Scheinbar im Schlaf überrascht. Dann betrachtete er die Gesichter genauer. Die Narbe über der rechten Augenbraue. Die kleine Tätowierung – ein merkwürdiges Ornament an der Wange des anderen. Er kannte die beiden von den Steckbriefen. Sie waren etwas wert. Sie sollten sehr gut sein. Normalerweise sollen sie mit zwei anderen Söldnern unterwegs sein. Ivan winkte den Notmarker zu sich.
„Sind Spuren von den anderen beiden vorhanden?“ „Keinerlei Spuren, Weibel, gar keine! Ich verstehe es nicht. Es mag dir so scheinen als hätten sie geschlafen. Aber ich habe mir alles angesehen. Der am Baum lehnende war wach, als es ihn erwischte. Er hat nichts bemerkt, obwohl sein Säbel griffbereit lag, griff er nicht danach. Der andere schlief und blieb gleich bei Boron. Wer ist so gewandt? Und die einzigen Spuren die ich gefunden habe, stammen von den Beiden. Es gibt noch den Abdruck eines Bogens neben dem Schlafenden. Den Bogen habe ich nicht gefunden. Aber sonst. Nichts. Gar nichts. Weibel Ivan, ihr kennt mich, ich übersehe keine Spuren. Aber hier ist nichts. Gar nichts! Welches Wesen hat die beiden erledigt, ohne auch nur die geringsten Spuren zu verursachen? Es muss Magie im Spiel sein. Schwarze Zauberei – Dämonen, denn diese genießen solch blutiges Werk. Wir sollten verschwinden!“ Ivan konnte sich nicht erinnern von dem Notmarker jemals eine so lange Rede gehört zu haben. Er war wirklich durch den Wind. Was sollte Ivan befehlen. Flucht?
Nein, sie hatten die Aufgabe die Grenze zu bewachen. Er würde ganz pragmatisch an die Sache herangehen, wie an jeden anderen Mord, und sein Herzrasen für den Augenblick vergessen. Und wenn die Dämonen zurückkehrten? Er konnte es ohnehin nicht verhindern. Wenn sie flohen, wären die Dämonen ohnehin schneller. Aber vielleicht würden sie nur hier angreifen? Was wenn …? Er spürte die aufkeimende Panik. Geordnete Gedanken waren das, was er jetzt benötigte. Ruhe. Standardvorgehensweise! Also, erst einmal die Lage sichern. Soweit möglich: Erledigt. Fremde begutachten. Steckbrieflich gesucht. Erledigt. Fremde gefangen nehmen. Unnötig da tot. Erledigt. Waffen und Rüstungen abnehmen. Gute Idee, die Stücke waren sicher etwas wert. Jetzt hatte sich Ivan wieder gefangen. Nicht, dass er sich keine Sorgen machte, keineswegs, aber nun konnte er die naheliegenden Aufgaben erfüllen, und die großen Sorgen erst einmal bei Seite lassen.
„Bojara, Rondrian, sichert weiter die Umgebung; Wassuliev, Polania, herkommen!“ Zwei seiner Leute verschwanden ohne Lärm im Unterholz, die anderen Beiden blickten sich an, bevor sie auf ihn zu liefen. Nervös sahen sie sich um. Er konnte es ihnen nicht verdenken. Er brauchte die Beiden. Jeder, der in Norburg stationierten Truppe, kannte sich mit Waffen ein wenig aus, aber Wassuliev hatte aus einer Notwendigkeit einen Zeitvertreib gemacht. Er kannte Waffen, von denen sonst niemand je etwas gehört hatte. Er konnte den Wert der Waffen und Rüstungen bestimmen und feststellen, was sie unter sich verteilen sollten, und was mehr Wert brachte, wenn sie es einem Händler anboten. Polania war stark wie ein Ochse, sie sollte die Gräber ausheben. Während er seine Leute instruierte, dachte er bereits an einen ganz bestimmten fahrenden Händler. Ein Norbarde. Dieser müsste eigentlich bereits in Norburg eingetroffen sein oder bald eintreffen, wenn sie von der Patrouille zurückkehrten. Ivan würde ihn in ihrer gemeinsamen Stammschenke schon finden und bei einem Meskinnes oder auch mehreren die Angelegenheit besprechen.
„Ivan.“ Wassuliev stand vor ihm. „Die Beiden scheinen mit einem Messer getötet worden zu sein. Eine merkwürdige Klinge, wenn ich nach der Wunde gehe. Ein Jagdmesser, aber mit einer dünnen Klinge. Habe ich noch nie gesehen. Das muss wie ein Spielzeug aussehen. Die Messer von den Beiden waren es nicht, denn sie scheinen noch alle Waffen bei sich zu haben, obwohl der Notmarker meint, dass ein Bogen bei ihnen gelegen hat. Also, nach meiner Ansicht passt ein Bogen nicht zur Bewaffnung der Beiden. Vielleicht hatten sie ihn für die Jagd mit, aber daran glaube ich nicht. Warum haben sie ihn also mitgeschleppt? Er musste einen Wert haben. Vielleicht wollte der Täter den Bogen? Aber hätte er alles andere zurückgelassen? Nein. Sogar die Geldbeutel sind noch da. Scheinen jedoch in letzter Zeit nicht viel Glück gehabt zu haben, unsere Freunde.“ Ein Grinsen überzog das Gesicht Wassulievs. Ein leichtes Zucken der Augenbraue von Wassuliev ließ Ivan erkennen, dass jener seine Ruhe noch nicht so wiedergefunden hatte, wie er vorgab. Wie sollte er auch? Es trieb sich etwas Gemeingefährliches in der Nähe herum, dem sie alle zusammen vermutlich nicht gewachsen waren. Ivan wischte den Gedanken beiseite und nahm die Geldbeutel in Empfang. Ihre Patrouillengänge waren immer lebensgefährlich. Pragmatisch bleiben. Das Geld. Er würde es für seine Leute verwahren. Sie können es brauchen. Wenn er es ihnen gleich gäbe, würden sie es nur bei der ersten Gelegenheit in Meskinnes umwandeln oder beim Würfelspiel verlieren. Es waren gute Jungs und Mädels, aber keine Voraussicht.
Bojara war die Ziege im Frühjahr vom Wolf gerissen worden, so dass ihre Kinder keine Milch mehr hatten und ihr Gatte nahezu verzweifelte, weil sie ihren Sold weiterhin mit vollen Händen beim Würfeln und Feiern durchbrachte und mit leeren Händen nach Hause kam. Ivan hatte die Familie unterstützt. Mit dem Geld für die Waffen und Rüstungen könnte er mehr als eine Ziege kaufen und die Kinder von Bojara zum Hüten gegen Milch anstellen. Und Rondrian, der seine Heirat dauernd aufschob, weil er seine Angebetete nicht freikaufen konnte. Er würde ihm schon auf die Sprünge helfen.
Geld. Das Geld von den Steckbriefen. Wie sollten sie belegen, dass die beiden Strauchdiebe tot waren. Sie nach Norburg schleppen, war unmöglich. Die Waffen. Nicht gut, dann müssten sie diese abgeben, und es stand nicht fest, dass der Hauptmann nicht Geld und Waffen für sich einbehielt, weil sie ja ohnehin in seinem Auftrag unterwegs gewesen seien. Ihre Köpfe. Wäre eine Möglichkeit. Ivan grauste. Wer von seinen Leuten könnte es tun? Niemand. Er musste es selbst tun. Der Notmarker würde ihm vielleicht helfen. Aber wie konnte er die Belohnung kassieren, ohne dass der Hauptmann es einsteckte. Genauso wie das Geld für die Waffen? Der Norbarde. Nein, der kaufte keine steckbrieflich Gesuchten. Aber vielleicht! Er kannte noch jemanden. Ein Herumtreiber, ja, vielleicht selbst ein Strauchdieb, aber bisher hatte ihn niemand erwischt und er schien gut zu leben. Jener hatte schon selbst steckbrieflich Gesuchte abgegeben, tot, niemals lebend. Ivan hatte schon mit ihm gesprochen, ein eigenbrötlerischer Geselle. Vielleicht ließ sich ein Geschäft mit ihm machen. Er sollte für eine Prämie die Köpfe abgeben und die Belohnung kassieren und ihnen bringen.
Entschlossen blickte Ivan auf und winkte den Notmarker zu sich. Er hatte seine Ziele gesetzt. Er würde es tun, für sie alle. Und sollte der Dämon zurückkommen, hatten sie ohnehin Pech gehabt.


Hohe Bäume reckten ihre Äste in den Himmel. Vögel zwitscherten in ihren Zweigen. Eichhörnchen laufen an der rauen Rinde der Jahrhunderte alten Bäume sich im Spiel gegenseitig verfolgend auf und ab. Nur einzelne Lichtstrahlen erhellen das Zwielicht unter den Bäumen. Doch dort wo diese den Boden berührten, glänzten von Schmetterlingen umschwärmte bunte Blumen.
Nahe eines dieser Strahlenbündel zwischen dem Wurzelwerk eines uralten Baumes beugte sich eine einsame Gestalt über ein kleines rauchloses Feuer. Leise mit der Melodie des Waldes mitsummend, beginnt er den neben ihr liegenden Hasen mit einem zierlichen elfischen Jagdmesser auszuweiden. Heute würde er seine Sippe wiedersehen und mit den anderen gemeinsam das große Lied anstimmen. Er war glücklich und zufrieden und in Harmonie mit sich selbst und dem Wald. Er hatte seinen Bogen, sein Messer und einen Schatz an neuen Erfahrungen. Was wollte er mehr.


LEXIKON

Blutbuche häufiger Baum in Aventurien
Boron Gott des Schlafes und des Todes
Bornland Nation im Nordosten Aventuriens
Djinn, -en elementare Wesenheiten mit eigenem Bewusst- sein und magischen Fähigkeiten
Drin kleiner Fluß westlich von Norburg
Dukaten Währung im Mittelreich
Elfen menschenähnliches Volk, etwas größer und
graziler gebaut, beherrschen Magie, manche
Sippen leben als Wildbeuter in den Wäldern
der Salamandersteine
Farindelwald verwunschener Wald im Nordwesten des
Mittelreiches
Gareth Hauptstadt des Mittelreiches
Goblins menschenähnliches Volk, kleinwüchsig mit
einem meist roten Pelz
Heller Währung im Mittelreich, hundert Heller sind
ein Dukaten
H´Ranngars Kinder
Seeschlangen
Kaiser Alrik Schnurrbart
weitausladender, dünner, zu zwei Spitzen
zulaufender Schnurrbart, der viel Pflege
bedarf
Kor Gott des menschenmordenden Kampfes, wird
hauptsächlich von Söldnern verehrt
Levthan Sohn der Rahja, Halbgott, wird oft als
Sinnbild für die rein körperliche
Vereinigung ohne Liebe herangezogen
Liebliches Feld Nation im Westen Aventuriens, südlich des
Mittelreiches, bekannt für seine hoch-
stehende, aber dekadente Kultur
Madascheibe der Mond
Meskinnes bornländischer Schnaps
Mittelreich größtes derzeitiges Reich in Aventurien,
erstreckt sich in der gemäßigten Klimazone
von der Westküste bis zur Ostküste
Norbarden Volk von reisenden Händlern
Norburg Stadt im Westen des Bornlandes
Notmark Stadt im Osten des Bornlandes
Orks menschenähnliches Volk, kräftig gebaut mit
einem (meist) schwarzem Pelz, leben oft von
Raub, da für sie nur die Stärke zählt
Orkisch Eigenschaftswort bei den Menschen, um zu
beschreiben, dass das Angesprochene
schlecht sei
Phex Gott der Kaufleute und Diebe
Phexenskinder Diebe
Praios Götterfürst, Gott der Gerechtigkeit und der
Sonne
Praiosrund Sonne
Rahja Göttin der Liebe, des Weins und der Ekstase
Salamandersteine
Gebirge im Norden des Mittelreiches, stark
bewaldet, unerforscht
Silbertaler Währung im Mittelreich, zehn Silbertaler
sind ein Dukaten
Thorwaler seefahrendes Volk im Nordwesten
Aventuriens, bekannt für seine wilden
Kaperfahrten
 

flammarion

Foren-Redakteur
Teammitglied
eine

aufregende geschichte. bitte mit anderem, treffenderem titel versehen - wo kämen wir denn hin, wenn hier alle geschichten nur Fantasy heißen würden . . .
Blutbuchen sind üprinx ganz normale bäume in unserer realen welt (unterform der rotbuche)
lg
 



 
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