Fear and Loathing im Bezirksklinikum Ansbach

Fear and Loathing im Bezirksklinikum Ansbach

Nichts passiert. Was auch nicht verwunderlich ist. In der Psychiatrie passiert nie etwas. Die Ärzte sind grundsätzlich nicht erreichbar, die Pfleger haben auch ständig etwas anderes zu tun, was auch immer dieses Andere ist. Von den Patienten ist dieses An­dere jedenfalls nicht durchschaubar. Schließlich ist er nur dazu da in der Psychiatrie zu verrotten. Darum gibt es ja auf dem Psychiatriegelände auch eine Aussegnungshalle, wo die verstorbenen Patienten ausgesegnet werden, damit sie anschließend beerdigt werden können. Der Patient ist dazu da, von den Ärzten verbraucht zu werden. Wenn er komplett in den Akten festgehalten worden ist, kann der Patient weggeworfen werden. Patienten sind stets Sondermüll, der nur sehr schwierig zu ent­sorgen ist. Das Endlager ist dazu noch nicht gefunden worden, Uranstäbe sind leichter zu entsorgen.

Alle Patienten haben eine(n) Betreuer/in und rauchen. Es gibt keine Patienten, die nicht rauchen. Es gibt höchstens solche Patienten, die so tun, als ob sie nicht rauchen würden, aber im Geiste rauchen auch diese Patienten.

Mit der Kaffeeversorgung steht es in der Psychiatrie schlecht. Dreimal Kaffee am Tag ist einfach zu wenig. Man braucht schon hundert Gramm Kaffee pro Tag, um an diesem Ort überleben zu können.

Die Pfleger kann man nicht in den Griff bekommen, sie machen, was sie wollen, obwohl es gerade sie sind, die therapiert werden müssten. Um die Ärzte steht es noch viel schlechter: Sie müssen ihr Leben lang in der Psychiatrie bleiben, weil sie so gesund sind. Manchmal gelingt es, dass einer von denen ver­rückt wird, was immer ein großes Ereignis ist. Norma­lerweise wird so etwas in der Zeitung erwähnt.

Die Psychiatrie ist dazu da, Menschen zu entsorgen, die für die Gesellschaft keinen Nutzen haben. Der Wert eines jeden Menschen lässt sich ja problemlos errechnen, was auch schon längst für alle Menschen geschehen ist, und auf der Grundlage dieses Wertes kann entschieden werden, ob ein Mensch entsorgt werden muss oder nicht. Jeder Mensch bekommt einen Wert zugeordnet: Je größer dieser Wert ist, desto größer der Posten in der Gesellschaft, je kleiner der Wert, desto größer die Wahrscheinlichkeit entsorgt zu werden. Das ist keine Zukunftsmusik, sondern ge­schieht im Geheimen schon seit Jahrzehnten. So etwas erfährt die Öffentlichkeit natürlich nicht, weil sie da­durch Angst bekommen würde und dadurch die Ar­beitsfähigkeit gemindert wäre, was einen großen Schaden für die Gesellschaft darstellen würde. Und es ist ja eben nicht das Individuum sondern die Gesell­schaft, die unbedingt fortbestehen muss. Planmäßig sozusagen.

Natürlich darf man nicht glauben, dass es Dopaminre­zeptoren oder dergleichen gibt. Das alles ist erfunden genauso wie die Einteilung der Medikamente in Anti­depressiva, Neuroleptika etc. In Wahrheit gibt es nur Medikamente, die wirken. Warum sie wirken, ist ei­gentlich unklar. Natürlich ist auch die Einteilung der psychischen Krankheiten in Depression, Schizophre­nie, Persönlichkeitsstörung udgl. willkürlich. Es gibt lediglich Auswirkungen, die den Betroffenen und/oder seiner Umwelt schaden und deswegen vermieden wer­den sollen. Man weiß nur etwas von den Phänomenen, also den Symptomen. Was hinter diesen Symptomen steckt, ist auch unklar. Unter diesen Umständen kann man Psychopharmaka bedenkenlos schlucken, weil sie eh nicht das tun, was man so lesen kann. Im Grun­de genommen kennt man nur die Wirkungen und die sog. Nebenwirkungen.

Als Exkurs die Atome und Moleküle: Es gibt sie ge­nauso wenig wie den Sigma-Rezeptor, den Botenstof­fen Serotonin, Noradrenalin usw. Dass es Untereinhei­ten gibt, die vom menschlichen Auge nicht gesehen werden können, mag niemand bezweifeln. Man kann sich jedoch nicht auf die chemischen Verbindungen verlassen, wie sie in den Schul- und Lehrbüchern be­schrieben werden.

Ein weiterer Exkurs: Die Evolution. Sie ist nichts wei­ter als ein Hirngespinst, das seine Wirkung nicht etwa aufgrund von Tatsachen entfaltet, sondern vielmehr aufgrund von Behauptungen. Dies ist eben die Macht des Wortes. Das Wort hat Auswirkungen auf das tat­sächliche Leben. Der Geist prägt sich gewissermaßen in das Raum-Zeit-Kontinuum ein wie ein Siegel in das weiche Wachs. Wenn man diese Tatsachen berück­sichtigt, muss man zwingend zum Schluss kommen, dass es nur Pseudophilosophie gibt, die niemals einen absoluten Anspruch erheben kann. Alle Gedanken wirken und keiner weiß, warum. Jede Philosophie ist zugleich falsch und wahr. Die Wahrheit ist immer re­lativ, sie ist also etwas, das sich zwischen Menschen ereignet, und eben nicht etwas, das auch losgelöst von den Menschen existiert.

Was in den Büchern über die Medikamente geschrie­ben wird, ist mit Sicherheit nicht die eigentliche Wir­kung. Wer aber daran glaubt, erfährt auch die entspre­chenden Wirkungen und Nebenwirkungen.

Es kann aber auch sein, dass es die 5-HT2-Rezeptoren, das CYP450-Enzymsystem udgl. tatsächlich gibt. Dennoch sollte man nicht glauben, dass diese ganzen Entdeckungen und Erklärungen sonderlich viel nützen, weil die ganzen körperlichen Vorgänge wesentlich komplexer sind.

Es kann ohne Weiteres gewisse Regelkreise im menschlichen Körper geben. Damit ist aber nicht ge­sagt, dass man die einzelne Phänomene, die man im menschlichen Körper beobachten kann, auch anders strukturieren kann, so dass neue Regelkreise entste­hen. Kein Regelkreis ist absolut. Kein Regelkreis ist unhinterfragbar. Alles kann auch anders verstanden werden.
 

jon

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Hilf mir mal: Was ist das? Eine Satire offenbar, aber ich sehe nicht, ob sie mit dem Mittel der Verkehrung oder dem der Zuspitzung operiert. Der Unterschied ist: Ist es ein "Ja klar! Der Turm ist umgekippt, weil die Erde rund ist und er deshalb auf kippligem Untergrund stand!" oder "Die tun ganz geschäftig Dinge, die himmelschreiend sinnlos und menschenverachtend sind." Eine "Pointe "könnte helfen. Oder ein Hinweis, was für ein "Ereignis" hier quasi kommentiert wird.
 
@jon: Es handelt sich hierbei um keinen zusammenhängenden Text, sondern um eine Sammlung von Gedanken rund um das Thema Bezirksklinikum Ansbach. Eine eigentliche Pointe gibt es nicht und natürlich ist auch zu berücksichtigen, dass das alles nicht als die Wahrheit zu verstehen ist. Ein guter Schuss Paranoia ist mit dabei (insofern der Bezug auf das Buch Fear and Loathing in Las Vegas, in der paranoide Gedanken eine zentrale Rolle spielen).
 

jon

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Ah! Danke; das erklärt, warum es so heterogen ist. (Ich hab es deshalb – weil es "nur" eine Gedankensammlung ist – ins Tagebuch verlegt.)
Abgesehen von den "Moleküle, Evolution, Medi-Wirkung etc gibt es nicht"-Teilen, die doch kaum mehr als Paranoia enthalten, sind ein paar (vielleicht auch literarisch oder/und journalistisch) verfolgenswerte Gedanken dabei – ich finde es ein wenig schade, dass sie hier wie kleine Sternschnuppen verglühen.
 



 
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