Fehlschlag

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Frieda

Mitglied
Heribert, der Hilfsschullehrer,
wohnhaft Gleisbergstraße zehn,
war ein glühender Verehrer
der bezaubernden Marleen.
Sanft geschwung'ner Rücken,
langes, rotes Haar
lassen ihn entzücken,
ach, wie schön sie war.

Will ihr nah sein,
alle Tage
ohne Klage
sie verwöhnen,
jederzeit nur für sie da sein,
einzig ihrer Liebe frönen.

Leider ist er viel zu schüchtern,
wagt nicht mal, sie anzublicken.
"Heribert", sagt er sich nüchtern,
"wag' es, einmal muß es glücken."
Sieht sie nur von Ferne,
edel, stolz und rein,
würde doch so gerne
ihr Begleiter sein.

Will ihr schmeicheln,
sie umfangen,
ihre Wangen
sanft berühren,
ihre schlanken Fesseln streicheln
und am Ende sie verführen.

Liebesworte in ihm tönen:
"Fühlst du denn nicht mein Verlangen?"
Und die Sehnsucht nach der Schönen
quält ihn wie mit Folterzangen.
Oh, wie sehr betört ihn
ihr geschmeid'ger Gang,
sein Gefühl verstört ihn,
macht ihn heiß und krank.

Will sie treiben,
will sie reiten,
auf sie gleiten,
wild und wilder.
Doch statt dessen ihm nur bleiben
quälend schöne Traumesbilder.

Und sein böser Widersacher,
Bauer Kuno heißt der Mann,
dieser Eifersuchts-Entfacher
schreit ihn schon von weitem an:
"Laß in Ruh' die Kleine,
sie gehört nur mir!"
Doch beim Mondenscheine
schleicht Heribert zu ihr.

Wie im Traume
ohne Eile.
mit dem Beile
sitzt inzwischen
Bauer Kuno hinter'm Baume
um dem Kerl eins auszuwischen.

Ausgeholt und - voll daneben,
Kuno steht vor Schrecken starr.
Rot und saftig tropft das Leben
aus Marleenes langem Haar.
"Oh, du Schöne, bleibe,
nein, verlass mich nicht!"
Aus Marleenes Leibe
flieht das Lebenslicht.

Ach, die Gute,
welch' Bedauern.
Laut den Bauern
hört man klagen:
"Meine allerbeste Stute
hab ich Trottel mir erschlagen!"



Leider habe ich für mein Gedicht noch keinen passenden Titel gefunden. Vielleicht kann mir jemand von euch auf die Sprünge helfen?
Danke schon mal
Frieda
 

Magic

Mitglied
Hallo Frieda,

eine gelungene Satire hast du da aufs Papier gebracht.
Man befindet sich ziemlich lange auf der falschen Koppel.
Der Reim ist auch ok.
Einen Titel zu finden ist wirklich nicht leicht.
Wie wäre es mit "Marleen"? Was Besseres fällt mir auch nicht ein.

Lieben Gruß zur Nacht
Karin
 

Frieda

Mitglied
Hallo Karin,

danke für deine Rückmeldung. Tja, es ist wirklich nicht leicht. So in der Art wie du hatte ich auch schon gedacht, vielleicht "die schöne Marleen" oder so. Klingt aber ziemlich langweilig oder? Aber ich bin da ganz zuversichtlich, daß von irgendwoher noch ein Titel angeflogen kommt.

Liebe Grüße
von Frieda
 

aboreas

Mitglied
Hallo Frieda,

auch mir gefällt dein Gedicht.
Witzig, besonders auch gut durchgearbeitet.

Spontan fällt mir im siebten Vers etwas auf, worauf ich dich hinweisen möchte.

Dein Vers lautet:

Und sein böser Widersacher,
Bauer Kuno heißt der Mann,
dieser Eifersuchts-Entfacher
schreit ihn schon von weitem an:
"Laß in Ruh' die Kleine,
sie gehört nur mir!"
Doch beim Mondenscheine
schleicht er sich zu ihr.

Vielleicht irre ich mich, aber eigentlich ist es doch der Heribert, der die Eifersucht des Bauern entfacht..? Es heißt bei dir: Bauer Kuno (...), dieser Eifersuchts-Entfacher.
Aber der Bauer ist doch eifersüchtig und schreitet zur bösen Tat.

Dann heißt es: Doch beim Mondenscheine... Warum "doch"?? Doch ist doch ein entgegensetzendes Bindewort. Wenn er sagt: sie gehört nur mir, dann wäre es nur folgerichtig, zu sagen: und beim Mondenscheine, oder: ja, beim Mondenscheine... letzteres würde ich bevorzugen, weil der Vers schon mit "Und" beginnt.

So gesehen würde der Vers bei mir so heißen:

Und sein böser Widersacher,
Bauer Kuno heißt der Mann,
brüllt den Eifersuchts-Entfacher
schon aus weiter Ferne an:
"Laß in Ruh' die Kleine,
sie gehört nur mir!"
Ja, beim Mondenscheine
schleicht er sich zu ihr.

In der Hoffnung, dich nicht
verärgert zu haben, grüßt dich herzlich:
abo
 

Frieda

Mitglied
Hallo aboreas,

danke für deinen Hinweis, du hast Recht, das ist tatsächlich eine Schwachstelle in dem Gedicht. Ich meinte eigentlich, dass Heribert sich endlich traut und sich nachts zu seiner Angebeteten schleicht. So wie ich es geschrieben habe, liegt der Schluss nahe, dass Bauer Kuno gemeint ist. Ich habe gehofft, dass diese kleine Unsauberkeit vielleicht nicht so auffällt, mir fiel einfach nicht ein, wie man es besser machen kann. Naja, ich sehe schon, da muss ich noch dran feilen.

Liebe Grüße
von Frieda
 

Frieda

Mitglied
Hab's nochmal überarbeitet, hier die endgültige Fassung:

Fehlschlag

Heribert, der Hilfsschullehrer,
wohnhaft Gleisbergstraße zehn,
war ein glühender Verehrer
der bezaubernden Marleen.
Sanft geschwung'ner Rücken,
langes, rotes Haar
lassen ihn entzücken,
ach, wie schön sie war.

Will ihr nah sein,
alle Tage
ohne Klage
sie verwöhnen,
jederzeit nur für sie da sein,
einzig ihrer Liebe frönen.

Leider ist er viel zu schüchtern,
wagt nicht mal, sie anzublicken.
"Heribert", sagt er sich nüchtern,
"wag' es, einmal muß es glücken."
Sieht sie nur von Ferne,
edel, stolz und rein,
würde doch so gerne
ihr Begleiter sein.

Will ihr schmeicheln,
sie umfangen,
ihre Wangen
sanft berühren,
ihre schlanken Fesseln streicheln
und am Ende sie verführen.

Liebesworte in ihm tönen:
"Fühlst du denn nicht mein Verlangen?"
Und die Sehnsucht nach der Schönen
quält ihn wie mit Folterzangen.
Oh, wie sehr betört ihn
ihr geschmeid'ger Gang,
sein Gefühl verstört ihn,
macht ihn heiß und krank.

Will sie treiben,
will sie reiten,
auf sie gleiten,
wild und wilder.
Doch statt dessen ihm nur bleiben
quälend schöne Traumesbilder.

Und sein böser Widersacher,
Bauer Kuno heißt der Mann,
dieser Eifersuchts-Entfacher
schreit ihn schon von weitem an:
"Laß in Ruh' die Kleine,
sie gehört nur mir!"
Doch beim Mondenscheine
schleicht Heribert zu ihr.

Wie im Traume
ohne Eile.
mit dem Beile
sitzt inzwischen
Bauer Kuno hinter'm Baume
um dem Kerl eins auszuwischen.

Ausgeholt und - voll daneben,
Kuno steht vor Schrecken starr.
Rot und saftig tropft das Leben
aus Marleenes langem Haar.
"Oh, du Schöne, bleibe,
nein, verlass mich nicht!"
Aus Marleenes Leibe
flieht das Lebenslicht.

Ach, die Gute,
welch' Bedauern.
Laut den Bauern
hört man klagen:
"Meine allerbeste Stute
hab ich Trottel mir erschlagen!"
 

aboreas

Mitglied
Nochmals nerven..?

Hallo, Frieda,

die neue Version gefällt mir auch gut.

Dennoch könnte man die letzte Zeile lauten lassen:

schleicht [red]sich[/red] Heribert zu ihr.

Das ist zwar umgangssprachlich ausgedrückt, würde aber der Struktur entsprechen, die Zeilen mit einer Hebung zu beginnen und im Wechsel fortlaufen zu lassen.

Du hast am Ende dieser Art von Versen stets 5 Silben. Da du aber um des Verständnisses willen hier sowieso abgewichen bist und auf sechs Silben ausgewichen bist, käme es auf eine Silbe mehr oder weniger auch nicht mehr an.

Herzlichste Grüße. abo
 

Troll

Mitglied
Hallo Frieda,

ich fürchte, die Zeiten sind durcheinander geraten:

Heribert, der Hilfsschullehrer,
wohnhaft Gleisbergstraße zehn,
[red]war [/red]ein glühender Verehrer [red]Vergangenheit[/red]
der bezaubernden Marleen.
Sanft geschwung'ner Rücken,
langes, rotes Haar
[blue]lassen [/blue]ihn entzücken, [blue]Gegenwart[/blue]
ach, wie schön sie [red]war[/red]. [red]Vergangenheit[/red]


Viele Grüße
Troll
 

Frieda

Mitglied
Hallo aboreas,

ich glaube, ich lasse es nun wie es ist sonst paßt es mit dem Versmaß überhaupt nicht mehr. Es ist so schon etwas gemogelt, zugegeben. Man könnte aber die erste Silbe (schleicht) sozusagen als Auftakt nehmen und dann hätte ich wieder meinen dreihebigen Trochäus. Das finde ich besser als eine weitere Hebung einzubasteln. Naja, Geschmackssache, trotzdem schönen Dank.

Liebe Grüße
von Frieda
 

Frieda

Mitglied
Hallo Troll,

die erste Strophe dient als eine Art Einleitung und ist in der Vergangenheit, denn in Wirklichkeit ist ja Marleen längst hinüber. Das soll der Leser aber noch nicht wissen, er soll die Geschichte sozusagen miterleben. Darum steht der Rest des Gedichtes in der Gegenwart. Die beiden Verse in der ersten Strophe, die du ansprichst, stellen eine allgemeine Aussage dar, mit anderen Worten: Heribert steht auf lange rote Haare, nicht nur bei Marleen. Mag sein, daß es ein bißchen durcheinander wirkt, weil Vergangenheit und Gegenwart sich so abwechseln. Ist aber Absicht, ich hoffe, es stört nicht allzu sehr.

Liebe Grüße
von Frieda
 

aboreas

Mitglied
Hallo, Frieda,

"Es ist so schon etwas gemogelt"...

Wir verstehen uns :)

Um keine Missverständnisse aufkommen zu lassen: Ich finde dein Gedicht klasse.

Gruß. abo
 

Frieda

Mitglied
Danke abo ...

Immerhin verdanke ich deinem Hinweis, dass ich einen ärgerlichen logischen Fehler ausmerzen konnte. Das ist mit einem kleinen Holperer im Versmaß wohl nicht zu teuer erkauft.

Liebe Grüße
von Frieda
 



 
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