Filmfilm

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Walther

Mitglied
Filmfilm


Fragen tiefgestapelt
Lippen aufgeworfen
Allerlei Rundungen abgekantet
Himmelhoch getrauert
Lässt sichs leben

Mit Glaceehandschuhen Kohle
Aufs Haupt streuen
Glühende Eisbomben werfen
Wenn Blicke zum Leben erwecken
Darf gestorben sein

Darf ich Sie küssen, Madame,
Ihre Glutlippen saugen mein Herz aus!
Der Gewandherr nimmt ihr
Patschehändchen und schmiert
Seimig Honig ums Mäulchen

Schau mir in den Geldbeutel,
Liebste, spricht er geifernd
Blende
Slomo als Fast Move
Regiesessel leer

Antworten hochstapeln
Auf Lager legen
Just in time immer lieferfähig
Lies mir von meinen Zähnen ab
Wen ich verfluchte
 

Vera-Lena

Mitglied
Lieber Walther,

ob ich Dein Werk inhaltlich richtig verstehe, weiß ich nicht. Ich will es trotzdem einmal mit einer Interpretation versuchen.

Ich denke, das Lyri prangert hier die Oberflächlichkeit an, die es im Filmgechäft häufig gibt.

Nichts ist echt, alles nur vorgetäuscht. Ja, das ist sowohl beim Film, als auch beim Theater so, aber da gibt es natürlich Qualitätsunterschiede. So wie es hier beschrieben ist, geht es um sehr vordergründige Dinge, um Effekthascherei beispielsweise.

Eine Liebesgschichte muss es natürlich auch geben. Die Lady ist an dem hohen Herrn nur um des Geldes Willen interessiert.

Dann bekommt man in Zeitlupe zu sehen, was die Beiden miteinander tun.

Die Drehbuchautoren haben solche Massenware engros auf Vorrat dazuliegen.

Das Lyri verflucht das Publikum, denn weil es diese Schinken unbedingt sehen will, nur deshalb gibt es überhaupt derart oberflächliche Filmproduktionen.

Ich nehme mal an, dass ich bis jetzt nicht alzu sehr daneben liege.

Die Frage stellt sich allerdings, ob Du die gesamte Szenerie eigentlich für etwas Anderes bemühst und der Leser sollte darauf kommen, was Du nun wirklich meinst.

Also ich weiß es leider nicht. Mir fällt nichts Konkretes ein.

Vielleicht hilfst Du mir auf die Sprünge?

Liebe Grüße
Vera-Lena
 

Walther

Mitglied
Lb. Vera-Lena,

dieser Text hat keine letzte Aussage. Das ist in meiner Interpretation des Vers libre auch nicht vorgesehen. Vielmehr soll es so sein, daß der Leser mit seinen Assoziationen, die durch den Text angeregt werden, diesen erst komplettiert.

Die Versatzstücke sind aus hingeworfenen Wortwendungen entlehnt, die partiell in ihr Gegenteil verkehrt worden sind. Die ursprüngliche Form der Wortwendung hallt nach. Darüberhinaus habe ich Zitate aus Filmen und der Literatur verarbeitet und gerne gemachte geschlechterspezifische Vorurteile aufgespießt.

Natürlich steckt auch Film(er)kritik in diesem Text, aber auch der Zuschauer mit seinen Erwartungshaltungenm kommt unter die Räder.

Ich will nicht noch mehr verraten, weil diese Versatzstücke ein Konzept haben, das als Rahmen für die Gedanken des Lesers dienen soll. Jeder b(r)aut sich so sein eigenes Gedicht zusammen.

Danke für Deine Geduld und Dein Einlassen auf diese ungewöhnliche Gedichtform des Vers libre und Deine ausführlichen Überlegungen dazu. Ich hoffe, daß ich trotz der vielen Rätsel wenigstens ein bißchen unterhalten konnte.

LG W.
 

Vera-Lena

Mitglied
Lieber Walther,

da war allerdings eine Menge, das mir in seiner Umkehrung aufgefallen ist und das mir auch Spaß gemacht hat. Ich wusste nur nicht, worauf Du hinaus wolltest und dehalb habe ich den Text eher bemüht gelesen. Nun aber:

Himmelhoch jauchzend
tief zu Tode betrübt.

Auf glühenden Kohlen gehen.

Wenn Blicke töten könnten.

Ich schau dir in die Augen, Kleines.(Jedenfalls in der ins Deutsche übersetzten Fassung aus Casablanca)

Das alles und wahrscheinlich noch mehr, das ich aber nicht erkannt habe, hast Du sehr schön umgeformt.

Am besten gefällt mir:

"Wenn Blicke zum Leben erwecken
darf gestorben sein"

weil es auf dem Theater genau so zugeht. Da fällt der Mime um, durch einen Dolch dahingestreckt oder wie auch immer. Das Publikum schaut fasziniert und wenn der Vorhang gefallen ist, steht der Mime wieder auf.

Danke für Deine Antwort auf meine Frage! :)

Liebe Grüße
Vera-Lena
 

Walther

Mitglied
Lb. Vera-Lena,

danke für Deine Gedanken und die Beachtung, die Du diesem Text geschenkt hast.

LG W.
 

HerbertH

Mitglied
Hallo Walther,

das wirkt fast spontan, als "stream of consciousness". Und doch möchte ich wetten, dass Du eine Menge Gedankenarbeit in den Text investiert hast.

Gerne gelesen

Herbert

PS: Statt verfluchte würde mir verfluche in der letzten Zeile leichter von den Lippen gehen ;)
 

Walther

Mitglied
Filmfilm


Fragen tiefgestapelt
Lippen aufgeworfen
Allerlei Rundungen abgekantet
Himmelhoch getrauert
Lässt sichs leben

Mit Glaceehandschuhen Kohle
Aufs Haupt streuen
Glühende Eisbomben werfen
Wenn Blicke zum Leben erwecken
Darf gestorben sein

Darf ich Sie küssen, Madame,
Ihre Glutlippen saugen mein Herz aus!
Der Gewandherr nimmt ihr
Patschehändchen und schmiert
Seimig Honig ums Mäulchen

Schau mir in den Geldbeutel,
Liebste, spricht er geifernd
Blende
Slomo als Fast Move
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Wen ich verfluche
 

Walther

Mitglied
Hallo Herbert,

habe ich angepaßt. In der Tat ist die Sache ein Weile in Arbeit gewesen. Die Frage bei so etwas ist allerdings immer, ob man damit wirklich einen guten Text geschaffen hat.

Lieben Dank und Gruß W.
 

Vera-Lena

Mitglied
Lieber Walther,

natürlich kann man ganz allgemein über das Wort "ein guter Text" sich seine Gedanken machen. Ich denke mir, für jede Person ist wieder etwas jeweils Anderes "ein guter Text".

Für mich ist ein Text, den ich beim ersten Lesen nicht verstehe, der mir aber auf zunächst unverständliche Weise gefällt, bereits "ein guter Text", weil er mich fesselt und ich mir dazu Gedankem machen kann.

"Aber ein sprachliches Gebilde, dass mir sofort einleuchtet,
durch zutreffende Bilder und eine dem Thema entsprechend gelungene Sprache verwendet, ist für mich auch "ein guter Text". Und so könnte ich noch Vieles anführen, beispielsweise gelungene Wortspielereien, Schüttelreime usw.

Ach, ich denke, jeder hat dazu wieder eine andere Meinung.

Dieser Text hier von Dir hat mich gefesselt, weil ich ihn zunächst nicht verstehen konnte.

Nach Herberts Kommentar ist es mir noch ein wenig klarer geworden, worum es sich hier handelt.

Er hat ja auch sofort einen Versuch unternommen, innerhalb dieses Genres etwas auf die Beine zu bringen. Ich hätte nicht übel Lust, es auch zu probieren, aber mir fehlt momentan die Zeit.

Dir viel Freude auch heute wieder in Deinem Frühlingsgarten.
Auch im vergangenen Jahr war es im April schon so wunderschön.

Liebe Grüße
Vera-Lena
 

Walther

Mitglied
Lb. Vera-Lena,

in der Tat sind dies Texte, die man mehrfach lesen muß, um alle Aspekte zu sehen, die darin verarbeitet und enthalten sind. Danke für Deinen Eintrag und die Wünsche.

Der Garten ist wirklich schön, der Frühling auch. Allerdings könnten die Pflanzen Regen vertragen.

LG W.
 

revilo

Mitglied
Antworten hochstapeln.........das ist schlicht und ergreifend genial........das musst Du Dir patentieren lassen............Fragen tiefgestapelt..........was für ein reizvoller Gegensatz...........anstatte seimig schriebe ich sämig.........
sehr gerne gelesen von revilo
 
B

Beba

Gast
Das ist wirklich filmfilm ...(nicht mit film zu verwechseln)

LG
Bernd
 

Walther

Mitglied
Lb. revilo,

danke für Deine lobende Äußerung zu diesem Text, der erst beinahe unterzugehen drohte - auch für die Wertung. :)

LG W.

Lb. Beba,

der gleiche Dank gilt Dir. :)

LG W.
 



 
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