Filmfreund Roche Renders

pleistoneun

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Filme waren seine Passion. Filme machen gehörte für ihn dazu. Roche Renders, einer von vielen selbstverkannten Hobbyregisseuren, deren Traum es war, ein Mal in ihrem heruntergekommenem Leben den eigenen Namen in einem Vorspann eines Hollywood-Spielfilms zu sehen, um ihre Verwandten und Bekannten damit zu beeindrucken. Roche besaß die Grundausstattung eines angehenden Leinwandproduzenten, nämlich seinen Super-Camcorder mit Stativ und einen übergroßen Scheinwerfer, mit dem er die Nacht zum Tage machte, wenn er wollte. Bevorzugte Themen seiner Aufnahmen waren Tier- und Umweltdokumentarserien, gefilmte Kreidezeichnungen, aschgrauer Asphalt, öffentliche Toiletten und manchmal gesteinigtes Steinobst vom Gemüsehändler. Was er hasste, waren utopische Sternen-Science-Fiction-Kometen-Streifen, Wortgewaltszenen und Verfolgungsjagden mit Waffenfahrrädern. Action war also nicht unbedingt sein Gebiet.

Ihm war klar, dass sein Aufstieg ein gemächlicher war, sonst wäre er ja unliebsamerweise kometenhaft. Und so filmte er oft Kleingetier aus der Nachbarschaft, belästigte die Obstverkäufer mit stundenlangen Interviews über schwerfälliges Steinobst, verbrachte zahllose Nächte in verlassenen Toilettenanlagen auf Autobahn-Raststätten, lag mit seiner Kamera im Anschlag auf menschenleeren Gehsteigen um die unermesslichen Dimensionen fußfreien Asphalts einzufangen und spazierte dann mehrmals die Woche auf Ausstellungen und Vernissagen auf, wo billige Kohlekreidezeichnungen von gescheiterten Künstlern hingen, die ihrersseits den großen Durchbruch erhofften.

Roche Renders lag bislang mit seinen langweiligen Aufnahmen nicht gut im Rennen um die vorderen Plätze bei den Hollywood-Produzenten. Aber sein Stolz lag in der Beibehaltung seines unverkennbaren Stils und natürlich der Motivwahl. Früher, ja früher hatte er auch Menschen gefilmt, aber da ist ja einer wie der andere. Seine selbstgedrehten Videos über den Hotel-Badewannen-Selbstmord von Curt Cobain oder die Franz-Fuchs-Zellenstrangulierung oder die letzten Minuten von Filmlegenden wie Anthony Quinn, Hans Rosenthal, Paul und Attila Hörbiger, Bruno Pezzey, Ghandi, Elvis, Dick und Doof, Karel Gott, Robert Lempke, Mussolini, Friedrich Nitzsche, Sepp Forcher und sogar von Lex Barker hatten Roche nie vom Hocker gerissen. Nur das selbstgedrehte, weltbekannte Kennedy-Attentat hat er mal eingeschickt, dafür aber nichts gekriegt. Blumen, ausländische Bierdeckel, vorbeiziehende Wolken und benutzte Korkenzieher, DAS waren spannende Motive für die es sich lohnt, die Linse zu putzen.
 
S

Sanne Benz

Gast
Hallo,
immer wenn ich ROCHE RENDERS lese, denke ich an Wim Wenders..ulkig..
Mir fehlen mal wieder die passenden Worte, um meine Begeisterung auszudrücken.
Sorry.
Kann nur sagen: super.

lG
Sanne
 

pleistoneun

Mitglied
Lob en masse

Danke nochmals (hier zum zweiten Mal schon) für dein Lob. Wim Wenders diente nur mit seinem Nachnamen und auch hier nur in abgewandelter Form als Vorlage, ansonsten ist alles Fiktion, wie alles, was ich schreibe. Dankschön nochmal.
 



 
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