Fortunbilden

SZ

Mitglied
Am Rande des Seminars beobachte ich die Maske und ihre Grenzen, die Kostümierung und ihre Schranken – ungeschminkt, in Jeans und Pulli, bin ich mir nicht zu fein, hinter die Kulissen zu steigen ... von hier aus entpuppt sich das ganze Theater als Etikette-Schwindel.

*

Fehlendem Anstand mangelt es nicht an wichtigen Tönen – mal klingeling ... mal langes Piiiep ... und irgendwo zu meinem Überdruß noch eine Melodie: Beethovens Fünfte. Welch ein Schicksaal!

*

Als feiner Popel – in Schlips und Kragen – wähnt Mann sich doch gleich viel schicklicher beim Nasebohren!

Angesichts eines Rotzbengels wäre mir kaum so kotzübel ...

*

Sturm Kulturloser auf Früchtestilleben, Mikrotörtchenpyramiden, Sandwich-Kunststückchen ... vermeintliche Niveauvöller zeigen sich als schnöde Häppchen-Jäger.

*

Der Atem ringt im Menschenmief aus allen Farben mit dem Wissensdurst - zerschneidet sich am sturen Thermoglas die Kehle.

Blauer Dunst zertrümmert Kaffeeduft mit spitzem Hacken vor der Nase unterm Schädeldach.

Auf Kunstblumenwiesen, die am Klohimmel schweben, mache ich mir am besten Luft: Befreiung der Sprechblasen zum Halse raus.



3. April 2003
© SZ



Anmerkung:
Ursprünglich als Gedichtzyklus angedacht, inzwischen bemerkt, daß es wohl doch - wenn überhaupt - lyrische Prosa bzw. eine Art lyrisches Seminartagebuchauszug wird und drum die Zeilenumbrüche eliminiert ... weiß nicht. Was meint Ihr?
 

george

Mitglied
Naja Antje, als Prosa ist mir's etwas zu dünn. Deine Wortspiele kommen nicht raus. Vorschlag: drastisch kürzen, ein Gedicht draus machen...

Du kannst das, ich weiss es!
Lg
 

SZ

Mitglied
Na ja ... das ist ja die Prosafassung des ursprünglichen Zyklus an Gedichtversuchen ... die waren es aber auch nicht immer ... muß noch mal feilen ... ma gucken. Du traust mir ja ziemlich viel zu, hoffentlich bin ich keine Enttäuschung. ;-)

Gute Nacht erstmal!

Antje
 

SZ

Mitglied
Das war die Erstfassung ...

... war wohl doch einen Tick besser - sollte ich besser darauf aufbaun?




Fortunbilden


Am Rande des Seminars
beobachte ich
die Maske
und ihre Grenzen,
die Kostümierung
und ihre Schranken –
ungeschminkt,
in Jeans und Pulli,
bin ich mir nicht zu fein,
hinter die Kulissen
zu steigen ...
von hier aus
entpuppt sich
das ganze Theater
als Etikette-Schwindel.

*

Fehlendem Anstand
mangelt es nicht
an wichtigen Tönen –
mal klingeling ...
mal langes Piiiep ...
und irgendwo
zu meinem Überdruß
noch eine Melodie:
Beethovens Fünfte.
Welch ein Schicksaal!

*

Als feiner Popel –
in Schlips und Kragen –
wähnt Mann sich
doch gleich viel schicklicher
beim Nasebohren!

Angesichts
eines Rotzbengels
wäre mir kaum so
kotzübel ...

*

Sturm Kulturloser
auf Früchtestilleben,
Mikrotörtchenpyramiden,
Sandwich-Kunststückchen...
vermeintliche Niveauvöller
zeigen sich als schnöde
Häppchen-Jäger.

*

Der Atem ringt
im Menschenmief
aus allen Farben
mit dem Wissensdurst -
zerschneidet sich
am sturen Thermoglas
die Kehle.

Blauer Dunst
zertrümmert Kaffeeduft
mit spitzem Hacken
vor der Nase
unterm Schädeldach.

Auf Kunstblumenwiesen,
die am Klohimmel schweben,
mache ich mir
am besten
Luft:
Befreiung der
Sprechblasen
zum Halse raus.



---

Danke für die Hilfe! :)
 

aboreas

Mitglied
Hm!

Hallo SZ.

Wäre interessant zu wissen, worum es bei dem Seminar gegangen ist.

Es ist mir zwar nicht auf Anhieb gelungen, die prosaisch-lyrischen Reflexionen (auf georges Weise waren sie für mich tatsächlich besser zu lesen und nachzuvollziehen)zu verstehen, nach dem dritten Mal aber habe ich begonnen, Aha-Erlebnisse anzusammeln.

Ansonsten kann man nur hoffen, dass diese doch recht kräftigen und sich im Selbst verzweigenden Eindrücke nicht allzu sehr abgelenkt haben vom eigentlichen Ziel des Seminars.

gruß. aboreas
 



 
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