Fragen - Sonett

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Walther

Mitglied
Fragen


Du fragst: Was haben wir denn hinterlassen?
Es ist nicht viel, hast recht, wir wurden Staub.
Dazu sind wir noch blind gewesen, taub
Und wussten nicht viel mehr als zu verprassen.

Du meinst, sie würden uns dafür wohl hassen.
Das stimmt, man könnte sie verstehen, mit Verlaub!
Es war nicht weniger als Zukunftsraub!
Wir lebten nach dem Motto: Hoch die Tassen!

Wie sag ich’s meinen Kindern, fragst du dich.
Ich glaube, du musst ihnen nicht viel sagen.
Sie werden es bezahlen, fürchterlich,

Und sich auch für die Nichtgebornen plagen.
Sie werden sich nur fragen: Warum ich?
Und du hörst, weil du fort bist, nicht ihr Klagen.
 

Walther

Mitglied
Fragen


Du fragst: Was haben wir denn hinterlassen?
Es ist nicht viel, hast recht, wir wurden Staub.
Dazu sind wir noch blind gewesen, taub
Und wussten nicht viel mehr als zu verprassen.

Du meinst, sie würden uns dafür wohl hassen.
Man könnte sie verstehen, mit Verlaub!
Es war nicht weniger als Zukunftsraub!
Wir lebten nach dem Motto: Hoch die Tassen!

Wie sag ich’s meinen Kindern, fragst du dich.
Ich glaube, du musst ihnen nicht viel sagen.
Sie werden es bezahlen, fürchterlich,

Und sich auch für die Nichtgebornen plagen.
Sie werden sich nur fragen: Warum ich?
Und du hörst, weil du fort bist, nicht ihr Klagen.
 

HerbertH

Mitglied
Lieber Walter,

ein inhaltlich sehr wahres und auch sprachlich gelungenes Gedicht!

Einzig die letzte Zeile

Und du hörst, weil du fort bist, nicht ihr Klagen.
würde ich auf

Doch weil du fort bist, hörst du nicht ihr Klagen.
ändern, weil das besser zum Jambus passt. ("hörst" lese ich in beiden Varianten betont.)

Ausserdem will ich noch bemerken, dass wir immer noch nach dem Motto "Hoch die Tassen" leben.... ;) Die Zeitenwahl könnte man also eventuell noch mal zu überdenken.

lG

Herbert
 

Walther

Mitglied
Fragen


Du fragst: Was haben wir denn hinterlassen?
Es ist nicht viel, hast recht, wir wurden Staub.
Dazu sind wir noch blind gewesen, taub
Und wussten nicht viel mehr als zu verprassen.

Du meinst, sie würden uns dafür wohl hassen.
Man könnte sie verstehen, mit Verlaub!
Es war nicht weniger als Zukunftsraub!
Wir lebten nach dem Motto: Hoch die Tassen!

Wie sag ich’s meinen Kindern, fragst du dich.
Ich glaube, du musst ihnen nicht viel sagen.
Sie werden es bezahlen, fürchterlich,

Und sich auch für die Nichtgebornen plagen.
Sie werden sich nur fragen: Warum ich?
Doch weil du fort bist, hörst du nicht ihr Klagen.
 

Walther

Mitglied
Lb. Herbert,

in der Tat sind wir immer noch mitten in der Party, die mehr und mehr einer römischen Saturnalie gleicht. Das Schicksal des Römischen Reiches ist bekannt.

Deinen Hinweis habe ich dankend bereits oben umgesetzt. Politisch Lied ist garstig Lied: Hoffentlich ist das meine nicht zu garstig.

Lieben Dank und Gruß W.
 

Rhea_Gift

Mitglied
Garstig - nicht nur politisch, auch allgemein menschlich betrachtbar - wahr und gut. Wahrheit ist kein Wattebausch... Etwas eindimensional vielleicht - aber das regt manchmal eben erst die anderen Dimensionen (den inneren Protest, das sich Auflehnen gegen das Beschriebene) an... daher gut! :)

LG, Rhea
 

Walther

Mitglied
Lb. Janosch.

es ist schön, daß Du es überhaupt gelesen und für gut befunden hast. Deinen Sonettkranz werde ich demnächst - in einer ruhigeren Stunde - lesen und bewerten / kommentieren.

Danke und lieber Gruß W.

Lb. Rhea_Gift,

danke für Deinen positiven Eintrag. Diese sind des Dichters Lohn. Mehr gibt's nicht. :)

LG W.
 

Bernd

Foren-Redakteur
Teammitglied
Interessant mag sein, dass es zugleich Epistel und Sonett ist. Zumindest erscheint es mir so.

An wen richtet sich das Werk (vom Standpunkt des Erzählers)?
Es ist ein Unsicherer, ein Fragender, aber zugleich ein Angeklagter, denn das Werk richtet auch, indem es Konsequenzen zeigt. Das Gedicht geht von einer fraktalen, selbstähnlichen und sich verändernden Welt aus (Vergleich mit Rom). Es schimpft und sagt: Wir brauchen Lösungen!" - gibt aber keine.

Die Welt ist offen und chaotisch.
 

Walther

Mitglied
Lb. Bernd,

in der Tat ist dies Sonett zugleich Sonett und Epistel. Das Gleiche gilt übrigens für dieses Frühwerk des Autors: http://www.leselupe.de/lw/titel-Es-gibt-die-Vielen-Sonett-100432.htm. :D

Mit meiner eher skeptischen Weltsicht, besonders, was selbst erworbene Erkenntnisse anlangt, erscheint mir mehr als ein Hinweis auf mögliche Antworten für Lebensfragen seitens meines LyrIchs nicht statthaft. Die Anregung der Gedanken des Lesers ist sozusagen Weg und Ziel.

Dein Eintrag zeigt an, daß bei Dir dieses Konzept funktioniert zu haben scheint. Denn in der Tat ist die Welt "chaotisch", wenn man die Definition des Chaos gem. derer des Thermodynamischen Gesetzes faßt. :)

Danke und Grüße W.

PS.: Auch mein Spätwerk http://www.leselupe.de/lw/titel-Gedanken---Sonett-100584.htm erfüllt Deine Beschreibung. Das riecht nach Methode, ahne ich. ;)
 

Bernd

Foren-Redakteur
Teammitglied
Ich fasse das Chaos noch etwas weiter, wobei das thermodynamische Gesetz mit drin enthalten ist. Es beinhaltet gegenseitige Beeinflussung und RRückkopplungen bzw. Gegenkopplungen, Inseln der Stabilität und Instabilitätsbereiche, spontan sich entwickelnde Regelmäßigkeiten und Formen, auch weitab vom Gleichgewichtszustand, also kein rein zufälliges, sondern ein fraktales Chaos.

Über Episteln hatte ich gerade erst gelesen, deshalb fiel es mir auf. Ich kannte "Fredmanns Episteln an diese und jene, aber hauptsächlich an Ulla Winblad" von Bellmann (seit vielen Jahren), wusste aber nicht, was Episteln eigentlich sind. Deshalb freute ich mich über Dein Beispiel.
 

Walther

Mitglied
Lb. Bernd,

an Dir schätze ich den Fundus Deines Wissens. Dieser ist, so glaube ich, schlecht zu toppen. :) Am liebsten würde ich Dich für mein Projekt "Walthers Anthologie" begeistern, aber dazu schreibe ich Dir ein anderes Mal ein paar private Zeilen. Hier aber möchte ich Dir für Dein Engagement für die Gedichtformen danken. Du bist ein echter Gewinn für die Lupe und ihre AutorInnen.

In meinen Gedichte mühe ich mich redlich, etwas Ordentliches hinzubekommen. Es ist schön, wenn das von einen oder anderen einmal positiv bemerkt wird.

Frohes Dichten und Werken.

LG W.
 



 
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