Freude am Schreiben

In einer ruhigen Stunde habe ich einmal überlegt, warum ich gerne schreibe. Die Gründe sind vielfältig und reichen weit zurück.
Schon als Kind war Lesen mein schönster Zeitvertreib. Für einen Groschen Leihgebühr schleppte ich Bücher heran und las sie heimlich unter der Bettdecke. Mit der Taschenlampe begleitete ich meine Helden in alle Welt. Oft mussten sie jedoch auf den nächsten Tag warten, weil der Schlaf sein Recht forderte. Dann kramte ich das Buch wieder hervor und studierte den Fortgang der Geschichte. Leider war mein Vergnügen immer nur von kurzer Dauer, denn ich musste einkaufen gehen, Heizmaterial suchen, Geschwister hüten und im Garten Steine und Quecken aufsammeln. Lauter Arbeiten, die mich am Lesen hinderten.
Eines Tages kam ich auf die verrückte Idee, stricken zu lernen. Mutter fertigte tolle Handarbeiten an, verkaufte die Sachen im Bekanntenkreis und besserte so ein wenig die Haushaltskasse auf. Dass ich ihr dabei helfen wollte, fand sie rührend, ahnte aber nicht, welches Ziel ich im Sinn hatte. Mein Eifer war grenzenlos und bald konnte ich mit Nadeln und Garn so geschickt umgehen, dass mir Stricken und Lesen gleichzeitig möglich war. Da ich nun beschäftigt war, entfielen die sonstigen Pflichten. Duzende Pullover wurden fertig und unzählige Bücher gelesen.
Die Lektüre war gleichsam der Schlüssel für mein späteres Hobby. Sie beflügelte meine Phantasie und bald schon wollte ich eigene Bücher schreiben. Im Alter von elf Jahren war es dann so weit. Auf hundert Schulheftseiten schilderte ich die Flucht eines Jungen nach Afrika, bahnte ihm mit Hilfe der Landkarte einen Weg über die Alpen, ließ ihn durch Spanien trampen und als blinden Passagier die Meerenge von Gibraltar überwinden. Marokko und Algerien durfte er sehen und in der glühenden Sahara verweilen. Dort wartet er immer noch auf das Ende seines Abenteuers, weil mir die Ideen und der Papiervorrat ausgegangen waren.
Jahre später erwachte meine Liebe zum Schreiben neu. Ich reimte zunächst persönliche Gedichte, dann kamen Kurzgeschichten, Satiren, Märchen und Fabeln hinzu. Mein alter Kindheitstraum ging in Erfüllung, denn zahlreiche Texte wurden im Rundfunk gesendet und in Zeitungen und Anthologien veröffentlicht.
Das Spiel mit der Sprache fasziniert mich heute mehr denn je. Bei den Lesungen lerne ich interessante Menschen kennen und gewinne neue Freunde hinzu. Besonders schön ist die Arbeit an den Grundschulen, weil die Kinder dort noch begeistert bei der Sache sind und richtig gute Aufsätze schreiben. Hier genügt oft ein Lob, um bei den kleinen Autoren das Intresse zu wecken. Gewiss wird die Freude am Schreiben auch ihr Leben um vieles reicher machen.
 

flammarion

Foren-Redakteur
Teammitglied
das

ist auch wieder sehr gut geschrieben, kurz und schlüssig. übrigens - ich hab auch unter der bettdecke mit taschenlampe gelesen und mir so eine brille verdient. beim stricken allerdings kann ich nicht lesen, da bin ich ein erbsenzähler und passe auf jede masche auf. gratuliere dir zu deinem können, sowohl fürs schreiben als auch fürs stricken! ganz lieb grüßt
 



 
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