Frieden

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Vera-Lena

Mitglied
Frieden

Ich bin mit mir.
Jenseitig das Gelände
umkost schon dunkles Violett.
Im Schoße ruhn
die müden Abendhände,
nichts ist mehr, das sie an sich bände,
kein Wort mehr, das zu meiner Stimme fände.

Im Schauen bin ich dieser Farbe
Gefährtin, ströme willig zu,
wenn sie umschließt des Tages rote Narbe
und wehe mit ihr alle Risse zu.
Ummantelt von den Sternengarben
erkennt der Tag sein Ruhebett.
Als alle Rufe nach mir starben,
sank ich ins tiefe Violett.
 
K

Klopfstock

Gast
Liebe Vera-Lena :)

"ich bin mit mir" - wann kann man dies schon sagen.
Im Alter, wenn man weise geworden ist? Wenn man den
Frieden mit sich und der Welt gemacht hat? In der Jugend
ist man eher häufig außer sich ;)
"Müden Abendhände"....."nichts ist mehr, das sie an sich bände"...Alles scheint getan zu sein.

Die zweite Strophe gefällt mir ganz besonders gut.
Man ahnt/sieht schon das Ende - noch ist es ein dunkles Violett,doch bald geht es wohl ins Schwarz über. Noch im Schauen Gefährtin sein - doch bald auch real mitgehen ins jenseitige Gelände.
"Wenn sie umschließt des Tages rote Narbe" - wenn des Lebens Leid endet?
"Als alle Rufe nach mir starben" - wenn mich nichts mehr hier hält, dann gehe ich.....
Ich hoffe, daß ich nicht wieder falsch liege, liebe Vera-Lena. Na, ja, und wenn schon. Hauptsache dieses Gedicht gefällt und es gefällt mir. Hab nüscht zu meckern.

Einen schönen Abend
und ganz liebe lyrische Grüße ;)
Irene
 
H

Harald

Gast
Wenn ich mit mir den Einklang finde,
klingt aus dem dunklen Violett
und aus der Trauer Ruhebett
ein goldner Ton – befreit von Sünde.

Ein Ton klingt.
Wo?
Was meint sein Ruf?
Was ist es,
das sein Wunder schuf?

Der Ton ist Teil
der Achtsamkeit,
die aus der tiefsten Stille schreit.
Er klingt in
ihrer Resonanz
wie Lebenslust
im Totentanz.

Und breitet seiner Seele Klang
über der Stille Abgesang.
 

Vera-Lena

Mitglied
ein sanfter Tod

Liebe Irene,

als ich gestern diesen Text schrieb, war ich sehr müde, und ich glaube durch diese Müdigkeit ist das herausgekommen, was ich wirklich im tiefsten Innern meine, weil der Kontrollmechanismus nicht mehr funktioniert hat.

Ja, natürlich wünsche ich mir einen sanften Tod, wie wahrscheinlich alle Menschen. Wie sehr ich mir das wünsche, hat mir erst Deine Interpretation klar gemacht.
Danke!

In dem Zuwehen der Risse liegt für mich dann noch, eine Arbeit des Vergebens. Das wünsche ich mir auch noch vor meinem Tod, dass ich es geschafft habe, wirlich allen, die mich jemals verletzt haben, von ganzer Seele vergeben zu haben; und umgekehrt könnte ich mir das auch wünschen, aber damit darf man natürlich nicht rechnen. Wer auf ewig einen Groll gegen mich hegen will, was soll man da machen.....?

Ja, und dann will ich natürlich erst gehen, wenn es wirklich nichts mehr für mich zu tun gibt. Also Tapferkeit gehört schließlich auch zum Leben dazu, und deshalb bleibe ich noch.
Aber das Violett hat eine Sogwirkung, das will ich nicht leugnen.

Als ich es schrieb, hatte ich das Violett mehr als einen Ruhepunkt empfunden, auf den man sich konzentriert, damit für einige Zeit die roten Narben nicht mehr spürbar sind, aber Deine Interpretation hat die Sache doch noch besser auf den Punkt gebracht.
Ich danke Dir von Herzen, Du Goldschürferin.
Du hast ja meistens ans Licht gebracht, was in meinen Texten so drin steht.

Einen schönen Abend wünsche ich Dir noch:)
Ganz liebe Grüße Vera-Lena
 

Vera-Lena

Mitglied
Klang

Lieber Harald,

danke für Deine poetische Antwort!
Dass Du das Thema mit Hilfe eines Klanges zum Ausdruck bringst, ist für mich auch überzeugend.
Achtsamkeit und Stille sind Dinge, die uns manches näher bringen können, was sonst in uns selbst immer verborgen bliebe.
Und Lebenslust und Totentanz sind in der Tat Verwandte, zwei Pole, die aber ständig ineinander verschlungen sind.

Auch Dir noch einen schönen Abend!:)
Mit lieben Grüßen Vera-Lena
 



 
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