Früher Herbst

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H

HFleiss

Gast
Frau Herrmann lächelte routiniert, während sie dem Kunden den Band IV der restlichen Schiller-Gesamtausgabe über den Ladentisch reichte.

Der Kunde, ein junger schwarzhaariger Mann in Lederjacke und Jeans, nicht älter als Zwanzig, höchstens Zweiundzwanzig, bedankte sich überschwänglich. Sie überlegte, ob sie ihn schon mal in ihrem Hinterzimmer gesehen hatte. Die Etagere mit den Neuerscheinungen stand ihm im Weg, er stolperte, als er die Buchhandlung durch die offen stehende Tür verließ.

Sie sah ihm mit abwesendem Blick einen Moment lang nach und trat dann ein paar Schritte von der Kasse hinweg, hinein in den mit Bücherregalen vollgestellten Laden, in den hintersten Winkel, dahin, wo die schräg einfallende herbstliche Nachmittagssonne etwas Wärme versprach. Zum Heizen war es noch zu früh im Jahr, es hätte auch wenig genützt, denn würde sie die Tür schließen, müsste sie ganz sicher auf weitere Kunden verzichten, und der Laden ging sowieso nicht sehr gut. Um das Geschäft etwas zu beleben und auch, weil es ihr eine Herzenssache war, hatte sie eintrittsfreie Leserunden eingerichtet. Einmal im Monat trafen sich im hinteren Zimmer, das ihr Lager darstellte, aber sie lagerte hinten seit einem Jahr keine Bücher mehr, ein paar junge Leute und lasen mit theatralisch geschwellten Stimmen aus Klassikerbänden und eigenen Texten, tranken ihren kostenlosen Tee, knabberten ihre selbstgebackenen Kekse und rauchten ihr die Bude voll. Sie duzte die Jungen, sie nannten sie Frau Herrmann und du, sie wusste so manches von ihren Familien. Trotz der Leserunden war der Umsatz ihres Antiquariats nicht gestiegen.

Ihre Hände waren eiskalt, sie rieb und behauchte sie verstohlen. Ihre Augen flogen über die unordentlich in die Regale gezwängten, nicht mehr druckfrischen Buchrücken hinweg durch die große Fensterscheibe auf die Straße. Ohne einen Blick in die Auslage oder die vor den Laden gestellten Kisten mit den unsortierten Büchern zu werfen, ging mit eiligem Schritt eben eine junge Frau vorüber, im Gesicht etwas Gehetztes, Getriebenes, Ungesundes.

Etwas muss bleiben, dachte sie. Es war nichts geblieben, nichts von ihr und nichts von S., alles war verloren.

Entzündet hatte sich ihr Streit nicht daran, dass S. es vorzog, seine eigene kleine Wohnung ganz in der Nähe der ihrigen zu behalten, auch wenn sie heiraten würden. Von Zeit zu Zeit, sagte er, würde er sich, um ungestört arbeiten zu können (er war ohne feste Anstellung, hatte aber merkwürdigerweise immer etwas Geld in den Taschen und schrieb seit Jahren, wie er sagte, an einem Roman, dessen Inhalt er ihr aber nicht verraten wollte, nicht, ehe er mit dem Verlag übereingekommen wäre), er würde sich dorthin zurückziehen wollen, und wenn er mit allem fertig sei, käme er wieder zurück zu ihr. Auch in der gemeinsamen Wohnung übernachten würde er, selbstverständlich, was dachte sie denn, schließlich seien sie dann verheiratet, und die Absicht, fremd zu gehen, die, das müsse er eingestehen, nahe liegen könnte, habe er in seinem Alter bestimmt nicht mehr, da könne sie ganz beruhigt sein. Im Übrigen würde er ihr Bescheid geben, wenn er von seinem Vorsatz abzuweichen gedenke. Sein Lachen klang ehrlich. Anfangs war sie mit dieser Regelung nicht einverstanden, später aber konnte sie sich vorstellen, dass diese etwas ungewöhnliche Art, eine Ehe zu führen, so abwegig nicht war. Bedachte sie nämlich seinen Vorschlag von allen Seiten, so bot er sogar etwas Angenehmes, das ihr mit den Jahren sicher sogar immer angenehmer werden könnte.

Und ein Kind, fragte sie schüchtern, was halte er von einem Kind? Sie sei jetzt über die Vierzig, und in zwei Jahren könnte es zu spät werden für das Kinderkriegen, und eine Adoption käme für sie nicht in Frage, das müsse er einsehen. Er hatte sie so verblüfft angeblickt, dass sie plötzlich an sich selbst zu zweifeln begann: War es nicht irgendwie verstiegen, jetzt noch, in ihrem Alter, an ein Kind zu denken, verrannte sie sich da nicht in irgendeine verschrobene Idee, die sie Gott weiß woher hatte und für die kein ernsthafter Mensch in diesen Zeiten, beim besten Willen nicht, Verständnis aufbringen konnte?

Er hatte nichts erwidert, nur mit neuem, irgendwie fremdem Blick zur Seite gesehen. Das war vor einigen Monaten, lange ehe sie ihm gestern, ihr Herz war übervoll, das Ultimatum gestellt hatte: Ein Kind, mit seinem Einverständnis! Sonst gäbe es keine Heirat und er könne weiter so leben in seinem Schlendrian, wie ein entwurzelter Baum, ohne sie. Wohin er auf diese Weise gekommen sei, wisse er ja selbst. Aber wenn ihm sein Herumwildern in zufälligen Betten mehr als sie gefalle – bitte sehr, sie habe nichts dagegen. Aber dann würde sie ihn auch nicht heiraten. Ein Kind wolle sie, nichts weiter, sie sei eine Frau wie alle, sie wolle ein erfülltes Leben als Frau, und dazu gehöre nun mal auch ein Kind.

Was willst du mit einem Kind, hatte er sie angeschrien, er sei sich zu schade, ihr den Samenspender zu machen! Sie sei eben auch nicht anders als alle, da habe sie furchtbar Recht, er habe es immer geahnt. Ein Kind! Ein Kind! Ob sie noch mehr dieser Absurditäten auf Lager habe? Und während er das alles aus sich herausschrie, hatte er den Kleiderschrank aufgerissen und seine Unterwäsche, Socken und Pyjamas auf den Teppich geworfen. Er gehe, hatte er sie angeschrien, mit einer so spießigen Glucke könne er nicht, da fehle ihm jedes Verständnis, auf Wiedersehen, meine Dame, das war’s dann wohl.

Sie hatte bewegungslos im Zimmer gestanden, die sich auf dem Teppich häufende Wäsche angeblickt und kein Wort sagen können. Erst als die Wohnungstür ins Schloss gefallen war, kam sie zu sich. Nichts war geblieben, nichts von ihr und nichts von S., alles war verloren.

Immer noch fröstelnd, trat sie vor die Tür. Der Nachmittagsverkehr hatte eingesetzt, Pkws, vollbesetzte Busse und LKWs brausten und ratterten an ihrem Buchladen vorbei, die Menschen hatten jetzt etwas Hastiges an sich, niemand schien Zeit zu haben, niemand blieb stehen, sie hatte ganz umsonst die Kisten mit den Ladenhütern vors Schaufenster gestellt. Der Straßenlärm, sie hatte plötzlich das Gefühl, taub zu sein, trieb sie zurück in den Laden.

Vor dem Haus, nahm sie mit einem Seitenblick wahr, stand mit offenem Kofferraum der Wagen des Malers aus dem vierten Stock. Sie wusste seinen Namen nicht mehr, aber sie kannte seinen Wagen, einen roten Peugeot, sie kannte alle Wagen der Bewohner des Hauses. Merkwürdig, nie hatte sie auf seinem Beifahrersitz eine Frau gesehen, erinnerte sie sich unversehens.

Ein Kind, einen bunten Ball im Arm, stand auf dem Bürgersteig und rief mit hohem Stimmchen etwas zum Haus, was sie nicht verstand.

Einmal, voriges Jahr, hatte sie ihn angesprochen, ob er nicht in ihrem Hinterzimmer, wo die jungen Leute ihre Lesungen zelebrierten, ein paar Bilder ausstellen würde, gegen ein paar Euro, selbstverständlich, auch wenn es schwerfalle. Aber er hatte abgewinkt, gerade jetzt laufe in Charlottenburg eine Vernissage von ihm, später einmal, das Angebot sei freundlich, er werde daran denken, er melde sich dann. Die Absage hatte sie ein wenig gekränkt, und seitdem hatten sie nicht wieder miteinander gesprochen. Sie hatte ihn auch nur selten vor dem Haus gesehen, und wenn, dann immer nur flüchtig, während sie Kundschaft bediente, Gelegenheit zu einem erneuten Gespräch hatte sich nicht ergeben.

Er kam aus dem Haus, ein mannshohes, in eine Decke eingeschlagenes Bild in den Armen. Das Kind sprang beiseite und redete auf ihn ein. Ganz deutlich hörte sie, dass es den Maler mit Papi anredete.

Er hatte also ein Kind, ein nicht mehr junger Mann, beinahe im Großvateralter, und er hatte ein Kind.

Das Kind, ein Mädchen, sah sie jetzt, trug Jeans und ein rotes T-Shirt. Unbemerkt von ihr war es in den Laden gehüpft, stand vor der Regalwand und musterte die Bücherreihen.

„Hast du alle deine Bücher gelesen?“ Die Kleine sah sie erwartungsvoll an. Sie zwang sich ein Lächeln ab, natürlich, das war immer die erste Frage, wenn jemand vor fremden Büchern stand.

„Was glaubst du“, fragte sie statt einer Antwort. Die Kleine sah sie aus zusammengekniffenen Augen an. „Nicht alle“, sagte sie mürrisch und wandte sich ab.

„Aber warum stehen sie dann hier, das verstehe ich nicht, bei dir im Laden? Ach, jetzt weiß ich, du musst sie verkaufen, nicht wahr?“

„Das ist ein Antiquariat, und in einem Antiquariat verkauft man Bücher, so ist das eben, Kindchen.“ Sie öffnete die Kasse und begann die Einnahmen zu zählen. Die Kleine stand auf Zehenspitzen vor dem Verkaufstresen und beobachtete sie beim Münzenzählen.

„Ein Buchladen“, sagte die Kleine plötzlich. „Ich weiß, Papa will bei dir eine Ausstellung machen, hat er gesagt.“

„Wirklich, hat er das gesagt?“

„Hm, wirklich“, das Kind nickte energisch, „hat er gesagt. Mir!“ Das Kind blickte triumphierend zu ihr hoch.

Sie schloss die Kasse, müde sah sie die Kleine an. „Wie heißt du denn“, fragte sie tonlos.

„Miriam, aber Papi sagt immer Murkel zu mir. Das verstehe ich nicht, er weiß doch, wie ich heiße, Murkel ist doch kein richtiger Name, ich bin doch kein Meerschweinchen, aber Papi sagt immer Murkel. Dann werde ich ganz, ganz böse. So, sieh mal, wie böse ich dann bin.“ Miriam verzog das Gesicht zu einer Grimasse.

„Murkel!“ Der Maler stand in der Tür. „Wir müssen los und du plapperst hier Frau Herrmann die Ohren voll!“

Sein Schatten fiel auf sie, sie schrak zusammen. Sie zwang sich zu einem Lächeln. „Halb so wild, sie hat mich nicht belästigt. Im Gegenteil, ich mag Kinder, sehr. - Ach, was ich noch fragen wollte, Herr ...? Ich habe Ihren Namen vergessen, Sie entschuldigen.“ Sie merkte, dass sie unter seinem Blick errötete. Befangen trat sie hinter dem Tresen hervor, sie zögerte einen Moment, ehe sie einen Schritt auf ihn zutrat und ihm die Hand reichte.

Seine Hand war warm und trocken. Er verbeugte sich scherzhaft. „Schulz, Frau Herrmann, alter deutscher Adel, so einen Namen vergisst man leicht, René Schulz.“

„Wie der bekannte Maler?“ Sie biss sich auf die Lippen, vielleicht war er der bekannte Maler. Und sie ... O Gott, es war peinlich.
„Ihre Tochter“, sagte sie, bemüht, ihre Befangenheit zu verbergen, „die Miriam, hat mir gesagt, Sie denken nun doch an eine Ausstellung bei mir?“

„Murkel, ich habe dir hundertmal gesagt ...“ Herr Schulz sah Miriam
streng an. „Was gehen dich Gespräche von Erwachsenen ...“

„Ach, lassen Sie nur, Herr Schulz“, sie errötete wieder, „ich hätte sowieso noch mal nachgefragt. Also wie ist es, wann?“

„Papi, du hast schon wieder Murkel gesagt. Jetzt spreche ich nicht mehr mit dir, damit du es weißt! Nie mehr!“ Miriam zog energisch die Jeans hoch, wandte sich zur Regalwand um und tat mit schräg gehaltenem Kopf, als ob sie die Buchtitel lese.

„Tja, Herr Schulz, ein Vater in Nöten.“ Es war ihr peinlich, auf solche Weise beteiligt zu sein an seinem Familienleben.

„Also gut“, Herr Schulz nahm Miriam versöhnlerisch an die Hand, „Miriam von jetzt ab, ich schwöre es, nur noch Miriam. Aber würde die Dame sich jetzt zum Auto bequemen, wir müssen los. Du Murkel.“ Er gab Miriam einen freundlichen Klaps hintendrauf und zog sie auf die Straße.

„Termin habe ich noch nicht“, rief er, „im nächsten Monat, Frau Herrmann, bestimmt! Ihre Telefonnummer habe ich ja, ich wünsch noch einen schönen Tag. Bis dann! Bestimmt! Ich melde mich! In den nächsten Tagen!“ Zum Schein protestierend, ließ er sich von Miriam zum Wagen ziehen.

„Bringen Sie Miriam mit! Vergessen Sie es nicht?“

„Bestimmt nicht, Frau Herrmann. Ciao!“

Sie war ein paar Schritte gefolgt, stand nun vor der Ladentür und sah ihnen bei der Abfahrt zu. Der Laden lag jetzt fast ganz im Schatten, sie fröstelte wieder. Das Kind winkte ihr hinter der Scheibe zu, sie hob die Hand. Einen dünnen Faden Auspuffgase hinterlassend, setzte sich der rote Peugeot in Bewegung und reihte sich in den fließenden Verkehr ein.

Sie wandte sich um, ins Dunkel des Ladens. Wie betäubt, sie konnte sich ihren Zustand nicht erklären, zog sie unter dem Ladentisch eine Pralinenschachtel hervor. Die Praline, es war Nougat, zerging auf der Zunge. Noch immer wie abwesend, schloss sie die Schachtel und schob sie wieder unter den Ladentisch. Dem Maler Schulz, wenn alle seine Bilder vergessen wären, blieb etwas, ein Kind. Er würde sich melden. Sie würde das Kind sehen. In den nächsten Tagen, in den nächsten Tagen ...

Die Herbstsonne, bemerkte sie nun, warf einen letzten, schmalen Strahl auf die Regalwand.
 

sb

Mitglied
Hallo,

ein sehr schön geschriebene Geschichte mit einem
hoffnungsvollen Ende.

Einige Dinge sind mir aufgefallen, zu denen ich etwas
anmerken möchte.

Wieso hast Du S. keinen kompletten Namen gegeben? Es erinnert ein wenig an die Tradition alter Erzählungen oder Romane, wo auch des öfteren Initialen mitwirkten. Vielleicht hast Du ja daran gedacht, aber ich finde, ein Name klingt schöner.

Gelegentlich lassen sich Sätze durch die Einschübe, die Du verwendet hast, etwas schwierig lesen. Beispiel:
und die Absicht, fremd zu gehen, die, das müsse er eingestehen, nahe liegen könnte, habe er in seinem Alter bestimmt nicht mehr, da könne sie ganz beruhigt sein.
Das klingt etwas holprig. Mach lieber zwei Sätze draus.

Auch Deine Vorliebe für die indirekte Rede fiel mir auf. Wenn das vereinzelt vorkommt, ist nichts dagegen einzuwenden, aber ich finde, dass sie in Deiner Geschichte zu häufig vorkommt.
Und ein Kind, fragte sie schüchtern, was halte er von einem Kind? Sie sei jetzt über die Vierzig, und in zwei Jahren könnte es zu spät werden für das Kinderkriegen, und eine Adoption käme für sie nicht in Frage, das müsse er einsehen.
Inhaltlich hat jedoch alles gepasst, mir hat die Geschichte sehr gut gefallen.

sb
 
H

HFleiss

Gast
Ja, das mit der indirekten Rede ist so eine Marotte von mir. Ich habe es gern, und Schriftsteller, die ich auch wegen ihrer sauberen Stilistik besonders mag (z. B. Franz Fühmann, Christa Wolf) benutzen sie sehr häufig. Indirekte Rede hat in einem Text schon eine Funktion, in dem angeführten Beispiel wollte ich ausdrücken, dass sie an die Szene dachte, aber nicht, dass sie sie noch einmal erlebt. Dann nämlich hätte ich direkte Rede genommen. Weiß nicht, ob das so funktioniert.
Meine "komplizierten Sätze" sind nicht sonderlich kompliziert, aber sie sind auch nicht "einfach". Ich will auch gar nicht immer einfache Sätze benutzen. Vielleicht kommt dir das "altmodisch" vor? Ich finde, dieser Text verlangt geradezu etwas "umständliche" Sätze. Je "verbauter" ein Satz, desto mehr, das ist der Trick bei der Sache, muss der Leser am Satz bleiben und liest nicht drüber weg. Aber funktionieren tun die Sätze immer, ich mein, mir geht es nicht wie Mark Twain?

Hab meinen besten Dank für deine wohlwollende Äußerung. Es freut mich immer wieder, wenn ich eine Rückmeldung erhalte. Die Leselupen-Leser sind damit - meiner Ansicht nach - ein bisschen zurückhaltend.

Hanna
 

annaps

Mitglied
Herr Schulz nahm Miriam versöhnlerisch an die Hand

Ich kenne das Wort - versöhnlerisch - nicht!

Wenn ich die Geschichte richtig verstanden habe, geht es um eine Dame mittleren Alters, der auf einmal klar wird, dass das Leben an ihr vorbeigebraust ist und die sich - komme was da wolle - Kinder wünscht, sei es nun ein eigenes, oder wenn nicht anders möglich, auch die Kinder anderer Leute und dabei spielt der passende Mann dazu keine Rolle, er ist ihr völlig schnuppe. Und das in einem Antiquariat, wo die Bildung nur so aus den Regalen quillt und die Weisheit aus den breiten Buchrücken um Erbarmen wimmert.

Mir sind teilweise Deine Sätze zu lang, weil es den Leser unter Umständen ermüdet oder ihn auch vom Wesentlichen ablenken könnte, bzw. ihn ggf. dazu verleitet, den gesamten Satz noch einmal lesen zu müssen, um den Inhalt wirklich und wahrhaftig versehen zu können, um schließlich und endlich doch zu dem Schluss zu kommen, dass der Satz einfach nur zu lang gewesen ist.

Die Geschichte ist wehmütig und,unter Umständen, sogar wahr.
Mir hat sie gefallen. Trotz der Bandwurmsätze!
 
H

HFleiss

Gast
Liebe annaps, freut mich, dass dir die Geschichte gefallen hat. Zu den Bandwurmsätzen: Die sind noch viel zu kurz. Lies mal Fühmann, der braucht ganze Druckseiten für einen einzigen Satz, ganz zu schweigen von Thomas Mann. Du siehst also, ich befinde mich in erlauchter Gesellschaft. Die These "Nur kurze Sätze sind schön" stimmt für den Schulaufsatz oder fürs Militär voll und ganz, fürs übrige Leben reicht sie nicht aus.
Ich bin zwar eine Preußin und zackzack ist mir nicht immer unsympathisch, aber nur eine halbe. Väterlicherseits bin ich vom Rhein, und da findet man bekanntlich zu Zeiten überhaupt kein Ende, man redet und redet und redet, und am nächsten Tag wundert man sich, was für elegante Sachen man gestern so von sich gegeben hat. Liegt mir also im Blut, das mit den langen Sätzen. Mach einer was gegen die Genetik.

Freundlichen Gruß
Hanna
 
H

HFleiss

Gast
Liebe annaps, dumm, ich hab deine Frage nach "versöhnlerisch" nicht beantwortet. Hier ist die Antwort: Das Wort "versöhnen" ist dir sicher bekannt. Wenn einer nun ständig dabei ist, immer nur die weiche Linie zu fahren, seine eigene Meinung aufzugeben, ständig auf Kompromisse aus, damit nur ja kein Ärger entsteht, nennt man ihn einen Versöhnler (mit boshaftem Unterton). Nun, und versöhnlerisch ist das Adjektiv. Das Wort steht nicht in meinem neuesten Duden, im alten gab es das noch. Warum eigentlich? Wer hat da Angst? Frag ich mich.

Gruß
Hanna
 

annaps

Mitglied
Hi Hanna,
danke für die Erklärung! Ich kannte das Wort wirklich nicht. Thomas Mann war meines Wissens Nordlicht. Und Nordlichter brauchen nun mal Zeit, um etwas zu erklären, wenn sie sich denn nun mal daran machen, etwas zu erklären, was denn des Erklärens würdig wäre oder auch nicht, was ja auch schon mal vorkommen kann, wenn es eben nun doch seltener vorkommt, ich meine, dass etwas nicht erklärt werden müsste. Dat glöw ick nu wedder nie nich!
Aber die Geschichte ist tieftraurig schön.
Gruss, Anna
 
H

HFleiss

Gast
Das hat mir noch in meiner Sammlung gefehlt, das Platt. Aber schön isses. Mir leider zu kompliziert, das Berlinern geht mir leichter von der Zunge.

Hanna
 

Haremsdame

Mitglied
Hallo Hanna,

über verschlungene Wege bin ich heute auf Deine Geschiche gestoßen. Die Idee hat mir sehr gut gefallen! Aber ebenso wie meine Vorredner ("Vorschreiber" mag ich nicht benutzen, wegen des veränderten Wortsinnes) bin ich über die viel zu langen Sätze gestolpert. Sie haben mir das Lesen erschwert. Leider! Deswegen auch meine eingeschränkte Wertung :(

Grüße aus dem heute etwas unterkühlten Osten Europas
 
H

HFleiss

Gast
Hallo Haremsdame, das schlichte Schreiben in schlichten Sätzen liegt mir nicht so, ich versuche mich mich immer etwas differenzierter auszudrücken. Das habe ich so mal gelernt, dass die kurzen Sätze der Tod jeder Geschichte sind.
Aber das erkläre ich nicht zum erstenmal.

Hanna
 



 
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