Frühjährliche Schmutzentfernung

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meikili

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Samstag Nachmittag. Schönes Wetter draußen. Es ist Frühling und man möchte endlich mal die ganze Wohnung putzen. Welch guter Einfall!
Man fängt an und befindet sich irgendwann knietief in alter Kleidung stehend und probiert ein Teil nach dem anderen mit der Rechtfertigung an, dass man alles aussortieren und zur Altkleidersammlung bringen will. Das einzige was man aber dann ausmustert sind Socken mit Löchern, dass man sie auf keinen Fall mehr anziehen könnte, ohne mit mindestens vier Zehen aus den Löchern hinaus zu rutschen und Schlüpfer mit ausgeleiertem Gummi. Aber das schafft auch nicht viel neuen Platz im Schrank.
Der Pullover mit dem Zopfmuster kann man doch nicht wegwerfen! Der war ja so teuer!
Die Jeans im Karottenschnitt? Könnte man noch zum Streichen anziehen. Ist ja immer gut, wenn man etwas hat, auf das man nicht aufpassen muss.
Das Sommerkleid mit Batikmuster? Sieht widerlich aus, aber man hatte es ja an einem lauen Sommerabend an, an dem man seinen Liebsten zum ersten mal geküsst hat. War das ein schöner Abend. Ich kann förmlich die Luft noch riechen, wenn ich den Stoff fühle. Pah! Das Teil war ja schließlich mal topmodern. Es bräche mir das Herz, wenn ich es wegwerfen würde. Alles landet wieder im Schrank direkt neben dem Stapel alter nicht mehr passender Levi´s-Jeans.
Man hat also alles wieder an alten Platz und putzt sich weiter bis in die Küche zum Gewürzregal. Was sehen meine vom aufgewirbeltem Staub geröteten Augen?
Drei Döschen Pfeffer mit abgelaufenem Mindesthaltbarkeitsdatum von 1995. Und warum hab ich gemahlenen Pfeffer? Ich benutz viel lieber meine Pfeffermühle.
Pommesgewürzsalz in kleinen Klumpen, die nie wieder durch die Löcher des Streuers passen werden. Ab in die Tüte!
Lorbeerblätter, die man höchstens für Rinderbraten, braucht und Rinderbraten macht man ja eh nur alle heilige Zeiten also weg damit!
Tomaten-Mozzarella-Gewürz, das man noch nie benutzt hat, weil man lieber frischen Basilikum dafür nimmt. Weg!
Was ich alles aufhebe. Nicht zu fassen!
Alles zusammen landet dann in einer Mülltüte und wird in die Restmülltonne verbannt.
Meine Augen brennen und ich hab mittlerweile schon eine ganze Packung Tempotaschentücher verbraucht, weil ich auf Hausstaub allergisch reagiere.
Aber egal... Meiner Putzwut setzt das noch lange kein Ende!
Weiter geht’s im Wohnzimmer. Schränke ausräumen, putzen, wieder einräumen. Geschenkbandgewirr entwirren und alles säuberlich aufrollen. Bücher der Größe nach, CDs alphabetisch ordnen. Den Computermonitor Mit Glas-Klar putzen.
Oh! Und dann das Bad! Putzlappen in der rechten Hand, die Flasche Antikal in der linken und dann einfach ungehemmt drauflos putzen! Das Schränkchen mit den alten Shampooflaschen ausmisten, den Spiegel polieren, die Badewanne ausspülen und so weiter. Bis alles wieder Staubfrei und ohne Kalkflecken glänzt.
Im Arbeitszimmer steht ein Schreibtisch mit unzähligen kleinen Fächern und in einem befinden sich alte Briefe und Schriftstücke. Mann! Das hab ich ja ewig nicht mehr gelesen! Ein Umschlag nach dem anderen wird nach Erinnerungen durchforstet und wieder in die kleine Schublade gesteckt. Das Fotoalbum! Hab ich dumm ausgesehen mit dem dunkelblauen Anzug beim Schulabschluss. Und die Haarfrisur! Unmöglich! Mit Tränen in den Augen schwelgt man dann in melancholischer Stimmung und trauert der unbeschwerten Jugend nach.
Stunden später hat man dann jede Tür, jede Schublade einmal geöffnet und alles einmal in die Hand genommen und einen kleinen Teil weggeworfen und einen etwas größeren Teil wieder zurück gelegt.
Jetzt fühle ich mich hundemüde und alles sieht genauso aus, wie vorher. Nur ein kleines bisschen sauberer. Aber ich habe den Eindruck, dass das nur ich sehe.
Hat sich der Aufwand wirklich gelohnt?
Vielleicht hätte ich mich lieber mit einem guten Buch in den Liegestuhl auf die Terrasse legen und die frühjährlichen Sonnenstrahlen genießen sollen. Das wäre vielleicht etwas sinnvoller gewesen!
 



 
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