Frühling in Bergen-Belsen

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APO

Mitglied
Frühling in Bergen-Belsen

Konzentrationslager Bergen-Belsen, 15. April 1945

Der Moment
Da die britischen Soldaten begannen
Das meergroße Feld der Leichen
Mit Schaufelbaggern zusammen zu schieben
Weil es zu viele waren

Der Moment
Da sie beginnen mussten
Tote Menschen anonym zu verarbeiten
Wie die Täter
Weil es einfach zu viele waren

Der Moment
Da britische Soldaten dies taten
Mit Empathie und Vorsicht
Mit der Effizienz von Maschinen
Weil es unendlich viele waren

Dieser Moment
Wurde von einem Kameramann gefilmt
Der seine Bilder danach
Nie wieder anschauen konnte
Weil sie ihm nachstellten
 
D

Die Dohle

Gast
... kann nicht schreiben: gefällt mir. in dem fall.

Hallo APO,
gelungenes blitzlicht auf das kriegsende in den kz, das kann ich sagen. der kameramann braucht die bilder nicht mehr, er hat die wirklichkeit gesehen und erfahren, ich dagegen brauche die bilder, um die alten, um die menschen, um mich selbst verstehen zu lernen ...

lg
die dohle
 

Franke

Foren-Redakteur
Teammitglied
Das Schlimme daran ist, dass es immer noch so kranke Arschlöcher gibt, die behaupten, die Kameramänner hätten diese Szenen gestellt.

Manfred
 

APO

Mitglied
Hallo Dohle,

danke, dass du dich um den Text gekümmert hast. Der Kameramann brauchte die Bilder nicht nur nicht mehr, er hatte Angst vor ihnen. So etwas einmal im Leben zu sehen, reiche, soll er in einem Interview gesagt haben. Ich habe mich immer wieder mit dieser Zeit beschäftigt aus genau dem Grund, den du auch nennst: um die Alten, für mich sind das auch und ganz stark meine Eltern, zu verstehen.

Hi Frank,

ja, Idioten wird es immer geben. Und das nazistische Strömungen tot wären, kann man auch nicht behaupten.

Schönen Tag Euch beiden
APO
 

Ralf Langer

Mitglied
hallo apo,

es geht ja um ein gedicht und nicht um die beurteilung – die moralische – des inhalts.

von daher habe ich ein paar fragen:

warum sind alle textanfänge groß geschrieben ?
warum keine interpunktion?


Ist es ein stilmittel? Wenn ja, was hattest du dir dabei gedacht? Welche funktion soll es erfüllen?


zur form:

alle strophen ähneln sich im aufbau der beginn: „ der moment“
warum in der letzten strophe „dieser moment“, was macht in deinen augen das leicht abgeänderte relativpronomen zu etwas anderem, das in diesem fall die struktur verändert?

Zum gestalterischen, und sprachlichen.

Es ist ein stilleben, eine momentaufnahme des schrecklichen, des unsagbaren, aber und ieses aber ist groß, mich holt der text als leser nicht ab. Ich weiß wie „wichtig“ und wie schwierig die verarbeitung solcher themen sind.
hm, die tragische figur, die person die dieses gedicht trägt ist ja der kameramann, der seine bilder nie wieder anschauen kann. Das hätte mich persönlich sehr interressiert, da hätte ich dichterisch gerne mehr erfahren.
mir persönlich ist die hinarbeitung zu dieser entscheidenden strophe zu lang.

wobei ich grundsätzlich denke das die reduzierte sprache als stilmittel – sie vertrömt ein wenig das kalte beiläufige der „aufräumarbeiten“ durchaus angebracht ist.

soweit mein eindruck

lg
ralf
 

APO

Mitglied
Hallo Ralf,

vielen Dank für die interessanten Anmerkungen. Ich will dir gerne antworten.
Das Gedicht ist vor etwas mehr als zwei Jahren entstanden, nachdem ich mit einem Freund die Gedenkstätte Bergen-Belsen besucht hatte und wir dort die dem Gedicht zugrunde liegenden Aufnahmen gesehen hatten. Der Hinweis, dass der Kameramann sein Leben lang vor diesen Aufnahmen geflohen ist, hat mich zu dem Gedicht inspiriert.
Die konsequente Großschreibung am Zeilenanfang ändere ich. Ich habe es damals so gestaltet, weil ich es interessant fand, es mir so vorkam, dass die Großschreibung die Wichtigkeit jeder Zeile unterstreiche. Das sehe ich heute mit Abstand nicht mehr so und werde es ändern. Danke für den Hinweis.
Die Zeilenumbrüche funktionieren gewissermaßen als Interpunktion. Sonst braucht das Gedicht keine, denke ich. Oder hast du noch etwas anderes gemeint?
"Dieser Moment" am Anfang der letzten Strophe fasst das bisher Gesagte der vorherigen Strophen zusammen. Durch die leichte Veränderung im Rhythmus dieser immer wiederkehrenden Strophen-Kopfzeile entsteht ein Hinweis auf die kommende Wendung/Weiterführung des Inhalts in der letzten Strophe. Es ist ein minimales dramatisches Mittel, dass ich einsetze.
Es ist ein stilleben, eine momentaufnahme des schrecklichen, des unsagbaren, aber und ieses aber ist groß, mich holt der text als leser nicht ab. Ich weiß wie „wichtig“ und wie schwierig die verarbeitung solcher themen sind.
hm, die tragische figur, die person die dieses gedicht trägt ist ja der kameramann, der seine bilder nie wieder anschauen kann. Das hätte mich persönlich sehr interressiert, da hätte ich dichterisch gerne mehr erfahren.
Stillleben, Momentaufnahme, ja, aber Verarbeitung, weiß nicht. Mein Text will zunächst beschreiben. Das, was ich in dem Film gesehen habe, darüber hinaus das, was ich beim Anschauen diesen Bildern nicht zusammenbekomme habe: den massenhaften Tod mit dem vorausgegangenen ebenso großen Leid gegenüber der maschinelle Beseitigung der Leichen, die bis dahin ein ausschließliches Mittel der Täter war. Und da lehne ich mich bewusst kaum aus dem Fenster, lasse lieber die Beschreibung wirken. Deshalb auch die wenig lyrische Sprache. Der Schwerpunkt des Textes liegt für mich zunächst in dieser Schilderung, das will ich mit ihm sagen. Und auch der Kameramann (der übrigens ein Soldat war) in seiner Flucht- und Angstreaktion weist durch sein Verhalten zurück auf die nicht verarbeitbaren Inhalte der ersten drei Strophen. Das Gedicht über den Kameramann als tragische Figur würde mMn. ein anderes sein.
mir persönlich ist die hinarbeitung zu dieser entscheidenden strophe zu lang.
Ich habe es mir darauf hin angeschaut. In jeder der ersten drei Strophen gibt eine Fortführung der Schilderung, jeweils in den Zeilen 3 und 4. Die Zeilen 1,2 und 5 bleiben ähnlich, geben den Bildern eine rhythmische Umgebung, die man sicher auch kürzen könnte. Ich denke mal darüber nach.
wobei ich grundsätzlich denke das die reduzierte sprache als stilmittel – sie vertrömt ein wenig das kalte beiläufige der „aufräumarbeiten“ durchaus angebracht ist.
Das sehe ich auch so und diese Herangehensweise war der Ausgangspunkt für das Gedicht. Abschließend möchte ich einen Auszug aus einem Kommentar (nicht in der Leselupe) von Jörn Bünning hinzufügen, der wie ich finde, gut formuliert hat, worum es geht:
Allerdings ist die Gefahr des Scheiterns auch immens, denn es gibt ein Grauen, das durch sprachliche Gestaltung nur verlieren kann. Derartiges in Sprache zu "kleiden" bedeutet zugleich, etwas Unbegreifliches fassbar zu machen. Im Sprechen über etwas bemächtigt sich der Geist der Dinge. Damit geht allerdings auch eine Relativierung einher, ein Abmildern und auch ein affektives Verarbeiten der Ereignisse.
Vielen Dank für deine Beschäftigung mit dem Text.

Gruß von APO
 

APO

Mitglied
Frühling in Bergen-Belsen

Konzentrationslager Bergen-Belsen, 15. April 1945

Der Moment
da die britischen Soldaten begannen
das meergroße Feld der Leichen
mit Schaufelbaggern zusammen zu schieben
weil es zu viele waren,

der Moment
da sie beginnen mussten
tote Menschen anonym zu verarbeiten
wie die Täter
weil es einfach zu viele waren,

der Moment
da britische Soldaten dies taten
mit Empathie und Vorsicht
mit der Effizienz von Maschinen
weil es unendlich viele waren,

dieser Moment
wurde von einem Kameramann gefilmt
der seine Bilder danach
nie wieder anschauen konnte
weil sie ihm nachstellten.
 

revilo

Mitglied
....es ist schwierig, ein Gedicht über ein so heikles Thema zu schreiben.....aber es ist immer schlecht, wenn dem Inhalt alles geopfert wird.....im Grunde genommen hast du ein paar simple Sätze geschrieben und durch Zeilenumbruch zum Gedicht umzuformen versucht.........setz doch den Text einmal ohne die Umbrüche.....da bleibt leider nicht viel übrig.......und genau deshalb halte ich diesen Text für misslungen, weil er sprachlich einfach für Lyrik viel zu flach ist......
Lg revilo
 

APO

Mitglied
Hi revilo,

Danke für die offene Rückmeldung.
Stimmt, ich benutze eine einfache, sehr prosahafte Sprache, beschreibe eigentlich nur, was ich aus dem Film, den ich in der Gedenkstätte gesehen habe, über diesen Moment mitgenommen habe. Ich benutze fast keine Bilder, bildhafte Vergleiche, Metaphern, ...; dies kam mir bei diesem Stoff, wie ich jetzt selbst bemerke, nicht den Sinn. Ich wollte nur zeigen, weitertragen. Mithilfe weniger, sich langsam entwickelnder Sätze und einer rhythmischen Struktur.

Gruß von APO
 
D

Die Dohle

Gast
Hallo APO,
ich möchte eine lanze brechen für deinen text. hab den nun noch einige male gelesen, der ist vielleicht noch nicht preisverdächtig, jedoch deswegen keineswegs schlecht. betrachtet man zum vergleich einige der gelobten sommergedichte unter formalen gesichtspunkten, dann braucht der text hier sich nicht zu verstecken. es gibt einen fundamentalen unterschied, die sommergedichte pflegen und behandeln das ersehnte idyll, dein text spricht konsequent klartext, da ist kein kopfkino, bzw besser, dem kopfkino wird untersagt, die bilder zu liefern:
wir wollen so etwas nicht sehen.

ich hab deinen text auch den realitätsbildern von Serge Gurski gegenüber gestellt. erstaunlich dort, der sehr reale untergang wird minutiös zelebriert. obwohl da eine furchtbare wirklichkeit abgebildet wird: das phänomen der voyeure an unfallschauplätzen scheint da zum tragen zu kommen, diese sicher sehr gut gesetzten texte wurden in aller regel gefeiert.

was ich sagen will, offenbar ist es möglich, wie hier am platz sehr gut gezeigt, den reflektiven blick auf begebenheiten am jeweiligen thema orientiert gewissen filtern und sanktionen zu unterwerfen.
eine der gefährlichsten waffen der lebensverachter, da diese filter offenkundig als norm grundsätzlich als nicht hinterfragbar dargestellt werden.

insofern, APO, ich persönlich wünsche mir mehr solche texte, um zu lernen, um das grauen zu fassen und, das sahnehäubchen, um den reflektiven blick in solche richtungen dahingehend zu entwickeln, dass sie unter der kritik als kunst zu attributieren sind. weil: der sanitäter am unfallort glotzt nicht, der klatscht nicht, der handelt und versucht das mögliche. du hast das probiert, mach weiter ...

lg
die dohle


__________________________________
wozu den tod pflegen, der kommt von alleine ...
 
F

Fettauge

Gast
Lieber APO,

zunächst: Das ist ein gutes Gedicht, ohne Wenn und Aber. Kein 0815-Gedicht, wie sie hier sonst veröffentlicht werden, es ist ein politisches Gedicht, es hat eine zutiefst humanistische Aussage. Handwerklich ist es gut gebaut, da gibt es nichts zu meckern, und ob nun mit oder ohne Versalien am Zeilenanfang - beides ist legitim, das liegt in deinem Ermessen, lass dir da nicht reinreden. Was die freien Rhythmen angeht, die sich ja immer mehr der Prosa in Halbzeilen annähern, daran bist du ganz unschuldig, das liegt im Trend, sonst wären es nämlich keine freien Rhythmen.

Ich teile auch nicht die Ansicht, dass, indem du die Ungeheuerlichkeit aussprichst, sie zugleich verflachst. Gerade das Aussprechen der Ungeheuerlichkeit ist es, auf das es ankommt. Wer schweigt, verbirgt seine Gedanken und lässt am Ende die Ungeheuerlichkeit noch einmal geschehen.

Ich finde dieses Gedicht trotz oder vielleicht wegen seiner rationalen Sprache ein sehr sensibles Gedicht. Diese Gedanken sind mir, als ich diese Bilder sah, genauso durch den Kopf gegangen: Wie wollen die Soldaten damit weiterleben? Bei dir ist es der Kameramann, der sich die Bilder nicht mehr ansehen kann. Eine sehr menschliche Reaktion, die erlebte Ungeheuerlichkeit nicht mehr verarbeiten kann.

Ich schlage dieses Gedicht der Moderation als Werk des Monats vor. Ich würde mich freuen, wenn sie diesmal den Lyrikern vertrauen würde und nicht nach Sympathie oder nicht zum Autor entscheiden würde.

Liebe Grüße an dich, Fettauge
 

APO

Mitglied
Liebe Dohle, liebe(r) Fettauge,

vielen Dank für die Worte zu meinem Gedicht und das ihr Euch so intensiv mit ihm beschäftigt habt. Ich melde mich morgen ausführlicher.

Lieben Gruß, gute Nacht
Andreas
 

APO

Mitglied
Hallo liebe Dohle,

zunächst eine Frage: wer ist Serge Gurski? Das Net gibt nichts her, aber so wie es scheint, habe ich da etwas zu lernen...
betrachtet man zum vergleich einige der gelobten sommergedichte unter formalen gesichtspunkten, dann braucht der text hier sich nicht zu verstecken. es gibt einen fundamentalen unterschied, die sommergedichte pflegen und behandeln das ersehnte idyll, dein text spricht konsequent klartext, da ist kein kopfkino, bzw besser, dem kopfkino wird untersagt, die bilder zu liefern:
wir wollen so etwas nicht sehen.
Wenn ich einen Text schreibe, dann bin ich immer auf der Suche nach dem besonderen Drehpunkt, der ungewöhnlichen Perspektive und auch der besonderen Geschichte. Besonders im Sinne von, dass sie aus sich selbst heraus spricht. Oft gibt dieser Moment dann das Thema. Selten fange ich an zu schreiben, weil ich etwas über ein bestimmtes Thema sagen will und nóch nicht weiß, wie ich dies umsetzen soll.
was ich sagen will, offenbar ist es möglich, wie hier am platz sehr gut gezeigt, den reflektiven blick auf begebenheiten am jeweiligen thema orientiert gewissen filtern und sanktionen zu unterwerfen.
eine der gefährlichsten waffen der lebensverachter, da diese filter offenkundig als norm grundsätzlich als nicht hinterfragbar dargestellt werden.
Hm, ich mach einfach wie ich denke, halte mich bisher ganz bewusst (aber auch aus einer gewissen Unlust heraus) von zuviel Lyriktheorie fern. Die beiden kritischen Auseinandersetzungen mit meinem Text kamen von Autoren, die sehr in der Lyrik verwurzelt sind und dort auch sehr Gutes abliefern. Sie scheinen eine andere Herangehensweise als ich zu favorisieren.
insofern, APO, ich persönlich wünsche mir mehr solche texte, um zu lernen, um das grauen zu fassen und, das sahnehäubchen, um den reflektiven blick in solche richtungen dahingehend zu entwickeln, dass sie unter der kritik als kunst zu attributieren sind. weil: der sanitäter am unfallort glotzt nicht, der klatscht nicht, der handelt und versucht das mögliche. du hast das probiert, mach weiter ...
Der Themenkreis 2. Weltkrieg ist mir nah, weil meine Eltern im Nazi-Reich groß geworden sind und diese Erfahrungen immer noch mit sich herumtragen. Aber auch allgemein sind mir solche Themen näher, als z.B. die Jahreszeiten. Da bin ich aber sicher nicht der Einzige. Vielen Dank für deine Anmerkungen.

Hallo Fettauge,

auch dir nochmals herzlichen Dank für die klare Positionierung zu dem Inhalt und der Machart meines Gedichtes. Oft sitzt man damm ja doch zu Hause und kämpft ein wenig mit dem Selbstzweifel.
Ich teile auch nicht die Ansicht, dass, indem du die Ungeheuerlichkeit aussprichst, sie zugleich verflachst. Gerade das Aussprechen der Ungeheuerlichkeit ist es, auf das es ankommt. Wer schweigt, verbirgt seine Gedanken und lässt am Ende die Ungeheuerlichkeit noch einmal geschehen.
Ich finde es nach wie vor angemessen, wie ich mit dem Thema umgegangen bin, eher nüchtern, vielleicht sogar ein wenig kühl, wie Ralf sagte, was aber gar nicht heißen soll, dass eine lyrische Aufarbeitung nicht auch möglich wäre.
Ich schlage dieses Gedicht der Moderation als Werk des Monats vor.
Da bin ich etwas baff angesichts der Diskussion bisher und freue mich um so mehr. Vielen Dank.

Schönen Abend Euch beiden
APO
 
D

Die Dohle

Gast
Hallo APO,
hoffentlich nimmst du mir es nicht krumm, wenn ich jetzt noch ein bisschen salz an die suppe (-ich liebe suppen) gebe, ich denk, wären wir tatsächlich schriftsteller, - ich bin dezidiert kein dichter, dann würde die arbeit jetzt beginnen. ich sehe, dein text trägt eine form in sich, die noch nicht da steht, das material liegt vor uns, die richtung stimmt, jetzt ginge es ans hirnen ...

was meinst du?

lg
die dohle
 

APO

Mitglied
Hi Dohle,

habe mir schon nach Ralfs Hinweisen ein paar Gedanken gemacht und mich an einer verdichteten Fassung versucht, bin aber nicht zufrieden damit. Hast du eine spezielle Idee?

Gute Nacht
Apo
 
D

Die Dohle

Gast
Hallo APO,
Serge Gurski ist jemand, den ich nicht persönlich kenne und der hier bis zu seinem tod meist fulminant präsent war ...

zu deinem text:
es ist nicht einfach, ich lese und sammle möglichkeiten, nichts davon ist bisher in einer art brauchbar, als dass der text dadurch eine verbesserung erfahren würde aus meiner sicht. naja, das, was da steht hat eben bereits ein gewisses gewicht, das anzuheben, sozusagen lohnende trümmer zu produzieren, ist arbeit. du musst geduld haben ...

lg
die dohle
 
D

Die Dohle

Gast
Hallo APO,

ein erster versuch meinerseits, mich anhand deines textes dem thema zu nähern, eine art von prosalyrik. über die letzten zwei zeilen könnte nachgedacht werden: der kameramann wird durch die logik der verübten gräuel gezwungen, sich die bilder wieder und wieder zu vergegenwärtigen, da sie ihn verfolgen. das steht aber (noch) nicht da. bitte fass diesen komm als kritikfähigen diskussionsbeitrag auf, dahingehend:
evtl. kannst du davon ja was davon als anregung gebrauchen, die messlatte jedenfalls, das seh ich, die hängt hoch ...:

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Der Moment
da britische Soldaten begannen
ein meergroßes Leichenfeld in Gruben
zu schieben. Mit Schaufelbaggern
weil es zu viele waren

Der Moment
da die Täter erneut Befreier
in ihre Logik zwangen, Menschenmaterial
mit der Effizienz von Maschinen zu verarbeiten
nicht nur, weil es unendlich viele waren

Dieser Moment in dem ein Kameramann
vom Schrecken gezeichnet, Retter betrachtete
die mit Bergen von Leichen hantierend
aufarbeitend eine himmelschreiende Unmenschlichkeit
Vom Schrecken gezeichnet, stumm

Er konnte diese Bilder nie wieder anschauen
Sie stellten ihm nach

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... soweit mal, ich hirne weiter. und:
lass dich nicht allzusehr beeindrucken, von dem, was da steht...

lg
die dohle
 
D

Die Dohle

Gast
... eine weitere variante, hallo APO, nicht dass du mich falsch verstehst, ich versuche derzeit erstmal nur, deinen text aus meiner sicht zu vermessen. die gedanken stehen zu deiner freien verfügung.

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Der Moment
da britische Soldaten begannen
ein meergroßes Leichenfeld in Gruben
zu schieben. Mit Schaufelbaggern
weil es zu viele waren

Der Moment
da berufene Mörder erneut ihre Logik erzwangen:
Menschen sind Maschinen mit der Effizienz
von Maschinen, die Menschen verarbeiten
Täter zu Opfern und Opfer zu brennbarem Müll

Dieser Moment, in dem ein Kameramann
Befreier vom Schrecken gezeichnet, betrachtet
wie sie mit Bergen von Leichen hantierend
eine himmelschreiende Unmenschlichkeit
hohläugig ausgeblutet und schweigend begraben

Er wollte diese Bilder nie wieder sehen
Dennoch: Sie stellten ihm nach

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lg
die dohle
 
D

Die Dohle

Gast
Nachtrag:
jeder betroffene israeli, mensch jüdischen glaubens, sinti, schwule, partisan etc., jeder aufrichtige nachfahr und überlebender der angriffe auf die menschlichkeit eben, wird vehement der oben dargestellten gleichstellung der täteropfer, die es zweifellos gibt und der millionen getöteten opferopfer andererseits, zurecht widersprechen. diese formulierung stimmt noch nicht. es muß eine unterscheidung sichtbar gemacht werden zwischen den beiden sorten opfern ...
 



 
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