Galgenlied

stemo

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Galgenlied

Plötzlich rollte die Schlinge runter
Die Schemen dort und da stand ich
Auf meine Frage: „Kennt Ihr mich?”,
Lachten Schengens Schergen munter

Nur wenig Zeit verblieb mir in den Schlingen,
Ein wenig Nacken noch im Henkersknoten
Ich habe all meine Kräfte aufgeboten,
Um mit erstickter Stimme mein Lied zu singen

„Kapial verschiebt sich so schnell wie das Licht
Wer gewinnt, der macht die Luken dicht
Virtuell bist du frei wie ein Nomade im Speck
Vor der Haustür muss der Dreck doch weg
Wer willig ist,
Bekommt es billig
Billiger als sein Leben, und:
Wer nun krank ist, war gesund”

Doch beschloss ich hier, mein Klagen zu beenden,
Aufzustehen und rückwärts zu gehen,
Wider den Fortschritt in den Zehen,
Meine Fersen zu verwenden

Meine erste Tat, das war ein grobes Vergehen
Auf städtisch gepflegtem Rasengrund,
Darf es nicht nur nicht der räudige Hund:
Das Wasserlassen, zumal im Stehen

Ich liess es laufen in seliger Musse,
Das in der Kneipe genossene Bier
Doch meine Person mit Foto auf Papier
Erhielt eine lausige Busse

Wer nicht verbrieft ist auf keiner Verwaltung,
Kreditlos, nicht versichert und ohne Moneten
Dem darf zwar jeder in den Hintern treten,
Doch sind die Behörden ohne Hürden und Haltung

Ich tauschte die Habe, die nicht selig machte,
Gegen einen besonders störrischen Esel ein
Warf weg die Papiere und jeden Schein
Gab auf den Wohnsitz, heimlich und sachte

Schlurfte quer durch Neuropa in meinen Pantoffeln
Langmütig und einig mit dem Esel an der Leine
Ziehen und Stossen macht keine Beine,
Erhielten mal Rüben, mal Schläge, mal rohe Kartoffeln

Man stelle sich vor, in Neuropas ziselierter Regeldichte,
Wider Zonenplan, Zoll und Grundbuchämter
Wurden wir immer unverschämter
Und so lästig wichtig wie Bösewichte

Wir hatten Zeit. Wer will sich da beeilen
In privaten Reservaten und auf öffentlichen Plätzen,
Wo sie was vorschreiben oder die Gebühren schätzen
Und schafften dennoch viele Meilen

Die Schergen von Schengen hatten wohl ihre Not
Mit mir und dem Esel ohne all den Papieren
Das konnten die nicht kapieren
Immerhin, ohne Identität, war ich so gut wie tot

Wir hörten nicht auf, den Rückschritt zu predigen,
Doch die Uebertretungen auf Schritt und Tritt,
Machte die madigsten Aemter fit
Um sich des Problems zu entledigen

Sie griffen nach der Lösung aus früheren Zeiten,
Wollten sich nicht länger mit uns balgen:
Aus dem Esel Salami und mit mir an den Galgen,
Ohne es in den Medien zu verbreiten!

Immerhin, so vogelfrei wäre ich gern gewesen,
Ist doch dies erfunden und erdacht
Und hier holperig zu Papier gebracht
Hör auf in den alten Geschichten zu lesen!

Und dennoch, trotz den Fluchtversuchen eines Denkers,
Bleibt die Frage, warum ich um Luft ringe
Als läge mein Kopf in der Schlinge
Auf dem Podest des Schengener Henkers.
 

wolfwalk

Mitglied
hi sterno, ein galgenlied darf schon ein wenig holpern, denke ich. wie der galgenvogel eben so mit seinem esel durch neuropa stolpert.
trotzdem schade, dass manches nicht wirklich durchgearbeitet ist, das thema und die idee hätte das nämlich verdient. grade die erste strophe ist - meiner meinung nach - besonders holprig formuliert. da hätte ich fast nicht weitergelesen. dann aber doch und es zahlt sich aus. villon in neuropa ... oder so ähnlich.

gruss
wolfwalk
 

stemo

Mitglied
Lieber Wolfwalk, vielen Dank für Deine Rückmeldung. Und Du hast natürlich recht. Ich werde diesem Thema sicher noch Zeit widmen, und es freut mich, wenn du meinst, dass es sich lohnt. Gruss. stemo
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