Gebet des Scheiterns

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memo

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Ich schwanke. Es ist nicht die Traurigkeit, es ist ein kleines Sterben. Es ist das Gebet des Scheiterns. Nicht bestehen. Alles gewusst, alles geschrieben und alles schreiben wollen. Aber nichts Geschriebenes, was richtig gewesen wäre. Das Geschriebene, das nicht gefragt war. Die richtige Antwort auf die falsche Frage. Immer die falsche Antwort. Aber alles war richtig. Alles gedacht. Nichts Richtiges mehr gedacht. Wie besessen geschrieben. Alles geschrieben. Alle Wörter vom Kopf abgeschrieben.
Bis die Verzweiflung kam. Dann nur mehr geschrieben. Nicht mehr was gefragt wurde. Dabei habe ich alles gewusst, was gefragt war. Doch ich konnte und wollte nicht schreiben, was gefragt war. Ich konnte die Frage nicht mehr lesen. Ich konnte nur mehr Antworten schreiben. Diese komplizierten Antworten, die ich gelernt habe. Ich habe den Text gelesen. Alle Texte. Ich habe sie verstanden und dann vergessen. Nicht vergessen, sondern nur mehr die Sätze gesehen. Die Worte. Nur Worte und nur Sätze. Ewige Sätze, die fortlaufend sich in mich eingruben. Ich habe aber den Text nicht mehr gesehen. Nur die Worte. Und dadurch habe ich die Worte aufgeschrieben. Diese Worte, die sich eingegraben haben und die Fragen nicht mehr erkennen konnten. Einfach aufschreiben. Alles aufschreiben. Nur schreiben. Die Buchstaben waren schön. Schöne Buchstaben, ohne Inhalt. Nein, voller Inhalt. Nur Inhalt, immer nur Inhalt und keine Antwort, die irgendjemand verstehen hätte können. Niemand konnte sie verstehen. Ich gebe keinem die Schuld. Es war ganz allein meine Schuld. Es waren meine Antworten. Sie waren richtig. Doch ich habe die Frage nicht mehr gelesen. Ich habe nur Wörter gelesen. Ich habe jeglichen Zusammenhang verloren. Ich war verloren. Ich habe nicht mehr gedacht. Ich habe nur geschrieben. Immer nur abgeschrieben, was ich in Nächten zuvor geschrieben haben. Immer wieder alles aufgeschrieben. Alles aufgeschrieben, wie in einer Besessenheit. Jede Seite habe ich aufgeschrieben. Ganz genau und sorgfältig habe ich Seite für Seite geschrieben, alle Nächte lang. Schön sahen sie aus. Es sollte alles ordentlich sein. Es war aber letztendlich nichts ordentlich. Ich wollte es erzwingen. Ich wollte es dieses Mal nicht verstehen. Ich konnte es nicht verstehen, da ich es erzwingen wollte. Ich war machtlos. Ich war müde. Es musste einfach sein. Ich war erschöpft. Tagelang war eine tiefe Schwermut in mir. Ich hätte so gerne alles richtig gemacht. Einfach alles so machen, wie es sein soll. Erst noch ein Hoffen. Vielleicht war doch irgendetwas richtig. Es waren ja die richtigen Worte. Es waren komplizierte Worte. Auch einfache. Ganz einfache. Ich war einfach dumm. Ja, einfach dumm. Ich war unfähig. Dann kam die Schwermut. Sie war so schwer, so schwer. Sie war zu schwer. Sie drückte, sie erdrückte. Wie konnte ich alles zum Guten wende. Immer alles zum Guten wenden. Aber ich konnte es nicht mehr gut machen. Und ich hatte große Angst vor einem nächsten Mal. Ich wollte es ganz, ganz gut machen, das nächste Mal. Ich hatte es immer irgendwie geschafft. Es ging immer irgendwie weiter. Immer weiter – irgendwie. Aber dieses Mal schaffte ich es nicht. Einmal hingehen und alles gut machen. Es geht ja doch –sagen. Einfach dieses mal alles richtig machen. Alles so schreiben, wie es richtig ist. Ich wollte es nicht so aufschreiben. Ich wollte es ganz anders aufschreiben. Nein, ich wollte es ganz so aufschreiben, wie es nötig war und wie es gewünscht wurde. Ganz so. Perfekt. Aber ich konnte es nicht. Ich schrieb perfekt, aber in diesem Perfektionismus, war alles verkehrt. Es war ein Chaos einer perfekten Schrift. Ich habe alles vertauscht. Das ganz Selbstverständliche habe ich vertauscht. Und ich habe nur wenige Worte der Frage gelesen und einfach aufgeschrieben was in meinem Kopf war. Ich konnte mich nicht wehren. Ich war ganz ruhig. Ich lachte. Ich wusste alles. Ich war so nervös, dass ich ganz ruhig wurde. Es sollte einfach vorbei sein, dachte ich. Ich wollte es einfach einmal tun. Von dieser Schwermut wurde ich nicht mehr befreit. Ich werde nie von dieser Schwermut befreit werden, da immer dieses Gefühl des Versagens da ist. Und ich kann es nicht wieder gut machen. Da es da steht. Diese Zahl steht da. Sie steht ganz da. Unbeirrt. Und niemand wird sie weglöschen. Sie ist das Zeugnis meines Versagens. Sie ist ein Zeugnis dessen, dass mich diese Schwermut nie wieder verlassen wird. Ich hätte es kurz darauf noch einmal versuchen können. Ich habe ja alles gewusst. Aber ich habe es nicht geschafft. Ich war in der Liebe damals. Sie hat mir allen Raum genommen und allen Raum gegeben. Ich war in der Liebe und da war die Schwermut manchmal fort. Ich habe die Liebe nicht glauben können. Ich habe nur die Freude gespürt. Die Freude und eine mich völlig durchflutende Dankbarkeit. Sie hat mir die Wahrheit geschenkt. Die Liebe hat mich wieder wertvoll gemacht. Meine Wertlosigkeit war nun eingraviert. Es war ein Zeichen. Wertlos sein, war mein Gebet. Doch da kam die Liebe. Sie erhob meinen Kopf. Sie küsste meine Lippen und richtete meinen Leib empor. Da war plötzlich jemand der meine sinnlosen Worte las. Sie wurden schön. Schön und sinnlos und richtig. Immer richtig, nie falsch.
 

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Es ist nicht die Traurigkeit, es ist auch wie dieses kleine Sterben. Nicht bestehen. Versagen. Aber alles war richtig. Alles gedacht. Nichts Richtiges mehr gedacht. Wie besessen geschrieben. Alle Wörter vom Kopf abgeschrieben.
Bis die Verzweiflung kam. Dabei habe ich alles gewusst, was gefragt war. Doch ich konnte und wollte nicht schreiben, was gefragt war. Ich konnte die Frage nicht mehr lesen. Ich konnte nur mehr Antworten schreiben. Ich habe den Text gelesen. Alle Texte. Ich habe sie verstanden und dann vergessen. Nicht vergessen, sondern nur mehr die Sätze gesehen. Die Worte. Nur Worte und nur Sätze. Ewige Sätze, die fortlaufend sich in mich eingruben. Ich habe aber den Text nicht mehr gesehen. Nur die Worte. Und dadurch habe ich die Worte aufgeschrieben. Diese Worte, die sich eingegraben haben und so konnte ich die Fragen nicht mehr erkennen. Alles aufschreiben. Nur schreiben. Die Buchstaben waren schön. Schöne Buchstaben, ohne Inhalt. Nein, voller Inhalt. Nur Inhalt, immer nur Inhalt und keine Antwort, die irgendjemand verstehen hätte können. Niemand konnte sie verstehen. Ich gebe keinem die Schuld. Es war ganz allein meine Schuld. Es waren meine Antworten. Sie waren richtig. Doch ich habe die Frage nicht mehr gelesen. Ich habe nur Wörter gelesen. Ich habe jeglichen Zusammenhang verloren. Ich war verloren. Ich habe nicht mehr gedacht. Ich habe nur geschrieben. Immer nur abgeschrieben, was ich in Nächten zuvor geschrieben haben. Immer wieder alles aufgeschrieben. Alles aufgeschrieben, wie in einer Besessenheit. Jede Seite habe ich aufgeschrieben. Ganz genau und sorgfältig habe ich Seite für Seite geschrieben, alle Nächte lang. Schön sahen sie aus. Es sollte alles ordentlich sein. Es war aber letztendlich nichts ordentlich. Ich wollte es erzwingen. Ich wollte es dieses Mal nicht verstehen. Ich konnte es nicht verstehen, da ich es erzwingen wollte. Ich war machtlos. Ich war müde. Es musste einfach sein. Ich war erschöpft. Tagelang war eine tiefe Schwermut in mir. Ich hätte so gerne alles richtig gemacht. Einfach alles so machen, wie es sein soll. Erst noch ein Hoffen. Vielleicht war doch irgendetwas richtig. Es waren ja die richtigen Worte. Es waren komplizierte Worte. Auch einfache. Ganz einfache. Ich war dumm. Ja, ich war unfähig. Dann kam die Schwermut. Sie war so schwer. Sie war zu schwer. Sie drückte, sie erdrückte. Wie konnte ich alles zum Guten wenden? Immer musste ich alles zum Guten wenden. Aber ich konnte es nicht mehr gut machen. Und ich hatte große Angst vor einem nächsten Mal. Ich hatte es immer irgendwie geschafft. Es ging immer irgendwie weiter. Immer weiter – irgendwie. Aber dieses Mal schaffte ich es nicht. Einmal hingehen und alles sehr gut machen. Es geht ja doch –sagen. Einfach dieses mal alles richtig machen. Alles so schreiben, wie es richtig ist. Ich wollte es nicht so aufschreiben. Ich wollte es ganz anders aufschreiben. Nein, ich wollte es ganz so aufschreiben, wie es nötig war und wie es gewünscht wurde. Ganz so. Perfekt. Aber ich konnte es nicht. In diesem Perfektionismus, war alles verkehrt. Es war ein Chaos einer perfekten Schrift. Ich habe alles vertauscht. Ich konnte mich nicht wehren. Ich war scheinbar ganz ruhig. Ich lachte. Ich wusste alles. Es sollte einfach vorbei sein, dachte ich. Ich wollte es einfach einmal tun. Von dieser Schwermut wurde ich nicht mehr befreit. Ich werde nie von dieser Schwermut befreit werden, da immer dieses Gefühl des Versagens da ist. Und ich kann es nicht wieder gut mache, da es da steht. Diese Zahl steht da. Sie steht ganz da. Unbeirrt. Und niemand wird sie weglöschen. Sie ist das Zeugnis meines Versagens. Sie ist ein Zeugnis dessen, dass mich diese Schwermut nie wieder verlassen wird. Ich hätte es kurz darauf noch einmal versuchen können. Ich habe ja alles gewusst. Aber ich habe es nicht geschafft. Ich war in der Liebe damals. Sie hat mir allen Raum genommen und allen Raum gegeben. Ich war in der Liebe und da war die Schwermut manchmal fort. Ich habe die Liebe nicht glauben können. Ich habe nur die Freude gespürt. Die Freude und eine mich völlig durchflutende Dankbarkeit. Sie hat mir die Wahrheit geschenkt. Die Liebe hat mich wieder wertvoll gemacht. Meine Wertlosigkeit war nun eingraviert. Es war ein Zeichen. Wertlos sein, war mein Gebet. Doch da kam die Liebe. Sie erhob meinen Kopf. Sie küsste meine Lippen und richtete meinen Leib empor. Da war plötzlich jemand der meine sinnlosen Worte las. Sie wurden schön. Schön und sinnlos und richtig. Immer richtig, nie falsch.
 



 
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