Gedanken über das Glück

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Zimbra18

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Der Werther, geschundener Protagonist Goethes, dessen Herzensleiden ein trauriges Meer von Menschen seiner Zeit zum Freitod bewegte. Der Werther, dessen Schicksal jeden Weggefährten emotional in den Bann zu ziehen weiß. Der Werther, der arme Thor der Neuzeit. Doch ist er wirklich ein tragischer Held, der zuletzt so grenzenlos unglücklich dahinvegetierte, dass ihm nur die konsequenteste unter den Lösungen, nur die sicherste unter den Fluchten in den Sinn kam? Nein! Der Werther ist in Wirklichkeit der glücklichste Held der Weltliteratur. Denn das Glück ist nicht, geliebt zu werden; das ist mit Ekel gemischte Genugtuung für die Eitelkeit. Das Glück ist, zu lieben und vielleicht kleine, trügerische Annäherungen an den geliebten Gegenstand zu erhaschen. Und der Werther schrieb diesen wahren Gedanken des Glücks innerlich auf, dachte ihn völlig aus und empfand ihn bis auf den Grund. Er machte ihn zum einzigen Inhalt seines nun so reichen Lebens. Als sich dann dieser wertvolle Gedankenschwarm unerwartet im Netz der Zärtlichkeit verfing, als Lotte dem Schmachtenden die höchste aller Annäherungen gewährte, war sein Leben getan. Übrig blieb die Angst, an sich selbst zu ersticken. Und um das Glück zu konservieren, folgte der Tod - die Tat eines vollkommen glücklichen Helden. Der Werther. Das Vorbild unserer Zeit. Er hörte. Er handelte. Ich beneide ihn.
 

knychen

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der neue und der alte werther

egal, ob nun der werther des geheimrat's oder der des profi's plenzdorf gemeint ist, das problem der gestalt hast du gut auf den punkt gebracht. falls du es noch nicht entdeckt hast, es gibt eine wundervolle vom altmeister gert westphal gelesene version der urversion auf cd; sehr empfehlens"werth".
aber warum ist dein beitrag nicht bei buchempfehlungen gepostet?
gruß knychen
 

Zimbra18

Mitglied
Danke für Deine Meinung und die Empfehlung. Werde mal Ausschau nach dieser Version halten...

Aber eine Frage: wo finde ich hier die Rubrik "Buchempfehlungen"??

Liebe Grüße,
zimbra18
(der sich auch weiterhin sehr über Rückmeldungen freuen würde)
 

knychen

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nur ganz kurz, schau mal in die bücherecke. sind immer wieder gute tipps und auch meinungen zu büchern, die man selbst schon gelesen hat, zu finden.
gruß knychen
 

hopeless-1

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ähh, also, komme mir grade leicht ungebildet vor, aber wer ist dieser werther?
also irgendwie scheint der ja was mit literatur zu tun haben (absolut nicht mein fachgebiet).

kann deshalb nur das zu dieser geschichte sagen. zu ihrer schreibweise und dem stil.
sie gefällt mir. diese art bericht erstattung und dann doch diese gefühlseinflüsse.
gut getroffen.

Gruß Hopeless-1
 

soleil

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Hallo Zimbra,

deine Gedanken zu Werther sind eine interessante kleine Skizze. Ich habe einige wenige Vorschläge dazu unten aufgeführt und eigentlich ist er hier nicht im richtigen Forum, weil es keine Kurzgeschichte ist. (Knychen hat recht!)
Ich hoffe du kannst etwas mit meinen Anmerkungen anfangen.

Viele Grüße
Soleil


Der Werther, geschundener Protagonist Goethes, dessen Herzensleiden ein trauriges Meer von Menschen seiner Zeit zum Freitod bewegte[blue][strike]. Der Werther[/strike][/blue], dessen Schicksal jeden Weggefährten emotional in den Bann zu ziehen [red]wußte[/red]. Der Werther, der arme Thor der Neuzeit.

Doch ist er wirklich [blue]ein -> der[/blue] tragischer Held, der zuletzt so grenzenlos unglücklich dahinvegetierte, dass ihm nur die konsequenteste unter den Lösungen, nur die sicherste unter den Fluchten in den Sinn kam? Nein!

Der Werther ist in Wirklichkeit der glücklichste Held der Weltliteratur. Denn das Glück ist nicht, geliebt zu werden; das ist mit Ekel gemischte Genugtuung für die Eitelkeit. Das Glück ist, zu lieben und vielleicht kleine, trügerische Annäherungen an den geliebten Gegenstand zu erhaschen. Und [strike]der[/strike] Werther schrieb diesen [blue]wahren -> ich würde "wahr" hier streichen ...[/blue] Gedanken [blue]des -> und hier "des" durch "seines" ersetzen, u.U. mit "seines wahren"[/blue] Glücks innerlich auf, dachte ihn völlig [blue]aus -> zu Ende[/blue] und empfand ihn bis auf den Grund. Er machte ihn zum einzigen Inhalt seines nun so reichen Lebens. Als sich dann dieser wertvolle Gedankenschwarm unerwartet im Netz der Zärtlichkeit verfing, [blue] <- Diese Formulierung gefällt mir sehr gut[/blue] als Lotte dem Schmachtenden die höchste aller Annäherungen gewährte, war sein Leben [blue]getan -> hinfällig? [/blue]. Übrig blieb die Angst, an sich selbst zu ersticken. Und um das Glück zu konservieren, folgte [blue]der -> sein [/blue]Tod - die Tat eines vollkommen glücklichen Helden.

Der Werther. Das Vorbild unserer Zeit. Er hörte. Er handelte. Ich beneide ihn. [blue]Diese kurzen Sätze sind prägnant, aber: 1. Wieso DAS Vorbild UNSERER Zeit?, 2. Wieso nur "er hörte" und 3. "ich beneide ihn" ist ein guter Schluß für deine Gedanken zum Glück.[/blue]
 

soleil

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@hopeless-1

"Die Leiden des jungen Werther" von Johann Wolfgang von Goethe (1749-1832) gehört zu den Klassikern der deutschen Literatur und man muß es vielleicht nicht gelesen, aber zumindest schon davon gehört haben.
Das ist somit hier keine "diese art bericht erstattung und dann doch diese gefühlseinflüsse", sondern eine kleine und feine Rezension.
Und was heißt hier "nicht mein Fachgebiet"? Immerhin befindest du dich hier auf einer LITERATUR-Plattform.

Gruß
Soleil
 

Zimbra18

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Hallo soleil!

Ich bedanke mich erst einmal für Deine ausführliche Meinung und für Deine konstruktive Kritik mit konkreten Verbesserungsvorschlägen, die ich überdenken werde.

Zu Deinen Fragen:
1. Das Werther'sche Prinzip, also die Orientierung an der treibenden Gefühlswelt, ohne Normen und gesellschaftliche Werte, sollte meiner Meinung nach für jeden Menschen erstrebenswert sein - unabhängig von Zeit und Raum! Und je weiter die Entwicklung unserer Konsumgesellschaft vorantreibt, desto mehr sollte sich jeder diesem Prinzip unterwerfen, nein, er sollte es sich aneignen, es erkennen, nachvollziehen, mit sich vereinbaren und danach leben. Die bloße Unterwerfung wäre ein sachimmanenter Widerspruch, da Hierarchie mit Seelenfreiheit unvereinbar ist. Zu sehr bewegen wir uns in gigantische Fortsetzungen des Alberts, des erfolgsorientierten, in sozialen Zwängen gefangenen Gesellschaftlers, dem "das rechte Dasein" als oberstes Prinzip verinnerlicht ist. Und ist ein Werther'sches Ende nicht erstrebenswerter als ein Albert'sches? Ein Ende in seelischer Genugtuung, ein Ende nach einem wirklichen Prozess des Lebens als ein Dasein, das an sich und der Gesellschaft erstickt, als ein ständiges Sterben vom ersten Atemzug an? Heute liegt es in unseren Händen, ein anderes Ende zu nehmen, als es Werther in Kauf nehmen musste, ohne sich dabei von seinen Gedanken zu lösen. Der Werther. Vorbild unserer Zeit. Idol aller Zeiten.

2. "Er hört" auf seine Seele, auf die unbefleckte Stimme seines Gefühlslebens, was Eins wird mit seiner physischen Existenz. "Ich beneide ihn" darum, weil mir dies nicht gelingen will. Doch der Neid ist größtes Vitamin für den Geist, größte Chance zur Ebenbürtigkeit.

Würde mich über eine Rückmeldung sehr freuen...
Liebe Grüße,
zimbra18
 

hopeless-1

Mitglied
@soleil

ahja, also ähm, erst mal danke für deine Aufklärung. Jetzt fühle ich mich etwas gebildeter, meine Deutschlehrerin wird sich darüber sicher freuen *g*
ja, ok, das mit der literatur hab ich nicht so gemeint. ich kenn mich halt mit dieser "alten" lituratur nicht so aus. muss mich zwar nicht durch Faust und so durch kämpfen, doch freiwillig tu ich mir das auch nicht soo gerne an.
da lese ich lieber einen Sandra Brown Roman oder ein echten Grisham.
Naja hab auch noch 3 Jahre vor mir, in der Zeit kann ich mich mit der "alten" Literatur ja noch anfreunden *g*

schönen abend noch

Gruß Hopeless-1

P.S. hab ne frage, kann man hier seine werke auch in fortsetzungen rein stellen?
 

Zimbra18

Mitglied
Hallo hopeless-1!

Erstmal zu Deiner Frage: ich glaub, dass unter 'Fortsetzung' eine Geschichte von allen Usern immer wieder fortgesetzt werden kann, also quasi eine Endlos-Story daraus wird. Wenn Du eine Geschichte mit offenem Ende anzubieten hast, kannst Du die durchaus dort anbieten, denke ich...

Bist ja noch ziemlich jung, und als ich in Deinem Alter war, hab ich mich auch vor den Klassikern gescheut. Naja, jetzt bin ich zwar auch erst 19, aber das Blatt hat sich wirklich komplett gewendet: nach meinem Abi les' ich jetzt einen Klassiker nach dem anderen, und das Ganze wurde angeregt durch meinen Deutsch-Lehrer, der mir sehr gut seine grenzenlose Begeisterung für die Literatur vermitteln konnte. Noch heute stehe ich mit ihm in Briefkontakt...Deshalb empfehle ich Dir, mal abzuwarten, denn ich bin mir sicher, dass auch Du bald Freude an den "Alten" haben wirst. An Deiner Stelle würde ich vielleicht einmal ein Werk von Patrick Süskind lesen - genial!! "Das Parfum" ist und bleibt das Beste!!

Jedenfalls freue ich mich darüber, dass Dich meine Geschichte zum Nachdenken angeregt hat.

Ganz liebe Grüße,
zimbra18
 



 
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