Gedankenspielerei

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Mäuschen

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Gedankenspielerei

Regentropfen klopfen an mein Fenster. Immer mehr, immer lauter. Sie begehren hartnäckig Einlass. Warum wollen sie herein? Ich werde es nie erfahren. Nicht, weil sie stumm sind – das weiß ich nicht – sondern weil ich sie nicht einlasse.
Warum mache ich ihnen nicht auf?
Man kommt nicht durch das Fenster herein, sage ich mir. Wofür habe ich denn eine Tür? Heißen Tropfen, die an die Tür klopfen, dann Tringeln? Ich kichere in mich hinein, werde dann aber ganz still.
Wenn Kinder ans Fenster klopften, würde ich sie einlassen. Ich hasse mich für diese Ungerechtigkeit.
Aber Kinder klopfen nicht ans Fenster, beruhige ich mich. Sie schießen höchstens einen Ball durch ein solches und verschaffen sich gewaltsam Einlass. Ohne Klopfen. Ich höre das Glas beinahe splittern.
Der Ball darf herein, die Tropfen müssen draußen bleiben. Will der Ball das überhaupt? Oder nimmt der getretene Ball den Willen seiner Peiniger an? Menschen treten einander mit Worten, wenn sie nicht die gleiche Meinung haben. Wird es dadurch besser?
Ich werde nachdenklich und lausche einen Moment lang der Symphonie der Regentropfen. Aber wie ich es auch wende, ich trete auf der Stelle. Ich komme nicht weiter. Eine eindeutig zweideutige Metapher. Ich klatsche innerlich belustigt in die Hände – im Takt der Regentropfen.
Ein Abend allein kann sehr einsam sein. Zum Glück habe ich meine hunderttausend Freunde, die herein wollen, ich aber nicht einlasse.
Fies. Ich hasse mich erneut.
Entschieden öffne ich das Fenster. Nicht innerlich. Äußerlich. Aber ich verinnerliche es. Sie kommen herein. Endlich.
Schön, euch zu spüren, begrüße ich sie. Sie machen mir keine Vorwürfe, dass ich sie so lange warten ließ, echte Freunde eben.
Sie sind glücklich, ich bin glücklich.
In diesem Moment höre ich sie.
Die Tringeln.
 
Erstaunt

Ja, ich bin etwas erstaunt, wie viel man aus einfacher Naturbeobachtung am Fenster herausholen und dabei die seelische Verfassung der Ich-Erzählerin spiegeln kann. Obwohl selbst sehr viel draußen unterwegs, liegt mir das schreibend nicht so. Lesend bin ich durchaus beeindruckt. Allerdings konnte ich mich mit dem Wortspiel "Tringeln" nicht recht anfreunden. - Arno Abendschön
 

Mäuschen

Mitglied
Grüß dich,

Danke dir für deinen Kommentar. Der Titel "Gedankenspiel" ist hier auch Programm: Ein paar kleine Wortspiele, ein paar Gedanken über den Regen und etwas darüber hinaus, aber weder überarbeitet noch großartig auf Sprache o.Ä. geachtet.

Tringeln habe ich für mich interpretiert als stärker werdenden Sturm bzw Regenschauer, der den Regen nun auch an die Hauswände (und damit die Tür) "klopfen" lässt.

Liebe Grüße,
Christine
 

MarenS

Mitglied
Hallo Christine,

ein schöner Einblick in die Gedankenwelt eines Menschen an einem regnerischen Abend.

Hier fehlt mir ein Artikel:
Ein Abend allein kann sehr einsam sein. Zum Glück habe ich meine hunderttausend Freunde, die herein wollen, ich aber nicht einlasse.
...die ich aber nicht einlasse.

Ohne fehlt definitiv etwas, finde ich.

Die Tringeln sind hübsch.

Es grüßt die Maren
 

Mäuschen

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Gedankenspielerei

Regentropfen klopfen an mein Fenster. Immer mehr, immer lauter. Sie begehren hartnäckig Einlass. Warum wollen sie herein? Ich werde es nie erfahren. Nicht, weil sie stumm sind – das weiß ich nicht – sondern weil ich sie nicht einlasse.
Warum mache ich ihnen nicht auf?
Man kommt nicht durch das Fenster herein, sage ich mir. Wofür habe ich denn eine Tür? Heißen Tropfen, die an die Tür klopfen, dann Tringeln? Ich kichere in mich hinein, werde dann aber ganz still.
Wenn Kinder ans Fenster klopften, würde ich sie einlassen. Ich hasse mich für diese Ungerechtigkeit.
Aber Kinder klopfen nicht ans Fenster, beruhige ich mich. Sie schießen höchstens einen Ball durch ein solches und verschaffen sich gewaltsam Einlass. Ohne Klopfen. Ich höre das Glas beinahe splittern.
Der Ball darf herein, die Tropfen müssen draußen bleiben. Will der Ball das überhaupt? Oder nimmt der getretene Ball den Willen seiner Peiniger an? Menschen treten einander mit Worten, wenn sie nicht die gleiche Meinung haben. Wird es dadurch besser?
Ich werde nachdenklich und lausche einen Moment lang der Symphonie der Regentropfen. Aber wie ich es auch wende, ich trete auf der Stelle. Ich komme nicht weiter. Eine eindeutig zweideutige Metapher. Ich klatsche innerlich belustigt in die Hände – im Takt der Regentropfen.
Ein Abend allein kann sehr einsam sein. Zum Glück habe ich meine hunderttausend Freunde, die herein wollen, die ich aber nicht einlasse.
Fies. Ich hasse mich erneut.
Entschieden öffne ich das Fenster. Nicht innerlich. Äußerlich. Aber ich verinnerliche es. Sie kommen herein. Endlich.
Schön, euch zu spüren, begrüße ich sie. Sie machen mir keine Vorwürfe, dass ich sie so lange warten ließ, echte Freunde eben.
Sie sind glücklich, ich bin glücklich.
In diesem Moment höre ich sie.
Die Tringeln.
 



 
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